Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 13.06.2014, Az.: 7 A 7110/13

Anlieger; Anwohner; Berechnung; Bewertung; Datenbasis; Ermessensfehlerfreie Entscheidung; Ermessensreduzierung auf Null; Ermittlung; Gebundener Anspruch; Grenzwerte; Lärmschutz; Orientierungswerte; Ortsüblich; RLS 90; Straße; Zumutbar

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
13.06.2014
Aktenzeichen
7 A 7110/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42504
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Bestimmung der Zumutbarkeit von Straßenlärm für Anlieger von Bestandsstraßen sind die Werte der 16. BImSchV und der Lärmschutz Richtlinien StV als Orientierungswerte heranzuziehen.

Die am Immissionsort anliegenden Lärmwerte sind rechnerisch nach den RLS 90 zu erheben, ohne dass es auf tatsächliche Schallmessungen ankommt.

Ein Anwohner hat gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO gegenüber der Straßenverkehrsbehörde in Wohngebieten

keinen Anspruch bei Werten unterhalb von 59 dB(A) tags und von 49 dB(A) nachts,

Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bei Werten, die darüber liegen, aber 70 dB(A) zur Tagzeit und 60 dB(A) zur Nachtzeit nicht überschreiten, und

Anspruch auf Einschreiten bei Werten von mehr als 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) in der Nacht.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um verkehrsrechtliche Anordnungen im Zuge der Straße T. Weg im Gebiet der beklagten Gemeinde G.

Der T. Weg ist eine Gemeindestraße. Er führt beginnend im Süden von der Einmündung E. Straße (Kreisstraße K227) in Verlängerung der A. Straße am sog. E. Kreisel zunächst nordostwärts durch weitgehend unbebautes Gebiet bis zum Eintritt in den Ortsteil Sch., ein überwiegend freistehend bebautes Wohngebiet, knickt an der Einmündung S. Weg/K. Weg leicht nach Nordwest ab und nach einem weiteren leichteren Knick etwa in Höhe der Einmündung des P. nach Nordwest hin bis zu seinem Ende an der B. (Kreisstraße K 227). Die Gesamtstrecke beträgt rund 2 km. Über die B. (Nordende) und den Bahnübergang in östlicher Richtung ist die N. Landstraße (L 867) erreichbar, die unter anderem in Richtung Wesermarsch führt.

Der Kläger ist mit der Hausnummer 9 seit rund 30 Jahren ostwärts gelegener Anlieger der Straße T. Weg im Ortsteil Sch. und bewohnt dort gemeinsam mit seiner Ehefrau sein freistehendes Einfamilienhaus.

Die straßenwärtige Giebelseite seines Hauses springt von der Straßenbegrenzung um ca. 20 m zurück. Unten im Erdgeschoss liegt zur Straße hin ein Wintergarten / wintergartenähnlicher Vorbau. Auf der gegenüberliegenden westlichen Straßenseite liegt ebenfalls Bebauung vor.

Die Kreisstraße K 227 umgeht im Westen die gesamte Streckenführung des T. Wegs und damit auch den Ortsteilbereich, in dem Kläger wohnhaft ist, über E. Straße, D., B. (wiederum bis zur Einmündung T. Weg) und ist etwa 1,2 km länger als die unmittelbare Verbindung über den T. Weg.

In Höhe des Grundstücks des Klägers sind derzeit straßenverkehrsrechtliche Beschränkungen für den fließenden Verkehr nicht vorgesehen. In nordwestlich vom Grundstück des Klägers gelegener Richtung wird der Verkehr alsbald durch eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h reduziert. Hier liegt ein Schulgebäude. Das entsprechende Verkehrsschild mit der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h (Verkehrszeichen 274) befindet sich in nördlicher Richtung des T. Wegs in einer Entfernung von 15 m zur nördlichen Grundstücksgrenze des Klägers. Diese Beschränkung auf 30 km/h endet mit der Einmündung des T. Wegs in die B..

Weiter südlich, etwa an der Einmündung des P.s in den T. Weg im dortigen Kurvenbereich, befindet sich ebenfalls eine Beschränkung der Geschwindigkeit auf 30 km/h (Verkehrszeichen 274). Im Übrigen ist im Bereich des Klägers die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erlaubt (vgl. Kartenmaterial in Beiakte C).

Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 25. Juni 2012 an die Beklagte. Er bezeichnete sein Schreiben als Beschwerde über den Verkehrslärm im Wohngebiet T. Weg und machte geltend:

Der Durchgangsverkehr auf dem T. Weg sei seit der vermehrten Nutzung von Navigationsgeräten um ein Vielfaches gestiegen. Der dadurch und durch das Lkw-Aufkommen verursachte Lärm sei in den Morgenstunden und in den Nachmittagsstunden und zeitweise auch ernteabhängig bis in die Nacht hinein unerträglich, wobei die Anzahl der Fahrzeuge allein nicht maßgebend sei. Vielmehr werde der Lärmpegel verstärkt durch Bremsen, Anfahren und Beschleunigen aufgrund der kurz nach bzw. vor seinem Grundstück beginnenden bzw. endenden 30er-Zone sowie der angelegten Verkehrsinseln im Bereich der Turnhalle der Schule (Engstellen). Seit Aufbringung eines neuen Straßenbelages hätten sich die Abrollgeräusche der Fahrzeugreifen extrem verstärkt.

Durch eine Sperrung für den Lkw-Verkehr sowie eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h könne der Verkehrslärm auf ein erträgliches und für die Gesundheit der Anwohner schonendes Maß herabgesetzt werden. Eine Umgehungsstraße sei zwar vorhanden und lediglich 1200 m länger als die Strecke durch den T. Weg. Es sei aber nicht nachvollziehbar, warum hier insoweit keine Entscheidung getroffen werde, obwohl wiederholt Beschwerden auch von anderen Anwohnern des T. Weges vorgebracht seien und sich auch Vertreter des Gemeinderates und Ausschüsse mit dem Thema befasst hätten.

Insbesondere Entspannen und Erholen in der Wohnung und im Garten seien nicht mehr möglich; ein erholsamer Schlaf in den Sommermonaten sei bei offenem Fenster durch den Straßenlärm mit den ständigen Fahrgeräuschen undenkbar. Für einen langfristigen optimalen Schutz habe das Umweltamt als Wert 50 dB(A) tags und 40 db(A) nachts als optimal angegeben. Dieser Wert werde vor seinem Haus überschritten. Bei der Beurteilung von Lärmpegeln seien zudem die psychoakustischen Zusammenhänge zu berücksichtigen.

Auch die Einführung von Stahlgürtelreifen habe das Geräuschniveau erhöht. Aerodynamische Geräusche seien mit einzubeziehen. Die Aufbringung einer offenporigen Asphaltschicht (sog. Flüsterasphalt) könnte Fahrgeräusche stark verringern. In Kombination mit Geschwindigkeitsbeschränkungen und Fahrverboten für Lkw könne somit ein lärmarmes und erholsames Wohnen sichergestellt werden. Er bitte darum, zeitnah, detailliert und mit gesetzlicher Begründung darzulegen, welche Gründe gegen ein Lkw-Fahrverbot und gegen eine komplette 30er-Zone sprächen. Eine Gefährdungsanalyse Lärm habe die Beklagte nicht vorgenommen.

Mit Schreiben vom 19. Juli 2012 wies die Beklagte darauf hin, dass keine besonderen Umstände vorlägen, die das gewünschte verkehrsrechtliche Handeln der Beklagten zwingend erforderlich machten. Über die Verkehrssituation auf dem T. Weg sei in den letzten Jahren mehrfach diskutiert worden. Zuletzt habe der Fachausschuss für Straßenverkehrsangelegenheiten im Jahre 2011 über eine Geschwindigkeitsreduzierung und über ein Durchfahrverbot für Fahrzeuge ab einem tatsächlichen Gesamtgewicht über 7,5 t und für landwirtschaftliche Fahrzeuge beraten.

Im November 2010 hätten Mitarbeiter der Beklagten im Rahmen einer Verkehrszählung schwerpunktmäßig den Lkw-Durchgangsverkehr untersucht. Hierfür seien an zwei Messtellen entlang des T. Wegs, in Höhe Ortseingang und in Höhe Sporthalle, neben der Ermittlung des gesamten Kfz-Verkehrs auch zeitgleich die Kennzeichen von Lastkraftzügen erfasst worden. Während der zweistündigen Kontrolle von 15 bis 17 Uhr sei festgestellt worden, dass insgesamt 4 Lkw den T. Weg als Durchfahrtsstraße genutzt hätten. Alle übrigen Kraftfahrzeuge wären danach dem Ziel- und Quellverkehr zuzuordnen gewesen. Ferner seien im November 2010 das Verkehrsaufkommen und die Fahrgeschwindigkeiten mit einem Statistikgerät ermittelt worden. Danach habe das durchschnittliche tägliche Verkehrsaufkommen auf dem T. Weg bei ca. 3000 Kraftfahrzeugen gelegen. Diese ermittelten Verkehrsdaten würden durch zusätzliche Kontrollen eines Verkehrsgutachters bestätigt. Das Unfallgeschehen auf dem T. Weg könne als unauffällig bezeichnet werden.

Aufgrund der Diskussion über den landwirtschaftlichen Verkehr auf dem T. Weg hätten Gespräche mit dem Ergebnis stattgefunden, dass die Landwirte (bzw. die von ihnen beauftragten Lohnunternehmen) einen Teil der Fahrten nicht mehr über den T. Weg, sondern über die B. und den St. Berg abwickelten.

Der T. Weg sei eine verkehrswichtige, Gemeindeteile verbindende Straße. Ebenso erfülle er die Erschließungsfunktion für anliegende Wohnquartiere. Aufgrund dieser Funktionen, der Straßenlänge und des Verkehrsaufkommens sei der T. Weg als dörfliche Hauptstraße einzustufen. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm nicht in Betracht kämen. Die Lärmbeeinträchtigungen lägen nicht jenseits dessen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs als ortsüblich hingenommen werden müsse. Der Verkehrslärm im T. Weg bewege sich schon aufgrund des verhältnismäßig geringen Verkehrsaufkommens insgesamt in einem Bereich, der als ortsüblich bezeichnet werden könne.

Darauf wandte sich der Kläger mit seinem Schreiben vom 25. Juli 2012 erneut an die Beklagte und wiederholte, vertiefte und ergänzte sein bisheriges Vorbringen. In diesem Schreiben heißt es auch (S. 2, Bl. 26 Beiakte A), dass eine aktuelle, den jetzigen Gegebenheiten angepasste Straßenverkehrslärmbelastung u. a. nach der RLS-90 erfolgen müsse. Ferner legte er einen von ihm gefertigten Datenträger (DVD, Bl. 31 Beiakte A) über das Verkehrsgeschehen vor.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2012 teilte die Beklagte dem Kläger auf dessen Erinnerungsschreiben vom 19. September 2012 hin mit, dass sie seinen Antrag vom 25. Juni 2012 abgelehnt habe, eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h (Verkehrszeichen 274) und ein Verbot von LKW (Verkehrszeichen 253) anzuordnen.

