Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 19.08.2003, Az.: 2 B 282/03
Alleinerziehende; Arbeit; Arbeitsunwilligkeit; Arbeitsverweigerung; gemeinnützige und zusätzliche Arbeit; Kürzung; Kürzung auf Null; zumutbare Arbeit; Zumutbarkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 19.08.2003
- Aktenzeichen
- 2 B 282/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48521
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 18 Abs 1 BSHG
- § 19 Abs 1 BSHG
- § 25 Abs 1 BSHG
Tenor:
1. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches vom 9. Juli 2003 gegen den Bescheid der F. vom 25. Juni 2003 wiederherzustellen, wird abgelehnt.
2. Der Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab 1. August 2003 vorläufig bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides ungekürzte Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
3. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner je zur Hälfte.
4. Der Antragstellerin wird im Umfang des Tenors zu 2. Prozesskostenhilfe ab Antragstellung bewilligt und Rechtsanwalt G. beigeordnet. Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gründe
1. Der Antrag der Antragstellerin,
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches vom 9. Juli 2003 gegen den Bescheid der F. vom 25. Juni 2003 wiederherzustellen,
hat keinen Erfolg.
Soweit sich dieser Antrag darauf richtet, künftig Hilfe zum Lebensunterhalt zu erlangen, ist er nicht statthaft, weil dieses Begehren mit dem -ebenfalls gestellten- Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verfolgen ist.
Soweit er darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches hinsichtlich der Aufforderung zur Teilnahme am Bewerbungstraining, zum Nachweis von Bewerbungen und zur Aufnahme der gemeinnützigen Arbeit -nur insoweit ist die sofortige Vollziehung im Bescheid der namens und im Auftrage des Antragsgegners handelnden F. angeordnet- wiederherzustellen, bleibt er ebenfalls erfolglos. Denn dieser Widerspruch ist unzulässig. Die entsprechenden Aufforderungen sind mit Bescheiden der F. vom 18. März, 24. April und 22. Mai 2003 ergangen. Der Widerspruch der Antragstellerin vom 9. Juli 2003 dagegen hält die Widerspruchsfrist des § 70 VwGO nicht ein und ist deshalb unzulässig. Die aufschiebende Wirkung eines unzulässigen Widerspruchs ist nicht wiederherzustellen.
2.
Der Antrag der Antragstellerin,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihr vollständige Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren,
hat im tenorierten Umfang Erfolg.
Die Antragstellerin hat insoweit sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Einen Anordnungsanspruch hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, weil der Bescheid der F. vom 25. Juni 2003, mit dem der für die Antragstellerin maßgebliche Regelsatz gemäß § 25 Abs. 1 BSHG ab dem 1. Juli 2003 um 100% für die Dauer von drei Monaten gekürzt worden ist, einer rechtlichen Überprüfung voraussichtlich nicht standhält. Der mit Widerspruch vom 09. Juli 2003 angegriffene Bescheid ist jedoch nicht schon deshalb rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 BSHG nicht erfüllt wären.
Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 BSHG hat derjenige, der sich weigert, zumutbare Arbeit zu leisten oder zumutbaren Maßnahmen nach den §§ 19 und 20 nachzukommen, keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Nach Satz 2 der Vorschrift ist die Hilfe in einer ersten Stufe um mindestens 25 vom Hundert des maßgeblichen Regelsatzes zu kürzen.
Die Kammer kann offen lassen, ob die Antragstellerin schon deshalb jegliche Arbeitsleistung ohne tragfähigen Grund verweigert, weil die Bescheide der F., mit denen ihr bestimmte Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung und -leistung angesonnen werden, bestandskräftig sind und die Antragstellerin diesen Auflagen nicht nachgekommen ist. Doch auch in der Sache bestehen am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 BSHG keine durchgreifenden Zweifel.
Die F. hat die in H. wohnhafte Antragstellerin zuerst mit bestandskräftigem Bescheid vom 18. März 2003 aufgefordert, folgende Maßnahmen zu unternehmen:
Erstens sollte sie bis zum 31. März 2003 eine Bescheinigung des Arbeitsamtes I. vorlegen, aus der sich ergibt, dass sie dort aktuell arbeitslos und für die Vormittagsstunden arbeitssuchend gemeldet ist und dass sie sich seit der Trennung von ihrem Ehemann ( 28. November 2002) bereits in regelmäßigen Abständen nach Arbeit erkundigt hat.
