Vergabekammer Hannover
Beschl. v. 30.10.2002, Az.: VgK 12/2002

Zulässigkeit der formlosen und stichprobenhaften Überprüfung der vom Bewerber angegebenen Referenzen bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit; Maßstäbe zur Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Bieters; Kriterien für das Vorliegen einer Überschreitung des Beurteilungsspielraums und Ermessenspielraums im Rahmen der Eignungsprüfung

Bibliographie

Gericht
VK Hannover
Datum
30.10.2002
Aktenzeichen
VgK 12/2002
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 29468
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

Vergabe der Elementfassade und Fenster für den Neubau des Hallen- und Laborgebäudes für die Fachhochschule ...

Im Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Oberfinanzdirektion Hannover
durch
den Vorsitzenden Wesemann,
die hauptamtliche Beisetzerin Stolte und
die ehrenamtliche Beisitzerin Spennes
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf xxx EUR festgesetzt.

Gründe

1

I. Sachverhalt

2

1.

Für den Neubau des Hallen- und Laborgebäudes der Fachhochschule xxxxx wurde die Elementfassade und die Fenster in einem Offenen Verfahren EU-weit am 29.06.2002 (Supplement des Amtsblattes der Europäischen Gemeinschaften S. xxx) ausgeschrieben. Zum Eröffnungstermin am 30.07.2002 gingen 16 Angebote ein. Die Angebotsprüfung und -wertung erfolgte durch den Ag. Nach seinem Vermerk zur Vergabe der Elementfassade und Einzelfenster vom 28.08.2002 kommt das Angebot der ASt aus folgenden Gründen für den Zuschlag nicht in Betracht:

  1. 1.

    Die kalkulatorischen Ansätze sind offensichtlich zu niedrig.

  2. 2.

    Die Fachkunde muss in Frage gestellt werden, da die Firma bei größeren Objekten nicht in der Lage war, Werkstattzeichnungen zu erstellen.

  3. 3.

    Die Zuverlässigkeit muss ebenfalls in Frage gestellt werden, da die Firma die Arbeiten (Referenzen, die die Firma selbst angegeben hat) nur sehr schleppend ausgeführt hat, bzw. sogar gekündigt worden ist.

3

Der Zuschlag soll auf das Hauptangebot der Bg erteilt werden. Die Unterrichtung der Bieter nach § 13 Vergabeordnung (VgV) erfolgte mit Informations- und Absageschreiben - EFB(B) Info/Abs. EG - vom 05.09.2002. Der Vertrag mit der Bg ist noch nicht geschlossen worden.

4

2.

Mit Schreiben vom 12.09.2002 - Eingang beim Ag am 13.09.2002 - legt die ASt Widerspruch gegen die Vergabeentscheidung ein. Sie begründet dies damit, dass die Aussagen zu den von ihr durchgeführten Baumaßnahmen teilweise falsch seien, da der Ag bei seiner Überprüfung mit den falschen Mitarbeitern gesprochen habe. Des Weiteren verwundere es sehr, woher der Ag Informationen zum ehemaligen Objekt Feuerwache Lemgo habe, da dieses Objekt nicht auf der Referenzliste stehe. Die ASt bat, die Sache nochmals zu überarbeiten und erwarte eine Antwort bis zum 18.09.2002. Der Ag beantwortet die Rüge mit Schreiben vom 13.09.2002. Er wies darauf hin, dass die von der ASt eingereichte Referenzliste von ihm sorgfältig überprüft worden sei und es ihm überlassen sei, auch die Maßnahmen zu überprüfen, die ihm bekannt werden, obwohl sie nicht auf der Referenzliste aufgeführt seien. Wie diese Informationen beschafft worden seien, sei hierbei völlig unerheblich, wichtig sei nur die Qualität und der Inhalt dieser zusätzlichen Auskunft. Der ASt teilt mit, dass er keine Veranlassung sehe, die getroffene Entscheidung zu ändern.

