Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 14.09.2007, Az.: 7 A 71/06

Arzneimittel; Aufwendung; Ausschluss; Beamter; Beihilfe; Beihilfefähigkeit; Einschränkung; Fortgeltung; Gesetzesvorbehalt; gesetzliche Krankenversicherung; Leistungsstandard; unteres Preissegment; Verschreibungspflicht; verschreibungspflichtiges Arzneimittel; Verwaltungsvorschrift; Änderung; Übergangszeit

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
14.09.2007
Aktenzeichen
7 A 71/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 71931
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Für im Jahre 2005 entstandene Aufwendungen eines Beihilfeberechtigten sind die Beihilfevorschriften als Verwaltungsvorschriften weiter anzuwenden.
2. Die Fortgeltung der Beihilfevorschriften gilt uneingeschränkt auch für die mit der 27. und 28. Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften erfolgten Änderungen des Beihilferechts.
3. Der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Beihilfefähigkeit ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Die für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung tragende Erwägung des Gesetzgebers, dass es sich bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln um Arzneimittel im unteren Preissegment von durchschnittlich weniger als 11,00 Euro pro Packung handele, weshalb die Herausnahme der nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung sozial vertretbar erscheine, ist auch für das Beihilferecht maßgebend. Eine mit höherrangigem Recht nicht mehr zu vereinbarende schwerwiegende wesentliche Einschränkung des Leistungsstandards der Beihilfe ist vor diesem Hintergrund grundsätzlich nicht festzustellen.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 75,58 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfe zu den Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel.

2

Der Kläger ist als Zolloberinspektor (Besoldungsgruppe A 10 BBesO) mit einem Bemessungssatz von 50 v. H. beihilfeberechtigt. Mit Bescheiden vom 7. und 14. November 2005 lehnte die Beklagte die von ihm beantragte Gewährung von Beihilfe jeweils teilweise ab und führte zur Begründung aus, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel seien grundsätzlich nicht beihilfefähig. Eine der in den Arzneimittel-Richtlinien genannten Ausnahmen liege nicht vor. Insgesamt erkannte sie mit dieser Begründung Aufwendungen des Klägers in Höhe von 151,15 Euro nicht als beihilfefähig an (Bescheid vom 07.11.2005: 95,62 Euro, Bescheid vom 14.11.2005: 55,53 Euro). Die im Zeitraum vom 30. August bis zum 18. Oktober 2005 vom Kläger getätigten Aufwendungen beziehen sich auf die ärztlich verordneten Präparate 2 x Kamillosan Konzentrat, Retterspitz Quick, 2 x Mar plus Nasenspray, 2 x Basenpulver als Rezepturpräparat nach Zusammenstellung des behandelnden Arztes, Salviathymol N, Sinupret Forte, Iberogast, Lemocin Lutschtabletten und Rectosellan Salbe.

3

Der Kläger erhob jeweils Widerspruch, mit dem er sich neben der Ablehnung der Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel auch gegen den Abzug sog. Praxisgebühren wandte und eine Entscheidung über Fahrtkosten begehrte. Zu den nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln machte er im Wesentlichen geltend, die fehlende Verschreibungspflicht der ihm verordneten Arzneimittel dürfe unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht zur Versagung der Gewährung von Beihilfe führen. Ob ein Arzneimittel verschreibungspflichtig sei, richte sich danach, ob auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Gefährdungen der Gesundheit auftreten könnten. Der Ausschluss der danach mit geringeren Risiken für die Gesundheit verbundenen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel von der Beihilfefähigkeit verletze das Selbstbestimmungsrecht des Beamten. Diesem müsse es überlassen sein, in eigener Verantwortung darüber zu entscheiden, vorbeugend bzw. anstelle von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die mit höheren gesundheitlichen Risiken in Gestalt von Neben- oder Wechselwirkungen verbunden seien, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verwenden. Die Krankheitsbilder, zu deren Behandlung ihm die Arzneimittel verordnet worden seien, seien den mit den Beihilfeanträgen jeweils vorgelegten Rechnungen der behandelnden Ärzte zu entnehmen. Ergänzender ärztlicher Stellungnahmen bedürfe es insoweit nicht. Die Versagung von Beihilfe für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gefährde seinen amtsangemessenen Lebensunterhalt.

