Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 20.06.2014, Az.: 12 B 1903/14
Dublin VO; subjektives Recht; Überstellungsfrist
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 20.06.2014
- Aktenzeichen
- 12 B 1903/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 42634
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 34a Abs 2 AsylVfG
- Art 20 EGV 243/2003
- § 80 Abs 7 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Frist des Art. 20 Abs. 1 d Dublin II VO beginnt erst mit ablehnender Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu laufen.
2. Die Fristenregelungen in Art. 16 ff Dublin II VO vermitteln dem Asylbewerber keine
subjektive Rechtsposition.
Gründe
Der auf die Abänderung des im Tenor genannten Beschlusses vom 7. Mai 2014 gerichtete und gemäß § 80 Abs. 7 VwGO zulässige Antrag ist unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache jederzeit, d.h. ohne Bindung an Fristen, von Amts wegen oder - wie hier - auf Antrag eines Beteiligten einen Beschluss über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ändern oder aufheben. Das Verfahren trägt dem Umstand Rechnung, dass Veränderungen während des Hauptsacheverfahrens eintreten, auf die trotz Rechtskraft des Beschlusses zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes reagiert werden muss. Es dient nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Maßgeblich ist somit eine entscheidungserhebliche Änderung der Sach- und Rechtslage. Prüfungsmaßstab für die Entscheidung ist allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist. Soweit ein Beteiligter den Antrag stellt, kann der Antrag nur damit begründet werden, dass sich entscheidungserhebliche Umstände, auf denen die ursprüngliche Entscheidung beruhte, geändert haben oder im ursprünglichen Verfahren nicht geltend gemacht werden konnten (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO). Prozessrechtliche Voraussetzung für die Ausübung der dem Gericht der Hauptsache eröffneten Abänderungsbefugnis ist somit eine Änderung der maßgeblichen Umstände, auf die die frühere Entscheidung gestützt war. Liegt eine derartige Änderung nicht vor, ist dem Gericht eine Entscheidung in der Sache verwehrt, weil sie auf eine unzulässige Rechtsmittelentscheidung hinausliefe (BVerwG, Beschluss vom 25. August 2008 - 2 VR 1.08 - juris).
Diese Voraussetzungen liegen mangels beachtlicher Änderung der Sach- und Rechtslage nicht vor. Der Antragsteller behauptet, dass eine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten sei wegen des Ablaufs der 6-Monats-Frist des § 19 Abs. 2 Dublin II-Verordnung. Diese Frist sei am 3. Juni 2014 abgelaufen. Die Nichteinhaltung dieser Frist begründe die Zuständigkeit des jeweiligen Mitgliedsstaates. Die Außerachtlassung der Fristenregelung verletze Rechte des Antragstellers. Dies sei bei der Überstellungsfrist ebenso zu beachten wie bei der für das Aufnahme- und Wiederaufnahmegesuch geltenden Fristenregelung.
Eine maßgebliche Änderung der Sach- und Rechtslage lässt sich daraus aber nicht ableiten. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Überstellungsfrist am 3. Juni 2014 nicht abgelaufen (1.). Zudem kann er sich auf einen möglichen Verstoß gegen die Fristenregelung aus Art. 19 Dublin II-Verordnung nicht berufen, da ihm diese Fristenregelung kein subjektives Recht einräumt (2.).
1.
Die Überstellungsfrist in den Wiederaufnahmefällen richtet sich nach Art. 20 Dublin II-Verordnung. Nach Abs.2 dieser Regelung geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedsstaat über, in dem der Asylantrag gestellt wurde, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von 6 Monaten durchgeführt wird. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf 18 Monate, wenn der Asylbewerber flüchtig ist (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-Verordnung). Die Voraussetzungen dieser Fristverlängerung liegen offenkundig nicht vor. Der Lauf der Überstellungsfrist beginnt nach Art. 20 Abs. 1d Dublin II-Verordnung spätestens ab der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Die Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 1 d Dublin II-Verordnung ist hier nicht abgelaufen, obwohl das Wiederaufnahmegesuch vom 18. November 2013 datiert und die Zustimmungsfiktion nach Art. 20 Abs. 1 c Dublin II-Verordnung mit Ablauf von 2 Wochen nach Zustellung des Gesuchs eingetreten ist, so dass die 6-Monats-Frist im Hinblick auf die 1. Alternative des Art. 20 Abs. 1 d Dublin II-Verordnung („Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme“) abgelaufen ist. Dies ist deshalb nicht der Fall, weil es im vorliegenden Verfahren maßgeblich auf die 2. Alternative („oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat“) ankommt.
