Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 04.08.2016, Az.: L 7 BK 15/15 NZB

Divergenz; endgültiger Bewilligungsbescheid; vorläufiger Bewilligungsbescheid; Jahresgratifikation; schwankendes Einkommen; Prospektive Schätzung der Einkommenssituation

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
04.08.2016
Aktenzeichen
L 7 BK 15/15 NZB
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43055
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 27.10.2015 - AZ: S 12 BK 2/15

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine zum Zeitpunkt der Leistungsbewilligung nicht voraussehbare zusätzliche Jahresgratifikation stellt kein schwankendes Einkommen dar, deren Berücksichtigung nur im Rahmen des § 45 SGB X möglich wäre, weil nur mit vorläufigem und nicht mit endgültigem Bescheid zu bewilligen gewesen wäre.

2. Weicht ein Sozialgericht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab, erklärt aber gleichzeitig mit einer salvatorischen Erwägung, dass die Voraussetzungen der nicht berücksichtigten Rechtsprechung auch erfüllt seien, ist das Beschwerdegericht an diese Hilfsbegründung gebunden, selbst wenn sie offensichtlich falsch ist.

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 27. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Die Beklagte wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung in einem Rechtsstreit, in dem die Aufhebung von bewilligtem Kinderzuschlag teilweise für die Monate Dezember 2011 und August 2012 und ganz für Oktober 2012 sowie die sich daraus ergebende Erstattungsforderung von 615,00 € streitig sind.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2010 gewährte die Beklagte für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 für die drei Kinder der Klägerin Kinderzuschlag in Höhe von 420,00 € monatlich. Dabei legte sie eine von der Klägerin vorgelegte Abrechnung für Juli 2010 über ein Gehalt von 1.444,00 € brutto sowie eine Verdienstbescheinigung ihres Arbeitsgebers vom 18. November 2010 zugrunde, mit der ein gleichbleibendes Gehalt von Juli 2010 bis Dezember 2010 in Höhe von 1.440,00 € brutto monatlich bescheinigt sowie die Frage, ob neben dem laufend gezahlten Arbeitsentgelt im bescheinigten Zeitraum Einmalzahlungen angefallen seien oder in den kommenden sechs Monaten anfallen werden, verneint wurden. Im Juni 2011 zeigte die Klägerin an, dass ab diesem Monat ihr Gehalt um 100,00 € auf nunmehr 1.540,00 € brutto monatlich erhöht werde. Daraufhin teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 12. Juli 2011 mit, dass die Neuberechnung keine Veränderung in der Höhe des maximal gezahlten Kinderzuschlags von 420,00 € monatlich ergeben habe.

Mit Bescheid vom 22. November 2011 gewährte die Beklagte auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 Kinderzuschlag in Höhe von 420,00 € monatlich. Der Weiterbewilligung für das Jahr 2012 lag die neue Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers zugrunde, in der ein gleichbleibendes Gehalt von Juni 2011 bis November 2011 in Höhe von 1.540,00 € brutto bescheinigt und die weitere Frage verneint wurde, ob neben dem laufend gezahlten Arbeitsentgelt im bescheinigten Zeitraum Einmalzahlungen angefallen seien oder diese in den kommenden sechs Monaten anfallen werden.

Am 8. November 2012 reichte die Klägerin auf Aufforderung der Beklagten ausgefüllte Formulare zur Prüfung des Anspruchs auf Kinderzuschlag sowie Gehaltsabrechnungen für die Jahre 2011 und 2012 nach. Daraus ergab sich, dass die Klägerin zusätzlich zum laufend gezahlten Gehalt im Dezember 2011 eine Weihnachtsgratifikation von 500,00 € und im August 2012 ein Urlaubsgeld in Höhe von 300,00 € erhalten hatte. Ferner zog die Klägerin mit ihrer Familie am 1. Oktober 2012 in eine neue Wohnung um, für die eine Gesamtmiete von 966,90 € zu entrichten war, während die frühere und in die Berechnung des Kinderzuschlages eingeflossene Miete nur 455,00 € betragen hatte.

