Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.02.2017, Az.: 2 PA 46/17

ADHS; ADS; Mitwirkungspflicht; Nachteilsausgleich; Notenschutz; Rügeobliegenheit; Verfahrensmangel

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.02.2017
Aktenzeichen
2 PA 46/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 53837
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 30.01.2017 - AZ: 1 A 343/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Auf Maßnahmen des Notenschutzes besteht in Niedersachsen mangels einer gesetzlichen Regelung kein Anspruch.

2. Zur Gewährung eines Nachteilsausgleichs bei ADS.

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 1. Kammer - vom 30. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen das am 9. Juni 2016 ausgestellte Abschlusszeugnis der Beklagten - einer berufsbildenden Schule - zum staatlich geprüften Informationstechnischen Assistenten und macht geltend, die Beklagte habe bei der Leistungsbewertung zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass er an ADS leide und ihm im Jahr 2010 ein Grad der Behinderung von 30 wegen einer psychischen Erkrankung zuerkannt worden sei. Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Gewährung von Prozesskostenhilfe bezogen auf dieses Begehren abgelehnt und Prozesskostenhilfe nur bewilligt, soweit die Klage sich gegen die Festsetzung von mehr als 3,45 Euro im ebenfalls angefochtenen Kostenfestsetzungsbescheid vom 18. Oktober 2016 richtet.

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30. Januar 2017, soweit darin die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagt worden ist, hat keinen Erfolg.

Dabei ist zunächst hervorzuheben, dass die in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwände die Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses nicht in Frage stellen. Der Kläger zweifelt die „Rechtsgültigkeit“ des Beschlusses an, weil dieser nicht unterschrieben sei. Diesbezüglich ist der Kläger mit Verfügung vom 13. Februar 2017 darauf hingewiesen worden, dass schon nach früherem Recht lediglich das im Gericht verbleibende Original von den Richtern selbst zu unterschreiben gewesen sei (was hier der Fall ist). Von nichts anderem sei auch das Bundesarbeitsgericht in dem von dem Kläger in seiner Beschwerdebegründung angeführten Beschluss vom 18. Mai 2010 (3 AZB 9/10) ausgegangen. Nach heutigem, ab 1. Juli 2014 gültigem Recht gelte im Übrigen, dass die Verfahrensbeteiligten nach § 317 Abs. 1 Satz 1 ZPO (nur) eine Abschrift erhielten. Diese werde von der Geschäftsstelle nach § 169 Abs. 2 ZPO beglaubigt. Das dürfe nach § 169 Abs. 3 ZPO auch in maschineller Form geschehen; anstelle der handschriftlichen Unterzeichnung sei die Abschrift dann mit dem Gerichtssiegel zu versehen.

Die Beschwerde ist auch unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der Sache richtet. Denn das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage,

„1. Der Nachteilsausgleich der Beeinträchtigung ADS von GdB 30, festgestellt am 01.02.2010 durch das Amt für soziale Angelegenheit in Mainz, ist zu berücksichtigen.

2. Dem Kläger ist mindestens das Recht einer Nachprüfung einzuräumen, in den schwachen Schulfächern, die ihm den Abschluss der Sekundarstufe II ermöglichen.

3. Die Abschlussarbeiten die zum Versagen der Sekundarstufe II beitrugen offen zu legen. Ggf ein Gutachten zu erstellen.“

keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Dabei dürfen die Anforderungen, die an die Annahme hinreichender Erfolgsaussichten zu stellen sind, nicht überspannt werden, weil das Grundgesetz eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes gebietet. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet. Dabei ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Dem genügt das Gesetz, indem es die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für den beabsichtigten Rechtsstreit bestehen, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss. Hierzu reicht die Feststellung, dass bei summarischer Prüfung der Ausgang des Verfahrens als zumindest offen erscheint. Dies bedeutet zugleich, dass Prozesskostenhilfe verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschl. v. 3.3.2014 - 1 BvR 1671/13 -, juris Rdnr. 12 ff.).

Nach diesen Maßgaben sind hinreichende Erfolgsaussichten nicht gegeben. Die mit der Klage (auch sinngemäß) geltend gemachten Ansprüche bestehen voraussichtlich nicht.