4

Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2006 hinsichtlich der Versagung von Beihilfe für die dem Kläger ärztlich verordneten nicht verschreibungspflichtigen Präparate als unbegründet zurück und behielt sich zur sog. Praxisgebühr und zu Fahrtkosten gesonderte Entscheidungen vor. Zur Begründung führte sie aus, auf der Grundlage der seit dem 1. August 2004 zur Anwendung kommenden Fassung der Beihilfevorschriften seien die Aufwendungen des Klägers für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht beihilfefähig. Ärztliche Bescheinigungen über das Vorliegen eines die Beihilfefähigkeit begründenden Ausnahmetatbestandes nach den Arzneimittel-Richtlinien habe der Kläger nicht vorgelegt. Bei dem Präparat Mar plus Nasenspray und dem als Rezepturpräparat verordneten Basenpulver handele es sich zudem nach den Angaben in der Lauer-Taxe nicht um Arzneimittel, sondern um Drogen und Chemikalien, die als Apothekenbedarf ausgewiesen seien und auch deshalb beihilfefähige Aufwendungen nicht begründeten. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebiete nicht die lückenlose Erstattung krankheitsbedingter Aufwendungen. Eine Verletzung höherrangigen Rechts sei nicht ersichtlich.

5

Der Kläger hat am 28. Februar 2006 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er insbesondere vor: Im Jahre 2005 habe er als chronisch kranker und schwerbehinderter Beamter 32,9 Prozent seines Bruttoeinkommens bzw. 41,5 Prozent seines Nettoeinkommens für Zwecke der Gesunderhaltung sowie der Krankheits- und Altersvorsorge aufgewandt. Ein amtsangemessener Lebensunterhalt sei damit nicht mehr gewährleistet. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn sei in ihrem Wesenskern verletzt, denn die dem Beamten nach der Änderung der Beihilfevorschriften verbleibenden Aufwendungen seien nicht in vollem Umfang versicherbar bzw. seien private Versicherungen insoweit wirtschaftlich nicht erschwinglich. Da die Einschränkungen bei der Gewährung von Beihilfe nicht vorhersehbar gewesen seien, sei den Betroffenen die Möglichkeit ausreichender eigener Vorsorge genommen worden. Soweit die Änderungen der Beihilfevorschriften zum Ziel gehabt hätten, die gesetzlich Krankenversicherte durch das GKV-Modernisierungsgesetz treffenden Be- und Entlastungen wirkungsgleich in das Beihilferecht zu übertragen, sei dieses Ziel verfehlt worden. Während die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherungen von Beitragssenkungen profitiert hätten, seien in die Beihilfe allein die belastenden Regelungen übernommen worden. Entlastende Maßnahmen seien unterblieben. Die Bezugnahme der Beihilfevorschriften auf die Arzneimittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sei systemfremd. Weder die betroffenen Beamten noch die Beihilfestellen seien im Gemeinsamen Bundesausschuss vertreten.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verpflichten, ihm weitere Beihilfe in Höhe von 75,58 Euro zu gewähren, und die Bescheide der Beklagten vom 7. und 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 insoweit aufzuheben, als sie dieser Verpflichtung entgegen stehen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Aus den im Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2006 genannten Gründen ist sie weiterhin der Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Beihilfe für die Beschaffung der streitgegenständlichen ärztlich verordneten Präparate. Die Bescheide der Beklagten vom 7. und 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

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Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Beihilfe sind die Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. November 2001 (GMBl. S. 919), zuletzt geändert durch die 28. Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 30. Januar 2004 (GMBl. S. 379). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügen die Beihilfevorschriften als Verwaltungsvorschriften zwar nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts, da die wesentlichen Entscheidungen über die Leistungen an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit der Gesetzgeber zu treffen hat. Trotz dieses Defizits sind sie aber für eine - nicht näher bestimmte - Übergangszeit weiter anzuwenden (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.06.2004 - 2 C 50/02 -, DVBl 2004, 1420; Urt. vom 25.11.2004 - 2 C 30/03 -, NVwZ 2005, 712; Urt. vom 15.12.2005 - 2 C 35/04 -, BVerwGE 125, 21). Die dem Gesetzgeber eingeräumte Übergangszeit ist jedenfalls für - wie hier - im Jahre 2005 entstandene Aufwendungen eines Beihilfeberechtigten noch nicht abgelaufen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 22.09.2005 - 2 B 27/05 -, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 85; OVG Saarland, Beschl. vom 10.06.2006 - 1 Q 80/05 -, juris).