Zweitens sollte sie sich bis zum 25. März 2003 bei der Ländlichen Erwachsenenbildung zu einem Bewerbungstraining und bei der KommAS, einer kommunalen Arbeitsvermittlungsstelle, zu einem Beratungsgespräch anmelden.
Drittens sollte sie sich bis zum 31. März 2003 zur Ableistung gemeinnütziger Arbeit bei der Beschäftigungsinitiative der Samtgemeinde am H. r Bahnhof einfinden. Sie sollte hier an drei Tagen der Woche für jeweils vier Stunden am Vormittag leichte gemeinnützige handwerkliche Arbeiten sowie Reinigungs- und Grünanlagenpflegearbeiten leisten, die sonst nicht oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet würden. Die Antragstellerin sollte für diese Tätigkeit Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer Entschädigung für Mehraufwendungen in Höhe von 1,00 € je Stunde erhalten.
Viertens sollte die Antragstellerin zum Nachweis ihrer Arbeitsbemühungen bis zum 30. April 2003 -und danach jeweils unaufgefordert bis zum 15. eines jeden Monats- mindestens fünf qualifizierte Bewerbungen auf einen Arbeitsplatz mit Arbeitszeiten am Vormittag im Sozialamt vorlegen.
Die der Antragstellerin gesetzten Fristen wurden mit ebenfalls bestandkräftigen Bescheiden der F. vom 24. April und 22. Mai 2003, mit denen der Regelsatz um 25 bzw. 50% gekürzt wurde, jeweils um einen Monat verlängert. Gleichzeitig wurde die wöchentliche Arbeitszeit für gemeinnützige Zwecke auf zwanzig Wochenstunden erhöht, nachdem die bisher von der Antragstellerin betreute Großtante ab dem 1. März 2003 in ein Pflegeheim gekommen war.
Dadurch, dass die Antragstellerin keine der von ihr geforderten Maßnahmen ergriffen, sondern sich am 24. März 2003 lediglich für eine Maßnahme für jüngere Frauen angemeldet hat, hat sie zumutbare Arbeit im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 BSHG verweigert. Denn eine Arbeitsverweigerung in diesem Sinne liegt nicht nur vor, wenn der Hilfesuchende sich weigert, eine ihm angebotene oder nachgewiesene zumutbare konkrete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sondern auch dann, wenn es ein Hilfesuchender ablehnt, sich beim Arbeitsamt als arbeitssuchend zu melden bzw. sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen (Nds. OVG, Beschl. vom 13.11.2002 -12 PA 736/02-, m.w.N.).
Anhaltspunkte dafür, dass eine derartige Arbeitssuche von vornherein erfolglos sein wird, was die entsprechende Aufforderung rechtswidrig machen könnte (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 18.3.1999 -4 M 876/99-), vermag die Kammer nicht zu erkennen.
Die Kammer sieht die Antragstellerin nicht als von vornherein arbeitsunwillig an. Wäre dies so, liefen die auf Hilfe zur Selbsthilfe abzielenden Vorschriften der §§ 18 ff. BSHG von vornherein ins Leere, mit der Folge, dass die Vorschrift des § 25 Abs. 1 BSHG nicht angewendet werden dürfte (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 9.8.1995 -4 M 7098/94-). Die Antragstellerin hat bisher aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie wegen der für ihre Tochter erforderlichen Betreuung nicht verpflichtet sei, sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen oder gemeinnützige Arbeit zu leisten. Sie unterliegt damit, wie unten dargelegt wird, einem Rechtsirrtum. Aus diesem Irrtum kann nicht auf ihre Arbeitsunwilligkeit geschlossen werden, denn er ist nicht Ausdruck einer mit der Arbeitsunwilligkeit einhergehenden seelischen Fehlhaltung im Sinne der zitierten Rechtsprechung, sondern Ausfluss einer - nicht aus der Luft gegriffenen - fehlsamen Rechtsmeinung.
Das an die Antragstellerin gerichtete Gebot, sich der Arbeitsvermittlung für eine Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung zu stellen, hält die Kammer nach Aktenlage auch für zumutbar im Sinne von § 18 Abs. 3 BSHG.
