Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 18.09.2003, Az.: 3 A 2218/02

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
18.09.2003
Aktenzeichen
3 A 2218/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 40816
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2003:0918.3A2218.02.0A

Amtlicher Leitsatz

Zur Frage der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Haushaltshilfe nach einer Geburt ( hier verneint ).

Tatbestand:

1

Aus dem Entscheidungstext:

2

Die Klägerin begehrt die Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine Haushaltshilfe.

3

Die Klägerin steht als vollzeitbeschäftigte Lehrerin in den Diensten des Landes Niedersachsen und ist mit einem Beihilfebemessungssatz von 70% beihilfeberechtigt.

4

Am 18.01.2002 wurde die Klägerin von ihrem 2. Kind entbunden; die Klägerin hielt sich in diesem Zusammenhang vom 16.01. bis zum 21.01.2002 im Krankenhaus auf. Bei der Entbindung kam es zu einem Dammriss III. Grades. In einem Attest der behandelnden Ärztin ( ohne Datum ) heißt es unter Hinweis auf die vorstehende gesundheitliche Beeinträchtigung:

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"Daher ist eine postpartale Schonung der Patientin sehr wichtig gewesen, um Wundheilungsstörungen auszuschließen. Diese hätten ggf. zu erneuter Krankenhausbehandlung führen können.

6

Eine Haushaltshilfe von 21.01.02 bis 08.02.02 wird von ärztlicher Seite befürwortet."

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Unter dem 04.05.2002 stellte die Klägerin für die im Zusammenhang mit der Geburt stehenden Aufwendungen einen Beihilfeantrag. U.a. machte sie Aufwendungen in Höhe von 1.140,- Euro für eine Haushaltshilfe für die Zeit vom 21.01. bis zum 08.02.2002 geltend; der genannte Betrag errechnet sich bei 8 Stunden Dienstleistung an 19 Tagen zu einem Stundensatz von 7,50 € pro Stunde. Der Ehemann der Klägerin sei in dieser Zeit krank-geschrieben und daher nicht in der Lage gewesen, Haushalt und Kinderbetreuung zu übernehmen. Hinsichtlich dieses Betrages lehnte das beklagte Amt die Anerkennung der Beihilfefähigkeit mit dem angegriffenen Bescheid vom 03.06.2002 mit der Begründung ab, die Klägerin habe sich innerhalb des genannten Zeitraums im Mutterschutz befunden; während dieser Zeit habe sie ihre Bezüge erhalten, so dass nicht von einer geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 8 BhV auszugehen sei.

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Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Widerspruch ein, den sie nach entsprechenden Hinweisen durch das beklagte Amt damit begründete, dass der Erhalt von Bezügen während des Mutterschutzes dazu führe, dass eine Anerkennung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Haushaltshilfe generell nicht in Frage käme, wenn der Dienstherr aus anderen Gründen zur Weiterzahlung der Bezüge verpflichtet sei. Dies sei mit dem grundsätzlichen Beihilfeanspruch nicht in Einklang zu bringen. Den so begründeten Widerspruch wies das beklagte Amt mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2002 zurück.

9

Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und meint, dass eine Gleichstellung des Begriffes der Erwerbstätigkeit in § 6 Abs. 1 Nr. 8 BhV mit einer tatsächlich vorliegenden Fortzahlung der Bezüge - auch unter Berücksichtigung des Beschäftigungsverbots während der Mutterschutzfristen - nicht zulässig sei und dazu führe, dass berufstätige Mütter eine Beihilfe für Haushaltshilfen nicht beanspruchen könnten. Dies verstoße auch gegen Art. 3 GG.

