Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 28.08.2003, Az.: 4 A 4163/01
Bestandsschutz; Lärmemission; schädliche Umwelteinwirkungen; TA Lärm; Verhältnismäßigkeit; Wasserkraftwerk; Wasserrecht; Wasserturbine
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 28.08.2003
- Aktenzeichen
- 4 A 4163/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48313
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG - 10.02.2004 - AZ: 7 LA 231/03
Rechtsgrundlagen
- § 22 Abs 1 Nr 1 BImSchG
- Nr 6 1 TA Lärm
- Nr 6 4 TA Lärm
- Nr 6 5 TA Lärm
- Nr 6 7 TA Lärm
- § 16 Abs 1 S 1 WasG ND
- § 82 Abs 1 S 1 WasG PR
- § 11 Abs 1 S 1 WHG
- § 1 GewARZustV ND
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin wehrt sich gegen eine Verfügung des Beklagten, mit der dieser ihr aufgegeben hat, Maßnahmen zu ergreifen, um den von einer Wasserkraftanlage ausgehenden Lärm zu mindern.
Die Klägerin betreibt in [] eine Wasserkraftanlage, die sie zum 15.11.1998 übernommen hat. Am Standort dieser Anlage wird seit der Jahrhundertwende Energie aus Wasserkraft erzeugt. Die Klägerin ließ die Turbine 1999 überholen und im Jahr 2000 mit einer neuen Schaltanlage versehen. Im Rahmen dieser Maßnahmen wurde die Leistung der Turbine um ca. 10 % auf etwa 100 kW erhöht. Die Wasserkraftanlage liegt in einem Bereich, den der Flächennutzungsplan der Gemeinde [] als Gewerbegebiet darstellt.
Die Beigeladenen bewohnen seit etwa 1980 in rund 50 m Entfernung von der Wasserkraftanlage unter der Adresse [] das Obergeschoss eines Einfamilienhauses als Mieter. Der betreffende Bereich, der von dem Gewerbegebiet durch den Mühlenkanal getrennt ist, wird im Flächennutzungsplan als Mischgebiet dargestellt.
Aufgrund von Beschwerden der Beigeladenen über Lärmbeeinträchtigungen führte der Beklagte am 27.06.2000 in der Zeit von 5.30 bis 5.50 Uhr eine Lärmmessung durch und kam zu dem Ergebnis, dass die Beigeladenen Lärm-Immissionen von 58,5 dB(A) ausgesetzt seien. Wegen der Einzelheiten dieser Messung wird auf das Messprotokoll Bezug genommen (Bl. 66 ff. der Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 24.09.2001, Beiakte B).
Durch Bescheid vom 11.12.2000 gab der Beklagte der Klägerin auf, durch geeignete bauliche, technische oder organisatorische Maßnahmen (z. B. Änderung des Wassereinlaufs, Errichtung einer Lärmschutzwand oder zeitliche Beschränkung des Betriebes während der Nachtzeit) sicher zu stellen, dass der Lärmrichtwert für Mischgebiete von 60/45 dB(A) eingehalten werde. Daneben drohte der Beklagte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 DM an. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 22 ff. der Gerichtsakte Bezug. Die Klägerin legte gegen den Bescheid Widerspruch ein, den die Bezirksregierung [] durch Widerspruchsbescheid vom 07.08.2001 zurückwies.