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Die Fortgeltung der Beihilfevorschriften gilt uneingeschränkt auch für die mit der 27. und 28. Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 17. Dezember 2003 (GMBl. 2004 S. 227) und vom 30. Januar 2004 (aaO.) erfolgten Änderungen des Beihilferechts. Aus den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, mit denen festgestellt worden ist, dass die Beihilfevorschriften als Verwaltungsvorschriften nicht dem verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt genügen, kann nicht gefolgert werden, dass die Beihilfevorschriften für die dem Gesetzgeber vom Bundesverwaltungsgericht eingeräumte Übergangszeit gleichsam auf den Zeitpunkt der ersten in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 „eingefroren“ wären und weitere Änderungen durch Verwaltungsvorschriften unangewandt zu bleiben hätten, soweit sie nicht bereits im bis dahin geltenden Beihilfeprogramm angelegt waren. Weder in dem grundlegenden Urteil vom 17. Juni 2004 (aaO.) noch in späteren Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber eine konkrete Frist zur Schaffung der geforderten gesetzlichen Grundlage für das Beihilferecht gesetzt. Ebenso wenig finden sich Hinweise darauf, dass für die Übergangszeit nur eine bestimmte Fassung der Beihilfevorschriften angewendet und keine Änderung - jedenfalls keine Verschlechterung - durch Verwaltungsvorschriften erfolgen dürfte. Hätte das Bundesverwaltungsgericht durchgreifende Bedenken gegen Änderungen des Beihilferechts durch Verwaltungsvorschriften während der eingeräumten Übergangszeit gesehen, hätte es nahegelegen, bereits im Urteil vom 17. Juni 2004 darauf hinzuweisen, zumal sich zu diesem Zeitpunkt bereits die deutlichen strukturellen Veränderungen durch die 27. und 28. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften abzeichneten und vom Gericht entsprechend der Ausführungen im Urteil auch gesehen wurden. Jedenfalls hätte das Gericht bei den späteren Entscheidungen vom 25. November 2004 und 15. Dezember 2005 (aaO.) Anlass gehabt, sich zu derartigen Einschränkungen zu äußern, sofern es diese angenommen hätte (vgl. ebenso: VG Oldenburg, Urt. vom 24.11.2006 - 6 A 3306/05 -, juris; VG Hannover, Urt. vom 30.01.2007 - 2 A 8773/05 -, Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG im Internet; VG München, Urt. vom 29.03.2007 - M 17 K 06.4415 -, juris; VG Frankfurt, Urt. vom 13.11.2006 - 9 E 2962/05 -, IÖD 2007, 113 ff.; a. A.: VG Göttingen, Urt. vom 04.10.2006 - 3 A 526/05 -, Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG im Internet; VG Gelsenkirchen, Urt. vom 19.01.2007 - 3 K 3324/05 -, juris).

15

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BhV in der ab dem 21. Juli 2004 geltenden und von der Beklagten für seit dem 1. August 2004 entstandene Aufwendungen von Beihilfeberechtigten zur Anwendung gebrachten Fassung der 27. Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 17. Dezember 2003 (aaO.) sind aus Anlass einer Krankheit unter anderem beihilfefähig die Aufwendungen für die vom Arzt, Zahnarzt oder Heilpraktiker nach Art und Umfang schriftlich verordneten Arznei-, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig sind. Ausgenommen sind solche Arzneimittel, die nach den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) aufgrund von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausnahmsweise verordnet werden dürfen (Satz 2 b).

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Nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V soll der Gemeinsame Bundesausschuss unter anderem Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln beschließen. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V legt der Gemeinsame Bundesausschuss in diesen Richtlinien erstmals bis zum 31. März 2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Im Abschnitt F der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinien) ist demgemäß neben grundlegenden Definitionen die Verordnungsfähigkeit der dort aufgeführten Präparate bzw. Wirkstoffe als Standardtherapeutika zu den dort genannten Indikationen geregelt.

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Auf dieser Grundlage besteht für den Kläger kein Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe. Nicht entscheidend ist dabei, ob die ihm ärztlich verordneten Präparate als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts anzusehen sind. Die Beihilfevorschriften stellen grundsätzlich nicht auf die formelle arzneimittelrechtliche Einordnung eines Präparates, sondern auf den materiellen Zweckcharakter sowie darauf ab, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist. Die arzneimittelrechtliche Einordnung eines Präparates kann deshalb nur einen Anhaltspunkt für die beihilferechtliche Beurteilung geben (vgl. BVerwG, Urt. vom 30.05.1996 - 2 C 5/95 -, DVBl 1996, 1149; Nds. OVG, Urt. vom 14.09.2004 - 5 LB 141/04 -, Nds. RPfl. 2005, 45; Urt. vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Nds. RPfl. 2004, 303). Die von der Beklagten herangezogene Lauer-Taxe listet im Übrigen nur Fertigarzneimittel und apothekenübliche Waren auf und ist damit keine geeignete Grundlage für die Einordnung eines Rezepturpräparates, wie das dem Kläger ärztlich verordnete Basenpulver.