In der Rechtsprechung ist in Anknüpfung an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache P. (Urteil vom 29. Januar 2009 -C 19/08 -, NVwZ 2009, 639 und juris) geklärt, dass in den Fällen, in denen die Vollziehung der Überstellung gerichtlich ausgesetzt ist, die Frist erst mit der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu laufen beginnt. Die Überstellungsfrist läuft im Falle der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung, durch die die Durchführung des Überstellungsverfahrens ausgesetzt wird, erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtsmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die dieser Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann. Dies ist nach der gerichtlichen Aussetzungsentscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Endentscheidung im Klageverfahren (vgl. im Anschluss an den EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009, a.a.O. nur: Nds. OVG, Beschluss vom 2. August 2012 - 4 MC 133/12 -; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A.-, VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juni 2012 – A 2 S 1355/11 -, jeweils juris, m.w.N.). Zur Begründung hat der EuGH in der genannten Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Mitgliedsstaaten nach beiden in Art. 20 Abs. 1 d Dublin II-Verordnung genannten Alternativen über eine Frist von 6 Monaten verfügen sollen, die sie im vollen Umfang zur Regelung der technischen Probleme für die Bewerkstelligung der Überstellung nutzen sollen. Deshalb soll die Frist für die Durchführung der Überstellung erst dann zu laufen beginnen, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Wörtlich heißt es dann: „Dass diese Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedsstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt hat, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen.“ (EuGH, a.a.O., Rn. 45 - nach juris -).
Diese Ziele der gesetzlichen Regelung in Art. 20 Dublin II-Verordnung sind auch zu berücksichtigen, wenn das Gericht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage – wie vorliegend – abgelehnt hat. Entgegen der Auffassung verschiedener Verwaltungsgerichte (vgl. etwa VG Hannover, Beschluss vom 13. Mai 2014 – 6 B 9277/14 - ; Beschluss vom 31. März 2014 - 1 B 6483/14 - ; VG Karlsruhe, Beschluss vom 15. April 2014 - A 1 K 25/14 - VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2014 -13 L 644/14.A; VG Potsdam, Beschluss vom 16. April 2014 -6 L 211/14.A-; VG Magdeburg, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 1 A 413/14 -; VG Oldenburg, Beschluss vom 21. Januar 2014 - 3 B 7136/13 -; jeweils juris) ist dieses Verfahren von der Antragstellung bis zur gerichtlichen Entscheidung bei der Fristbestimmung zu berücksichtigen (ebenso VG Hamburg, Beschluss vom 4. Juni 2014 - 10 AE 2414/14 -, n.v.; VG Hannover, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 5 B 634/14 -; VG München, Beschluss vom 12. Mai 2014 - M 21 K 13.31154 -; VG Freiburg, Beschluss vom 10. April 2014 - A 4 K 2202/11 -; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. April 2014 - 2 L 55/14.A -; VG Leipzig, Beschluss vom 28. Februar 2014 - A 6 L 360/13 -; VG Cottbus, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 3 L 37/14.A -; VG Göttingen, Beschluss vom 28. November 2013 – 2 B 887/13 -; jeweils juris). Dies ergibt sich aus Folgendem:
Zwar legt der Wortlaut der Bestimmung die Berücksichtigung jedenfalls nicht nahe. Auch der EuGH verweist in der genannten P.-Entscheidung (a.a.O.) darauf, dass der Wortlaut der Bestimmungen „an sich … nicht die Feststellung“ erlaube, dass die Überstellungsfrist bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft. Er betont dann aber, dass bei der Auslegung der Gemeinschaftsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Rn. 34 - nach juris -). Deshalb verbietet sich eine Auslegung, die sich allein am nationalen Verwaltungsprozessrecht orientiert und insbesondere die in § 80 Abs. 1 VwGO genannten Begriffe verwendet und diese auf die Gemeinschaftsregelung überträgt.