Daraufhin hatte der Kläger am 20. November 2012 Klage vor dem Verwaltungsgericht O. zu dem Aktenzeichen 7 A 5017/12 erhoben. Im Zuge dieses (erledigten) Klageverfahrens hatte das Gericht durch den Berichterstatter am 20. Juni 2013 einen Ortstermin durchgeführt. Die Beklagte veranlasste danach eine Lärmwertberechnung durch die Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Sie kündigte Neubescheidung des Klägers an. Auf übereinstimmende Hautsachenerledigungserklärungen hin stellte das Gericht später (mit Beschluss vom 23. Januar 2014) das Verfahren ein.

Bereits mit Anschreiben vom 27. November 2012 legte der Kläger der Beklagten eine von ihm initiierte und (wohl von fast allen Anwohnern des T. Weges unterzeichnete) Liste mit rund 100 Unterschriften vor. Nach dem beigefügten Anschreiben forderten diese - mit ihm - eine Sperrung des T. Weges für den LKW-Verkehr sowie eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h (Beiakte A, Teil II).

Mit Schreiben vom 9. Juli 2013 (Amtshilfeersuchen-Lärmberechnung für eine Gemeindestraße, hier: T. Weg) ersuchte die Beklagte die Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (Geschäftsbereich O.) um die Durchführung einer Lärmberechnung nach RLS-90 (Blatt 1 ff., Beiakte B). Dazu führte sie aus, sie werde von einem Anlieger der Gemeindestraße T. Weg (Verbindung des Ortes O. mit den Ortsteilen St./Sch. und der K227) auf Erlass verkehrsbehördlicher Maßnahmen verklagt. Im Kern ginge es dem Kläger darum, dass diese von der Gemeinde als gemeindliche Verbindungsstraße qualifizierte Straße für den Schwerlastverkehr gesperrt und dort eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h angeordnet werde. Hinsichtlich der Beurteilung des Lärms sei dabei bislang keine weitere Prüfung erfolgt. Auch nach Aussage der Fachaufsicht, des Landkreis O., sei aufgrund der von der Beklagten ermittelten Verkehrszahlen der von dem dortigen Verkehr ausgehende Lärm hinnehmbar und daraus keine Ansprüche auf verkehrsbehördliche Maßnahmen zu erwarten. Nunmehr werde gebeten, eine Lärmberechnung nach RLS-90 vorzunehmen, sowohl hinsichtlich der Tag- als auch der Nachtwerte. Dazu überreichte sie mit weiterem Schreiben vom 6. August 2013 die von ihr ermittelten Basisdaten für die Lärmberechnung (Bl. 6 ff Beiakte B) sowie eine Berechnung der Abstände der Häuserfronten des Hauses des Klägers zwischen Fahrbahnachse und Außenseite Wintergarten (18,65 m) und zwischen Fahrbahnachse und Außenseite Wohnhaus (21,15 m) nach.

In ihren Basisdaten für die Lärmberechnung vom 5. August 2013 (Bl. 6 Beiakte B) heißt es:

Aufgrund der drei Verkehrserhebungen vom

a) 30. Juli bis 31. Juli 2012, vom
b) 11. Juni 2013 bis 12. Juni 2013 und vom
c) 12. Juni 2013 bis 13. Juni 2013

solle in die Lärmberechnung einfließen:

1. DTV (Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke):

a) 2846
b) 2908
c) 3006

anzusetzender Wert 3006 KFZ

2. Schwerlastanteil in Prozenten (jeweils 3 %):

(a) 77 Fahrzeuge, (b) 81 und (c) 92 Fahrzeuge.

- Standardwerte nach RLS-90 = 10 % tags, hier : 5 % tags
- Standardwerte nach RLS-90 = 3 % nachts, hier: 3 % nachts,

ausgehend von der Straßengattung Gemeindestraße.

Zur Begründung insoweit heißt es, dass der Schwerverkehrsanteil tatsächlich bei keiner Messung höher als 3 % gewesen sei. Dies entspreche auch den Ergebnissen früherer Zählungen. Aus diesem Grund sei es gerechtfertigt, von den allgemeinen Erfahrungswert der RLS-90 von tags 10 % abzuweichen und von einem Wert von - insoweit: lediglich - 5 % tags auszugehen, was noch ausreichend angerechnete Sicherheit bedeute.

Obwohl davon ausgegangen werden könne, dass der Schwerverkehrsanteil nachts gegen 0 % tendiere, solle insoweit aber zur Sicherheit der nach der RLS vorgesehene Wert von 3 % angesetzt werden.

Ferner heißt es hinsichtlich der gefahrenen Geschwindigkeiten, das trotz abschnittsweiser Reduzierung auf 30 km/h im T. Weg insgesamt von der höheren Geschwindigkeit von 50 km/h ausgegangen werden solle.

Die insoweit Amtshilfe leistende Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr übersandte unter dem 8. August 2013 (Bl. 7ff Beiakte B) ihre Berechnungsergebnisse und fasste diese wie folgt zusammen (E-Mail vom 8. August 2013):

Für die Giebelwand im 1. OG wurden Beurteilungspegel von
Lr, tags = 58,20 dB(A) und Lr, nachts = 49,80 dB(A) ermittelt.

Für den Wintergarten im EG wurden Beurteilungspegel von
Lr, tags = 57,90 dB(A) und Lr, nachts = 49,50 dB(A) ermittelt.

Mit Anschreiben vom 23. August 2013 unterrichtete die Beklagte den Kläger über diese Ergebnisse der Lärmberechnung nach der RLS-90 (Bl. 10 Beiakte B). Zugleich machte sie darauf aufmerksam, dass sie bei den für die Lärmberechnung anzusetzenden Werten den Wert der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke (DTV) nicht mit dem Mittelwert angenommen, sondern den höchsten Wert vorgegeben habe, und dass sie beim Verkehrsanteil höhere Werte als die tatsächlich gemessenen zugrunde gelegt habe. Sie fügte die von ihr der Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr vorgegebenen Basisdaten sowie deren Ergebnisse der Lärmberechnung bei und machte zudem darauf aufmerksam, dass die Daten aus den Verkehrserhebungen selber (3 Verkehrszählungen) dem Kläger bereits vorlägen. Insgesamt lägen die Werte unter denen der 16. BImSchV.

Mit Bescheid vom 28. November 2013 (Ihr Antrag auf Anordnung verkehrsbehördlicher Maßnahmen, hier: Bescheid) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers, für die Gemeindestraße T. Weg eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h (Zeichen 274) sowie ein Durchfahrtverbot für Lkw (Zeichen 253) anzuordnen, ab (Bl. 11 Beiakte B). Zugleich lehnte sie einen vom Kläger vorgeschlagenen Kompromissvorschlag (Einrichtung einer Tempo 30-Zone auf der geraden Strecke des T. Weges vor seinem Haus und Gewichtsbeschränkung) ab. Wörtlich heißt es (Bl. 11 Beiakte B):

Es ergeht folgender Bescheid:

1. Ihr Antrag, eine Allgemeinverfügung des Inhalts zu erlassen, für die Gemeindestraße T. Weg eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h (Zeichen 274) sowie ein Durchfahrtverbot für Lkw (Zeichen 253) zu erlassen, wird abgelehnt.

2. Ihr Antrag, auf der Geraden vor Ihrem Haus T. Weg 9, O., eine Tempo 30-Zone einzurichten und auf dem T. Weg eine Gewichtsbeschränkung zu verfügen, wird abgelehnt.

3. Kosten werden nicht erhoben.

Zur Begründung führt der Bescheid aus (Blatt 11-14, Beiakte B):

Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 3 Straßenverkehrsordnung (StVO) seien die Straßenverkehrsbehörden berechtigt, die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutze der Wohnbevölkerung u.a. vor Lärm zu beschränken oder zu verbieten und den Verkehr umzuleiten. Diese Vorschrift gebe dem Einzelnen einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten, wenn Lärm oder Abgase Beeinträchtigungen mit sich brächten, die jenseits dessen lägen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen werden müsse und damit zugemutet werden könne. Dabei ergäbe sich die Grenze der Zumutbarkeit aus keinem bestimmten Schallpegel oder Abgaswert. Abzustellen sei vielmehr auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Anlieger. Im Rahmen der Ermessensentscheidung seien auch die Belange des Straßenverkehrs und der Straßenverkehrsteilnehmer zu würdigen. Schließlich seien die Interessen anderer Anlieger, die infolge lärm- oder abgasreduzierender Maßnahmen ihrerseits übermäßig durch Lärm oder Abgase beeinträchtigt würden, in Rechnung zu stellen. Die Behörde dürfe von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen umso eher absehen, je geringer der Grad der Lärm- oder Abgasbeeinträchtigung sei, dem entgegen gewirkt werden solle. Wesentliche Tatsachengrundlage für die zu treffende Ermessensentscheidung sei die Erfassung und Bewertung der Verkehrslärmbelastung. Hierfür sei maßgeblich nicht eine Lärmmessung mit festgestellten Lärmspitzen, sondern eine Berechnung nach den technischen Vorschriften der Richtlinien für den Lärmschutz auf Straßen (RLS-90).

Grenzwerte für eine Beurteilung, wann Verkehrslärm noch zumutbar sei, gebe es nicht.

In der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmverordnung, 16. BImSchV) seien Immissionsgrenzwerte vorgegeben. Diese betrügen für allgemeine Wohngebiete 59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht. Die 16. BImSchV gelte für den Bau oder die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen (z.B. Straßenausbau). Eine solche wesentliche Änderung habe an der Straße T. Weg nicht stattgefunden und sei auch nicht geplant. In anderen Fällen könnte die 16. BImSchV aber nur als Orientierungshilfe dienen.

Eine weitere Orientierungshilfe zur Ermittlung der Lärmwerte biete die Richtlinie für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutzrichtlinie-StV). Die darin vorgegebenen Richtwerte betrügen bezogen auf reine und allgemeine Wohngebiete tags 70 dB(A) und nachts 60 dB(A). Würden diese Richtwerte überschritten, kämen straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen in Betracht. Würden diese Richtwerte nicht erreicht, seien für eine Beurteilung, ob lärmmindernde Maßnahmen zu ergreifen seien, die Grenzwerte nach der 16. BImSchV heranzuziehen. Seien diese mehr als nur geringfügig überschritten, aber die Grenzwerte nach der RLS-90 noch nicht erreicht, sei die Straßenverkehrsbehörde gehalten, eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Interessen der Anwohner an lärmmindernden Maßnahmen und den Belangen des Straßenverkehrs und der Straßenverkehrsteilnehmer vorzunehmen. Der hierfür maßgebliche Beurteilungspegel sei nach der RLS-90 zu ermitteln.

Die hier durchgeführte Verkehrslärmermittlung nach der RLS-90 ergebe im Bereich des Hauses des Klägers Werte, die die Immissionsgrenzwerte nach der 16. BImSchV tagsüber nicht überschritten und nachts nur um 0,8 bzw. 0,5 dB(A). Die zuletzt genannte Differenz sei für den Menschen nicht wahrnehmbar. Verkehrsbehördliche Maßnahmen kämen bereits deshalb nicht in Betracht.

Aber auch bei der Abwägung des Interesses des Klägers an der Reduzierung des von ihm aufgrund der Gegebenheiten an sich anzunehmenden Verkehrslärms mit den Belangen des Straßenverkehrs seien die beantragten bzw. vorgeschlagenen verkehrsbehördlichen Anordnungen/Maßnahmen nicht zu treffen.