Am 11.09.2001 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, die Geräuschbelästigung sei seit mindestens 20 Jahren unverändert geblieben und insbesondere nicht durch Veränderungen an der Anlage erhöht worden. Sie übe ein altes, bestandsgeschütztes Wassernutzungsrecht aus, was zur Folge habe, dass nachbarrechtliche Ansprüche ausgeschlossen seien. Die angefochtene Verfügung sei nicht hinreichend bestimmt und im Übrigen unverhältnismäßig. Die zulässigen Immissionsrichtwerte würden nicht überschritten; wegen der bestehenden Gemengelage sei ein Zwischenwert zu bilden. Zugunsten ihrer Rechtsvorgängerin sei eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen worden, wonach sich der jeweilige Eigentümer des von den Beigeladenen bewohnten Hausgrundstücks verpflichtet habe, sich jeder Einwirkung auf die Wasserkraftanlage zu enthalten. Diese Dienstbarkeit sei mit der Anlage auf sie - die Klägerin - übertragen worden. Hieraus ergebe sich, dass die Beigeladenen die von der Anlage ausgehenden Emissionen dulden müssten. Nicht der Beklagte, sondern die untere Wasserbehörde sei sachlich zuständig.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 11.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung [] vom 07.08.2001 aufzuheben
sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt dem Vortrag der Klägerin entgegen.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag. Sie tragen vor, es sei wegen des von der Wasserkraftanlage ausgehenden Lärms in den vergangenen Sommern nicht möglich gewesen, das Fenster ihres Schlafzimmers geöffnet zu halten, so dass es bei ihnen zu massiven Schlafstörungen gekommen sei. Die Lärm-Immissionen seien in dieser Form erst aufgetreten, seit die Klägerin die Wasserkraftanlage betreibe.
Das erkennende Gericht hat auf Antrag der Beigeladenen durch Beschluss vom 12.12.2001 (4 B 4193/01) die sofortige Vollziehung des Bescheides des Beklagten vom 11.12.2000 angeordnet. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Nds. OVG) hat den Antrag der Klägerin, die Beschwerde gegen den Beschluss zuzulassen, durch Beschluss vom 28.02.2002 (7 MA 7/02) abgelehnt. Auf den Inhalt der Beschlüsse nimmt die Kammer Bezug.
Am 13.02.2002 zwischen 21.30 und 22.30 Uhr hat das Nds. Landesamt für Ökologie eine weitere Immissionsmessung durchgeführt und Geräuschbelastungen im Umfang von 49-50 dB(A) festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 136 der beigezogenen Gerichtsakten des Verfahrens 4 B 4193/01 Bezug genommen.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2003 Beweis über die Örtlichkeit und Funktion der streitbefangenen Wasserkraftanlage und der näheren Umgebung durch richterliche Augenscheinseinnahme erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze im vorliegenden und im Verfahren 4 B 4193/01 sowie die beigezogenen Akten des Beklagten und der Bezirksregierung [] Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für den Bescheid des Beklagten vom 11.12.2000 ist § 24 des BundesImmissionsschutzgesetzes (BImSchG), wonach die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 BImSchG erforderlichen Anordnungen treffen kann.
Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Beklagte nach § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Regelung von Zuständigkeiten im Gewerbe- und Arbeitsschutzrecht sowie in anderen Rechtsgebieten (ZustVO-GewAR) i. d. F. vom 14.11.2000 (Nds. GVBl. S. 284) i.V.m. Nr. 8.1 c) der Anlage 2 zu dieser Verordnung sachlich dafür zuständig, die zur Durchführung des § 22 BImSchG erforderlichen Anordnungen zu treffen. Demgegenüber bestand seinerzeit keine Zuständigkeit der Landkreise gemäß Nr. 8.1 a) der Anlage 2 zur Verordnung, denn Anlagen zur Elektrizitätserzeugung waren seinerzeit im Anhang zu Nr. 8.1 a) der Anlage 2 noch nicht aufgeführt (vgl. Nds. GVBl. 1997, S. 548). Auch eine Zuständigkeit der unteren Wasserbehörde gemäß § 169 Abs. 1 S. 1 des Nds. Wassergesetzes (NWG) kommt nicht in Betracht, denn die Verfügung dient der Umsetzung des Immissionsschutzrechts, nicht jedoch dem Vollzug des Nds. Wassergesetzes bzw. der Abwehr von Gefahren für ein Gewässer (so auch Nds. OVG, Beschluss vom 28.02.2002 - 7 MA 7/02 -). Die untere Wasserbehörde ist auch nicht - wie die Klägerin meint - in Anwendung des § 1 Abs. 2 ZustVO-GewAR zuständig, weil die Änderung einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht in Rede steht.