Der Begriff des Rechtsbehelfs, dem die aufschiebende Wirkung zukommt, ist vielmehr unionsrechtlich so auszulegen, dass das Ziel der Überstellungsfrist berücksichtigt wird. In Anbetracht der praktischen Komplexität und der organisatorischen Schwierigkeiten, die mit der Durchführung der Überstellung einhergehen, verfolgt die Überstellungsfrist das Ziel, es den beiden Mitgliedsstaaten zu ermöglichen, sich zum einen im Hinblick auf die Durchführung der Überstellung abzustimmen, und zum anderen insbesondere es dem ersuchenden Mitgliedsstaat zu erlauben, die innerstaatlich vorgesehenen Modalitäten zu regeln. Dieses Ziel ist auch bei der Alternative der „Entscheidung über den Rechtsbehelf“ maßgebend. Auch in diesem Fall sollen die Mitgliedsstaaten über die gleiche Frist von 6 Monaten im vollen Umfang verfügen können, um die Überstellung zu bewerkstelligen (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 43 und 44 - nach juris -). Deshalb beginnt die Frist erst zu laufen, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird. Diese Klarstellung liegt vor, wenn über den Rechtsbehelf, dem aufschiebende Wirkung zukommt, entschieden ist. Im Hinblick auf die genannte Zielrichtung der Klarstellung ist mit „Rechtsbehelf“ aber nicht nur eine Klage gemeint. Angesprochen sind alle gerichtlichen Überprüfungen, denen aufschiebende Wirkung zukommt. Die für den Beginn der Überstellungsfrist erforderliche Klarheit besteht in diesen Fällen der Überprüfung gerade noch nicht. Der Begriff der aufschiebenden Wirkung ist damit nach den insoweit maßgeblichen Hinweisen des EuGH in der P.-Entscheidung (a.a.O.) als Vollzugs- bzw. Vollstreckungshindernis zu verstehen. Ein solches Hindernis kann neben der einem Rechtsbehelf zukommenden aufschiebenden Wirkung im engeren Sinn jedes dieser Wirkung gleichkommende Vollzugshindernis sein.
Ein solches Hindernis stellt der bloße Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO noch nicht dar. Die in § 75 AsylVfG angesprochene aufschiebende Wirkung der Klage ist nur vorgesehen in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73 b und 73 c AsylVfG, die hier nicht vorliegen. Eine in ihrer Wirkung gleichlautende Wirkung stellt aber die Regelung des § 34 a Abs. 2 S. 2 AsylVfG dar. Danach darf die Ausländerbehörde die Abschiebung bei rechtzeitiger Antragstellung gem. § 34 a Abs. 2 S. 1 AsylVfG vor der gerichtlichen Entscheidung nicht durchführen. Diese Aussetzungswirkung ist demnach als Vollstreckungshindernis i.S. des Art. 20 Abs. 1 d und des Art. 20 Abs. 2 Dublin II-Verordnung zu verstehen (vgl. neben der genannten Rechtsprechung auch Funke-Kaiser im GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27 a Rn. 228; m.w.N.).
Demnach beginnt der Lauf der Überstellungsfrist mit der gerichtlichen Entscheidung, die das Vollstreckungshindernis, die unionsrechtlich geregelte aufschiebende Wirkung, beendet, wenn die Entscheidung – wie im vorliegenden Fall – zur Ablehnung des gerichtlichen Aussetzungsantrages führt. Hierbei handelt es sich entgegen der Auffassung verschiedener Verwaltungsgerichte (vgl. nur VG Hannover, Beschluss vom 13. Mai 2014, a.a.O.; VG Oldenburg - 3. Kammer -, Beschluss vom 21. Januar 2014, a.a.O.) jeweils um eine nach Art. 20 Abs. 2 bzw. Art. 19 Abs. 2 Dublin II-Verordnung geforderte Einzelfallentscheidung. Dass die Entscheidung, ob dem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung zukommt bzw. als Vollstreckungshindernis aufzufassen ist, jeweils im Einzelfall getroffen werden muss und sich nicht nach nationalem Recht generell aus einer nationalen Vorschrift – wie in § 34 a Abs. 2 S. 2 AsylVfG geregelt – ergeben kann, lässt sich den genannten Regelungen der Dublin II-Verordnung nicht entnehmen. Auch bei einer sich kraft Gesetzes ergebenden aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs knüpft der Beginn der Überstellungsfrist an das jeweilige Entscheidungsdatum im Einzelfall an.