5

Mit Schreiben vom 20.09.2002 an die Vergabekammer der OFD Hannover legt die ASt Einspruch gegen den Ausschuss ihres Angebotes aus dem Wettbewerb ein. Sie begründet dies damit, dass die von ihr übergebene Referenzliste bezüglich der Kunden nur einseitig vom Ag behandelt (ohne Rückfrage) worden sei. Des Weiteren seien Kunden nachgefragt worden, die nicht auf der Liste aufgeführt seien. Die ASt bittet um Überprüfung und Entscheidung der Vergabekammer. Mit Schreiben vom 23.09.2002 hat die Vergabekammer den v. g. Nachprüfungsantrag dem Ag zugestellt. Die Bg ist nach Vorlage der Vergabeakten mit Schreiben vom 10.10.2002 beigeladen worden. Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zur Akteneinsicht, von der sie jedoch keinen Gebrauch gemacht haben. Keiner der Verfahrensbeteiligten hat eine schriftliche Stellungnahme eingereicht. Die mündliche Verhandlung fand am 16.10.2002 statt.

6

3.

In der mündlichen Verhandlung nahm die ASt auf ihren Nachprüfungsantrag vom 20.09.2002 und ihre Rüge vom 12.09.2002 Bezug. Sie beanstandete nochmals, dass der Ag sie nicht zu den negativen Referenzen befragt habe.

7

3.1

Zu der Baumaßnahme "Um- und Erweiterungsbau der BBS xxx" des Landkreises xxx führte sie aus, dass der Auftrag am 04.12.2001 erteilt worden sei. Die Aufforderung zur Ausführung erfolgte am 18.02.2002. Es habe eine Nachtragsvereinbarung zu Position 19.07 gegeben, die vom Landkreis xxx mit Schreiben vom 02.04.2002 bestätigt worden sei. Der Landkreis xxx habe die ASt mit Schreiben vom 02.09.2002 in Verzug gesetzt. Zu den Behinderungen sei es u.a. auch gekommen, weil dem Bauleiter des Landkreises xxx einige Planungsfehler unterlaufen seien. Zu dem von der vom Landkreis xxx gerügten Mängeln bei der Ausführung und Konstruktion der Fensterelemente führt die ASt aus, dass die Schloßstulpen und Schließbleche der Türen sehr wohl in VA (Nirosta) und nicht wie behauptet in verzinkter Ausführung eingebaut worden seien; dies könne anhand von Materiallisten im Bedarfsfall belegt werden. Die eingebauten Pfosten entsprächen den statischen Erfordernissen und seien von daher nicht zu beanstanden. Die Angaben in der Leistungsbeschreibung zu den Profilbautiefen seien von ihr als Richtgrößen angesehen worden, was aus ihrem Schreiben vom 15.07.2002 an den Landkreis xxx hervorginge. Die Verglasung sei zum Teil mit einem k-Wert von 1,2 W/m²K anstatt 1,0 W/m²K eingebaut worden. Hier sei der ASt leider bei der Bestellung ein Fehler unterlaufen. Der Landkreis xxx habe bislang Zahlung in Höhe von rund xxx EUR noch nicht geleistet. Der Vertragskündigung durch den Landkreis xxx im September 2002 habe sie mit Schreiben vom 30.09.2002 widersprochen. Vertreter des Landkreises hätten inzwischen zu erkennen gegeben, dass ihnen an einer gütlichen Einigung mit der ASt gelegen sei. Ablichtungen der v.g. Schreiben vom 18.02., 02.04., 15.07. und 30.09.2002 sind der Kammer übergeben worden.

8

3.2

Zu den Baumaßnahmen des Landkreises xxx - Schulzentrum xxx und Schule xxx - führte die ASt aus, dass Herr xxx vom Landkreis xxx zu diesen Baumaßnahmen keine Aussagen treffen könne, da er erst seit einem Jahr auf diesem Platz tätig sei. Von daher sei diese Auskunft falsch und gebe nicht den wahren Sachverhalt wieder. Entgegen der Aussage von Herrn xxx seien die Baumaßnahmen gut gelaufen, sonst wäre auch nicht der Anschlussauftrag für die Schule in xxx erteilt worden.

