Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 23.08.2016, Az.: L 11 AS 665/14

Eingliederungszuschuss; Förderungsausschluss; Gerichtskostenfreiheit; Kündigung; tatsächliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses; Unwirksamkeit der Kündigung; Versuch der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
23.08.2016
Aktenzeichen
L 11 AS 665/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43049
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 29.04.2014 - AZ: S 23 AS 294/13

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine Förderung durch Eingliederungszuschuss ist ausgeschlossen, wenn zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses veranlasst hat, um einen Eingliederungszuschuss zu erhalten (§ 92 Abs 1 Nr 1 SGB III).
2. Dieser Förderungsausschluss greift jedoch noch nicht, wenn ein Arbeitgeber lediglich versucht hat, das Beschäftigungsverhältnis eines anderen Arbeitnehmers zu beenden, die Kündigung im Ergebnis jedoch nicht wirksam geworden ist. Vielmehr setzt § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III die tatsächliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eines anderen Arbeitnehmers voraus.

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 29. April 2014 sowie der Bescheid des Beklagten vom 16. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2013 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Der Beklagte erstattet der Klägerin 1/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, die einen Putz- und Estrichbetrieb betreibt, begehrt vom Beklagten die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für die Beschäftigung des Arbeitnehmers H. I..

Der Beklagte stellte mit schriftlicher Bestätigung vom 2. Juli 2012 potentiellen Arbeitgebern für den Fall der Einstellung des Arbeitnehmers H. I. die Gewährung eines Eingliederungszuschusses in Aussicht (vgl. im Einzelnen: Förderangebot vom 2. Juli 2012, Bl. 9 der Verwaltungsakte - VA -). Die Klägerin schloss daraufhin mit Wirkung ab 4. Juli 2012 mit Herrn I. einen Arbeitsvertrag ab und beantragte den in Aussicht gestellten Eingliederungszuschuss. Der Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 16. Oktober 2012 ab. Es sei bekannt geworden, dass die Klägerin einen anderen Arbeitnehmer entlassen habe, um sodann den Arbeitnehmer I. einzustellen und für diesen einen Eingliederungszuschuss zu beantragen. Damit greife der Förderungsausschluss nach § 16 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) i.V.m. § 92 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III).

Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, dass der - von der Klägerin namentlich nicht genannte - gekündigte Mitarbeiter nach 14 Tagen wieder eingestellt worden sei; er sei weiterhin im Betrieb beschäftigt. Es habe keine Entlassung im Betrieb gegeben. Aufgrund der Weigerung der Beklagten, den Eingliederungszuschuss zu gewähren, habe die Klägerin allerdings zwischenzeitlich das Beschäftigungsverhältnis des Herrn I. zum 24. Oktober 2012 kündigen müssen.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit der ergänzenden Begründung zurück, dass die Klägerin keine Gewähr für eine dauerhafte Eingliederung des Herrn I. in Arbeit biete, nachdem sie im selben Moment, in dem sie Herrn I. eingestellt und für diesen einen Eingliederungszuschuss beantragt habe, einen Arbeitnehmer im gleichen Tätigkeitsfeld entlassen habe. Daran ändere auch nichts, dass der im Juli 2012 entlassene Arbeitnehmer am 30. August 2012 wieder eingestellt worden sei (Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2013).

Mit ihrer am 25. Februar 2013 beim Sozialgericht (SG) Lüneburg erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass völlig unklar sei, weshalb der Beklagte von der Kündigung eines anderen Arbeitnehmers ausgehe. In der Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 2012 sei als einziger Beschäftigter der Arbeitnehmer J. aufgrund einer Eigenkündigung ausgeschieden. Bei dem Arbeitnehmer, den der Geschäftsführer der Klägerin als „wieder eingestellt“ bezeichnet habe, handele es sich um Herrn K.. Dieser sei durchgängig beschäftigt gewesen, allerdings im Jahr 2012 über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei (Schriftsatz der Klägerin vom 22. März 2012 als Antwort auf die Nachfrage des SG vom 26. Februar 2013). Im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Klageverfahrens hat die Klägerin nochmals bekräftigt, dass der Arbeitnehmer K. durchgängig seit 10. Januar 2008 beschäftigt gewesen sei. Das Beschäftigungsverhältnis bestehe immer noch. Es sei nicht beendet worden (Schriftsatz vom 22. Mai 2013). Es liege keine Wiedereinstellung des Herrn K. vor; dessen Beschäftigungsverhältnis sei zu keinem Zeitpunkt beendet gewesen, sondern dauere ununterbrochen bis heute an (Schriftsatz vom 18. Oktober 2013).