Der Senat teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts auf Seite 4 des angefochtenen Beschlusses, aus dem Vorbringen des Klägers und dem Verwaltungsvorgang der Beklagten lasse sich schon nicht erkennen, dass und in welcher Form ein Nachteilsausgleich in der Beschulungssituation angezeigt gewesen sein könnte. Zwar sei dem Kläger ausweislich der Bescheinigung des Amtes für Soziale Angelegenheiten Mainz vom 1. Februar 2010 aufgrund einer psychischen Erkrankung ein Grad der Behinderung von 30 zuerkannt worden. Der Bescheid führe aber ausdrücklich aus, aufgrund der getroffenen Feststellungen könne kein Nachweis für die Inanspruchnahme behinderungsbedingter Nachteilsausgleiche ausgestellt werden. Auch die vorgelegte Bescheinigung von Dr. E. vom 15. Oktober 2009 empfehle medikationsbegleitend lediglich klar strukturierte, konsequente und Halt gebende Erziehung, Ermutigung und Vermittlung von Lernstrategien.

Folgendes ist zu ergänzen:

1. Soweit die Klage darauf abzielen sollte, die Abschlussarbeiten oder auch sonstige von dem Kläger bereits erbrachte Leistungen gerade in Ansehung seiner Erkrankung neu zu bewerten (vgl. hierzu auch die Ausführungen des Klägers im Widerspruchsschreiben vom 21. Juni 2016), bzw. ihm wegen seiner Erkrankung rechtlich nicht vorgesehene Nachprüfungen zu ermöglichen, lässt sich das Begehren des Klägers rechtlich - wie auch das Verwaltungsgericht angenommen hat - wohl nur als Beanspruchung eines sogen. Notenschutzes einordnen. Dabei ist dem Senat bewusst, dass der Kläger in seinem Schriftsatz vom 9. Januar 2017 ausdrücklich in Abrede gestellt hat, die Gewährung von Notenschutz beantragt zu haben. Das ändert aber nichts daran, dass die vorgenannten Klageziele unter Zugrundelegung der maßgeblichen rechtlichen Kriterien gerade nicht als Nachteilsausgleich, sondern als Notenschutz einzuordnen sind.

Sind Prüflinge erheblich in ihrer Fähigkeit beeinträchtigt, ihr vorhandenes Leistungsvermögen darzustellen, ist ihnen ein sogen. Nachteilsausgleich zu gewähren. Diesen Prüflingen steht ein Anspruch auf Änderung der einheitlichen Prüfungsbedingungen im jeweiligen Einzelfall unmittelbar aufgrund des Gebots der Chancengleichheit nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG zu. Den Schwierigkeiten des Prüflings, seine vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten unter Geltung der einheitlichen Bedingungen darzustellen, muss durch geeignete Ausgleichsmaßnahmen Rechnung getragen werden. Der Nachteilsausgleich ist erforderlich, um chancengleiche äußere Bedingungen für die Erfüllung der Leistungsanforderungen herzustellen. Aus diesem Grund muss die Ausgleichsmaßnahme im Einzelfall nach Art und Umfang so bemessen sein, dass der Nachteil nicht „überkompensiert“ wird. Die typische Ausgleichsmaßnahme in schriftlichen Prüfungen ist die Verlängerung der Bearbeitungszeit; in Betracht kommt auch die Benutzung technischer Hilfsmittel. Notenschutz trägt demgegenüber dem Umstand Rechnung, dass es Prüflingen subjektiv unmöglich ist, bestimmten Leistungsanforderungen zu genügen. Zu ihren Gunsten wird auf die einheitliche Anwendung des allgemeinen Maßstabs der Leistungsbewertung verzichtet. Entweder werden die subjektiv nicht zu erfüllenden Anforderungen nicht gestellt oder die Nichterfüllung wird nicht bewertet, sodass die Prüflinge insoweit keine Kenntnisse und Fähigkeiten nachweisen müssen. Auch kann der Nichterfüllung bestimmter Anforderungen bei der Leistungsbewertung ein geringeres Gewicht beigemessen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.7.2015 - 6 C 35.14 -, BVerwGE 152, 330). Bei den oben genannten Klagezielen geht es dem Kläger nicht um die Gewährung von Ausgleichsmaßnahmen bei - im Übrigen einheitlichen Maßstäben unterliegenden - Leistungskontrollen, sondern um einen Verzicht auf die einheitliche Anwendung des allgemeinen Maßstabs der Leistungsbewertung bzw. um eine Veränderung der Leistungsanforderungen.