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Auch wenn vor diesem Hintergrund zugunsten des Klägers angenommen würde, dass es sich bei den streitgegenständlichen Präparaten nach beihilferechtlichen Grundsätzen sämtlich um Arzneimittel handelt, so steht einem Anspruch auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für die Beschaffung der Präparate jedoch entgegen, dass diese entsprechend der eingesetzten Stoffe nicht der Verschreibungspflicht unterliegen (vgl. § 48 Arzneimittelgesetz i.V.m. der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln in der im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen des Klägers geltenden Fassung). Der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen steht damit die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b BhV entgegen. Dass es sich bei den ärztlich verordneten Präparaten um in den Arzneimittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses aufgeführte Standardtherapeutika handelt, die beim Kläger zur Behandlung einer der jeweils zugeordneten schwerwiegenden Erkrankungen eingesetzt würden und die deshalb trotz fehlender Verschreibungspflicht ausnahmsweise als beihilfefähig anerkannt werden könnten, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger, der sich generell gegen den Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wendet, auch nicht geltend gemacht.

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Die Bezugnahme der Beihilfevorschriften auf die Arzneimittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ist nicht zu beanstanden. Das Bundessozialgericht wertet die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses als verbindliche untergesetzliche Rechtsnormen (vgl. BSG, Urt. vom 20.03.1996 - 6 RKa 62/94 -, BSGE 78, 70 ff.; Urt. vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 -, BSGE 81, 54 ff.). Da Gegenstand der Richtlinien im hier relevanten Zusammenhang mit der Benennung schwerwiegender Erkrankungen und diesen zugeordneter Standardtherapeutika allein die Beurteilung medizinischer Sachfragen ist, erscheint die Verweisung des Beihilferechts auf die Arzneimittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht als systemfremd. Besonderheiten des Beamtenrechts bzw. des beamtenrechtlichen Systems der Gewährung von Beihilfen in Krankheitsfällen sind insoweit nicht von Bedeutung. Vor diesem Hintergrund begründet auch der Umstand, dass weder der Dienstherr noch Vertreter der betroffenen Beamten im Gemeinsamen Bundesausschuss vertreten sind, keine durchgreifenden Zweifel an der Zulässigkeit der Verweisung auf die Arzneimittel-Richtlinien hinsichtlich der in Ausnahmefällen anzuerkennenden Beihilfefähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel (vgl. die Zulässigkeit der Bezugnahme auf die Arzneimittel-Richtlinien ebenfalls bejahend: VG München, Urt. vom 13.02.2007 - M 5 K 05.4004 -, juris; a. A.: VG Aachen, Urt. vom 24.05.2007 - 1 K 111/07 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urt. vom 19.01.2007 - 3 K 3324/05 -, juris). Ob die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses den abstrakten gesetzlichen Vorgaben genügen, kann ein beihilfeberechtigter Beamter in einem auf die Gewährung von Beihilfe gerichteten Verfahren inzident klären lassen, sodass auch hinreichender Rechtsschutz gewährleistet ist.