Der Beklagte hat auf Nachfrage des SG ergänzend vorgetragen, dass sich Herr K. im Juli 2012 mit Wirkung ab 1. August 2012 unter Hinweis auf eine von der Klägerin ausgesprochene Kündigung arbeitslos gemeldet habe. Herr K. habe in der Folgezeit dann jedoch keinen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt; ebenso wenig habe er das damals ausgehändigte Antragsformular wieder abgegeben.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Geschäftsführer der Klägerin eingeräumt, Herrn K. am 18. Juli 2012 gekündigt zu haben, diese Kündigung jedoch kurze Zeit später aufgrund der Auftragslage wieder zurückgenommen zu haben. Somit sei Herr K. von 2008 bis 2014 durchgängig und bei ununterbrochenem Entgeltanspruch beschäftigt gewesen. Als Kündigungsgrund hat der Geschäftsführer der Klägerin zunächst Arbeitsmangel angegeben. Nach der Vernehmung des Zeugen K. hat der Geschäftsführer der Klägerin dagegen angegeben, dass die Kündigung „auch darauf“ beruht habe, dass Herr K. durch u.a. fehlerhafte Bedienung von Maschinen dem Unternehmen erheblichen finanziellen Schaden zugefügt habe.

Der vom SG als Zeuge vernommene Herr K. hat ausgesagt, dass ihm am 18. Juli 2012 mit Wirkung zum 1. August 2012 gekündigt worden sei. Weder das Kündigungsschreiben habe Gründe enthalten noch seien ihm Kündigungsgründe mündlich mitgeteilt worden. Nach Einholung von Rechtsrat sowie Einschaltung der Handwerkskammer sei die Kündigung von der Arbeitgeberin zurückgenommen worden, so dass die Beschäftigung letztlich ununterbrochen bestanden habe. Auch die Lohnzahlungen seien durchgängig bis zum Ausscheiden im Jahr 2014 erfolgt.

Das SG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Gewährung eines Eingliederungszuschusses ausgeschlossen sei. Es sei zu vermuten, dass die Klägerin die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses veranlasst habe, um den Eingliederungszuschuss zu erhalten (§ 92 Abs 1 Nr 1 SGB III). Die Klägerin habe im Monat der Neueinstellung des Herrn I. dem langjährigen Beschäftigten K. gekündigt. Der zunächst von der Geschäftsführerin der Klägerin angegebene Kündigungsgrund (Arbeitsmangel) sei angesichts der Aussage des Zeugen K. (gute Auftragslage) nicht nachvollziehbar. Bei dem vom Geschäftsführer der Klägerin angegebenen Arbeitsmangel könne auch nicht nachvollzogen werden, weshalb zu diesem Zeitpunkt überhaupt ein neues Beschäftigungsverhältnis mit Herrn I. eingegangen worden sei. Für eine Kündigung des Herrn K. in der Erwartung der Zahlung eines Eingliederungszuschusses bei Einstellung des Arbeitnehmers I. spreche auch, dass Kündigungsgründe gegenüber Herrn K. weder schriftlich noch mündlich benannt worden seien. Den vom Geschäftsführer der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragenen verhaltensbedingten Gründen könne kein Glauben geschenkt werden. Ein solches Fehlverhalten sei zuvor nicht thematisiert worden. Auch lasse sich ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers K. nicht damit vereinbaren, dass dieser anschließend noch mehr als 1 1/2 Jahre weiter beschäftigt worden sei. Dass die Klägerin die einmal ausgesprochene Kündigung vor deren Wirksamwerden wieder zurückgenommen habe, stehe dem Förderungsausschluss nach § 92 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III nicht entgegen. Nach dem Wortlaut der Norm sei eine Förderung bereits dann ausgeschlossen, wenn die Beendigung eines anderen Beschäftigungsverhältnisses veranlasst worden sei. Somit reiche es für den Förderungsausschluss aus, dass der Arbeitgeber die zur Entlassung eines anderen Arbeitnehmers notwendigen Schritte einleite, nämlich dem anderen Arbeitnehmer die Kündigung als einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung zukommen lasse. § 92 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III stelle auf die Veranlassung der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses ab. Der rechtswirksame Bestand der Kündigung werde dagegen nicht verlangt. Nur bei dieser Betrachtungsweise sei sichergestellt, dass der mit dem Eingliederungszuschuss verfolgte Zweck (zusätzliche Eingliederung von arbeitslosen Personen in den Arbeitsmarkt) erreicht werde (Urteil vom 29. April 2014).

Gegen das der Klägerin am 14. Mai 2014 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 16. Juni 2014 (Montag) eingelegte Berufung. Die Klägerin vertieft ihr Vorbringen zu der durchgängigen Beschäftigung des Herrn K.. Dieser habe in den Jahren 2009 und 2011 durch Fehlverhalten bzw. Unachtsamkeit erhebliche Schäden verursacht. Diesbezüglich sei er im Mai 2013 abgemahnt worden (vgl. im Einzelnen: Schriftsätze der Klägerin vom 1. September und 18. November 2014 nebst den dort beigefügten Unterlagen).