Eine auf Gewährung von Notenschutz gerichtete Klage bliebe aber erfolglos. Auf Maßnahmen des Notenschutzes besteht kein Anspruch. Aus dem Grundsatz der Chancengleichheit lässt sich ein solcher Anspruch nicht herleiten; derartige Maßnahmen stellen keine Chancengleichheit her, sondern bringen vielmehr stets eine Bevorzugung derjenigen Prüflinge mit sich, denen Notenschutz gewährt wird (BVerwG, Urt. v. 29.7.2015 - 6 C 35.14 -, BVerwGE 152, 330, Beschl. v. 13.12.1985 - 7 B 210.85 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 223, VGH Kassel; Beschl. v. 5.2.2010 - 7 A 2406/09.Z - NVwZ-RR 2010, 767, OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 10.7.2008 - 2 ME 309/08 - NVwZ-RR 2009, 68 u. v. 10.3.2015 - 2 ME 7/15 - NVwZ-RR 2015, 574, OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.6.2009 - 3 M 16.09 - juris). Auch aus dem Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG folgen generell keine Ansprüche auf behindertengerechten Notenschutz für berufsbezogene Prüfungen, weil die dadurch herbeigeführte Bevorzugung behinderter Prüflinge mit verfassungsrechtlichen Schutzgütern kollidiert (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urt. v. 29.7.2015 - 6 C 35.14 -, BVerwGE 152, 330). Entgegenstehende sachliche Gründe treten auch im Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Juni 2016 (- 1 BvR 2453/12 -, NVwZ 2016, 1243) nicht hervor. Im Übrigen sind die grundlegenden Entscheidungen über die Gewährung von Notenschutz für behinderte Schüler dem Landesgesetzgeber vorbehalten. Enthält das Landesrecht - wie in Niedersachsen - die erforderliche gesetzliche Grundlage nicht, wäre die Gewährung von Notenschutz (sogar) rechtswidrig (vgl. auch hierzu BVerwG, Urt. v. 29.7.2015 - 6 C 35.14 -, BVerwGE 152, 330).

2. Soweit sich das Klagebegehren dahin auslegen lässt, dass (nur) die Gewährung eines Nachteilsausgleichs begehrt wird, also die Schaffung von Ausgleichsmaßnahmen, um etwaige Schwierigkeiten des Klägers zu kompensieren, seine vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten unter Geltung der einheitlichen Bedingungen darzustellen, hat die Klage ebenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Da der Kläger die in Rede stehenden Prüfungen bereits absolviert hat, wäre hier allenfalls an einen Anspruch auf Wiederholung einzelner Prüfungsleistungen oder sogar des gesamten Abschlussjahres unter Gewährung eines Nachteilsausgleichs zu denken. Ein solcher Anspruch setzte indessen voraus, dass die Nichtgewährung eines Nachteilsausgleichs bei den dem Abschlusszeugnis zugrunde liegenden Prüfungen einen beachtlichen Mangel des Prüfungsverfahrens darstellt. Schon das ist voraussichtlich nicht der Fall, denn - wie bereits oben erwähnt - lässt sich aus dem Vorbringen des Klägers und dem Verwaltungsvorgang der Beklagten schon nicht erkennen, dass und in welcher Form ein Nachteilsausgleich in der Beschulungssituation angezeigt gewesen sein könnte. Zudem bedürfte es der eingehenden Prüfung, ob angesichts des Krankheitsbildes des Klägers (ADS) überhaupt bei den fraglichen Prüfungsleistungen ein Nachteilsausgleich in Betracht zu ziehen war, oder ob es sich bei ADS um ein Dauerleiden handelt, das als persönlichkeitsbedingte Eigenschaft die Leistungsfähigkeit des Prüflings dauerhaft prägt und nicht durch den Einsatz von Hilfsmitteln ausgeglichen werden kann (vgl. etwa [zu ADHS/ADS im Erwachsenenalter] VG Freiburg, Beschl. v. 30.8.2007 - 2 K 1667/07 -, VG Arnsberg, Beschl. v. 19.9.2014 - 9 L 899/14 -, beide in juris).

Unabhängig davon könnte sich der Kläger auf einen solchen Mangel des Prüfungsverfahrens aber auch nicht berufen. Denn er hat sich in Kenntnis des Umstandes, dass die Beklagte seiner Erkrankung nicht durch besondere Maßnahmen Rechnung trug, auf die Prüfungen eingelassen. Er hat diese Unterlassung gegenüber der Beklagten weder ausdrücklich gerügt noch etwa von ihm begehrte Maßnahmen mit dem notwendigen Nachdruck eingefordert.