Überdies würde die Nichtberücksichtigung der Regelung des § 34 Abs. 2 S. 2 AsylVfG zu dem Ergebnis führen, dass die gesetzlich geforderte 6-Monats-Frist, die dem Mitgliedsstaat in voller Länge zustehen soll, erheblich gekürzt würde. Diese Frist kann wegen innergerichtlicher Umverteilungen erheblich – so im vorliegenden Verfahren um fast drei Monate – verkürzt werden. Abgesehen von diesen organisatorischen Besonderheiten führte die Nichtberücksichtigung zu einem Ergebnis, dass durch die Schaffung des Rechtsbehelfs und der Regelung des § 34 a Abs. 2 AsylVfG gerade verhindert werden soll. Zum einen stünden die Mitgliedsstaaten mit einer Regelung zu Gunsten der Asylsuchenden wie in § 34 a Abs. 2 S. 2 AsylVfG schlechter dar als die Mitgliedsstaaten ohne eine solche Regelung. Zum anderen sind im gerichtlichen Verfahren die einer Überstellung zugrundeliegenden Voraussetzungen zu überprüfen, gegebenenfalls sind auch individuelle Abschiebungshindernisse wie eine fehlende Reisefähigkeit zu prüfen. Eine aus bloßen Zeitgründen wie des Ablaufs der Überstellungsfrist nicht zufriedenstellende richterliche Tätigkeit liefe den Zielsetzungen des Gemeinschaftsrechts zuwider, dem ist durch eine entsprechende Auslegung der gesetzlichen Regelung zu begegnen (vgl. auch EuGH, a.a.O., Rn. 51 und 52 - nach juris -).
Bestätigt wird diese Auslegung durch die Neuregelung in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-Verordnung. Danach bezieht sich die Überstellungsfrist in der 2. Alternative auf einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 aufschiebende Wirkung hat. In Art. 27 Abs. 3 Dublin III-Verordnung wird dann auf eine Aussetzung der Überstellung während des Rechtsbehelfs bzw. Überprüfungsverfahrens abgestellt. § 34 Abs. 2 S. 2 AsylVfG setzt die Regelung des Art. 27 Abs. 3 c Dublin III-Verordnung um, so dass das sich aus Art. 29 und 27 Dublin III-Verordnung ergebende Verständnis auch bei der Auslegung der Überstellungsfrist nach der Dublin II-Verordnung heranzuziehen ist. Demnach geht der Unionsgesetzgeber selbst durch die Regelung in Art. 27 Abs. 3 Dublin III-Verordnung davon aus, dass der Vollzug der Überstellung während des Überprüfungsverfahrens gehemmt ist, so dass folgerichtig auch die Überstellungsfrist während dieses Zeitraums nicht läuft. Diese Prüfung soll nach der ausdrücklichen Regelung in Art. 27 Abs. 3 c Dublin III-Verordnung eingehend und gründlich sein. Eine Auslegung der unionsrechtlichen Begriffe, die diesem Erfordernis entgegenwirkt, ist - wie bereits oben ausgeführt - zu vermeiden.
Damit beginnt die Überstellungsfrist erst mit der gerichtlichen Entscheidung im Aussetzungsverfahren zu laufen. Sie ist vorliegend nicht abgelaufen, so dass eine Änderung der Sach- und Rechtslage nicht vorliegt.
Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers lässt sich aus den Fristenregelungen in Art. 16 und 17 Dublin II-Verordnung nichts Gegenteiliges entnehmen. Dies gilt schon deshalb, weil die für das Aufnahmegesuch eines Mitgliedsstaates geltende Regelung auf Wiederaufnahmegesuche nach Art. 20 Dublin II-Verordnung weder unmittelbar noch analog anwendbar ist. Hierzu hat das BVerwG im Beschluss vom 15. April 2014 (- 10 B 16.14 -, juris) ausgeführt:
„Dass die in Art. 17 Abs. 1 bestimmte Frist für die Unterbreitung des Aufnahmeersuchens an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat nicht auf die in sich geschlossene Regelung zu den Modalitäten der Wiederaufnahme in Art. 20 Dublin II-Verordnung übertragen werden kann, ergibt sich bereits aus der Überschrift des Kapitel V sowie Art. 16 Abs. 1 Dublin II-Verordnung, die zwischen der Aufnahme (Art. 16 Abs. 1 Buchst. a: „… nach Maßgabe der Artikel 17 bis 19 …“) und der Wiederaufnahme (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c bis e: „… nach Maßgabe des Art. 20 …“) von Asylbewerbern unterscheiden. Art. 20 Abs. 1 Dublin II-VO enthält in Buchst. b und c eine Frist- und Fiktionsregelung nur für den um Wiederaufnahme ersuchten Mitgliedstaat. Einen Zuständigkeitsübergang auf den ersuchenden Mitgliedstaat sieht Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO nur für den Fall vor, dass die Überstellung nicht innerhalb bestimmter Fristen durchgeführt wird. Diese Regelungen lassen keine Lücke erkennen, die durch eine analoge Heranziehung der Fristbestimmung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung zu schließen wäre.“ (gleichlautend im Beschluss vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 -, juris).
Dem schließt sich das Gericht an (so auch schon VG Oldenburg, Beschlüsse vom 13. Mai 2014 - 12 B 1193/14 - und vom 6. März 2014 - 3 B 402/14 -, juris, jeweils mit weiteren Nachweisen).
2.
Im Übrigen kann sich der Antragsteller auf die Einhaltung der in Art. 16 ff. Dublin II-VO genannten Fristen nicht berufen, weil ihm diese Fristen keine subjektiven Rechte vermitteln. Die Verfahrens- und Fristenregelungen der Dublin II-VO sollen eine zügige Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates ermöglichen. Die Fristen nach Art. 16 ff. Dublin II-VO dienen dem Zweck, zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten zeitnah Klarheit zu schaffen, welcher von ihnen für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig ist. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (C-394/12-, NVwZ 2014, S. 208 u. juris), in dem zu klären war, in welchem Umfang die Bestimmungen in Kapitel III der Dublin-Verordnung tatsächlich Rechte der Asylbewerber begründen, die die nationalen Gerichte schützen müssen, ausgeführt, dass die Dublin-Verordnung erlassen worden sei, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stocke, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrages zuständigen Status zu erhöhen und damit dem „forum shopping“ zuvorzukommen. Die Bestimmungen der Dublin-Verordnung legten für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedsstaats organisatorische Vorschriften fest, die die Beziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten regelten. Darin bestehe auch der Hauptzweck der Dublin II-Verordnung. Es solle eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats geschaffen werden, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden. Habe der Mitgliedsstaat der Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt, könne dieser nur einwenden, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat geltend mache, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. von Art. 4 der GR-Charta ausgesetzt zu werden. Diese für das Aufnahmegesuch nach Art. 19 Dublin II-VO geltende Rechtsprechung gilt auch für das Wiederaufnahmegesuch nach Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO (vgl. Oldenburg, Beschluss vom 6. März 2014, a.a.O.).
Die Fristenregelungen in Art. 16 ff. Dublin II-Verordnung vermitteln dem Asylbewerber somit keine subjektive Rechtsposition. Auch aus diesem Grund liegt eine Änderung der Sach- und Rechtslage nicht vor.
3.
Aus den genannten Gründen war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung gem. §§ 166 VwGO i.V.m. 114ff ZPO abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.