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

1. das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 29. April 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 16. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2013 aufzuheben,

2. den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Eingliederungshilfe für den Mitarbeiter H. I. erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge sowie die erst- und zweitinstanzliche Gerichtsakte verwiesen, die der Entscheidung zugrunde gelegen haben.

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten (vgl. hierzu: Schriftsätze vom 17. und 23. Juni 2016) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Die vom Beklagten auf den Förderungsausschluss nach § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III gestützte Ablehnung des Förderantrags erweist sich als rechtswidrig. Dementsprechend hat die Klägerin Anspruch auf erneute Bescheidung ihres Antrags.

Nach § 16 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB II i.V.m. § 88 SGB III kann der Beklagte Arbeitgebern zur Eingliederung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist, einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt zum Ausgleich einer Minderleistung gewähren (Eingliederungszuschuss). Der Eingliederungszuschuss kann bis zu 50 Prozent des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts und die Förderdauer bis zu 12 Monate betragen (§ 89 Satz 2 SGB III). Eine Förderung durch Eingliederungszuschuss ist jedoch u.a. dann ausgeschlossen, wenn zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses veranlasst hat, um einen Eingliederungszuschuss zu erhalten (§ 92 Abs 1 Nr 1 SGB III).

Dass der Arbeitnehmer I. bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses die persönlichen Förderungsvoraussetzungen erfüllte, ergibt sich aus dem „Förderangebot an Arbeitgeber“ des Beklagten vom 2. Juli 2012 (Bl. 9 VA). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

Entgegen der Auffassung des Beklagten und des SG war die von der Klägerin begehrte Förderung durch Eingliederungszuschuss nicht nach § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III ausgeschlossen. Der erkennende Senat schließt sich der vom SG vorgenommenen Auslegung dieser Norm nicht an.

Der Ausschluss einer Förderung durch Eingliederungszuschuss nach § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III setzt voraus, dass zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber (hier: die Klägerin) die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses (hier: des Arbeitnehmers K.) veranlasst hat, um einen Eingliederungszuschuss zu erhalten. Insoweit spricht zwar auch aus Sicht des Senats der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der - von der Klägerin erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich eingeräumten - Kündigung des Arbeitnehmers K. einerseits sowie der Neueinstellung des Arbeitnehmers I. andererseits klar dafür, dass die Kündigung zielgerichtet erfolgte, um den bisherigen Arbeitnehmer K. durch den mittels Eingliederungszuschuss geförderten Arbeitnehmer I. zu ersetzen. Allerdings hat die gegenüber dem Arbeitnehmer K. ausgesprochene Kündigung im Ergebnis nicht zur Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses geführt. Vielmehr belegen die (erstmals) im Termin vor dem SG erfolgten diesbezüglichen Angaben des Geschäftsführers der Klägerin sowie die Aussage des Zeugen K. übereinstimmend, dass die mit Wirkung zum 1. August 2012 ausgesprochene Kündigung bereits vorher zurückgenommen worden war, so dass das Beschäftigungsverhältnis letztlich durchgängig bestand (von 2008 bis 2014). Hiermit steht in Übereinstimmung das Vorbringen des Beklagten, wonach sich der Zeuge K. im Hinblick auf die zum 1. August 2012 ausgesprochene Kündigung im Juli 2012 zwar zunächst arbeitslos gemeldet, in der Folgezeit jedoch keinen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hat. Ausweislich der zur Gerichtsakte gelangten Lohnabrechnungen wurde an den Arbeitnehmer K. auch durchgängig Arbeitsentgelt gezahlt (bis zum Ende der Beschäftigung im Jahr 2014).