Zu bedenken ist jedoch, dass die Antragstellerin ihre am 20. Juli 1996 geborene Tochter J. allein erzieht. Nach der zivilrechtlichen Unterhaltsrechtsprechung (zitiert nach den Hinweisen zur Sozialhilfe Anm. 18.3.5) würde dies zu einer Unzumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit im Unterhaltsrecht führen. Neben dem Bestreben, die Belange betreuungsbedürftiger Kinder angemessen zu beachten, sind bei der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt jedoch auch die sozialhilferechtlichen Grundsätze des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 BSHG) und des Vorrangs der Selbsthilfe durch eigene Arbeit (§ 18 Abs. 1 BSHG) sowie der Zweck der Regelung in § 25 BSHG, den Selbsthilfewillen des Hilfeempfängers zu stärken, angemessen zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist von entscheidender Bedeutung, dass die Tochter der Antragstellerin eine verlässliche Grundschule besucht. Dies hat zur Folge, dass sie von 8.00 Uhr bis 12.30 Uhr in schulischer Obhut sein könnte, wenn sie bzw. die Antragstellerin das Betreuungsangebot der Schule annehmen würde. Wegen der dargestellten sozialhilferechtlichen Grundsätze muss der Antragstellerin Derartiges grundsätzlich angesonnen werden (vgl. Urteil der Kammer vom 16.12.1999 - 2 A 2279/97 -, n.v.; Nds. OVG, Beschl. vom 18.3.1999, a.a.O.; ähnlich Hess. VGH, zitiert nach den Hinweisen a.a.O.). Belege für die Behauptung, ihrer Tochter sei ein Schulbesuch in der fraglichen Zeit wegen der Trennung der Eltern aus psychischen Gründen nicht zuzumuten, hat die Antragstellerin nicht vorgelegt. Eine solche Annahme liegt auch fern, da die schulische Betreuung lediglich um eine Schulstunde täglich verlängert würde. Die Antragstellerin hat deshalb nicht glaubhaft gemacht, dass die schulische Betreuung ihrer Tochter in der fraglichen Zeit unzumutbar ist.
Die Antragstellerin ist daneben von der F. auch zu Recht aufgefordert worden, gemeinnützige Arbeit zu leisten. Die Verweigerung dieser Tätigkeit begründet selbständig tragend ebenfalls schon die Annahme der Arbeitsverweigerung durch die Antragstellerin.
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BSHG sollen für Hilfesuchende, insbesondere junge Menschen, die keine Arbeit finden können, Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BSHG kann dem Hilfesuchenden, dem Gelegenheit zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit geschaffen wird, Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Entschädigung für Mehraufwendungen gewährt werden. Gemäß § 18 Abs. 3 BSHG muss die geschaffene Arbeitsgelegenheit für den Hilfeempfänger zumutbar sein.
Der angefochtene Bescheid ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X. Inhaltlich bestimmt ist ein die Schaffung einer Gelegenheit zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG regelnder Bescheid, wenn die zu leistende Arbeit genau bezeichnet ist - und zwar auch für denjenigen verbindlich, der am Ende für die zu verrichtende Arbeit verantwortlich ist; denn nur dann lässt sich prüfen, ob es sich um eine Arbeit handelt, die gemeinnützig und zusätzlich im Sinne des § 19 Abs. 2 Halbsatz 2 BSHG ist, und ob sie dem Hilfesuchenden zumutbar im Sinne des § 18 Abs. 3 BSHG ist. Es genügt nicht, dass der Träger der Sozialhilfe den Hilfesuchenden lediglich einer Einrichtung zuweist und die Auswahl der konkret zu leistenden Arbeit etwa der Leitung dieser Einrichtung überlässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 10.02.1983 -5 C 115.81-, BVerwGE 67, 1, 6 f.; vom 13.10.1983 -5 C 66.82-, BVerwGE 68, 97, 99; Beschluss vom 12.12.1996 -5 B 192.95-, juris).
Die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit eines auf § 19 Abs. 2 BSHG gestützten Verwaltungsaktes erfordert ferner Angaben zum zeitlichen Umfang der zu leistenden Arbeit und zu ihrer zeitlichen Verteilung sowie schließlich dazu, ob das übliche Arbeitsentgelt oder die (regelsatzmäßige) Hilfe zum Lebensunterhalt nebst einer bestimmten Entschädigung für Mehraufwendungen gewährt werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.1983, a.a.O., S. 100).
Diese Voraussetzungen sind im angefochtenen Bescheid erfüllt. Er regelt sowohl den Inhalt als auch den zeitlichen Umfang der angebotenen Arbeit wie auch den Ort, an dem die Arbeit zu leisten ist. Daneben ist geregelt, dass die Antragstellerin während der Tätigkeit Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 11 ff. BSHG zuzüglich einer Entschädigung für Mehraufwendungen in Höhe von 1 Euro je Stunde der Tätigkeit erhält.
Die Antragstellerin gehört auch zum Personenkreis des § 19 Abs. 1 Satz 1 BSHG, da sie keine Arbeit finden kann.