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Die Klägerin beantragt,

das beklagte Amt zu verpflichten, Aufwendungen für eine Haushaltshilfe in Höhe von 1.140,- Euro als beihilfefähig anzuerkennen und den Bescheid vom 03.06.2002 und den Widerspruchsbescheid vom 20.11.2002 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

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Das beklagte Amt beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Es nimmt Bezug auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides und führt ergänzend aus, dass die von der Klägerin angesprochene Konsequenz, wonach berufstätige und nicht nur geringfügig beschäftigte Mütter während der Mutterschutzfrist keine Beihilfe für eine Haushaltshilfe erhalten können, zutreffend und von der Rechtsprechung gebilligt worden sei. Auf die Frage, ob die Aufwendungen auch während der tatsächlichen Arbeitszeit der Klägerin entstehen, komme es ebenso wenig an wie auf etwaig abweichendes Landesrecht in anderen Bundesländern. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege nicht vor, weil es sich um unterschiedliche Sachverhalte - berufstätige Mütter einerseits und nicht berufstätige andererseits - handele, die der Vorschriftengeber unterschiedlich habe regeln dürfen.

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Die Beteiligten haben, das beklagte Amt mit Schriftsatz vom 18.06.2003, die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.07.2003, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Amtes Bezug genommen.

Gründe

15

II.

Die zulässige Klage, über die das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte ( § 101 Abs. 2 VwGO ), bleibt ohne Erfolg. Die ergangenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten; einen weitergehenden Anspruch auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine Haushaltshilfe hat sie nicht ( vgl. § 113 Abs. 5 VwGO ).

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Als Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin kommt allein § 6 Abs. 1 Nr. 8 BhV in Betracht. Aus Satz 1 dieser Bestimmung ergibt sich zunächst, dass Aufwendungen für eine Haushaltshilfe im Falle einer hier nicht vorliegenden stationären Behandlung der den Haushalt führenden Person innerhalb der dort genannten Höchstgrenzen beihilfefähig sein können. Satz 3 der genannten Bestimmung sieht vor, dass "dies" "in besonderen Fällen auch für die ersten sieben Tage nach Ende der stationären Unterbringung" "gilt", "wenn eine Hilfe zur Führung des Haushalts erforderlich ist". Damit nimmt Satz 3 auf die Voraussetzungen der vorangehenden Sätze 1 und 2 Bezug. Die Voraussetzungen des Satzes 2 liegen hier insoweit vor, als das erste Kind der Klägerin war unter 15 Jahre alt und ihr Ehemann aufgrund seiner eigenen Erkrankung nicht in der Lage war, den Haushalt weiterzuführen.

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Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass, wie sich aus dem Zusammenwirken der Sätze 2 und 1 des § 6 Abs. 1 Nr. 8 BhV ergibt, "diese Person" ( Satz 2 ) - gemeint ist die den Haushalt führende Person; Satz 1 - "nicht oder nur geringfügig erwerbstätig ist". Diese Voraussetzung, deren Vorliegen zwischen den Beteiligten allein streitig ist, ist hier nicht gegeben. Zu dieser Voraussetzung hat das BVerwG - ihm folgend das Nds. OVG - in seiner von den Beteiligten erwähnten Entscheidung vom 17.10.1991 ( 2 C 21/90 ) ausgeführt:

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"Damit stellt die Vorschrift in typisierender Weise auf die sogenannte Haushaltsführungsehe ab, bei der ein Ehegatte, dem die Haushaltsführung überlassen ist, seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch Führung des Haushalts erfüllt (§ 1360 Satz 2 BGB), also nicht oder nur geringfügig erwerbstätig ist. Muß in diesem Falle der haushaltsführende Ehegatte stationär behandelt werden, besteht, wenn im Haushalt Kinder unter 15 Jahren zu versorgen sind, ein Beihilfeanspruch für die Aufwendungen einer Familien- oder Haushaltshilfe. Der Vorschriftengeber sieht hier im zeitweisen Ausfall dessen, der mit seiner vollen oder ganz überwiegenden Arbeitskraft den Haushalt führt, einen typischerweise besonders starken Einschnitt in die Lebensführung der Familie, die ihn zu einer besonderen Fürsorgeleistung veranlaßt. Diese Gründe greifen aber dann nicht ein, wenn - wie im Streitfall - beide Ehegatten erwerbstätig sind. Zutreffend weist der Oberbundesanwalt darauf hin, daß in einem solchen Fall, gestützt auf die allgemeine Lebenserfahrung, davon ausgegangen wird, daß keiner der Ehegatten die Haushaltsführung und die Kinderbetreuung durchgehend übernehmen kann, insbesondere die Betreuung der Kinder auch an "gesunden Tagen" regelmäßig schon anderweitig sichergestellt ist."

