Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 10.09.2003, Az.: 2 B 324/03
75. Geburtstag; einmalige Leistung; einstweilige Anordnung; Fahrtkosten; Geburtstagsfeier; Geburtstagsgeschenk; Regelbedarf; Regelsatz
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 10.09.2003
- Aktenzeichen
- 2 B 324/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48233
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 21 Abs 1a Nr 7 BSHG
- § 22 Abs 1 BSHG
- § 1 RegSatzV
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Hilfe zum Lebensunterhalt für besondere Anlässe
Tenor:
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag des Antragstellers,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, die Fahrtkosten des Antragstellers für die Hin- und Rückfahrt zu bzw. von der Feier des 75. Geburtstages des Vaters des Antragstellers in E. sowie die Kosten für das Geburtstagsgeschenk an seinen Vater zu übernehmen,
hat keinen Erfolg.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch für den Erlass der begehrten Regelung nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 3, 294 ZPO):
Zwar gehören Aufwendungen im Zusammenhang mit Geburtstagen naher Angehöriger zum notwendigen Lebensunterhalt, da sie der Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen dienen und damit den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens unterfallen (§ 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BSHG). Derartige Aufwendungen sind jedoch mit den Regelsätzen nach §§ 22 Abs. 1 Satz 1 BSHG, 1 Abs. 1 Satz 1 der Regelsatzverordnung -RSVO- abgegolten, so dass die Bewilligung einer einmaligen Leistung nach § 21 Abs. 1a Nr. 7 BSHG nicht in Betracht kommt.
Ein Regelbedarf setzt neben der Zugehörigkeit zu einer der in § 1 Abs. 1 RSVO genannten Bedarfsgruppen voraus, dass der geltend gemachte Bedarf ein ohne Besonderheiten des Einzelfalles (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG) bei vielen Hilfeempfängern gleichermaßen bestehender, nicht nur einmaliger Bedarf ist (BVerwG, Urteil vom 18.2.1993 -5 C 47.92-, BVerwGE 92, 106).. Dies ist auch für Feiern runder Geburtstagstage anzunehmen, da sie einem bei vielen Hilfeempfängern gleichermaßen bestehenden, nicht nur einmaligen, sondern fortwährenden Bedarf -nämlich dem Bedürfnis nach Aufrechterhaltung, Festigung und Vertiefung familiärer, freundschaftlicher oder nachbarschaftlicher Beziehungen dienen und durch diesen Bedarf geprägt werden (BVerwG, a.a.O., S. 107). Insoweit unterscheiden sich (auch runde) Geburtstage von Feiern mit herausragender religiöser oder gesellschaftlicher Bedeutung, wie etwa Taufen oder Eheschließungen, für die einmalige Leistungen nach § 21 Abs. 1a Nr. 7 BSHG zu bewilligen sein können.
Zwar bezieht sich die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf Aufwendungen für die Ausrichtung der Feier selbst. Ihr kommt aber ebenso Bedeutung für Aufwendungen zu, die im Zusammenhang mit der Teilnahme an solchen Veranstaltungen entstehen. Denn auch solche Aufwendungen, wie sie der Antragsteller hier mit den Fahrtkosten zu und von der Feier sowie den Geschenkkosten für eine solche Feier geltend macht, entspringen dem allgemeinen persönlichen Bedürfnis, auch über alltägliche Kontakte hinaus in gewissen zeitlichen Abständen Formen der Geselligkeit zu pflegen, die der Aufrechterhaltung, Festigung und Vertiefung zwischenmenschlicher familiärer Beziehungen dienen. Sie bestehen damit bei vielen Hilfeempfängern gleichermaßen (OVG Hamburg, Beschluss vom 30.12.1993 -Bs IV 241/93-, FEVS 45, 108, 109).
In Anbetracht dessen kann die Kammer offen lassen, ob der 75. Geburtstag des Vaters des Antragstellers überhaupt der Anlass für die vom Antragsteller geltend gemachten Aufwendungen sein kann, woran deshalb Zweifel bestehen könnten, weil der Geburtstag am 15. September ist, die Feier aber erst am 26. September 2003 stattfinden soll (vgl. insoweit ebenfalls zweifelnd, OVG Münster, Beschluss vom 23.9.1988 -17 B 735/88-).