Bei der Straße T. Weg handele es sich um eine Gemeindeverbindungsstraße. Durch den T. Weg würden der Ort O. und die zum Gebiet der Gemeinde O. gehörenden Ortsteile St. und Sch. verbunden. Die Straße sei in einer Weise ausgebaut, dass sie geeignet sei, Lkw-Verkehre aufzunehmen. Der derzeitige Straßenzustand sei gut. Erst im Jahre 2010 sei die Asphaltdecke großflächig durch Aufbringung einer neuen Dünnschichtdecke erneuert worden. Nacharbeiten seien noch im Jahre 2011 erfolgt. Die tägliche durchschnittliche Kfz-Belastung von 3006 Fahrzeugen sei Grundlage für die Verkehrslärmbewertung. Die ermittelte Belastung des T. Wegs durch Schwerlastverkehr sei für eine Gemeindeverbindungsstraße eher gering.

Gerade in ihrer Funktion als Gemeindeverbindungsstraße habe der T. Weg nicht nur Anliegerverkehr, sondern auch innergemeindlichen bzw. auch überörtlichen Verkehr aufzunehmen. Insofern sei abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an einem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Straße als Gemeindeverbindungsstraße und einer möglichst störungsfreien Abwicklung der damit einhergehenden Verkehre und dem von dem Kläger geltend gemachten schutzwürdigen Interesse des Schutzes vor Verkehrslärm.

Die Funktion des T. Wegs als Gemeindeverbindungsstraße dürfe nicht, jedenfalls nicht auf ihrer gesamten innerörtlichen Länge von über 1 km, durch die Reduzierung der gesetzlich vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h dieser Funktion entzogen oder in dieser Funktion beeinträchtigt werden. Denn eine solche Anordnung hätte eine erhebliche Beeinträchtigung des fließenden Verkehrs zur Folge.

Die Reduzierung der Geschwindigkeit auf 30 km/h vor der Schule im T. Weg stelle eine Ausnahme dar, die durch einen Erlass des Nds. Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr legitimiert sei, weil Grundschulkinder auf ihrem Weg zur Schule die Fahrbahn des T. Wegs in diesem Bereich querten. Aber eine Ausweitung dieses Bereichs z. B. bis zum Wohnhaus des Klägers sei durch diesen Erlass nicht gedeckt.

Das Anordnen des vom Kläger begehrten Lkw-Verbots oder einer gewünschten Gewichtsbeschränkung führe zu einer Beschränkung der dem T. Weg zugewiesenen Funktion als Gemeindeverbindungsstraße. Auch führten solche Maßnahmen zu längeren Fahrwegen für andere Verkehrsteilnehmer. Dies hätte nicht nur zusätzliche umweltrelevante Belastungen zur Folge, sondern auch eine finanzielle Mehrbelastung für die betroffenen Unternehmen und zudem eine Mehrbelastung der Anwohner der Ausweichstraßen, die den vom T. Weg ferngehaltenen Verkehr sodann aufnehmen müssten. Im Übrigen erbrächte eine etwaige Gewichtsbeschränkung für Lkw keine spürbare Verbesserung für die Anwohner des T. Wegs. Der mehrfach ermittelte Anteil des Schwerlastverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen erreiche nicht den sonst auf vergleichbaren Straßen feststellbaren Schwerlastverkehrsanteil. Dies führe zu dem Ergebnis, dass sich der Verkehrslärm, der sich aus dem auf dem T. Weg lastenden Verkehr ergäbe, für die Anwohner zumutbar sei und hingenommen werden müsse.

Die vom Kläger selber vorgenommenen bzw. gefertigten Schallpegelmessungen änderten an dieser Beurteilung nichts. Für die Entscheidung, ob verkehrsbehördliche Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm in Betracht kämen, seien nicht die Ergebnisse von Einzelmessungen, insbesondere also auch nicht Lärmspitzenwerte bzw. örtlichen Schallmessungen, maßgeblich, sondern die nach der RLS-90 ermittelten Lärmwerte.

Ergänzend sei auf das Schreiben vom 19. Juli 2012 und auf die in dem erledigten Gerichtsverfahren (7 A 5017/12) eingeführten Schriftsätze zu verweisen.

Der Kläger hat am 27. Dezember 2013 Klage erhoben, mit der er seine Begehren weiter verfolgt. Er macht im Wesentlichen geltend:

Er sei seit 30 Jahren in seinem Einfamilienhaus auf dem Grundstück T. Weg 9 wohnhaft. In den Entscheidungen des Nordrhein-Westfälischen Oberverwaltungsgerichtes Münster (8 A 3113/06 sowie 8 A 3518/06) sei es zwar um einen Anwohner einer stark befahrenden Hauptverkehrsstraße gegangen - unabhängig davon gelte allerdings auch hier, dass der Träger der Straßenbaulast Möglichkeiten einer Minderung des Lärms in Betracht ziehen müsse. Der Kläger habe der Beklagten ca. 100 Unterschriften bzw. Beschwerden der Anlieger vorgelegt. Der angegriffene Bescheid gehe darauf nicht ein. Er (der Kläger) stelle zudem in Abrede, dass die durch die Nds. Landesbehörde durchgeführte Verkehrslärmermittlung gem. RLS-90 tatsächliche Werte ermittele, die - so aber der angefochtene Bescheid - für Menschen nicht wahrnehmbare Differenzen zu den Grenzwerten aufwiesen. Tatsächlich seien durchaus für Menschen nicht nur wahrnehmbare, sondern belastende Lärmimmissionen gegeben. Durch eigene Lärmaufzeichnungen habe der Kläger dies der Beklagten bereits nachgewiesen. Insoweit werde angeregt ein Sachverständigengutachten einzuholen, weil die Lärmbelästigung tagsüber und insbesondere nachts weit über die zulässigen Grenzwerte hinaus gingen und für Menschen beeinträchtigend seien. Der insoweit Sachverständige habe die DIN 45642 zu beachten und Langzeitmessungen über mehrere Tage zu verschiedenen Zeiten vorzunehmen. Nicht nachvollzogen werden könne, inwieweit die begehrte Anordnung einer 30 km/h-Geschwindigkeitsbegrenzung auf dem T. Weg zu eine erheblichen Beeinträchtigung des fließenden Verkehrs führen würde. Dies sei nicht nachgewiesen. Aus dem Bescheid ergebe sich insoweit nichts. Es gäbe zudem eine Reihe von Gemeindeverbindungsstraßen, die mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h versehen sein, so etwa der P.. Es sei auch nicht nachvollziehbar, inwieweit eine finanzielle Mehrbelastung von Unternehmen gegeben sein solle. Der in Kauf zu nehmende Umweg betrüge lediglich 1,2 km. Er - der Kläger - berufe sich ganz ausdrücklich auf die Gleichbehandlung mit Anwohnern vergleichbarer Gebiete. So sei auf der Parallelstraße H. ein Nachtfahrverbot für LKW von 20 Uhr bis 6 Uhr verhängt worden. Schließlich sei die begehrte Maßnahme auch aus Sicherheitsgründen geboten. Tatsächlich sei nämlich der T. Weg im Hinblick auf seine Breite nicht für LKW-Verkehr geeignet. Auf der Straße befinde sich ein gekennzeichneter Fahrradweg, der insbesondere von Schulkindern wegen des LKW-Verkehrs nicht genutzt würde. Auch hinsichtlich der Tatsache, dass der T. Weg tatsächlich nicht für den LKW-Verkehr geeignet sei, werde angeregt, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf den vorgenannten eingezeichneten Fahrradweg. Im Übrigen sei zu beachten, dass seit 2006 der Verkehr um ein Vielfaches gestiegen sei. Feststellungen einer Verkehrssicherheitskommission, auf die sich die Beklagte beziehe, seien dem Kläger nicht im Einzelnen bekannt. Es sei nicht nachvollziehbar, warum eine Verkehrssicherheitskommission zu dem damaligen Zeitpunkt nicht das LKW-Verbot mit aufgenommen habe und/oder vollständig eine Temporeduzierung angeordnet habe.

Aus Sicht des Klägers seien die vorgenommenen Messungen, augenscheinlich eine einmalige Messung im Jahre 2010, eine weitere eintägige Messung sowie 2013 an zwei unterschiedlichen Tagen, gem. DIN 45642 eben nicht ausreichend. Es sei zu verschiedenen Zeiten mehrfach zeit- und ortsnah zu messen. Die RLS-90 könne nicht allein entscheidend sein. Zudem wiesen die Geräuschpegel vor dem Haus des Klägers ein spezielles Frequenzspektrum auf, welches von starken Brems- und Beschleunigungsgeräuschen gekennzeichnet sei. Die Situation sei mithin anders, als ob Fahrzeuge mit gleichmäßiger Geschwindigkeit führen. Durch den nicht mehr zeitgemäßen Straßenbelag würden die Geräusche noch verstärkt. Es sei insbesondere zu beachten, dass vor dem Grundstück des Klägers nicht nur der Straßenbelag ungeeignet sei, sondern dass auch der Radweg sowie die Hindernisse kurz nach seinem Grundstück mit Beginn der 30 km/h-Zone unmittelbar an seinem Grundstück zu einer wesentlichen Erhöhung des Verkehrslärms führten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. November 2012 zu verpflichten, eine Anordnung mit dem Inhalt zu erlassen, für die Gemeindestraße T. Weg im innerörtlichen Bereich eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h (Verkehrszeichen 274) sowie ein Durchfahrtverbot für Lkw (Verkehrszeichen 253) anzuordnen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht im Wesentlichen geltend:

Die Straße T. Weg verbinde den Ort O. mit dem Ortsteil Sch.. Es handele sich um eine verkehrswichtige Straße, eine sogenannte Gemeindeverbindungsstraße. Die Beklagte habe anlässlich des Ausbaus des T. Weges Ende der 70er Jahre wegen der überörtlichen Bedeutung der Straße finanzielle Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz erhalten. Entsprechend ihrer Funktion sei seinerzeit die Straße so ausgebaut worden, dass sie auch Lkw-Verkehr aufnehmen könne. In den Jahren 2010 und 2011 seien Straßenunterhaltungsarbeiten erfolgt, indem die Straßendecke erneuert worden sei. Arbeiten am Unterbau seien nicht erforderlich gewesen, dieser sei nach wie vor in Ordnung. Auch in den politischen Gremien der Beklagten sei die Verkehrssituation auf dem T. Weg mehrfach Gegenstand von Beratungen gewesen, ebenso wie in der sogenannten Verkehrssicherheitskommission, einem Gremium bestehend aus Vertretern der Polizei des Straßenbaulastträgers und der Straßenverkehrsbehörde. Zudem lägen Stellungnahmen der Polizeiinspektion D./O. Land und des Landkreises O. vor. Es seien Verkehrszählungen durchgeführt worden, unter anderem im November 2010, mit denen schwerpunktmäßig der Lkw-Durchgangsverkehr untersucht worden sei. Eine weitere Verkehrszählung sei durch das Büro Dr. …., Sch., erfolgt. Schließlich seien mehrfach Verkehrsdatenerhebungen mittels eines auf dem T. Weg installierten Verkehrsstatistikgeräts gemacht worden. Eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der tatsächlichen Lärmbelastung bedürfe es angesichts der Lärmwertberechnung durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr nicht. Nur wenn es an der Straße T. Weg bauliche Veränderungen gegeben hätte, die einem Neubau gleichkämen, müsste die Beklagte die Auswirkung von Änderungen auch im Hinblick auf das daraus folgende Verkehrslärmpotential vornehmen. Soweit der Kläger sich auf das Beispiel P. bezöge, sei dies nicht geeignet, sein Begehren zu stützen. Der ca. 800 m lange P. führe durch den Ortsteil O.-R. und verbinde diesen Ortsteil mit dem Ortsteil O.-B.. Nur unmittelbar hinter dem Ortseingang B. kurz vor der Einmündung in die Straße H. Weg gelte auf wenigen Metern Länge des P.es eine Tempo-30-Zone. Im Übrigen gelte die gesetzliche Regelung innerhalb der geschlossenen Ortschaft bzw. zwischen den Ortschaften eine mit Verkehrszeichen 274 angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h.