Mit Bescheid vom 16. Januar 2013 lehnte die Beklagte die Bewilligung des Kinderzuschlages ab November 2012 ab, weil unter Berücksichtigung der höheren Miete nach dem Umzug ab Oktober 2012 das Einkommen zu niedrig sei, um durch die Zahlung von Kinderzuschlag die Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vermeiden zu können. Die Klägerin wurde aufgefordert, alternativ SGB II-Leistungen zu beantragen. Eine Aufhebungsverfügung enthält dieser Bescheid nicht. Gleichzeitig hörte die Beklagte mit Schreiben vom 16. Januar 2013 die Klägerin zu einer beabsichtigten Leistungsaufhebung wegen der Einmalzahlungen im Dezember 2011 und August 2012 sowie wegen des entfallenden Anspruchs ab Oktober 2012 bedingt durch die höhere Miete, nachdem die Zahlung für diesen Monat nicht mehr gestoppt werden konnte. Mit Schreiben vom 4. Februar 2013 antwortete die Klägerin, dass sie den Umzug mit der Familienkasse abgestimmt habe. Sie sei davon ausgegangen, dass nur die frühere niedrigere Miete weiterhin zugrunde gelegt werden sollte, weil die Mietdifferenz zum Teil durch das höhere Wohngeld ausgeglichen werde. Die Beantragung von Arbeitslosengeld II sei von ihrer Bedarfsgemeinschaft nicht beabsichtigt, weil das Familienauskommen mit Gewährung des Kinderzuschlages gedeckt sei.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2015 hob die Beklagte die Leistungsgewährung für den Monat Dezember 2011 in Höhe von 140,00 €, für August 2012 in Höhe von 55,00 € sowie für Oktober 2012 in Höhe von 420,00 € auf und forderte von der Klägerin die Erstattung von 650,00 €. Die Aufhebungsentscheidung ergebe sich aus dem erhöhten Einkommen der Klägerin durch die Einmalzahlungen im Dezember 2011 und August 2012 sowie durch den Wegfall des Anspruchs infolge der höheren Miete ab Oktober 2012.

Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe die Einkommensnachweise nach Verlangen der Beklagten sofort vorgelegt und den Umzug rechtzeitig angezeigt. Sie habe folglich nicht grob fahrlässig gehandelt.

Die Beklagte hat erwidert, die Vorlage der Verdienstbescheinigungen z.B. von Dezember 2011 fast ein Jahr später im November 2012 könne nicht als zeitnah bezeichnet werden. Bei der Anrechnung von nachträglich erzieltem Einkommen sei im Übrigen für die Aufhebung kein schuldhaftes Verhalten des Leistungsempfängers erforderlich. Die Klägerin sei ferner in den Bewilligungsbescheiden darauf hingewiesen worden, dass bei nachträglichen Änderungen der Einkommensverhältnisse eine Rückzahlungspflicht entstehen könnte.

Das Sozialgericht (SG) Bremen hat mit Gerichtsbescheid vom 27. Oktober 2015 den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2015 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass die Beklagte vorliegend die Leistungsaufhebung nicht im Rahmen einer nachträglichen Änderung gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hätte durchführen dürfen, sondern nur nach § 45 SGB X, weil der Bewilligungsbescheid von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Die Beklagte habe nämlich mit einem endgültigen Bescheid entschieden, obwohl eine vorläufige Entscheidung angebracht gewesen wäre. Der Erlass eines endgültigen Bescheides sei nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation bestanden habe. Die ungeklärte Situation in Bezug auf die Einkommensverhältnisse sehe das SG darin, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Beklagte über keine Mitteilung bezüglich Einkommen und Bedarf der Klägerin und der weiteren Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft verfügte, dies ihr die Klägerin auch nicht mitgeteilt habe und die Beklagte erst viele Monate nach Erlass der Leistungsbescheide diese Informationen angefordert habe. Den angefochtenen Bescheiden sei die nach § 45 SGB X erforderliche Ermessensausübung nicht zu entnehmen und sie seien allein aus diesem Grund aufzuheben. Es werde ergänzend darauf hingewiesen, dass auch die Aufhebungsvoraussetzungen nach § 48 Abs. 1 SGB X vorlägen, weil die Klägerin nach den erstmaligen und nachträglichen Aufforderungen der Beklagten ihr Einkommen und den Umzug rechtzeitig mitgeteilt habe. Eine grob fahrlässige Mitteilungsverletzung könne deshalb der Klägerin nicht vorgeworfen werden.

