Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.07.2002, Az.: 15 K 974/99
Voraussetzungen für die Wiederaufnahme eines Verfahrens
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.07.2002
- Aktenzeichen
- 15 K 974/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 14040
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2002:0704.15K974.99.0A
Rechtsgrundlage
- § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO
Redaktioneller Leitsatz
Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör fällt nicht unter § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO.
Tatbestand
Die Kläger betreiben die Wiederaufnahme eines bei dem Niedersächsischen Finanzgericht unter dem Aktenzeichen ............ geführten Verfahrens.
Die Kläger haben in diesem Verfahren Klage gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1978 bis 1980 erhoben. Streitig war, ob in den genannten Jahren hinsichtlich der Beteiligung der Kläger an Mietkaufmodellen in ........... und ........... negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) anzusetzen waren.
Der Senat hat mit seinem Urteil vom 27. Januar 1998 die Klage abgewiesen; die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zugelassen worden. Die Kläger haben wegen der Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) erhoben. Der BFH hat mit Beschluss vom 9. Juli 1998 die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen. Hiergegen haben die Kläger Verfassungsbeschwerde erhoben. Die Verfassungsbeschwerde ist vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden.
Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 1999 haben die Kläger beantragt, das Verfahren ..... wieder aufzunehmen. Zur Begründung führen sie auf, dass der erkennende Senat die Revision gegen sein Urteil vom 27. Januar 1998 aus den Klägern unerfindlichen Gründen nicht zugelassen habe, obwohl sie dies in dem Verfahren beantragt hätten. Der BFH habe die Beschwerde - wie üblich - als unzulässig verworfen und dabei bewusst in Kauf genommen, dass in dem Ursprungsverfahren das Recht der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden sei. Denn der erkennende Senat habe die von den Klägern benannten Zeugen T., K. und W. nicht - wie beantragt - als Zeugen gehört. Die im Beschwerdeverfahren weiterhin vorgetragenen Gründe seien vom BFH nicht berücksichtigt worden; hierin liege ein Machtmissbrauch, der die Grundrechte der Kläger verletze. Es sei verfassungswidrig, wenn die Finanzverwaltung, wie im Streitfall, § 361 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) als verjährungsunterbrechendes Instrument nutze. Außerdem habe das Finanzamt (FA) die ursprünglich erteilten Steuerbescheide willkürlich unter dem Vorbehalt nach § 164 AO gestellt, bzw. nach § 165 AO vorläufig erteilt. Eine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung setze voraus, dass der Steuerfall nicht abschließend geprüft worden sei. Im Streitfall seien dagegen zwei Außenprüfungen durchgeführt worden, ohne dass das FA den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben habe. Hierin liege ein Verstoß gegen geltendes Recht. Der erkennende Senat habe diesen Sachverhalt, obwohl in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, im Urteil nicht berücksichtigt. Das Urteil sei auch zu Unrecht von einer fehlenden Vermietungsabsicht der Klägerin ausgegangen, weil sie bereits vor Baubeginn des Hauses von dem sogenannten Optionsvertrag zurückgetreten sei. Im Übrigen habe die Oberfinanzdirektion D. der Firma Dr. A. in Form einer rechtsverbindlichen Auskunft am .........., dass gegen die gewählte Vertragsgestaltung keine Bedenken bestünden und eine Einkommenserzielungsabsicht der Bauherren zu bejahen sei. Im Übrigen habe das FA im Einspruchsverfahren eine verbösernde Entscheidung getroffen, ohne die Kläger hierauf zuvor hingewiesen zu haben.
Die Kläger beantragen,
unter Wiederaufnahme des Verfahrens den Einspruchsbescheid vom ........ aufzuheben und die geänderten Einkommensteuerbescheide 1978 vom ....... 1990, sowie die geänderten Einkommensteuerbescheide 1979 und 1980 vom ......... dergestalt zu ändern, dass die Einkünfte aus VuV wie in den Steuererklärungen 1978 bis 1980 erklärt, anerkannt werden und die Einkommensteuern entsprechend herabgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage unzulässig sei. Die Wiederaufnahme des bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens sei nach § 134 der Finanzgerichtsordnung - FGO - nur unter den Voraussetzungen der §§ 578 ff der Zivilprozessordnung - ZPO - möglich. Es lägen im Streitfall Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens nach diesen Vorschriften nicht vor, insbesondere hätten die Kläger In der Klageschrift keine Ausführungen dazu gemacht, ob sie die Wiederaufnahme des bestandskräftigen Verfahrens in Form einer Nichtigkeits- oder Restitutionsklage verfolgten.