Der Gesetzgeber hat mit den §§ 18 bis 20 BSHG die "Hilfe zur Arbeit" als eine Art der Hilfe in besonderen Lebenslagen ausgestaltet. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass das Haben oder Nichthaben von Arbeit nicht nur als ein wirtschaftliches Problem zu sehen ist. Arbeiten als solches ist ein Mittel, einen Hilfesuchenden (und auch einem Hilfeempfänger) in seinem Selbsthilfestreben zu unterstützen und ihm Gelegenheit zur Entfaltung seiner Persönlichkeit zu geben, ein wesentliches Kriterium für ein Leben, das der Würde des Menschen entspricht. Das Angebot gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit kann daher im Rahmen des Zumutbaren je nach den Umständen des Einzelfalles sinnvoll und geboten sein, um der Arbeitsentwöhnung vorzubeugen, der sozialen Ausgliederung entgegenzuwirken, Gelegenheit zur Selbstbestätigung zu geben und den Hilfebedürftigen auf die Übernahme einer Erwerbstätigkeit vorzubereiten, die ihn befähigt, unabhängig von Sozialhilfe zu leben. Ausgehend von diesem Gesetzeszweck fallen unter den Personenkreis derjenigen, die keine Arbeit finden können, sowohl diejenigen Hilfesuchenden, die aus in ihrer Person liegenden (subjektiven) Gründen den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht oder nur eingeschränkt gewachsen sind, als auch Hilfesuchende, die durch außerhalb ihrer Person liegende (objektive) Gründe, insbesondere infolge der vorherrschenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und eines allgemeinen Arbeitsplatzmangels, keine Beschäftigung finden (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., 5; Urteil vom 04.06.1992 -5 C 35.88-, FEVS 43, 89, 91).
Es liegt auf der Hand, dass es die ungelernte Antragstellerin, die seit Jahren nicht mehr beruflich tätig war und sich nicht fortgebildet hat, schwer haben wird, auf dem derzeit angespannten freien Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Um einer weiteren Arbeitsentwöhnung vorzubeugen, ist die Verpflichtung zur Ableistung gemeinnütziger Arbeit neben der Aufforderung, sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen, zulässig und geboten.
Das Arbeitsangebot der F. hält sich im gesetzlichen Rahmen des § 19 Abs. 2 BSHG.
Dass die der Antragstellerin angebotene Beschäftigung bei der Beschäftigungsinitiative der Samtgemeinde angebotene Arbeit in der Form von leichten handwerklichen Tätigkeiten sowie Reinigungs- und Grünanlagenpflegearbeiten als gemeinnützig im Sinne des § 19 Abs. 2 BSHG anzusehen ist, bedarf keiner näheren Darlegung. Gemeinnützig ist - wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt - eine Arbeit, die nicht unmittelbar erwerbswirtschaftlichen Zwecken, sondern dem allgemeinen Wohl bzw. dem gemeinen Nutzen dient. Für die Kammer sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die der Antragstellerin angebotenen Arbeiten etwa erwerbswirtschaftlichen Zwecken, nicht aber dem gemeinen Wohl dienten.
Es handelt sich auch um zusätzliche Arbeit im Sinne der genannten Bestimmung. "Zusätzlich" ist, wie sich aus der gesetzlichen Definition des § 19 Abs. 2 Halbsatz 2 BSHG ergibt, (nur) die Arbeit, die sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde. Nur um eine derartige Arbeit geht es ausweislich der Bescheide der F. vom 18. März, 24. April und 22. Mai 2003.
Die der Antragstellerin angesonnene gemeinnützige Arbeit ist auch zumutbar. Hierzu kann zunächst auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.
Diese Arbeit ist auch nicht etwa deshalb unzumutbar, weil sie zu der fortgewährten Hilfe zum Lebensunterhalt in einem unangemessenen Verhältnis stehen würde. Als Unzumutbar wird es in diesem Zusammenhang angesehen, wenn ein Hilfeempfänger "vollschichtig" zur gemeinnützigen Arbeit herangezogen wird, weil in diesem Fall die Leistungen des Sozialhilfeträgers (Hilfe zum Lebensunterhalt und Mehraufwandsentschädigung) in einem eindeutigen Missverhältnis zum Umfang der Arbeitsleistung stehen. Als angemessen angesehen wird aber jedenfalls eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 bis 25 Stunden, die hier nicht überschritten wird (vgl. Krahmer, a.a.O., Rdnr. 17; Schellhorn u.a., a.a.O. Rdnr. 20, jeweils m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O., 7; Urteil vom 13.10.1983, a.a.O., 96; OVG Lüneburg, Beschluss vom 02.04.1981 -4 OVG B 2/81-).