Gegen den am 2. November 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 11. Dezember 2015 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Es müsse geklärt werden, ob in die Zukunft gerichtete nicht vorläufige Bewilligungsbescheide für Zeiträume, in denen nach Erlass des Bescheides Änderungen eintreten, als von Anfang an rechtswidrig zu beurteilen und daher nicht nach § 48 SGB X änderbar seien. Die Rechtsansicht des SG führe dazu, dass jeder in die Zukunft gerichtete Bewilligungsbescheid für Zeiträume, in denen nachträgliche Änderungen eintreten, als von Anfang rechtswidrig zu beurteilen wäre, so dass sich in Kinderzuschlagsverfahren die Anwendung des § 48 SGB X erübrigen würde, wollte man nicht von vornherein auf eine Erstattung von unrechtmäßig gezahltem Kinderzuschlag verzichten.

Die Klägerin trägt vor, die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung seien nicht hinreichend dargelegt worden.

II.

Die Beschwerde der Beklagte ist gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig. Sie ist aber unbegründet. Berufungszulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

a) Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit und Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Berufungsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr. 16). Die Beschwerdeführer haben in diesem Zusammenhang auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und gegebenenfalls des Schrifttums nicht ohne weiteres zu beantworten ist und müssen ferner den Schritt darstellen, den das Berufungsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll. Mit ihrem Vorbringen wird die Beklagte diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht.

b) Die Beklagte hat die Klärungsbedürftigkeit einer sich über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus stellende Rechtsfrage nicht aufgezeigt. Ihre Einwände richten sich ausschließlich gegen die Rechtsanwendung durch das SG im Einzelfall, die aber - ihre Richtigkeit unterstellt - eine Berufungszulassung durch das Landessozialgericht (LSG) nicht rechtfertigen können. Jedenfalls sind die in diesem Rechtsstreit angesprochenen Rechtsfragen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung erschöpfend geklärt.

aa) § 48 SGB X regelt die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung in den Fällen, in denen nach deren Erlass in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - und  BSG, Urteil vom 28.3.2013 - B 4 AS 59/12 R -). Dagegen erfasst § 45 SGB X begünstigende Verwaltungsakte, die von Anfang an rechtswidrig waren, wobei sich die Anwendbarkeit beider Regelungen nach den objektiven Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des aufzuhebenden Verwaltungsaktes abgrenzt (BSG, Urteil vom 21.06.2011 – B 4 AS 21/10 R -). Geklärt ist ferner das Verhältnis zwischen vorläufiger und endgültiger Bewilligung. Danach ist die Behörde grundsätzlich zu einem endgültigen Bescheid verpflichtet, wenn die entscheidungserhebliche Sachlage aufgeklärt ist, obwohl nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich in Zukunft Änderungen ergeben könnten. In diesem Fall greift bei einer nachträglichen wesentlichen Änderung § 48 SGB X ein. Eine vorläufige Entscheidung ist aber die rechtmäßige Verfahrensweise, wenn zur endgültigen Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs entweder weitere Ermittlungen erforderlich sind oder die Entscheidung von noch nicht feststehenden zukünftigen Ereignissen im Bewilligungszeitraum abhängt, z. B. von der genauen Höhe von monatlich schwankendem Einkommen, und gleichwohl ein starkes öffentliches Interesse besteht, die Leistungen  - sei es nur vorläufig unter Zahlungsvorbehalt - laufend zu bewilligen (BSG, Urteil vom 02.11.2012 – B 4 KG 2/11 R -, vgl. auch die Spezialvorschrift: § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – SGB III).