Der von der Klägerin angefochtene Bescheid dient der Durchführung des § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Danach sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Schädliche Umwelteinwirkungen sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
Die Wasserkraftanlage der Klägerin ist eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage. Für die Beurteilung der Erheblichkeit der Belästigungen zieht das Gericht die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 26.08.1998 (GMBl. S. 503) als Anhaltspunkt heran, deren Vorschriften im Rahmen der Entscheidung über eine Anordnung im Einzelfall gemäß § 24 BImSchG zu beachten sind (Nr. 1 Satz 3 b) bb) TA Lärm). Der TA Lärm kommt als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift eine gewisse Außenwirkung zu und sie ist auch im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich beachtlich (BVerwG, Beschl. v. 10.01.1995 - 7 B 112/94 -, DVBl. 1995, 516, 517; Jarass, BImSchG, 5. Aufl. 2002, § 48 Rn. 32). Dies gilt auch für das vorliegende Verfahren, denn es liegen weder neue wissenschaftliche Erkenntnisse noch ein atypischer Sachverhalt vor.
Gemäß Nr. 6.1 b) und c) TA Lärm betragen die Immissions-Richtwerte für Immissions-Orte außerhalb von Gebäuden in Gewerbegebieten tags 65 dB(A) und nachts 50 dB(A) sowie in Kern-, Dorf- und Mischgebieten tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A). Dabei liegen die Tagzeit zwischen 6.00 und 22.00 Uhr und die Nachzeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr (Nr. 6.4 TA Lärm); für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit ist grundsätzlich ein Zuschlag zu berücksichtigen (Nr. 6.5 TA Lärm). Die Zugrundelegung eines sog. Zwischenwertes wegen des Aneinandergrenzens eines gewerblich genutzten und eines zum Wohnen dienenden Gebietes kommt vorliegend nicht in Betracht, denn auch im Fall einer Zwischenwertbildung sollen die maßgeblichen Richtwerte für Mischgebiete nicht überschritten werden (Nr. 6.7 Abs. 1 Satz 2 TA Lärm). Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine Überschreitung der Richtwerte für ein Mischgebiet in Betracht kommt, sind nicht ersichtlich.
Der Beklagte hat am 27.06.2000 in der Zeit zwischen 5.30 und 5.50 Uhr im Bereich des Wohnhauses der Beigeladenen eine Geräuschmessung durchgeführt und einen Wert von 58,4 dB(A) ermittelt, so dass der Nachtwert für ein Mischgebiet um mehr als 10 dB(A) überschritten ist. Bei der zweiten Messung, die am 13.02.2002 zwischen 21.30 und 22.30 Uhr durch das Nds. Landesamt für Ökologie durchgeführt worden ist, wurden Geräuschbelastungen im Umfang von 49-50 dB(A) und damit gleichfalls eine erhebliche Überschreitung des Richtwerts festgestellt. Verstöße gegen den Anhang zur TA Lärm zur Ermittlung der Geräusch-Immissionen, die Zweifel an dem Ergebnis begründen könnten, sieht die Kammer nicht. Insbesondere ist der maßgebliche Immissions-Ort nach A 1.3 des Anhangs gewählt worden. Die nur relativ kurzen Messzeiten erscheinen gerechtfertigt, da es sich bei den Geräuschen um nahezu konstante Dauergeräusche handelt und eine Verfälschung des Ergebnisses durch Fremdgeräusche, insbesondere durch Verkehrslärm, ausgeschlossen werden sollte. Die von der Anlage der Klägerin hervorgerufenen und auf das Grundstück der Beigeladenen einwirkenden Immissionen sind somit geeignet, Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Nachbarschaft herbeizuführen, und stellen daher schädliche Umwelteinwirkungen dar.