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Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit der vom Kläger getätigten Aufwendungen ist mit höherrangigem Recht vereinbar. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Beihilfe einschließlich ihrer konkreten Ausformung nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört und deshalb nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet wird (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. vom 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 -, BVerfGE 83, 89 ff.; Beschl. vom 07.11.2002 - 2 BvR 1053/98 -, BVerfGE 106, 225 ff.; BVerwG, Urt. vom 03.07.2003 - 2 C 24/02 -, DÖD 2004, 82 ff.). Das System der Beihilfen kann jederzeit ohne Verletzung des Art. 33 Abs. 5 GG geändert werden. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, dem Beamten für Krankheitsfälle Unterstützung gerade in der Form von Beihilfen im Sinne der Beihilfevorschriften oder von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren, besteht nicht. Entscheidet sich der Dienstherr als Ausdruck der ihm zukommenden Gestaltungsfreiheit dafür, seiner Fürsorgepflicht durch ein „Mischsystem“ aus Eigenleistungen des Beamten aus der ihm gewährten Alimentation und ergänzenden Beihilfen nachzukommen, so muss (lediglich) gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag. Hinsichtlich der zumutbaren Eigenvorsorge ist zu berücksichtigen, dass die Dienstbezüge in der durch Gesetz festgelegten Höhe weder unmittelbar das bezeichnen, was der Dienstherr aufgrund seiner Alimentationspflicht schuldet noch einen exakt bestimmbaren Satz oder proportionalen Anteil enthalten, mit dem die Eigenvorsorge betrieben werden kann und soll. Starre Grenzen sind insoweit nicht vorgegeben (BVerfG, aaO; BVerwG, aaO.).

21

Die Fürsorgepflicht verlangt auch nicht, dass das Beihilfesystem und die private Versicherung lückenlos aufeinander abgestimmt sein müssen. Aus dem verfassungsrechtlichen Zusammenhang zwischen Fürsorge und Alimentation folgt allein, dass dem Beamten nicht Risiken aufgebürdet werden dürfen, deren wirtschaftliche Auswirkungen unüberschaubar sind (BVerwG, aaO.). In diesem Sinne schließt das gegenwärtige Alimenta-tionsniveau einen Systemwechsel mit schwerwiegenden wesentlichen Einschränkungen des Leistungsstandards aus (BVerwG, Urt. vom 17.06.2004, aaO.).

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Als eine derart schwerwiegende wesentliche Einschränkung des Leistungsstandards, die den Beamten mit erheblichen und nicht überschaubaren Aufwendungen belastet, stellt sich der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel indessen nicht dar. Bei der Bestimmung des Versorgungsstandards im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) ging der Gesetzgeber davon aus, dass es sich bei den nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln um Arzneimittel im unteren Preissegment von durchschnittlich weniger als 11,00 Euro pro Packung handele, weshalb die Herausnahme dieser Arzneimittel aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für den einzelnen Versicherten sozial vertretbar erscheine (BT-Drs. 15/1525 S. 86). Diese Erwägungen sind auch für die gleichgerichteten Änderungen im Beihilferecht tragend, wie die Entschließung des Bundestages vom 26. September 2003 zur wirkungsgleichen Übertragung der im GKV-Modernisierungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen in die Beihilferegelungen für Beamte verdeutlicht (vgl. BT-Drs. 15/1584 S. 10 und BT-Plenarprotokoll 15/64 S. 5475 C). Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Preisschwelle von 11,00 Euro bei verschiedenen dem Kläger ärztlich verordneten Präparaten überschritten ist. Häufig betrugen die dem Kläger entstandenen Aufwendungen aber auch weniger als 11,00 Euro - und dies teilweise deutlich - oder nur wenig mehr als 11,00 Euro. Zudem ist die jeweilige Packungsgröße zu berücksichtigen, die etwa bei dem Präparat Sinupret Forte Dragees 100 Stück umfasst. Unter Berücksichtigung des für den Kläger geltenden Bemessungssatzes von 50 v. H. beläuft sich die ihm durch die Versagung der Gewährung von Beihilfe für die im Zeitraum vom 30. August bis zum 18. Oktober 2005 zum Preis von insgesamt 151,15 Euro beschafften nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel entstandene Belastung auf 75,58 Euro bzw. bei Umrechnung auf zwei Monate auf durchschnittlich 37,79 Euro pro Monat. Gemessen an den ihm gewährten Dienstbezügen der Besoldungsgruppe A 10 BBesO ist damit weder abstrakt noch nach der konkret verbleibenden Belastung eine dem Kläger unzumutbare erhebliche Mehrbelastung erkennbar. Auch ist in der Rechtsprechung geklärt, dass im Interesse des praktikablen Vollzugs der Beihilfegewährung als Massenverwaltung pauschalierende Regelungen, die - wie hier - bei typisierender Betrachtung eine unzumutbare Belastung nicht bewirken, auch dann nicht zu beanstanden sind, wenn sie in Einzelfällen mögliche Härten bewirken (BVerwG, Urt. vom 03.07.2003, aaO.; Nds. OVG, Urt. vom 23.04.2002 - 2 LB 3367/01 -, Nds. VBl. 2003, 16 ff.; OVG NRW, Urt. vom 24.05.2006 - 1 A 3633/04 -, IÖD 2007, 56 ff. und nachfolgend BVerwG, Beschl. vom 31.08.2006 - 2 B 41/06 -, Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 14).

