Sozialgericht Osnabrück
v. 04.10.2002, Az.: S 3 KR 89/99
Bibliographie
- Gericht
- SG Osnabrück
- Datum
- 04.10.2002
- Aktenzeichen
- S 3 KR 89/99
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2002, 35830
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOSNAB:2002:1004.S3KR89.99.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat das Sozialgericht Osnabrück - 3. Kammer -
am 4. Oktober 2002
gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
durch den Vorsitzenden, den Richter am Sozialgericht Bley ,
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Kostenerstattung für eine privat-zahnärztliche Behandlung einer bei ihr angeblich vorliegenden Quecksilbervergiftung.
Im Oktober 1998 reichte die Klägerin bei der Beklagten eine Reihe von Rechnungen des Zahnarztes Dr. T P sowie Medikamentenrechnungen ein und beantragte die Erstattung der Kosten. Dr. T P
bescheinigte bei der Klägerin eine Quecksilbervergiftung durch Amalgamplomben und nahm eine Herdsanierung sowie Austausch der Amalgamplomben vor.
Die Beklagte übernahm einen Teil der Kosten i. H. der Kassensätze und lehnte im übrigen mit Bescheid vom 26.11.1998 die Übernahme der Restkosten ab. Es handele sich insoweit nicht um Vertragsleistungen, so dass eine Kostenerstattung nicht möglich sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, die Vertragszahnärzte hätten ihr seit ihrer Jugend Amalgamplomben eingesetzt. Auf mögliche Nebenwirkungen sei nie verwiesen worden. Von Privatärzten sei ihr eine Amalgamvergiftung bescheinigt worden. Da die Beklagte bereits in der Vergangenheit eine Erstattung für die Entgiftungstherapie verweigert habe, habe sie diese Kosten schon selbst tragen müssen. Die jetzt erfolgten Kieferoperationen seien notwendig gewesen, um die restlichen Entzündungsherde und Quecksilberreste aus dem Kiefer zu entfernen.
Die notwendigen Behandlungen habe sie nicht bei Vertragsärzten durchführen lassen können. Diese hätten auf diesem Spezialgebiet keine Erfahrungen. Die erforderliche qualifizierte Hilfe habe sie nur von Privatärzten erhalten.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.1999 zurück. Der Ersatz intakter Amalgamfüllungen gegen andere Füllungen sei nach § 28 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Satz 5 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) SBV V keine Kassenleistung. Deshalb komme auch kein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht.
Des Weiteren sei darauf hinzuweisen, dass ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V voraussetze, dass der Versicherte vor Inanspruchnahme einer Leistung außerhalb des vertragsärztlichen Systems einen entsprechenden Antrag bei seiner Krankenkasse gestellt habe.
Die Klägerin habe erst nach der Behandlung einen Antrag auf Kostenerstattung gestellt. Bereits aus diesem Grunde könne dem Antrag nicht entsprochen werden.
Mit der am 04.05.1999 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, es entspreche wissenschaftlich anerkannter Meinung, dass das aus Amalgamplomben freigesetzte Quecksilber zu den bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen führen könne. Die Entscheidung des Bundessozialgerichtes, dass dies z. Zt. wissenschaftlich nicht nachzuweisen sei, sei falsch.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 26.11.1998 und den Widerspruchsbescheid vom 01.04.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die gesamten Kosten für die Zahnbehandlung einschließlich Reise- und Übernachtungskosten zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Kassenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben und daher zulässig, in der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben, da der Klägerin kein Anspruch auf Kostenerstattung für die Zahnbehandlung zusteht.
Soweit die Klägerin die Erstattung von Kosten für Behandlungsmaßnahmen begehrt, die im Rahmen einer vertragszahnärztlichen Versorgung nicht vorgesehen sind bzw. die von Nichtvertragsärzten erbracht worden sind, scheitert der Anspruch bereits an § 13 Abs. 3 SGB V. Danach sind den Versicherten Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung nur dann zu erstatten, wenn die Krankenkasse diese Leistung nicht rechtzeitig
erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.
Das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass diese Vorschrift wörtlich zu nehmen ist und Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung nur in soweit zu erstatten sind, als Ablehnung der Krankenkasse kausal war.
Dies setzt aber voraus, dass der Versicherte sich zunächst an die Krankenkasse gewandt und diese die Kostenübernahme abgelehnt hat (vgl. Urteile des Bundessozialgerichtes vom 10.02.1993 Az.: 1 RK 31/92, 15.04.1997 Az.: 1 BK 31/96, Urteile des Landessozialgerichtes Niedersachsen vom 20.04.1994 Az.: L 4 KR 94/93 und vom 17.01.1996 Az.: L 4 KR 179/94).
Im übrigen hat das Landessozialgericht Niedersachsen im Urteil vom 20.09.2000 Az.: L 4 KR 117/98 ausgeführt, dass eine Kieferbehandlung durch Dr. T wegen einer angenommenen Quecksilbervergiftung kostenmäßig nicht von der gesetzlichen Krankenkasse zu übernehmen ist.
Ferner sei nochmals darauf hingewiesen, dass das Bundessozialgericht in dem Urteil vom 06.10.1999 Az.: B 1 KR 13/97 entschieden hat, dass ein wissenschaftlicher Nachweis dafür, dass vorhandene Beschwerden auf einer durch Amalgam verursachten Quecksilbervergiftung beruhen, gegenwärtig nicht zu führen ist. Die erkennende Kammer hat diese Ansicht auch schon zuvor vertreten. Deshalb besteht aus ihrer Sicht keinerlei Anlaß, diese Streitfrage wieder aufzugreifen und anhand wissenschaftlicher Studien oder Sachverständigengutachten erneut zu entscheiden. Vorliegend ist auch lediglich der Stand der Wissenschaft im Jahre 1998 entscheidend und seinerzeit war keinesfalls allgemein anerkannt, dass das Quecksilber aus Amalgamplomben ausreichte, um schwere Gesundheitsstörungen herbeizuführen. Dies wurde nur von einer Minderheit von Ärzten vertreten, woran sich bis heute auch nichts geändert hat.
Nach allem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).