Soweit die Lärmwertberechnungen die Grenzwerte in einer für Menschen nicht wahrnehmbaren Höhe überschritten, könne der Kläger dies nicht abstreiten – nach allgemeinen Erkenntnissen der Akustik könne das menschliche Ohr Lärmveränderungen erst bei einer Pegeldifferenz von 3 dB(A) wahrnehmen. Im Falle des Klägers würden die Immissionsgrenzwerte nach der 16. BImSchV tagsüber überhaupt nicht überschritten und nachts nur um 0,8 dB(A) bzw. 0,5 dB(A), also um einen weit unterhalb eines vom menschlichen Ohr wahrnehmbaren Wertes.

Einzelne Spitzenwerte, die der Kläger vortrage, müssten in diesem Verfahren außer Betracht bleiben.

Im Übrigen seien Sonderumstände, die zum Anordnen von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen zwängen, nicht gegeben. Weder die verkehrliche Situation auf dem T. Weg noch die bauliche Beschaffenheit der Straße noch der mit dem Straßenverkehr eingehende Lärm rechtfertigten die vom Kläger geforderten Maßnahmen der Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h (mit Ausnahme des Bereiches vor der Schule) und/oder eines Durchfahrtverbotes für Lkw.

Auf die vom Kläger vorgelegte Unterschriftenliste habe die Beklagte in ihrem Bescheid vom 28. November 2013 nicht einzugehen gebraucht. Maßgeblich für die Entscheidung, ob straßenverkehrsbehördliche Maßnahmen zu ergreifen seien, sei nicht das subjektive Empfinden von Anliegern oder die Anzahl von Befürwortern einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme, sondern nur die objektiven verkehrlichen Gegebenheiten.

Das Verwaltungsgericht hat am 28. Februar 2014 einen Erörterungstermin vor dem Berichterstatter der Kammer durchgeführt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und des abgeschlossenen Verfahrens 7 A 5017/12 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Soweit der Kläger einen (gebundenen) Anspruch auf Erlass der begehrten straßenverkehrsbehördlichen Anordnung gegenüber der Beklagten i. S. v. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Nr. 5, Abs. 9 StVO geltend macht, ist die Klage unbegründet, weil ihm ein solcher (gebundener) Anspruch nicht zusteht, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Soweit der Kläger nach denselben Vorschriften einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten über seinen Antrag auf straßenverkehrsbehördliches Einschreiten geltend macht, hat die Beklagte diesen Anspruch mit ihrem angegriffenen Bescheid vom 28. November 2013 rechtsfehlerfrei erfüllt. Dieser Bescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht zur Neubescheidung des Klägers verpflichtet, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

Anspruchsvorlage für den Kläger hinsichtlich des Schutzes vor Lärm (und Abgasen) ist grundsätzlich § 44 Abs. 1 i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO, wonach die Beklagte straßenverkehrsbehördliche Anordnungen zum Schutze der Wohnbevölkerung vor Lärm (und Abgasen) treffen kann.

Grundsätzlich dient § 45 StVO zwar nur dem Schutz der Allgemeinheit. Die Bestimmungen des § 45 StVO sind nicht auf die Wahrung der Interessen einzelner ausgerichtet. Im Einzelfall indessen kann ein subjektiv-öffentliches Recht gegenüber der Straßenverkehrsbehörde abgeleitet werden, soweit die von § 45 StVO geschützten Rechtsgüter und Interessen auch das Individualinteresse erfassen, wie dies etwa bei dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem Recht auf Eigentum der Fall ist. Jedenfalls steht dem Einzelnen ausnahmsweise ein subjektiv-öffentliches Recht gegenüber der Straßenverkehrsbehörde auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf verkehrsregelndes Einschreiten zu, so etwa auch einem Straßenanlieger, der die Unzumutbarkeit der Belastung seines Anwesens durch Lärm, Erschütterung und Schadstoffe geltend macht (vgl. m.w.N. Urteil des VG Aachen vom 20. September 2011 – 2 K 435/09 -, juris), wie hier insbesondere der Kläger die Einwirkung von Lärm nicht nur als Belastung, sondern als Einwirkung auf seine Gesundheit geltend macht.

Ein Anspruch auf Einschreiten zum Schutz vor Verkehrslärm setzt nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO nicht voraus, dass ein ganz bestimmter Schallpegel überschritten wird. Insoweit kommt es vielmehr maßgeblich darauf an, ob der Lärm Beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hinzunehmen ist und damit zugemutet werden kann. Hinsichtlich des Maßes des insoweit billigerweise zumutbaren Verkehrslärms sind gesetzgeberisch oder durch den Verordnungsgeber keine bestimmten Grenzwerte festgelegt, etwa mit der Maßgabe, dass sich aus ihrem Überschreiten eine Verpflichtung zum Einschreiten im Sinne eines rechtlichen Automatismus ergäbe. Abzustellen ist vielmehr auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Anlieger sowie auf eine eventuell gegebene Vorbelastung (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 21. März 2012 – 11 B 10.1657 –, juris , VG Ansbach, Urteil vom 18. Juni 2012 – AN 10 K 10.02655, AN 10 K 11.00021, AN 10 K 11.00022 –, juris, Urteil des Gerichts vom 4. Juli 2013 – 7 A 1585/11 -, den Beteiligten bekannt, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Insoweit kann der einzelne Anwohner rechtlich nur ihn selbst betreffende Rechte, insbesondere seinen Schutz vor Lärm, geltend machen. Daher sind die vom Kläger vorgebrachten Aspekte der allgemeinen Verkehrssicherheit, der baulichen Beschaffenheit der Straße und Interessen der übrigen Anlieger hier nicht weiter zu berücksichtigen, § 115 Abs. 5, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1.

Grenzwerte für eine Beurteilung, wann Verkehrslärm an bestehenden Straßen (Bestandsstraßen) nicht mehr zumutbar ist und Ansprüche gegen die Straßenverkehrsbehörde auslöst, gibt es nicht.

§ 45 Abs. 1 S 2 Nr. 3 StVO

gewährt Schutz vor Straßenverkehrslärm nicht nur dann, wenn dieser einen bestimmten Schallpegel überschreitet; es genügen Lärmeinwirkungen, die jenseits dessen liegen, was im konkreten Fall unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs als ortsüblich hingenommen werden muß.
(BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1986 – 7 C 76/84 –, BVerwGE 74, 234-241)

Dazu hat das BVerwG hervorgehoben,

daß sich die Frage nach dem Maß der hinzunehmenden Lärmbeeinträchtigung nur im Rahmen des jeweiligen rechtlichen Kontextes beantworten läßt, in dem sie sich stellt (a.a.O. S. 237/38). Darüber hinaus hat er die Erheblichkeit der Lärmbeeinträchtigung oder - was gleichsteht - ihre Unzumutbarkeit als eine äußerste, im Wege gerechter Abwägung zu Lasten des Betroffenen nicht mehr oder nur gegen Entschädigung überwindbare Grenze gekennzeichnet und daraus gefolgert, daß Lärmbelästigungen, die diese Grenze nicht erreichen, keineswegs stets und generell, sondern nur in dem Rahmen hingenommen werden müssen, der einer gerechten Abwägung standhält (a.a.O. S. 238). Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, daß - wie die Beschwerde meint - der Verwaltungsgerichtshof, um einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bejahen zu können, hätte feststellen müssen, die Kläger seien Verkehrseinwirkungen ausgesetzt, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen. Dessen bedarf es auch deswegen nicht, weil die Grenze des billigerweise zumutbaren Verkehrslärms fließend ist, so daß es genügt, daß der Lärm Beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muß (a.a.O. S. 239).
(BVerwG, Beschluss vom 31. März 1988 – 7 B 52/88 –, juris)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zudem geklärt, dass,

soweit es um den Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO geht, Orientierungspunkte für eine nähere Bestimmung, wann eine Lärmzunahme erheblich ist, der Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV - vom 12. Juni 1990 (BGBl I S. 1036) entnommen werden können. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 16. BImSchV ist eine Lärmzunahme wesentlich, wenn der Beurteilungspegel des Verkehrslärms um mindestens 3 dB(A) oder auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder mindestens 60 dB(A) in der Nacht erhöht wird. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 16. BImSchV gilt dasselbe, wenn der Beurteilungspegel von mindestens 70 dB(A) am Tage oder 60 dB(A) in der Nacht weiter erhöht wird; dies gilt nicht in Gewerbegebieten.
BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 – 3 C 40/10 –, juris

Die Werte nach der 16. BImSchV können zur Orientierung herangezogen werden:

Für die Beurteilung der Frage, wann die Zumutbarkeit einer Lärmbelastung im Zusammenhang mit dem Eingreifen der Ermächtigungsgrundlage nach § 45 Abs. 9 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO überschritten wird, können jedoch die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchV 16 -) als Orientierungspunkte herangezogen werden.

Die Grenze der Zumutbarkeit in diesem Sinne wird jedoch nach allgemeiner Auffassung durch keinen bestimmten Schallpegel bestimmt (siehe BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1993 - 11 C 45.92 -, juris Rn. 26; Bay. VGH, Urteil vom 21. März 2012 - 11 B 10.1657 -, juris Rn. 25). Es liegen auch keine auf Rechtsetzung beruhenden Grenzwerte für eine Lärmbelastung vor, die unmittelbar Anwendung finden können. Das hat das Verwaltungsgericht zutreffend im Einzelnen ausgeführt (Urteilsabdruck S. 10). Für die Beurteilung der Frage, wann die Zumutbarkeit einer Lärmbelastung im Zusammenhang mit dem Eingreifen der Ermächtigungsgrundlage nach § 45 Abs. 9 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO überschritten wird, können jedoch die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. Verordnung zum Bundes-Immissions-schutzgesetz - 16. BImSchV -) als Orientierungspunkte herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1993, a. a. O.; Bay. VGH, Urteil vom 21. März 2012, a. a. O., Rn. 28). Wenn diese Schwelle der Lärmbelastung erreicht ist, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Tätigwerden der Straßenverkehrsbehörde erfüllt und die Behörde hat dann unter Gebrauch ihres Ermessens über Beschränkungen des fließenden Verkehrs zu entscheiden bzw. ist auf entsprechenden Antrag hin dann zu einer Ermessensentscheidung verpflichtet.
(Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 19. Februar 2014 – 2 A 1465/13 –, juris)

Ferner liegen die Lärmschutz-Richtlinien-StV vor, die eine Obergrenze markieren:

Rechtlicher Ausgangspunkt ist hierbei zunächst, dass die festgestellten Lärmwerte nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensausübung nach § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO erfüllen, sondern aufgrund der Höhe der Lärmbelastung trotz des bereits vorher bestehenden Nachtfahrverbots für LKW ein weiteres Tätigwerden der Straßenverkehrsbehörde zum Schutz der Gesundheit der Anwohner (Art. 2 Abs. 1 GG) sogar geboten war (Ermessensreduzierung). Der Beklagte hat sich bei der Festlegung seines Ziels, einen Lärmpegel von 62 dB(A) in den Ortsdurchfahrten nicht mehr zu überschreiten, in erster Linie an den Richtlinien für straßenverkehrliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien - StV -) vom 23. November 2007 (Verkehrsblatt 2007, S. 767) orientiert. Das ist jedenfalls nicht zu beanstanden; die neueste verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung erweitert den grundrechtlich gebotenen Lärmschutz sogar tendenziell noch. Im Einzelnen:

Nach Ziffer 2.1 der genannten Richtlinien kommen straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen insbesondere in Betracht, wenn der vom Straßenverkehr herrührende Beurteilungspegel am Immissionsort in reinen und allgemeinen Wohngebieten einen Wert von 60 dB(A) nachts und in Kern-, Dorf- und Mischgebieten einen Wert von 62 dB(A) nachts überschreitet. …

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 10. November 2004 - 9 A 67.03 -, juris Rn. 44) wird bei Lärmbelastungen von über 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts jedenfalls in Wohngebieten ein kritischer Bereich hinsichtlich einer Gesundheitsgefährdung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) für lärmbetroffene Anwohner erreicht. Diesem Ansatz folgend wird in der Rechtsprechung zu Lärmbelastungen an Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nachts als genügend angesehen, um ein nächtliches Fahrverbot für LKW zu rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 3 C 40.10 -, juris Rn. 11). Umso weniger kann es beanstandet werden, wenn der Beklagte hier als Ziel seines Tätigwerdens lediglich die Erreichung eines nächtlichen Lärmpegels von 62 dB(A) in Ortsdurchfahrten einer Bundesstraße anstrebt.
(Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 19. Februar 2014 – 2 A 1465/13 –, juris)

Danach ergibt sich Folgendes (so schon Urteil des Gerichts vom 4. Juli 2013 – 7 A 1585/11 -, den Beteiligten bekannt):

- Werden die Werte nach der 16. BImSchV (dazu a) von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) in der Nacht nicht überschritten, ist davon auszugehen, dass (bei Bestandsstraßen, anders womöglich im Planungsrecht) überhaupt kein Anspruch gegenüber der Straßenverkehrsbehörde auf Tätigwerden gegeben ist. Soweit diese genannten Werte überschritten werden, kommt ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde in Betracht.

- Werden die Werte nach den Lärmschutz-Richtlinien-StV (dazu b) mit 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) zur Nachtzeit überschritten, wird sich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde auf einen gebundenen Anspruch auf ein Einschreiten im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null reduzieren.

- Die Werte sind nicht etwa anhand tatsächlicher schalltechnischer Untersuchung, sondern nach den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen – RLS 90 und dabei insbesondere nach deren technischen und rechnerischen Ermittlungsmethode zur Bestimmung der Lärmwerte zu ermitteln (dazu c).

Diese Systematik, nämlich,

- kein Anspruch bei Werten unterhalb von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) nachts,
- Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bei Werten, die darüber liegen, aber 70 dB(A) und 60 dB(A) zur Nachtzeit nicht überschreiten,
- gebundener Anspruch auf straßenverkehrsbehördliches Einschreiten bei Werten von mehr als 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) zur Nachtzeit,

hält die Kammer als von der Rechtsprechung getragen und bezieht sich dazu - beispielsweise – auf das Urteil des Bay. VGH vom 21. März 2012 – 11 B 10.1657 -, juris, der wörtlich insoweit Folgendes festgehalten hat:

aa) Die Grenze der zumutbaren Lärmbelastung, bei deren Überschreitung ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO besteht, ist nicht durch auf Rechtsetzung beruhende Grenzwerte festgelegt. Auch durch die in den Vorläufigen Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV) vom 23. November 2007 (VkBl 2007, 767) enthaltenen Schallpegel wird diese Grenze, wie der Verwaltungsgerichtshof im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG vom 4.6.1986, a.a.O.) entschieden hat (vgl. BayVGH vom 26.11.1998, a.a.O.; vom 11.5.1999 Az. 11 B 97.695), nicht bestimmt. Ebenso wenig können die Vorschriften der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV) vom 12. Juni 1990 (BGBl I S. 1036) bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbelastung im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVOunmittelbar angewendet werden. Diese Verordnung bestimmt durch Festlegung von Immissionsgrenzwerten die Schwelle der Zumutbarkeit von Verkehrslärm nämlich nur für den Bau und die wesentliche Änderung u.a. von öffentlichen Straßen (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1). Desgleichen gelten die Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes VLärmSchR 97 vom 2. Juni 1997 (VkBl 1997, 434) lediglich für planerische Maßnahmen bei der Linienführung und Trassierung (Lärmschutz durch Planung), für bauliche Maßnahmen an der Straße (aktiver Lärmschutz) und an lärmbetroffenen baulichen Anlagen (passiver Lärmschutz) beim Neubau und bei der wesentlichen Änderung von Straßen (Lärmvorsorge) und zur Verminderung der Lärmbelastung an bestehenden Straßen (Lärmsanierung) sowie für die Entschädigung wegen verbleibender Beeinträchtigungen (vgl. insbesondere Abschnitte A. I., II.; B. IV.; C. VI. 11 bis 13; D. XIV., 36 f.; E.XVII.). Demgegenüber geht es bei § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVOum straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen des Lärmschutzes für bestehende Straßen.

bb) Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der Verkehrslärmschutzverordnung können aber im Anwendungsbereich des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO als Orientierungspunkte für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze, deren Überschreitung die Behörde zur Ermessensausübung verpflichtet, herangezogen werden (so ausdrücklich BVerwG vom 22.12.1993 a.a.O.; vgl. ferner BayVGH vom 26.11.1998 a.a.O.; vom 11.5.1999 Az. 11 B 97.695; VGH Kassel vom 7.3.1989 NJW 1989, 2767; VG Berlin vom 19.6.1995 NVwZ-RR 1996, 257 [VG Berlin 19.06.1995 - 11 A 568/93]). Denn die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung bringen ganz allgemein die Wertung des Normgebers zum Ausdruck, von welcher Schwelle an eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung der jeweiligen Gebietsfunktion, zumindest auch dem Wohnen zu dienen, anzunehmen ist (vgl. VG Berlin, a.a.O.). Eine Unterschreitung der Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung ist danach jedenfalls ein Indiz dafür, dass die Lärmbelastung auch die Zumutbarkeitsschwelle in straßenverkehrsrechtlicher Hinsicht nicht erreicht. Umgekehrt kommt bei einer Überschreitung dieser Immissionsgrenzwerte eine zur fehlerfreien Ermessensausübung verpflichtende Überschreitung der straßenverkehrsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle in Betracht.

29

Mithin folgt die Kammer auch nicht der von der Beklagten angedeuteten Auffassung (vgl. Schriftsatz vom 30. Mai 2014), nach welcher Anordnungen nur statthaft seien, wenn die Voraussetzungen der Lärmschutz-Richtlinien-StV vorlägen, wobei allerdings der Beklagten zuzugeben ist, dass sie dies in den Kontext mit einer Erlasslage zu Lärmschutzaktionsplänen (Bl. 81 Gerichtsakte i. V. m. Beiakte C) rückt, welcher hier nicht einschlägig ist.

a)

So ist als Orientierungshilfe zunächst die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV vom 12. Juni 1990, BGBl I 1990, 1036, geändert durch Art. 3 Gesetz v. 19. September 2006, BGBl I 2006, 2146, heranzuziehen.

§ 2 (Immissionsgrenzwerte) 16. BImSchV bestimmt im Wortlaut:

(1) Zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche ist bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung sicherzustellen, daß der Beurteilungspegel einen der folgenden Immissionsgrenzwerte nicht überschreitet:

Tag     

Nacht 

1. an Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen und Altenheimen

57 Dezibel (A)

47 Dezibel (A)

2. in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten

59 Dezibel (A)

49 Dezibel (A)

3. in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten

64 Dezibel (A)

54 Dezibel (A)

4. in Gewerbegebieten

69 Dezibel (A)

59 Dezibel (A)

Nach § 2 16. BImSchV ist mithin für Wohngebiete – wie hier – ein Immissionsgrenzwert von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) in der Nacht vorgegeben. Die Kammer geht nämlich zugunsten des Klägers davon aus, dass es auf Nr. 2 der Vorschrift ankommt und zieht nicht den für den Kläger ungünstigeren Begriff etwa des Dorfgebietes aus Nr. 3 heran, obwohl der Kläger selber zuletzt darauf abzustellen scheint (Bl. 103 Gerichtsakte).

Dabei ist zu aber beachten, dass nach § 1 Abs. 1 16. BImSchV (Anwendungsbereich) diese Verordnung (nur) für den Bau oder die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen sowie von Schienenwegen der Eisenbahn und Straßenbahn (Straßen- und Schienenwege) gilt.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 16. BImSchV ist eine Änderung – neben der Wesentlichkeit nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 16. BImSchV – auch wesentlich, wenn der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms von mindestens 70 dB(A) am Tage oder 60 dB(A) in der Nacht durch einen erheblichen baulichen Eingriff erhöht wird.

Mit den letztgenannten Werten bezieht sich mithin die 16. BImSchV -auch- auf in den Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV, Verkehrsblatt 2007, 767 f.) vom 23. November 2007 bestimmte Werte (dazu unten b).

Die Kammer zieht diese Werte als Orientierungshilfe aus der 16. BImSchV heran und hält fest, dass ein Anspruch des Anliegers einer bestehenden Straße auf Tätigwerden der Straßenverkehrsbehörde, insbesondere auf verkehrsbehördliches Einschreiten bei Nichterreichen der genannten Werte, von Vorneherein nicht gegeben ist.