bb) Werden Leistungen nur vorläufig bewilligt, ist die Behörde nach Wegfall dieser Voraussetzungen zu einer abschließenden Entscheidung befugt, nicht aber zu einer Aufhebung der Leistungsbewilligung nach §§ 45, 48 SGB X (BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 31/14 R -). Endgültige begünstigende Leistungsbescheide können dagegen nur unter den Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X aufgehoben werden. Wird bei einkommensabhängigen Leistungen trotz schwankenden Einkommens ein endgültiger statt eines vorläufigen Bescheides erlassen, kommt als Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides wegen nachträglich zusätzlich erzielten Einkommens § 45 SGB X in Betracht (BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 6/12 R -). Insbesondere aus dieser letzten BSG-Entscheidung wird deutlich, dass von einem schwankenden zukünftigen Einkommen, welches nur eine prospektive Schätzung der Einkommenssituation im Rahmen einer vorläufigen Entscheidung ermöglicht, dann auszugehen ist, wenn das zu erwartende Arbeitsentgelt etwa als Leistungsentlohnung – wie in dem entschiedenen Fall auf der Basis einer bestimmten Stückzahl als Packerin – oder als Zeitlohn ohne von vornherein festvereinbarte Stundenzahl vertraglich geregelt ist (Rdnr. 18), wenn also das zu erwartende laufende Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber monatlich nicht in gleicher Höhe geschuldet wird.

cc) Auf der Basis dieser Rechtsprechung ist die von der Beklagten formulierte Rechtsfrage nicht ungeklärt, vielmehr kann diese eindeutig beantwortet werden: Nicht vorläufige Bewilligungsbescheide sind nicht von Anfang an rechtswidrig, sondern einer Korrektur nach § 48 SGB X zugänglich, wenn nach deren Erlass eine wesentliche Änderung eintritt wie z. B. ein nachträglich erzieltes zusätzliches Einkommen oder höhere bzw. niedrigere Unterkunftskosten. Eine Leistungsaufhebung ist aber nach § 48 SGB X versperrt und nur nach Maßgabe des § 45 SGB X möglich, wenn bei monatlich schwankendem Einkommen die zukünftigen Einkommensverhältnisse nur im Rahmen einer Prognose vorläufig geregelt werden können. Die von der Beklagten geäußerte Befürchtung, § 48 SGB X sei im Kinderzuschlagsrecht nicht anwendbar, so dass Kinderzuschlag für zukünftige Zeiträume regelmäßig nur vorläufig unter Vorbehalt zu bewilligen wäre, weil ansonsten von vornherein ein Verzicht auf Erstattung von zu Unrecht gezahltem Kinderzuschlag erfolgen würde, ist anhand der BSG-Rechtsprechung völlig unbegründet. Soweit nach Auffassung der Beklagten abweichend von obiger BSG-Rechtsprechung Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG Bremen begründeten Anlass für diese Befürchtung geben könnten, würde es sich um eine unzutreffende Rechtsanwendung in einem Einzelfall handeln. Daraus ergibt sich auf jeden Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

c) Darüber hinaus ist auch die Klärungsfähigkeit der von der Beklagten gestellten Rechtsfrage nicht feststellbar. Der Senat würde nämlich auch bei Zulassung der Berufung nicht über die Frage entscheiden, ob eine zusätzlich zum laufenden Entgelt gezahlte Einmalzahlung bzw. der Umzug in eine teurere Wohnung als „schwankendes Einkommen“ im Sinne der BSG-Rechtsprechung zu werten seien mit der Folge, dass eine Aufhebung der Bewilligung nur nach § 45 SGB X möglich wäre. Denn nach Aktenlage bestand für die Beklagte keine Veranlassung, von einem nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalt auszugehen und somit nur eine prospektive Schätzung der zukünftigen Einkommenssituation vorzunehmen. Sie konnte insbesondere nicht die spätere Zahlung von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld bzw. den Umzug erahnen. Bei der Bewilligung vom 7. Dezember 2010 für den Kinderzuschlag im Jahr 2011 hat die Beklagte die von der Klägerin mit dem Leistungsantrag eingereichte Verdienstbescheinigung ihres Arbeitgebers zugrunde gelegt, nach der sie im zweiten Halbjahr 2010 durchgehend 1.440,00 € brutto monatlich verdient und keinen Anspruch auf zusätzliche Einmalzahlungen gehabt hatte bzw. in Zukunft haben werde. Ein Arbeitsvertrag, aus dem sich eventuelle Ansprüche auf Sonderzahlungen ergeben könnten, ist nicht aktenkundig. Ebenso wenig aktenkundig ist es, ob für das Friseurhandwerk in C. allgemein verbindliche Tarifverträge existieren, die solche Zahlungen vorsehen. Gleiches gilt bei der Bewilligungsentscheidung vom 22. November 2012 für den Kinderzuschlag im Jahre 2012. Auch hier hat die Beklagte die Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers der Klägerin zugrunde gelegt. Erst recht war bei Erlass dieses Bescheides der Beklagten nicht bekannt, dass die Klägerin ab 1. Oktober 2012 in eine teurere Wohnung umziehen würde. Bei dieser Sachlage war die Beklagte folglich verpflichtet, mit einem endgültigen Bescheid zu entscheiden und nicht mit einem den Rechtsschutz des Leistungsbeziehers einschränkenden vorläufigen Bescheid.