Ein Prüfling muss etwaige Mängel des Prüfverfahrens grundsätzlich - auch wenn dies normativ nicht bestimmt ist - unverzüglich rügen; insoweit obliegt ihm eine Mitwirkungspflicht. Dadurch soll verhindert werden, dass sich der betroffene Prüfling, indem er in Kenntnis des Verfahrensmangels zunächst die Prüfung fortsetzt bzw. Prüfungen ablegt und das Prüfungsergebnis abwartet, mit einer späteren Rüge eine zusätzliche Prüfungschance verschafft, die ihm im Verhältnis zu den anderen Prüflingen nicht zusteht und ihnen gegenüber das Gebot der Chancengleichheit verletzen würde. Außerdem soll der Prüfungsbehörde eine eigene zeitnahe Überprüfung mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Aufklärung und gegebenenfalls noch rechtzeitigen Behebung oder zumindest Kompensation des Mangels ermöglicht werden, um auch hierdurch die Chancengleichheit mit den anderen Prüflingen zu wahren (vgl. Senatsbeschluss vom 6.8.2014 - 2 LA 451/13 -, juris, m.w.N.).

Diesen Anforderungen hat der Kläger nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht genügt. Er hat bei der Beklagten zwei Schuljahre durchlaufen, ohne seine Forderung nach Maßnahmen des Nachteilsausgleichs hinreichend zu konkretisieren; erst Recht hat er keine Schritte in die Wege geleitet, um etwaige Maßnahmen durchzusetzen. Bei seiner Anmeldung an der Beklagten hat seine Mutter mit Schreiben vom 21. Mai 2014 darauf hingewiesen, dass er an ADS leide, gebeten, diese Information vertraulich zu behandeln und der Beklagten die Bescheinigung des Amtes für Soziale Angelegenheiten Mainz vom 1. Februar 2010 und den Bericht von Dr. E. vom 15. Oktober 2009 vorgelegt. Ein konkretes Ansinnen, dass dem Kläger angesichts dessen bei Prüfungen ein Nachteilsausgleich zu gewähren sei, enthält das Schreiben nicht. Dass Maßnahmen des Nachteilsausgleichs nach Aufnahme des Schulbesuchs bei der Beklagten eingefordert oder gar förmlich beantragt worden sind, ist derzeit ebenfalls nicht ersichtlich. Die in der Abhilfekonferenz vom 21. Juni 2016 anwesenden Lehrkräfte haben dies in Abrede gestellt; ebenso haben sie überwiegend bekundet, über den Umstand, dass der Kläger an ADS leidet, nicht informiert gewesen zu sein. Entgegen der Auffassung des Klägers hat er seiner prüfungsrechtlichen Mitwirkungspflicht nicht bereits dadurch genügt, dass er mit seinem Aufnahmegesuch die - schon aufgrund ihres Alters nur eingeschränkt aussagekräftigen - Bescheinigungen vorgelegt hat, die seine Erkrankung dokumentieren. Unabhängig davon, ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, aufgrund dieser Bescheinigungen von sich aus weiteres zu veranlassen, trat bereits Anfang des Schuljahres 2014/2015 sowohl für den Kläger als auch für seine Erziehungsberechtigten offen zu Tage, dass die Beklagte keine Maßnahmen des Nachteilsausgleichs in Betracht zog. Angesichts dessen hätte es aber dem Kläger bzw. seinen Erziehungsberechtigten oblegen, den von ihm behaupteten Anspruch auf Nachteilsausgleich auf förmlichem Wege - notfalls auch gerichtlich - durchzusetzen und auf diese Weise sicherzustellen, dass ihm der Nachteilsausgleich bei künftig zu absolvierenden Prüfungen gewährt werden würde. Keinesfalls durfte er sich - zumal über einen so langen Zeitraum - den anfallenden Prüfungen rügelos unterziehen, um nunmehr nach Abschluss des Schuljahres 2015/2016 die rechtlichen Schritte zu unternehmen, die im Vorfeld der Prüfungen angezeigt gewesen wären. Dies liefe gerade auf eine - dem Grundsatz der Chancengleichheit zuwiderlaufende - Verschaffung einer zusätzlichen Prüfungschance hinaus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO sowie auf § 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).