Anderes gilt bei Überschreiten dieser Werte: Sodann entsteht ein Anspruch des Anwohners auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde über das von ihm geltend gemachte Begehren hinsichtlich der Anordnung von straßenverkehrsbehördlichen Maßnahmen zum Schutz vor Lärm (oder Abgasen). Damit zugleich ist indessen noch kein bindender Anspruch auf Einschreiten, z. B. im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null, verbunden. Vielmehr hat die Behörde insoweit lediglich alle für das geltend gemachte Begehren maßgeblichen Umstände im Blick zu nehmen und in den Abwägungsvorgang einzustellen, der schließlich zum Ergebnis ihrer Ermessensentscheidung führt, wobei sie ihr Ermessen rechtsfehlerfrei auszuüben hat. In diesen Fällen gibt § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO mithin dem Einzelnen einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten, wenn Lärm oder Abgase Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muss. Im Rahmen der Ermessensentscheidung können ferner die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer zu würdigen sein. Schließlich sind die Interessen anderer Anlieger, die durch lärmreduzierende Maßnahmen ihrerseits übermäßig durch Lärm beeinträchtigt würden, in Rechnung zu stellen. Dabei darf die Behörde in Wahrung allgemeiner Verkehrsrücksichten und sonstiger entgegenstehender Belange von verkehrsbeschränkten Maßnahmen umso eher absehen, je geringer der Grad der Lärm- oder Abgasbeeinträchtigung ist, der entgegengewirkt werden soll. Umgekehrt müssen bei erheblichen Lärm- oder Abgasbeeinträchtigungen die verkehrsberuhigenden oder verkehrslenkenden Maßnahmen entgegenstehenden Verkehrsbedürfnisse und Anliegerinteressen schon von einigem Gewicht sein, wenn mit Rücksicht auf diese Belange ein Handeln der Behörde unterbleibt. Jedenfalls darf die zuständige Behörde selbst bei erheblichen Lärm- oder Abgasbeeinträchtigungen von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen absehen, wenn ihr dies mit Rücksicht auf die damit verbundenen Nachteile gerechtfertigt erscheint (vgl. BayVGH und VG Ansbach, aaO, sowie VG Augsburg, Urteil vom 11. März 2014 – Au 3 K 13.582 -, juris).

b)

Anderes dürfte allerdings gelten, soweit (sogar) die Werte überschritten werden, die in den Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV, Verkehrsblatt 2007, S. 767) mit 70/60 dB(A) festgelegt sind. Bei Überschreiten dieser Werte wird sich das Entschließungsermessen auf Null reduzieren und muss die Straßenverkehrsbehörde zum Schutz der Anwohner gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO einschreiten. Die Kammer zieht auch diese Vorschrift als Orientierungshilfe heran.

In der Einleitung dieser Lärmschutz-Richtlinien-StV heißt es, dass es das Ziel der Richtlinien ist, den Straßenverkehrsbehörden eine Orientierungshilfe zur Entscheidung über straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Straßenverkehrslärm an die Hand zu geben. Diese Richtlinien gelten nur für bestehende Straßen und lehnen sich an die Grundsätze des baulichen Lärmschutzes an bestehenden Straßen i.S.d. Lärmsanierung (nur) an (vgl. Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes – V-LärmSchR 1997, Verkehrsblatt 1997, S. 434). Die Immissionsgrenzwerte für den Neubau oder die wesentliche Änderung von Straßen (Lärmvorsorge nach der Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV, siehe oben) und die Orientierungswerte zur Beurteilung von Geräuschimmission in Bauleitverfahren (Beiblatt 1 zu DIN 18005, Teil 1 Schallschutz im Städtebau) sind hier nicht heranzuziehen.

Nach Nr. 2.1 dieser Lärmschutz-Richtlinien-StV kommen straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen insbesondere in Betracht, wenn der vom Straßenverkehr herrührende Beurteilungspegel am Immissionsort, ermittelt nach RLS 90, in reinen und allgemeinen Wohngebieten – wie hier – einen der folgenden Richtwerte überschreitet:

70 dB(A) zwischen 06.00 und 22.00 Uhr (tags),
60 dB(A) zwischen 22.00 und 06.00 Uhr (nachts).

Nach Nr. 3.3 LärmschutzRichtlinien-StV (Geschwindigkeitsbeschränkungen) kommen innerhalb geschlossener Ortschaften – wie hier – in Wohngebieten zwar auch die Anordnungen von Tempo-30-Zonen (Zeichen 274.1) oder von verkehrsberuhigten Bereichen (Zeichen 325) grundsätzlich in Betracht. Auf den Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundesstraßen, Kreisstraßen und Landesstraßen), auf denen sich der weiträumige und der innerörtliche Verkehr bündelt und die gleichzeitig die Wohngebiete entlasten, kommt eine Geschwindigkeitsbeschränkung indessen in der Regel wegen derer besonderer Verkehrsfunktion nach den Straßengesetzen nicht in Betracht.

Nach Nr. 3.4 Lärmschutz-Richtlinien-StV kommen weitere Verkehrsverbote, insbesondere auch sogenannte Tonnenbeschränkungen, nur in Betracht, wenn die besondere Verkehrsfunktion der jeweiligen Straße und die Verkehrsbedürfnisse dies zulassen, für die ausgeschlossenen Verkehrsarten eine zumutbare und geeignete Umleitungsstrecke vorhanden ist und eine Verlagerung des Straßenverkehrslärms in andere schutzwürdige Gebiete nicht befürchten ist; allerdings kann es z. B. genügen, anstelle des gesamten Verkehrs mit Lkw nur den Verkehr mit Lkw oberhalb eines bestimmten zulässigen Gesamtgewichts zu verbieten, wobei wiederum auch ein solche Verkehrsverbot in Einklang mit der widmungsgemäßen Bestimmung der Straße stehen muss.

c)

Bei der angeführten RLS-90 handelt es sich um die Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen RLS-90 und dabei insbesondere um die (technische / rechnerische) Ermittlungsmethode zur Bestimmung der Lärmwerte, auf die (u. a. ) die zuvor zitierten Lärmschutz-Richtlinien-StV ausdrücklich verweisen.

Nach Nr. 2.2 Lärmschutz-Richtlinie-StV sind für die Berechnung des Beurteilungspegels und die Bestimmung des Immissionsortes die RLS-90 maßgeblich. Nach Satz 2 dieser Vorschrift können örtliche Schallmessungen nicht berücksichtigt werden, da sich die Messwerte nur auf die zum Zeitpunkt der Messung vorhandenen Schallimmissionen- und Schallausbreitungsbedingungen beziehen.

Nach Nr. 2.3 der Lärmschutzrichtlinie-StV soll durch straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen der Beurteilungspegel unter den Richtwert abgesenkt, mindestens jedoch eine Pegelminderung von 3 dB(A) bewirkt werden. Die Differenz ist wiederum nach den RLS-90 Abschnitt 4 zu berechnen.

2.

Gemessen daran ist der geltend gemachte Anspruch des Klägers nicht gegeben.

Der Bescheid der Beklagten vom 28. November 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.

Dazu hält das Gericht zunächst fest, dass die für das Grundstück des Klägers ermittelten Werte unterhalb der Orientierungswerte aus den Lärmschutz-Richtlinien-StV, dort Nr. 2.1, liegen. Da diese Orientierungswerte von 70 dB(A) tags sowie 60 dB(A) nachts nicht überschritten werden, kommt hier ein gebundener Anspruch des Klägers auf straßenverkehrsbehördliches Einschreiten i. S. v. § 45 StVO nicht in Betracht.

Weiter stellt das Gericht fest, dass die in § 2 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete festgesetzten Immissionsgrenzwerte (von 59 dB(A) am Tage und) von 49 dB(A) in der Nacht rechnerisch leicht überschritten werden.

Diese rechnerischen Überschreitungen ergeben sich daraus, dass nach den (ursprünglichen) Ermittlungen des Landesamtes nachts am Wintergarten ein Wert von

49,5 dB(A)

an Straßenlärm anliegt und nachts an der Giebelwand im ersten Obergeschoss des Hauses des Klägers ein Wert von

49,8 dB(A)

(vgl. Bl. 8 und 9 Beiakte B). Mithin ergibt sich für die Nachtzeit eine rechnerische Differenz in Höhe von

0,5 dBA (Wintergarten)

und eine rechnerische Differenz von

0,8 dBA (Giebelwand).

a)

Ein Anspruch des Klägers auf Tätigwerden der Beklagten besteht nicht, auch nicht ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.

Die geringfügige rechnerische Überschreitung der Orientierungswerte aus der 16. BImSchV führt nicht dazu, dass ein unterhalb dieser Werte grundsätzlich nicht gegebener Anspruch auf Überprüfung und Ermessensbetätigung der Straßenverkehrsbehörde hier etwa in einen Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde umschlagen könnte. Denn nach o.g. Nr. 3 der Lärmschutz-Richtlinien-StV soll durch etwaige straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen der Beurteilungspegel unter den Richtwert abgesenkt, mindestens jedoch eine Pegelminderung von 3 dBA bewirkt werden. Dies findet sein Grund darin, dass geringfügigere Unterschiede für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar sind und ist in der Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 7 A 9.12 -, juris, http://www.bverwg.de/180713U7A9.12.0), wie auch das folgende Zitat aus dem Urteil des VG Mainz - 3 L 874/09.MZ - vom 7.Oktober 2009 (juris) aufzeigt:

Nach der Lärmuntersuchung der Fa. M. C. U. GmbH vom 15. Januar 2009 wird auf dem Grundstück des Antragstellers am Tag voraussichtlich ein Immissionswert von 60 dB(A) erreicht, wenn der genehmigte Lebensmittelmarkt seinen Betrieb aufnimmt. Dies führt jedoch nicht zu einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot, denn wegen der vorhandenen Vorbelastung von 59 dB(A) wird der in § 2 Abs. 1 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete festgesetzte Immissionsgrenzwert von 59 dB(A) nicht wahrnehmbar überschritten. Nach Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm führt nur ein solcher (anlagebedingter) Verkehr zu einer unzumutbaren Verschlechterung der Situation, der zu einer rechnerischen Erhöhung des Beurteilungspegels um mindestens 3 dB(A) und einer erstmaligen oder weitergehenden Überschreitung der Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung führt. Die geforderte Differenz von 3 dB(A) trägt dem Umstand Rechnung, dass nach allgemeinen Erkenntnissen der Akustik eine Erhöhung des Dauerschallpegels von bis zu 2 dB(A) für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar bzw. erst ab 3 dB(A) gerade noch gut hörbar ist (OVG RP, Beschluss vom 12. August 1999, a.a.O.). Die Erhöhung des Verkehrslärms um ein Dezibel führt somit zu keiner beachtlichen Verschlechterung der Situation des Antragstellers.

Daher geht die Kammer davon aus, dass die zuvor dargestellte, mit weniger als 1 dB(A) sehr geringfügige rechnerische Überschreitung der Nachtwerte nach der 16. BImSchV einen Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Betätigung ausschließt, weil sie zu geringfügig sind. Schon danach ist die Klage unbegründet. Dies gilt erst recht, wenn das Gericht die Alternativberechnung des Landesamtes vom 6. Juni 2014 (Bl. 98-100 Gerichtsakte) heranzieht – dann sinkt der Nachtwert nämlich in jedem Fall unter 49 dB(A). Zulässigerweise ist nämlich abweichend von der Tabelle 3 der RLS-90 gemäß Nr. 4.4.1.1.1 RLS-90 auf die tatsächlichen Verkehrszahlen abzustellen, die hier mit 0,5% Lkw-Anteil nachts (immer noch zugunsten des Klägers) angenommen werden, weil dieser Anteil nachts unbestreitbar gegen Null tendiert.

b)

Soweit der Kläger dennoch gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das von ihm gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 StVO zu seinem Schutz vor Lärm geltend gemachte Begehren hat, hat die Beklagte diesen Anspruch rechtsfehlerfrei erfüllt. Jedenfalls dann, wenn wegen der rechnerisch ermittelten Nachtwerte und deren geringfügige Überschreitung der Grenzwerte nach der 16. BImSchV von einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Betätigung der Beklagten auszugehen wäre, wäre die Klage ebenfalls unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 28. November 2013 ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.

Zutreffend geht die Beklagte in den Gründen ihres angegriffenen Bescheides und im gerichtlichen Verfahren (§ 114 Satz 2 VwGO) von den rechnerisch nach der RLS-90 ermittelten Lärmbeeinträchtigungen aus, die die Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr ihr mit Stellungnahme vom 8. August 2013 unterbreitet hat.