Die Bestandsschutz-Erwägungen der Klägerin sind nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vom Beklagten im Rahmen des § 22 BImSchG getroffenen Maßnahmen zu wecken. Hierzu hat das Nds. OVG in seinem Beschluss vom 28.02.2002 ausgeführt:
„Auf den Bestandsschutz einer wasserrechtlich genehmigten Anlage kann sich die Beigeladene [hier: Klägerin] in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Das zu ihren Gunsten in das Wasserbuch eingetragene und nach § 15 Abs. 1 WHG, § 32 Abs. 1 Nr. 3 NWG aufrechterhaltene alte Wasserrecht, das als wasserrechtliche Bewilligung im Sinne von § 8 WHG, § 13 NWG fortgelten mag (vgl. BGH, Urt. v. 15.3.2001 - III ZR 154/00 -,DÖV 2001, S. 644), das Gewässer gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 NWG zu benutzen, nämlich das Wasser der [] durch den Mühlengraben abzuleiten, oberhalb der Mühle bis zur Höhe +137,414 NN aufzustauen und nach Benutzung zum Zwecke der Stromerzeugung durch den Mühlenuntergraben in die [] wieder einzuleiten, steht der immissionsschutzrechtlichen Verfügung des Antragsgegners [hier: Beklagten] vom 11. Dezember 2000 nicht entgegen.
Dieses alte Wasserrecht deckt Geräuschimmissionen der vorliegenden Art nicht ab, weil es keine Regelungen darüber enthält, welche Anforderungen an den Betrieb der für die Inanspruchnahme dieses Rechts erforderlichen Anlagen zu stellen sind. § 16 Abs. 1 S. 1 NWG, auf den sich die Beigeladene [hier: Klägerin] beruft, hilft in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht weiter, weil er nur den Ausschluss von Ansprüchen betrifft, die auf den nachteiligen Wirkungen der wasserrechtlich genehmigten Gewässerbenutzung selbst beruhen. Ansprüche, die sich gegen andere nachteiligen Wirkungen des Betriebes und seiner Anlagen richten, werden von § 16 Abs. 1 S. 1 NWG nicht erfasst (vg. Czychowski, WHG, 7. Aufl., § 11 Rdnr. 2a, § 8 Rdnr. 42; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl., Rdnr. 448). Die infolge starker Verwirbelung des Wassers beim Austritt aus der „Francis-Schacht“-Turbine entstehenden Geräuschimmissionen, die die Antragsteller [hier: Beigeladenen] vor allem beklagen, finden nach den Angaben der Beigeladenen [hier: Klägerin] ihre maßgebliche Ursache in der Form des Saugrohres und der Ausbildung des Auslaufbauwerkes der Wasserkraftanlage, sind also nicht auf die genehmigte Gewässerbenutzung als solche zurückzuführen.“
Dieser Auffassung folgt die Kammer. Der Vortrag der Klägerin im vorliegenden Verfahren bietet keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Soweit sie sich neben Art. 16 Abs. 1 S. 1 NWG auch auf § 82 Abs. 1 S. 1 des Preußischen Wassergesetzes (PrWG) und auf § 11 Abs. 1 S. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) beruft, gelten die Ausführungen des Nds. OVG gleichermaßen. Ergänzend ist der Klägerin entgegen zu halten, dass sich die genannten Vorschriften ausschließlich mit der Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen Ansprüche Betroffener bestehen bzw. ausgeschlossen sind. Die für eine Ordnungsbehörde bestehende Möglichkeit, zur Wahrung geltenden Rechts einzuschreiten, lassen sie dagegen unberührt. Die Frage, ob ein solches Einschreiten ausgeschlossen ist, wenn es nur um private Rechte oder Interessen geht und diese (evtl.) nach den o. g. Vorschriften nicht (mehr) geltend gemacht werden können, kann dahin stehen. Vorliegend geht es nicht um die Wahrung ausschließlich privater Interessen der Beigeladenen. Vielmehr ist der Immissionsschutz dem allgemeinen Interesse an der Abwehr von Umweltgefährdungen zuzuordnen, so dass eine Behörde unabhängig davon tätig werden kann, ob sich der Betroffene auch privatrechtlich zur Wehr setzen kann (Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, 6. Aufl. 1992, § 21 Rn. 45).