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Eine derartige "Haushaltsführungsehe" liegt im Fall der Klägerin nicht vor. Beide Ehegatten sind zumindest überwiegend berufstätig und nehmen in der verbleibenden Zeit getrennt oder gemeinsam die Aufgaben der Haushaltsführung und der Kinderbetreuung war. Damit fehlt es im Grundsatz an dem vom BVerwG erwähnten "besonders starken Einschnitt in die Lebensführung der Familie", weil nicht derjenige Ehegatte, dem überwiegend oder sogar allein die Bewältigung dieser Aufgaben oblag, krankheitsbedingt ausfällt. In Folge dessen sind auch die zusätzlichen Aufwendungen, die die besondere Fürsorgeleistung des Dienstherrn rechtfertigen, im letztgenannten Fall größer als im Fall der Aufgabenteilung, weil bei Berufstätigkeit beider Ehegatten allein aufgrund der zu vermutenden größeren Finanzkraft Teilbereiche aus den genannten Aufgabenfeldern häufig gegen Entgelt an Dritte ( etwa Reinigungskraft oder Kinderfrau ) abgegeben werden; auf die Frage, ob dies tatsächlich in jedem Einzellfall so ist, kommt es aufgrund des typisierenden Charakters der Bestimmung ( BVerwG, aaO ) nicht an.

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Ebenso wenig kommt es auf die Erwägungen der Klägerin zu ihrer Erwerbsfähigkeit und - damit einhergehend - zu dem bestehenden Beschäftigungsverbot an. Die Beihilfe stellt, ausgehend von der Fürsorgepflicht, eine Ergänzung zur Eigenvorsorge des Beamten dar, die aus den laufenden Bezügen zu bestreiten ist ( vgl. § 1 Abs. 1 BhV ). Auch hieraus wird die an sich auf der Hand liegende Tatsache deutlich, dass es im Kern "um Geld geht", denn wenn der Dienstherr seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten bereits durch die Alimentierung genügt, kann ein darüber hinausgehender Anspruch in Form der Beihilfegewährung nicht bestehen. Dies verdeutlicht, dass das beklagte Amt zu Recht darauf abgestellt hat, dass die Klägerin ihre laufenden Bezüge weiterhin erhalten hat und sie damit mehr als gar nicht oder nur geringfügig erwerbstätig anzusehen ist.

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Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Beihilfe nur ergänzend neben die Eigenvorsorge tritt, was im Ergebnis bedeutet, dass die Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht erfordert, den Beamten in allen Fällen krankheitsbedingter Aufwendungen abzusichern. Der Beamte kann, mit anderen Worten, aus Gründen der Fürsorge nicht verlangen, das ihm jegliche Aufwendungen erstattet werden, wobei diese Aussage unabhängig von der Frage gilt, ob die Absicherung über eine private Krankenversicherung möglich ist oder nicht.

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Hiernach kann die Klägerin die begehrte Beihilfe auf der Grundlage des §6 Abs. 1 Nr. 8 BhV nicht beanspruchen. Mit dieser Auslegung verstößt die genannte Bestimmung auch nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen Art. 3 GG, wie das BVerwG ( aaO ) entschieden hat.

23

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch unmittelbar aus der Fürsorgepflicht. Dies kann ausnahmsweise allenfalls dann der Fall sein, wenn im Zusammenhang mit einer Krankheit anfallende unvermeidliche Aufwendungen von einer Höhe entstehen, dass der Wesenskern der Fürsorgepflicht verletzt würde. Das ist angesichts der Höhe des hier in Rede stehenden Betrages und angesichts der Tatsache, dass es sich um mittelbare Folgekosten eines Krankheitsfalles handelt ( zu dieser Erwägung Nds. OVG, Urt. vom 28.06.1994, 2 L 620/91 ), nicht der Fall. Anzumerken ist dabei, dass die Klägerin selbst dann, wenn sie die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 8 BhV erfüllen würde, wohl lediglich einen Anspruch auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit von 7 ( Tage ) x 36,-Euro ( Höchstsatz ) hätte.