Diese überschreiten numerisch die o.a. Grenzwerte von 59/49 dB(A) nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 16. BImSchV, unterschreiten aber die Werte aus der Lärmschutz-Richtlinien-StV deutlich und sehr erheblich.

Diese dargestellte Sachlage stellt zugleich den Maßstab für die Überprüfung der Ermessensbetätigung, insbesondere der Gewichtigkeit und Gewichtung der in die Abwägung einzustellenden Belange, durch die Beklagte dar. Wie oben bereits dargelegt, muss die Straßenverkehrsbehörde die Belange der Anwohner einer Straße umso stärker in den Blick nehmen und gewichten, je höher die Lärmbelastung zwischen den Werten nach der 16. BImSchV (59/49 dB(A)) und denjenigen nach den Lärmschutz-Richtlinien-StV (70/60 dB(A)) liegt. Je höher sich die rechnerisch nach der RLS-90 zu ermittelnden Werte ergeben und je dichter sie an die Obergrenze nach den Lärmschutz-Richtlinien-StV rücken, desto stärker rücken die Belange der Anwohner und ihr schutzwürdiges Interesse vor Lärm in den Fokus und desto geringer sind die widerstreitenden Interessen, z. B. diejenigen der Leichtigkeit des Verkehrs und – wie ggf. hier – der Aspekt einer überörtlichen Verbindung von Gemeindeteilen durch die betroffene Straße zu gewichten und in die Abwägung einzustellen. Insoweit wiederholend hält die Kammer fest, dass umgekehrt die Behörde in Wahrung allgemeiner Verkehrsrücksichten und sonstiger entgegenstehender Belange von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen umso eher absehen darf, je geringer der Grad der Lärmbelästigung bzw. -beeinträchtigung ist, dem entgegen gewirkt werden soll, und dass nur bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen die den verkehrsberuhigenden oder verkehrslenkenden Maßnahmen, die in Betracht kämen, entgegenstehenden Verkehrsbedürfnisse und Anliegerinteressen unberücksichtigt bleiben dürfen. Allerdings dürfte die Behörde selbst bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen absehen, wenn andere damit verbundene Nachteile schwerwiegend wären. Hier indessen sind die Belange des Klägers angesichts der äußerst geringfügigen Überschreitung der Nachtwerte insoweit gerade nicht besonders stark zu gewichten. Daran muss sich die erfolgte Ermessensbetätigung der Beklagten – auch unter Berücksichtigung ihres weiteren Vorbringens im gerichtlichen Verfahren – messen lassen.

Dies entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 45 Abs. 1 S 2 Nr. 3 StVO:

Die Behörde darf dabei in Wahrung allgemeiner Verkehrsrücksichten und sonstiger entgegenstehender Belange von derartigen Maßnahmen um so eher absehen, je geringer der Grad der Lärmbeeinträchtigung ist, dem entgegengewirkt werden soll. Umgekehrt müssen bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen die verkehrsberuhigenden oder verkehrslenkenden Maßnahmen entgegenstehenden Verkehrsbedürfnisse und Anliegerinteressen schon von einigem Gewicht sein, wenn mit Rücksicht auf diese Belange ein Handeln der Behörde unterbleibt. Jedenfalls darf die zuständige Behörde selbst bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen absehen, wenn ihr dies mit Rücksicht auf die damit verbundenen Nachteile gerechtfertigt erscheint.
(BVerwG, Beschluss vom 18. Oktober 1999 – 3 B 105/99 –, juris)

Insoweit hat die Beklagte den geltend gemachten Anspruch ermessensfehlerfrei abgelehnt.

Sie hat erkannt, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handelt.

Dies ergibt sich schon aus der Einleitung der Begründung des angegriffenen Bescheides auf Seite 2 oben bis Seite 2 untere Hälfte. Nach dem oben Voranstehenden ist aber auch die Aussage nicht zu kritisieren, dass die Immissionsgrenzwerte nach der 16. BImSchVO nachts um eine Differenz überschritten würden, die für den Menschen nicht wahrnehmbar sei, weshalb deswegen bereits verkehrsbehördliche Maßnahmen nicht in Betracht kämen (S. 2 des Bescheides ganz unten). Sodann aber übt die Beklagte das Ermessen umfassend und sachgerecht aus, indem sie auf Seite 3 des angegriffenen Bescheides ausdrücklich in die Abwägung des Interesses des Klägers an der Reduzierung des Verkehrslärms mit den Belangen des Straßenverkehrs eintritt. Ihr gefundenes Ergebnis, die beantragten bzw. vorgeschlagenen verkehrsbehördlichen Anordnung / Maßnahmen nicht zu treffen, ist im Ergebnis durch das Gericht rechtlich nicht zu beanstanden.

So geht die Beklagte in der Sache zutreffend davon aus, dass es sich bei der Straße T. Weg um eine Verbindungsstraße handelt (S. 3 des Bescheides, 2. Absatz). Dies ergibt sich schon aus der entsprechenden Belegenheit und Streckenführung der Straße, aus denen ersichtlich ist, dass der T. Weg die insoweit direkteste Nordsüdverbindung zwischen den Gemeindeteilen O. und St./Sch. und auch in Richtung der weiteren, über die B. zu erreichenden Verbindung zur N. Landstraße darstellt. In diesem Sachzusammenhang darf die Beklagte auch, ohne dass das Gericht dies zu bemäkeln hätte, den erfolgten Ausbau dieser Straße zur Verbindungsstraße nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz aus den Jahren 1970 heranziehen und sich darauf stützen. Dabei kann dahinstehen, wie die Beklagte tatsächlich im Einzelnen diese Straße bezeichnet – entscheidend ist vielmehr, dass sie so verkehrswichtig ist, dass sie auch neben den Quell- und Zielverkehren Durchgangsverkehre aufzunehmen hat. Zur Begründung dessen stützt sich die Beklagte zutreffenderweise auf verschiedene Umstände. Zum einen geht sie auf das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ein, nach welchem Mittel bewilligt worden sind, um die Straße ihrer Bauklasse nach so auszubauen, dass alle Verkehre, die aufgrund der Klassifizierung der Straße als verkehrswichtige Straße zu erwarten gewesen waren, also (auch) Lkw-Verkehre, aufgenommen werden könnten. In diesem Kontext weist sie ferner darauf hin, dass die Anwohner, u. a. auch der Kläger, im August 1980 entsprechend niedrigere Erschließungsbeiträge gezahlt hätten, weil der Förderbeitrag Zuschuss bei der Beitragsberechnung mindernd berücksichtigt worden sei und legt dazu ergänzend (Beiakte C) den Beitragsbescheid vom 14. August 1980 vor, der das Klägergrundstück betrifft.

Außerdem stellt sie insoweit noch ab auf die Verkehrsuntersuchung des Ingenieurbüros Dr. Sch. und T. GbR S. vom Juli 2011 zur Frage der Verhältnisse hinsichtlich des Bahnübergangs B. in Sch. (K 227). In diesem Kontext ist nämlich die verkehrliche Situation im Bereich des T. Wegs mit untersucht worden, wozu es heißt, dass vor dem Hintergrund der Netzhierarchie der T. Weg die Funktion einer sog. verkehrswichtigen Gemeindestraße, wie sie im ehemaligen GVFG, heute Entflechtungsgesetz, zur finanziellen Förderung vorausgesetzt wird, übernehme (vgl. Beiakte C). Zudem hat der Rat der Beklagten in seiner Sitzung vom 19. Dezember 2002 eine Straßennetzhierarchie beschlossen, aufgrund derer der T. Weg als Gemeindeverbindungsstraße bewertet wird (vgl. wiederum Beiakte C). Insgesamt ergibt sich daraus eine übergeordnete, über bloße Gemeindestraßen in Wohngebieten ohne Durchgangsverkehr hinausgehende Bedeutung des T. Wegs, wie auch schon zuvor dargelegte Belegenheit und Streckenführung dieser Straße ergeben. Im Rahmen der Ermessensausübung durfte die Beklagte diesem Verkehrscharakter der Straße T. Weg ein andere Interessen zurückdrängendes Gewicht beimessen. Dies gilt insbesondere angesichts der äußerst geringen Lärmbelastung des Grundstücks des Klägers. Das Ergebnis dieser Ermessensbetätigung ist daher vom Gericht rechtlich nicht zu beanstanden.

Sodann (weiterhin S. 3 des Bescheides) zieht sie zutreffend die erhobenen Daten aus den Verkehrszählungen heran und ermittelt danach – ohne dass auch dieses etwa zu bemängeln wäre – eine Belastung durch Schwerlastverkehr als eher gering. Sie stützt sich dabei weiter zutreffend auf die Ergebnisse der aktuellen Messungen mithilfe des technischen Messgeräts aus den Jahren 2012 und 2013.

Soweit die Beklagte im Weiteren eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einen bestimmungsgemäßen Gebrauch der Straße als Verbindungsstraße mit einer möglichst störungsfreien Abwicklung des damit einhergehenden Verkehrs und dem vom Kläger geltend gemachten schutzwürdigen Interesse des Schutzes vor Verkehrslärm vornimmt, sind ebenfalls Rechtsfehler nicht zu erkennen. Insoweit zu Recht darf sie sich darauf stützen (S. 3 unten des angegriffenen Bescheides), dass die Funktion des T. Weges als Gemeindeverbindungsstraße durch die Reduzierung der gesetzlich vorgegebenen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerhalb des Ortsteils Sch. auf 30 km/h im Abschnitt, in welchem das Haus des Klägers belegen ist, nicht beeinträchtigt werden dürfe. Dies wäre aber der Fall bei Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h auf (weitere) Streckenabschnitte (außerhalb des Bereichs der Schule). Dass eine solche Anordnung eine erhebliche Beeinträchtigung des fließenden Verkehrs zur Folge hätte, drängt sich auf. Jedenfalls ist diese Annahme durch das Gericht nicht zu beanstanden. Auch dass ein Vorziehen des Verkehrsschildes 274 mit der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h im Bereich der Schule um runde 15 m bis zur Grundstücksgrenze des Klägers – oder darüber hinaus -, so dass der Kläger in den Bereich einer 30 km-Beschränkung einbezogen wäre, nicht in Betracht komme, hat der Beklagte hinreichend begründet, zuletzt gemäß §114 Satz 2 VwGO in zulässiger Art und Weise mit Schriftsatz vom 30. Mai 2014 in Verbindung mit dem dazu vorgelegten Kartenmaterial in Beiakte C. So verweist der Beklagte in nicht zu kritisierender Weise darauf, dass im Bereich einer Schule die Verkehrszeichen in unmittelbarer Nähe der Schule aufgestellt werden sollen und dass das Verkehrszeichen nicht mehr in unmittelbarer Nähe zur Schule und in einem zu weitem Abstand zu den begleitenden Schulbauten stünde, wenn die Beklagte dieses Zeichen, wie vom Kläger vorgeschlagen, in Richtung des Wohnhauses des Klägers versetzte. Auch die Anmerkung, es wäre zu befürchten, dass Autofahrer – mangels Akzeptanz der Geschwindigkeitsbeschränkung – im Schulbereich, mithin dem eigentlichen Schutzbereich, wieder schneller führen, ist nicht von der Hand zu weisen.