Die Mehraufwandsvergütung in Höhe von 1,00 Euro pro Stunde führt ebenso wenig zur Unzumutbarkeit des Arbeitsangebots. Denn der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass der in H. wohnhaften Antragstellerin Aufwendungen für Arbeitskleidung und Fahrten zur ebenfalls in H. gelegenen Arbeitsstätte nicht entstehen.
Der Bescheid der F. vom 25. Juni 2003 erweist sich jedoch voraussichtlich deshalb als rechtswidrig, weil diese das ihr bei der Kürzung des Regelsatzes um 100% eingeräumte Ermessen nicht in einer dem Zweck der Vorschrift entsprechenden Weise ausgeübt hat.
Geht die Kürzung des Regelsatzes, wie hier, über 25% hinaus, hat der Sozialhilfeträger pflichtgemäßes Ermessen auszuüben. Ein Automatismus der Steigerung des Kürzungsbetrages bei fortwährender Arbeitsverweigerung besteht nicht (OVG Lüneburg, Beschl. vom 3.6.1983 -4 B 21/83-, FEVS 33, 70; VGH München, Beschl. vom 2.12.1999 -12 ZE 99.2267, FEVS 52, 312; Krahmer in: LPK, § 25 Rdnr. 7). Derartige Ermessenserwägungen lässt der angefochtene Bescheid vermissen.
Die insoweit allein erkennbare Überlegung, es festige sich das Bild, dass die Antragstellerin überhaupt nicht gewillt sei, zu arbeiten, widerspricht dem Zweck des § 25 Abs. 1 BSHG. Wie dargelegt, würde § 25 BSHG nicht zur Anwendung gelangen können, wenn von einer generellen Arbeitsunwilligkeit des Hilfeempfängers auszugehen wäre. Weshalb die F. meint, trotz dieser Annahme den Regelsatz der Antragstellerin um 100% kürzen zu dürfen, lässt sich der Begründung des Bescheides nicht entnehmen.
Weitere Ermessenserwägungen enthält der angefochtene Bescheid nicht. Hier wäre es erforderlich gewesen, dass sich die F. zu der Frage verhält, wie sich die vollständige Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für die Antragstellerin auf die Bedarfsgemeinschaft zwischen dieser und ihrer Tochter auswirkt. Die Samtgemeinde entzieht der Antragstellerin mit der 100%-igen Regelsatzkürzung das notwendige Existenzminimum vollständig. Die Kammer hält dies mit dem OVG Lüneburg (Beschl. vom 3.6.1983 und vom 9.8.1995, a.a.O., ebenso: VGH München, a.a.O.; a.A. aus verfassungsrechtlichen Gründen wohl Krahmer, a.a.O.) zwar -zeitlich auf maximal drei Monate begrenzt- grundsätzlich für möglich. Die Samtgemeinde durfte aber die damit verbundene Konsequenz, dass die Antragstellerin gezwungen sein wird, auf die von Gesetzes wegen ihrer Tochter zustehende Hilfe zum Lebensunterhalt zurückzugreifen, bei ihrer Ermessensentscheidung nicht außer Acht lassen. Mit diesem Aspekt hat sich die Samtgemeinde ebenso wenig auseinander gesetzt wie mit dem Gebot, dass die Kürzung nur in Höhe des Bedarfssatzes für einen Haushaltsangehörigen, nicht jedoch eines Haushaltsvorstandes (vgl. Urteil der Kammer vom 16.12.1999 - 2 A 2279/97 -, n.v.;OVG Münster, Beschl. vom 20.5.1998 24 B 841/97-) hätte erfolgen dürfen.
Derartige Ermessenserwägungen können im Widerspruchsbescheid noch nachgeholt werden, so dass die Wirkung der einstweiligen Anordnung entsprechend auf den Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheides zu befristen ist.
Da der Bescheid vom 25. Juni 2003 die vorangegangenen Kürzungsbescheide ersetzt, entfalten die mit Bescheiden vom 24. April und 22. Mai 2003 ausgesprochenen Regelsatzkürzungen keine Rechtswirkungen mehr. Der Antragstellerin sind die Leistungen deshalb vorläufig in voller gesetzlicher Höhe zu erbringen.
Da der Antragsgegner der Antragstellerin das wirtschaftliche Existenzminimum vorenthält, liegt auch ein Anordnungsgrund vor.