Entgegen der Auffassung des SG kann dem Wortlaut des § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III nicht entnommen werden, dass eine Förderung durch Eingliederungszuschuss bereits dann ausscheidet, wenn ein Arbeitgeber lediglich versucht, das Beschäftigungsverhältnis eines anderen Arbeitnehmers zu beenden, die Kündigung im Ergebnis jedoch nicht wirksam wird. Vielmehr setzt § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III seinem Wortlaut nach u.a. die tatsächliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eines anderen Arbeitnehmers voraus. Allein eine hierauf gerichtete Willenserklärung des Arbeitgebers (z.B. arbeitgeberseitige Kündigungserklärung) reicht dementsprechend für einen Förderungsausschluss dann nicht aus, wenn es letztlich nicht zur Beendigung oder zumindest Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses kommt. Dies dürfte auch einhellige Meinung in der Kommentarliteratur sein. Schließlich werden dort als Bezugspunkte für den nach § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III erforderlichen Kausalzusammenhang die Einstellung des neuen (durch Eingliederungszuschuss geförderten) Arbeitnehmers einerseits und andererseits das Ende der Beschäftigung des anderen Arbeitnehmers angesehen (Hervorhebung durch den Senat; vgl. etwa: Heinz in Mutschler/Schmidt-De Caluw/Coseriu (Hrsg): SGB III - Arbeitsförderung, 5. Auflage 2013, § 92 Rn 15; Winkler in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand: 2016, § 92 SGB III Rn 7; Coseriu in: Eicher/Schlegel (Hrsg.), SGB III, Stand 2016, § 92 Rn 22; Ross in: Lehr- und Praxiskommentar SGB III, 2. Auflage 2015, § 92 Rn 6; Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand 2016, K § 92 Rn 16), d.h. nicht allein eine diesbezügliche Willenserklärung oder sonstige Handlung des Arbeitgebers. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn im Rahmen der Normauslegung die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III in den Blick genommen werden. Schließlich betrifft das zweite Tatbestandsmerkmal des § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III (Veranlassung durch den Arbeitgeber) lediglich die Kausalität bzw. Verantwortlichkeit für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des anderen Arbeitnehmers, schränkt jedoch das Tatbestandsmerkmal „Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses“ nicht dahingehend ein, dass - entgegen dem Wortlaut - gar keine Beendigung erfolgt sein muss.

Diese vom Senat vorgenommene Gesetzesauslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Norm. Durch den Förderungsausschluss nach § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III soll ein sog. „Mitnahmeeffekt“ verhindert werden, d.h. dass ein Arbeitgeber finanzielle Vorteile in Form eines Eingliederungszuschusses dadurch realisieren kann, dass er einem schon bislang beschäftigten Arbeitnehmer kündigt. Verhindert werden soll also, dass die durch die Gewährung von Eingliederungszuschuss bezweckte zusätzliche Beschäftigung durch die Beendigung eines anderen, schon bestehenden Beschäftigungsverhältnisses unterlaufen wird. Dieser Schutzzweck wird bei der vom Senat vorgenommenen Auslegung von § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III in vollem Umfang erreicht. Schließlich ist es im vorliegenden Fall überhaupt nicht zu einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Arbeitnehmers K. gekommen, nachdem die Kündigung bereits vor deren Wirksamwerden schon wieder zurückgenommen war. Zu einer Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses ist es nicht einmal für eine sog. juristische Sekunde gekommen. Vielmehr waren sowohl der geförderte Arbeitnehmer I. als auch der Arbeitnehmer K. zeitgleich bei der Klägerin gegen Arbeitsentgelt beschäftigt (bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers I. im Oktober 2012). Es ergibt sich daher weder aus dem Wortlaut noch aus Sinn und Zweck des § 92 Abs 1 Nr 1 SGB III, dass schon der - im Ergebnis erfolglose - Versuch der Beendigung eines anderen Beschäftigungsverhältnisses zu einem Förderungsausschluss führen soll.

Da die Gewährung des Eingliederungszuschusses im Ermessen des Beklagten steht, ist der Beklagte zur erneuten Bescheidung des Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats verpflichtet. Im Rahmen seiner noch zu treffenden Ermessensentscheidung kann der Beklagte auch berücksichtigen, dass das Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers I. seitens der Klägerin bereits mit Wirkung zum 24. Oktober 2012 wieder beendet worden ist (vgl. zum Rückzahlungsanspruch bei vorzeitiger Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses: §  92 Abs 2 SGB III).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (vgl. zur Gerichtskostenfreiheit der Klage eines Arbeitgebers auf Gewährung von Eingliederungszuschüssen: BSG, Beschluss vom 22. September 2004 - B 11 AL 33/03 R -, NZS 2005, 555). Trotz des Erfolgs der Klägerin hat der Beklagte die Kosten der Rechtsverfolgung nur anteilig zu erstatten. Schließlich hat die Klägerin Anlass zur Ablehnung des Antrags gegeben. Sie hat erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG den Geschehensablauf vollständig vorgetragen. Zuvor waren die Angaben der Klägerin unvollständig und irreführend (pauschaler Vortrag einer durchgängigen Beschäftigung des Arbeitnehmers K.; angebliche Arbeitsunfähigkeit des als „wieder eingestellt“ bezeichneten Arbeitnehmers K.; angebliche Wiedereinstellung des Arbeitnehmers K. wenige Tage nach der Kündigung, obwohl gar keine Wiedereinstellung erfolgt ist, sondern die Kündigung zurückgenommen worden war). Zur Aufklärung des Sachverhaltes bedurfte es mehrerer Nachfragen des SG sowie einer Vernehmung des Geschäftsführers der Klägerin. Die entscheidungserheblichen Tatsachen hätten jedoch bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragen und glaubhaft gemacht werden können.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 SGG) liegen nicht vor.