Soweit die Beklagte Entsprechendes (S. 4 des Bescheides) hinsichtlich der geltend gemachten Gewichtsbeschränkung ausführt, ist auch dies ermessensfehlerfrei. Die dort geltend gemachte Besonderheit, dass eine Gewichtsbeschränkung für Lkw keine spürbare Verbesserung für die Anwohner des T. Wegs ergäbe, weil der mehrfach ermittelte Anteil des Schwerlastverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen nicht das auf vergleichbaren Straßen festgestellte Maß erreiche, und dass dies insgesamt zu dem Ergebnis führte, dass sich der Verkehrslärm, der sich aus dem auf den T. Weg lastenden Verkehr ergäbe, für die Anwohner zumutbar sei und hingenommen werden müsse, ist vom Gericht nicht zu beanstanden. Auch durfte und darf der Beklagte die Interessen der weiteren Verkehrsteilnehmer, wie hier zum Beispiel landwirtschaftlicher Unternehmer, einbeziehen.

Die Beklagte greift insbesondere zutreffend das Vorbringen des Klägers auf, dass aufgrund seiner eigener Messungen höhere tatsächliche Werte des Lärms vorlägen als rechnerisch nach der RLS-90 ermittelt. Sie bewegt sich mit ihrer Schlussfolgerung indessen weiterhin im rechtlichen Rahmen, wonach es nicht auf die individuell gemessenen tatsächlichen Lärmspitzen und -beeinträchtigungen, sondern auf die verwaltungstechnisch zu ermittelnden Werte nach der RLS-90 ankommt. Sie brauchte deshalb auch nicht auf etwaige und vom Kläger bekundete Besonderheiten der tatsächlichen Lage näher einzugehen. Denn zum Beispiel

… lärmerhöhende Fahrbahnmarkierungen haben nichts mit der Frage zu tun, ob der Verordnungsgeber der 16. BImSchV alle einzelnen Parameter für die Bemessung von Verkehrslärm, wie Geräuschspitzen, Reflektionen einzelner Bauwerke, Kanaldeckel etc. einstellen musste. Sowohl beim … als auch bei den lärmerhöhenden Fahrbahnmarkierungen, handelt es sich um Eigenschaften der konkreten Verkehrsanlage, auf die die auf Pauschalierungen beruhenden Berechnungsgrundlagen der 16. BImSchV i.V.m. RLS-90 anzuwenden sind.
(VG Stade, Urteil vom 21. Januar 2014 - 2 A 1211/11 -, juris)

Dies gilt auch für die vom Kläger geltend gemachten Brems- und Anfahrgeräusche, verursacht durch Engstellen; dem kann der Kläger

…nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass bei der Berechnung des Beurteilungspegels an den beiden Immissionsorten die besondere Lärmintensität, die mit dem von jedem Schwerlasttransporter durchzuführenden Brems- und Anfahrvorgang verbunden ist, nicht berücksichtigt worden sei. Denn die RLS-90, nach deren Maßgaben der Beurteilungspegel für den Straßenverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen gemäß Nr. 7.4 Abs. 3 TA Lärm zu berechnen ist, sieht eine besondere Berücksichtigung der durch das Abbremsen und Anfahren im Einmündungsbereich verursachten kurzzeitigen Geräuschspitzen nicht vor.
(Nds. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Mai 2011 – 4 ME 60/11 –, juris)

Er müsste sich gegebenenfalls gefallen lassen, dass sogar das Ertönen eines Martinshorns nicht zu erfassen ist, wie sich aus Folgendem ergibt:

Den durch den Einsatz des Martinshorns ausgelösten Lärm durfte er dabei nicht als Geräuschbelastung durch den betriebsbezogenen Kfz-Verkehr auf öffentlichen Straßen berücksichtigen, weil die für die Berechnung des Beurteilungspegels anzuwendende RLS-90 dies nicht vorsieht. …

Ungeachtet dessen, dass die Lärmbelästigungen durch den Einsatz des Martinshorns bei der Ermittlung des Beurteilungspegels der Geräuschbelastung durch den betriebsbezogenen Kfz-Verkehr auf öffentlichen Straßen nach der RLS-90 außer Ansatz zu bleiben haben und der Notfalleinsatz mit Martinshorn selbst an Sonn- und Feiertagen und während der Nachtzeit im Interesse der Notfallrettung allgemein, also auch vom Antragsteller, grundsätzlich als sozialadäquat hingenommen werden muss (ebenso: BayVGH, Beschl. v. 20.5.1996 – 2 CS 96.1175 – BRS58 Nr. 60 = BauR 1996, 818),…
(Nds. OVG Lüneburg, Beschluss vom 18. Mai 2006 - 9 ME 334/05 – Vnb)

Der Kläger muss sich schließlich auch aus den Gründen der Gleichstellung mit anderen Anwohnern von Straßen darauf verweisen lassen, dass der nach der RLS-90 ermittelte Schall maßgeblich ist, und insoweit darauf, was die 5. Kammer des Gerichts in ihrem Urteil vom 5. September 2012 - 5 A 2151/11 –, Vnb., (wenn auch im Gebiet des Planungsrechts) festgehalten hat -, nämlich

…dass im Straßenverkehrlärmrecht nicht auf bestimmte temporäre Spitzenbelastungen, sondern auf … langfristig zu betrachtende und zu berechnende Durchschnittsbelastungen abzustellen ist.

Das dabei berücksichtigte empirisch entwickelte Rechenverfahren der RLS-90 dient der Ermittlung der Lärmimmissionen, die untrennbar mit den festgelegten Grenzwerten verknüpft sind; die Aussagekraft der Lärmgrenzwerte ergibt sich nur im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 9.95 - NVwZ 1996, 1003). Bei dem Beurteilungspegel handelt es sich um einen Mittlungspegel (energieäquivalenten Dauerschallpegel). Der Pegel kann herangezogen werden, um einen Vergleich mit anderen Situationen herzustellen, d. h. eine in Höhe und Einwirkungsdauer mit anderen Werten vergleichbare Lärmbelastung zu bilden und zeitlich veränderliche Geräusche durch einen Wert darzustellen (vgl. Strick, a.a.O., Rn. 70 m.w.N.).

Insgesamt ist zu berücksichtigten, dass das Lärmschutzkonzept der Verkehrslärmschutzverordnung an Mittlungspegeln ausgerichtet ist. Diesen ist zueigen, dass der tatsächliche Pegel zu bestimmten Zeiten höher oder niedriger liegt (BVerwG, Urteil vom 5. März 1999 - 4 A 7.98 - NVwZ-RR 1999, 556). Der Lärmschutz im Straßenbau braucht sich grundsätzlich nicht an möglichen Spitzenbelastungen, sondern nur an vorausschätzbaren Durchschnittsbelastungen auszurichten. Auch wenn gelegentlich überdurchschnittliche Verkehrsbelastungen und damit oberhalb des Mittlungspegels liegende Lärmbelastungen auftreten, wird hierdurch die Zumutbarkeit nicht in Frage gestellt. Die in § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV gezogene Grenze enthält ausreichende Reserven (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 A 10.95 - NVwZ 1996, 1006 -; Strick, a.a.O., Rn. ).

Dies deckt sich im Tatsächlichen mit den näheren Erläuterungen der Vertreterin des Landesamtes im Termin zur mündlichen Verhandlung zur Methodik nach der RLS-90.

Insgesamt vermag daher der Kläger mit seinem gesamten Vorbringen im außergerichtlichen und im gerichtlichen Verfahren nicht durchzudringen.

Dementsprechend brauchte das Gericht auch nicht den verschiedenen Beweisanregungen des Klägers nachzukommen, insbesondere nicht seinem Begehren, ein Sachverständigengutachten hinsichtlich der tatsächlichen Lärmbelastung einzuholen.

Ferner brauchte in der Tat die Beklagte auch nicht darauf einzugehen, dass er etwa 100 Unterschriften von Anwohnern des T. Wegs vorgelegt hatte. Sicherlich ist dem Kläger zugute zu halten, dass er insoweit mit seinen Befürchtungen hinsichtlich einer Lärmbelästigung aller Anwohner nicht alleine steht. Indessen ist im Wege des Individualrechtsschutzes hier keine andere Betrachtungsweise möglich, als dass es nur auf seine persönliche Grundstückslage und seine Betroffenheit durch Lärm ankommt. Dass die Interessenlagen der Anwohner des T. Weges im politischen Raum eine Rolle spielen mögen und dass verschiedene Gremien der Beklagten sich bereits mit der Thematik befasst haben, ändert am hier getroffenen Ergebnis rechtlich nichts.

Nach Allem muss die Klage erfolglos bleiben. Dies gilt auch unter Einbeziehung der Frage, ob das Gericht maßgeblich angesichts des Charakters der Verpflichtungsklage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung abzustellen hätte, was angesichts der oben zitierten Vorschriften zur Ermittlung der Lärmwerte, die auf einen bestimmten in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt bezogen sind, als schwierig erscheinen dürfte. Auch soweit der Kläger im gerichtlichen Verfahren seine Argumentation wiederholt, vertieft, ergänzt und ausführlich erneut darlegt, ändert dies an dem so gefundenen Ergebnis nichts. Er vermag auch insoweit mit seiner Klage nicht durchzudringen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich seines Vorbringens, dass sich auf Fragen der Verkehrssicherheit und des Straßenzustandes im technischen Sinne bezieht. Insoweit ist er nicht Sachwalter der Interessen Dritter, kann dies nicht erfolgreich einwenden, was auch hinsichtlich der Interessen der übrigen Anlieger gilt, siehe oben. Auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens im gerichtlichen Verfahren vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass die Beklagte sich nicht hinreichend mit dem Vorbringen des Klägers auseinandergesetzt hätte, zumal sie darauf mit ihren schriftsätzlichen Erwiderungen sowohl im erledigten gerichtlichen Verfahren 7 A 5017/12 als auch im vorliegenden Verfahren ausführlich eingegangen ist, vgl. § 114 Satz 2 VGO. Schließlich weist das Gericht auf die Unvergleichbarkeit des vorliegendes Einzelfalls mit den vom Kläger herangezogenen Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse v. 25. Juli 2007, 8 A 3113/06 und 8 A 3518/06, juris, hin, das zum Lärmschutz an der B 1 in Dortmund unter Berücksichtigung von für die Wohnungen der dortigen Klägerinnen ermittelten Lärmpegeln von bis zu 77,4 dB(A) tags und 70,9 dB(A) nachts zu befinden hatte. Entsprechendes gilt für seine Hinweise auf andere Straßen im Orts-/Gemeindegebiet, auf die er sich schon deshalb nicht erfolgreich stützen kann, weil es maßgeblich – siehe oben – auf die für seine Immissionsorte nach der RLS-90 ermittelten Lärmwerte ankommt.

Zudem kann er nicht einwenden, noch nicht konkret absehbare zukünftige Ereignisse, etwa ein weiterer Sandabbau südlich des E. Kreises (Schriftsatz vom 12. Juni 2014, Bl. 101 ff. Gerichtsakte, nebst Anlage), könnten seine Lage verschlechtern. Dies ist im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigungsfähig.

Hinsichtlich der Fragen des Schutzes des Gebäudes vor Erschütterungen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO) und etwa der Frage des mautvermeidenden Verkehrs (§ 45 Abs. 9 StVO) liegen Ansprüche des Klägers erkennbar nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.