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Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Klägers nicht mehr gewährleistet wäre, sind unter Berücksichtigung der Höhe der streitigen Aufwendungen nicht ersichtlich. Die vom Kläger vorgelegte Berechnung, nach der er im Jahre 2005 32,9 % seines Bruttoeinkommens bzw. 41,5 % des Nettoeinkommens für Zwecke der Gesunderhaltung sowie der Krankheits- und Altersvorsorge aufgewendet habe, ist insoweit schon deshalb nicht tragend, weil in diese Berechnung zu einem nicht unerheblichen Anteil Belastungen einbezogen worden sind, die nicht aus dem Beihilferecht oder anderen beamtenrechtlichen Regelungen resultieren und der Notwendigkeit bzw. der angesetzten Höhe nach zu hinterfragen sind, wie etwa die Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die ohne ärztliche Verordnung beschafft worden sind, sowie Belastungen durch Fahrtkosten und von der privaten Krankenversicherung nicht erstattete Beträge. Die unmittelbar aus beihilferechtlichen Regelungen resultierende Belastung hat der Kläger selbst für das gesamte Jahr 2005 mit insgesamt 620,65 Euro, d.h. durchschnittlich 51,72 Euro monatlich, errechnet. Dass diese neben den Beiträgen für die private Krankenversicherung entstehende Belastung gemessen an Dienstbezügen der Besoldungsgruppe A 10 BBesO eine Gefährdung des amtsangemessenen Lebensunterhalts bewirken könnte, ist vom Kläger nicht überzeugend dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich (vgl. zu einer jährlichen Belastung von 716,00 Euro bei einem monatlichen Versorgungsbezug von 1.700,00 Euro: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. vom 04.03.2005 - 2 A 11887/04 -, IÖD 2005, 176 f. und nachfolgend BVerwG, Beschl. vom 22.09.2005, aaO.; zu einer Belastung von monatlich 113,71 Euro bei monatlichen Nettobezügen von rund 2.300,00 Euro: OVG Saarland, Beschl. vom 10.06.2006, aaO.; zu einer monatlichen Belastung von 150,00 Euro bei monatlichen Nettobezügen von 1.604,98 Euro: VG Lüneburg, Urt. vom 24.11.2004 - 1 A 4/03 -, juris; a.A. wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 10.09.2007 - 1 A 4955/05 -).

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Eine Verletzung der Fürsorgepflicht ist auch nicht deshalb zu erkennen, weil der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel den Beamten - wie vom Kläger geltend gemacht - auf die Anwendung verschreibungspflichtiger Arzneimittel verweisen würde, deren Einnahme mit größeren gesundheitlichen Risiken einhergehe. Wie bereits ausgeführt, ist die Beihilfe eine ergänzende Hilfeleistung, die neben die aus der gewährten Alimentation zu bestreitende und bei den in Rede stehenden Beträgen zumutbare Eigenvorsorge des Beamten tritt, mit der die Selbstverantwortung des Beamten für gesunderhaltende und die Gesundheit wiederherstellende Maßnahmen angesprochen wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 03.07.2003, aaO.).

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Der Grundsatz des Vertrauensschutzes, der im Beamtenverhältnis seine eigene Ausprägung erfahren hat, ist ebenfalls nicht verletzt. Der Beamte darf nicht ohne Weiteres auf den unveränderten Fortbestand einer ihm günstigen Regelung vertrauen. Dies gilt insbesondere im Beihilferecht, wo schon in der Vergangenheit vielfach Änderungen eingetreten sind und mit weiteren Änderungen zu rechnen war (vgl. BVerfG, Urt. vom 07.11.2002, aaO.; BVerwG, Urt. vom 03.07.2003, aaO.).

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Die Gewährung von Beihilfe zu den vom Kläger für das Jahr 2005 geltend gemachten Fahrtkosten ist Gegenstand der Klageverfahren zu den Az. 7 A 179/06 und 7 A 248/06. Über die Rechtmäßigkeit des im Bescheid vom 14. November 2005 in Abzug gebrachten Eigenbehalts in Gestalt der sog. Praxisgebühr, zu der die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2006 erlassen hat, ist im Verfahren 7 A 72/06 mit Urteil des Gerichts vom 26. März 2007 entschieden worden.