Gründe
Die Klage bleibt ohne Erfolg.
Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann gemäß § 134 FGO nach §§ 578 ff ZPO wieder aufgenommen werden. Danach kann die Wiederaufnahme eines Verfahrens entweder durch eine Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO oder durch eine Restitutionsklage nach § 580 ZPO wieder aufgenommen werden.
Eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 579 ZPO kommt in Fällen besonders schwerwiegender Verfahrensverstöße in Form einer Nichtigkeitsklage und bei schwerwiegenden inhaltlichen Mängeln der angefochtenen Entscheidung durch eine Restitutionsklage in Betracht. Beide Arten von Wiederaufnahmeverfahren sind nur unter den jeweils in den genannten Vorschriften abschließend aufgeführten Voraussetzungen statthaft (BFH-Beschluss vom 22. März 1994 VII E 13, 14/93, BFH/NV 1995, 36).
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens erfordert, dass in der Klageschrift mitgeteilt wird, nach welchem der vom Gesetz vorgesehenen Verfahren die Wiederaufnahme begehrt wird (§ 587 ZPO). Fehlt es an dem notwendigen Inhalt, so kann die Klageschrift nur innerhalb der Klagefrist ergänzt werden; geschieht dies nicht, so ist die Klage nach § 589 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die Klage innerhalb der Frist des § 586 ZPO erhoben worden ist und ihr Inhalt den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Denn die Kläger haben auch im weiteren Verlauf des Verfahrens Wiederaufnahmegründe nicht schlüssig vorgetragen.
In dem Schriftsatz vom 6. April 2000 berufen die Kläger sich auf den Wiederaufnahmegrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Danach findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war. Die von den Klägern gerügte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör fällt nicht unter § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (BFH-Beschlüsse vom 24. März 1998 V B 158/97, BFH/NV 1998, 1237, und vom 15. April 1987 VIII K 1/86, BFH/NV 1987 591). Sofern die Kläger meinen, der Senat habe in dem Ursprungsverfahren einen Beweisantrag zu Unrecht übergangen, wäre dieser Verfahrensfehler im Beschwerde- oder Revisionsverfahren zu rügen gewesen. Diese Verfahrensrüge haben die Kläger tatsächlich auch im Beschwerdeverfahren erhoben. Der BFH hat diese Frage geprüft, aber einen Verfahrensfehler festgestellt.
Ein Wiederaufnahmegrund nach § 580 Nr. 6 ZPO ist ebenfalls nicht schlüssig vorgetragen worden. Nach dieser Vorschrift findet die Restitutionsklage statt, wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist. Es müssen demnach drei Urteile vorliegen: Das präjudizielle Urteil, auf welches das angegriffene Urteil im Ausgangsverfahren beruht und ein drittes rechtskräftiges Urteil, welches das präjudizielle Urteil aufgehoben hat.
Das klägerische Vorbringen enthält keinen Hinweis auf ein Urteil, auf das das Urteil des Senats vom 27. Januar 1998 gegründet ist und das nach dem 27. Januar 1998 aufgehoben wurde. Wenn die Kläger meinen sollten, die Beachtung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts, den die Kläger aber nicht näher bezeichnen hätte im Ausgangsfall zu einer anderen Würdigung des Sachverhalts geführt, kann hierin ein Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 6 ZPO nicht gesehen werden. (BFH-Urteil vom 14. Juni 1991 III K 1/90; BFH/NV 1992, 184).
Da Wiederaufnahmegründe nicht vorliegen, kann der Senat Ausführungen zu materiellen Rechtslage nicht machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gegen dieses Urteil sind nicht gegeben. Der Senat weicht nicht von einer Entscheidung des BFH oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 115 Abs. II Nr. 2 FGO). Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. II Nr.1 FGO), denn die Klage war abzuweisen, weil die Kläger Wiederaufnahmegründe nicht schlüssig vorgetragen haben.