Die angefochtene Verfügung ist nach Auffassung der Kammer hinreichend bestimmt, da sie der Klägerin zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte konkrete Alternativen anbietet. Die Verfügung erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig. Das Nds. OVG hat in seinem Beschluss vom 28.02.2002 zur Frage der Verhältnismäßigkeit ausgeführt:
„Ob sich die Geräuschsituation nach der Behauptung der Antragsteller [hier: Beigeladenen] erst seit der Übernahme der Wasserkraftanlage durch die Beigeladene [hier: Klägerin] im November 1998 aufgrund wasserregulierender Maßnahmen und technischer Veränderungen an der Turbine zum Zwecke der Leistungsoptimierung nachhaltig verschlechtert hat, kann auf sich beruhen. Selbst wenn die Behauptung der Beigeladenen [hier: Klägerin] zutreffen sollte, dass das Wasserkraftwerk seit mindestens 20 Jahren unverändert betrieben wird und die Antragsteller [hier: Beigeladenen] die bestehende Geräuschsituation seit 1980 „klaglos“ geduldet hätten, führt dies nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der von dem Antragsgegner [hier: Beklagten] angeordneten geräuschmindernden Maßnahme. Denn die Beigeladene [hier: Klägerin] kann vor allem in Anbetracht der von dem Antragsgegner [hier: Beklagten] festgestellten erheblichen Überschreitung der nach der TA-Lärm zulässigen Grenzwerte von nachts mehr als 10 dB(A) nicht darauf vertrauen, von diesbezüglichen Einwendungen der geräuschbetroffenen Nachbarn und einem von den Antragstellern [hier: Beigeladenen] veranlassten behördlichen Einschreiten des Antragsgegners [hier: Beklagten] zum Zwecke der Lärmreduzierung auf Dauer verschont zu bleiben.“
Auch diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Daneben erweist sich die Verfügung auch deshalb als verhältnismäßig, weil der Beklagte es der Klägerin überlässt, zwischen mehreren möglichen Alternativen eine kostengünstige Maßnahme auszuwählen. Hierunter fällt z. B. ein eingeschränkter Betrieb zur Nachtzeit. Der Vortrag der Klägerin, bei einem Abschalten der Turbine würde sich die Geräuschentwicklung noch erhöhen, überzeugt das Gericht nicht. Nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck entstehen die von der Wasserkraftanlage ausgehenden Geräusche in erster Linie dadurch, dass das durch die Turbine fließende Wasser in erheblichem Maße verwirbelt wird. Dieser Effekt würde mit großer Wahrscheinlichkeit gemindert, wenn man die Turbine mit geringerer Leistung betreiben würde. Da sich eine solche Maßnahme auf die Nachtzeit (und ggf. auf die in Nr. 6.5 TA Lärm aufgeführten Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit) beschränken würde, erscheint sie der Klägerin zumutbar. Auch ihr Einwand, sie könne die Anlage bei einer solchen eingeschränkten Nutzung nicht gemäß den durch das Wassernutzungsrecht gegebenen Vorgaben betreiben, greift nicht durch. Sollte dies tatsächlich der Fall sein - was die Kammer bezweifelt -, so müsste sich die Klägerin um die Anpassung dieser Vorgaben bemühen, um zu gewährleisten, dass sich die von der Anlage ausgehenden Emissionen in Zukunft innerhalb der zulässigen Richtwerte halten.
Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die mit der Feststellungserklärung des Regierungspräsidiums [] vom 24.07.2003 nach §§ 1092 Abs. 2, 1059 a Nr. 2, 1059 e BGB auf die Klägerin übergegangen ist, hindert den Beklagten nicht an einem Einschreiten. Das Gericht hat bereits Zweifel daran, dass der Formulierung, der Grundstückseigentümer habe sich jeder Einwirkung auf die Wasserkraftanlage zu enthalten, die Verpflichtung zu entnehmen ist, sich gegen von der Anlage auf das dienende Grundstück ausgehende Einwirkungen unter keinen Umständen zur Wehr zu setzen. Letztlich kann dies dahin stehen, weil die Verpflichtungsklärung nur zwischen dem Berechtigten und dem jeweiligen Eigentümer des dienenden Grundstücks Wirkung entfaltet und nicht geeignet ist, ein ordnungsbehördliches Einschreiten zu verhindern.
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung hat die Kammer nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden für nicht erstattungsfähig erklärt (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil die Beigeladenen keinen Antrag gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt haben.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Da ausschließlich die Klägerin kostenpflichtig ist, ist eine Entscheidung über ihren Antrag entbehrlich, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären (vgl. Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 162 Rn. 14).