2. Der Gerichtsbescheid des SG weicht nicht von obergerichtlichen Entscheidungen ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG).

a) Eine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass einerseits ein abstrakter Rechtssatz der anzufechtenden Entscheidung und andererseits ein in der Entscheidung eines der dort genannten Obergerichte zu entnehmender abstrakter Rechtssatz nicht übereinstimmen (Leitherer in Meyer-Ladewig u. a., SGG-Kommentar, 11. Auflage 2014, § 160 Rdz. 10 ff). Ein

abweichender Rechtssatz ist dem beanstandeten Gerichtsbescheid jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr hat das SG ausdrücklich die BSG-Rechtsprechung angewendet und ist in einem Einzelfall auf dieser Basis zum Ergebnis gelangt, dass die Beklagte vorliegend eine Leistungskorrektur nur nach §  45 SGB X durchführen darf. Die Richtigkeit dieser Subsumtion wird   im Rahmen einer Divergenz nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht überprüft.

b) Selbst wenn eine Divergenz vorliegen sollte, ist zu berücksichtigen, dass das SG einen evtl. abweichenden Rechtssatz am Schluss seiner Entscheidung mit der salvatorischen Begründung relativiert hat, auch die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 SGB X seien erfüllt, weil die Klägerin nicht grobfahrlässig gehandelt habe. Es fehlt also an der Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage. An die Hilfswürdigung des SG ist der Senat im Beschwerdeverfahren der Nichtzulassung gebunden, auch wenn sie bezüglich der Einmalzahlungen offensichtlich unrichtig ist, weil  sich ein nachträglicher Einkommenszufluss nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X ausnahmslos und sogar verschuldens- und mitteilungsunabhängig leistungsmindernd auswirkt. Der Senat darf in diesem Beschwerdeverfahren auch nicht inhaltlich überprüfen, ob die Überlegung des SG plausibel erscheint, die Klägerin könne bezüglich der höheren Miete ab Oktober 2012 deshalb Vertrauensschutz beanspruchen, weil sie sich nicht dem strengeren Leistungsregime des SGB II unterwerfen und zu diesem Zweck nur einen fiktiven niedrigeren Bedarf und nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten berücksichtigt haben wollte.

3. Die Berufung ist schließlich nicht nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG zuzulassen. Zwar könnte ein Verfahrensfehler darin liegen, dass das SG den „Ablehnungsbescheid“ vom 16. Januar 2013 für den Zeitraum ab November 2012 nicht einbezogen hat, obwohl die Klägerin ihrem Vorbringen nach im Schreiben vom 4. Februar 2013 auch diese Regelung beanstandet hatte und die Beklagte möglicherweise im Widerspruchsbescheid eine abschließende Regelung über die Korrektur des Bewilligungsbescheides vom 22. November 2011 ab Oktober 2012 getroffen hat, würde ansonsten für die Monate November und Dezember 2012 nur eine Zahlungseinstellung ohne entsprechenden Aufhebungsbescheid vorliegen. Allerdings würde dieser Verfahrensfehler nur die Klägerin beschweren, die ab November 2012 den bereits bewilligten Kinderzuschlag nicht erhalten hat. Beschwerdeführer ist vorliegend aber die Beklagte.

III

Mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde wird der Gerichtsbescheid rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.