9

3.3

Zu der Baumaßnahme der Stadt xxx - Neubau Feuerwehrhaus - wies die ASt darauf hin, dass diese Maßnahme nicht auf ihrer Referenzliste aufgeführt worden sei und der Ag diese Information nur durch einen Mitbewerber oder Systemhersteller (Schüco) erhalten haben könne. Sie vermutet, dass von dieser Seite negative Informationen an den Ag gegeben worden seien. Der Auftrag für die Stadt xxx sei korrekt ausgeführt worden. Allerdings seien einige Mängel und vom Bauherrn gewünschte Änderungen an den Motoren und Beschlägen erst ausgeführt worden, als eine Zahlungszusage der Stadt xxx vorlag. Diese Änderungen hätten jedoch den Bauablauf nicht behindert.

10

3.4

Zu der Baumaßnahme Cinemaxx Kino xxx, errichtet von der xxx Projekt GmbH, gab die ASt an, dass die Aussage des Architekten xxx hinsichtlich der fehlenden Werkstattpläne nicht zutreffend sei. Diese Pläne seien erstellt worden und könnten bei Bedarf vorgelegt werden. Im Übrigen seien dem Architekten Planungsfehler unterlaufen, die von der ASt hätten berichtigt werden müssen. Hinsichtlich der von der xxx Projekt GmbH gerügten Mängel verwies sie darauf, dass die motorbetriebenen Türen im Foyer von ihr mehrfach wieder in Ordnung gebracht worden seien, obwohl es sich hierbei nicht um Baumängel gehandelt habe. Vielmehr habe der Nutzer diese Türen missbräuchlich als Lieferanteneingang zum Warentransport verwendet. Die aufgetretenen Mängel seien auf diese Nutzung zurückzuführen gewesen. Die ASt übergab der Vergabekammer hierzu Ablichtungen von 2 Schreiben der xxx Projekt GmbH vom 08.11.2000 an xxx AG und vom 23.11.2001 an die ASt.

11

3.5

Zusammenfassend äußerte die ASt, dass sie offensichtlich durch die v. g. Auskünfte zu den von ihr durchgeführten Baumaßnahme bei dem Ag in Ungnade gefallen sei. Auf Nachfrage des Vorsitzenden der Vergabekammer, ob die ASt der Auffassung sei, dass der Ag sachfremde Erwägungen bei seinen Überprüfungen der Referenzen zu Grunde gelegt habe und wenn ja welche, verneinte die ASt diese Frage.

12

3.6

Die ASt geht davon aus, die negativen Aussagen zur Abwicklung der von ihr durchgeführten Baumaßnahme aufgeklärt zu haben und beantragt, ihr den Auftrag zu erteilen.

13

4.

Der Ag bezieht sich auf seinen Vermerk zur Vergabe der Elementfassade und Einzelfenster vom 28.08.2002 sowie seinen Vermerk über die Referenzabfrage der ASt und den ihm vom Landkreis xxx, Landkreis xxx und der xxx Projekt GmbH in Ablichtung zur Verfügung gestellten Schriftverkehr bzw. schriftlichen Aussagen zu der Zusammenarbeit mit der ASt. Er verweist darauf, dass sich die Überprüfung der Referenzen der ASt als schwierig erwiesen habe, weil in der Referenzliste angegebene Telefonnummern und Namen der Ansprechpartner zum Teil falsch zugeordnet gewesen seien. Der Ag konnte trotz mehrfacher Bemühungen auch nicht alle genannten Ansprechpartner erreichen.

14

4.1

Zur Baumaßnahme des Landkreises xxx - BBS in xxx - führte er ergänzend zu seinen Angaben in den Vergabeakten aus, dass nach Aussage des zuständigen Bauleiters der Vertrag mit der ASt mittlerweile gekündigt worden sei und hinsichtlich der gerügten Mängel vom Landkreis xxx ein Gutachter bestellt werde. In diesem Zusammenhang verwies er auf die ihm vorliegende Mängelbeschreibung des Landkreises xxx vom 26.09.2002.

15

4.2

Hinsichtlich der Baumaßnahme des Landkreises xxx stellt er fest, dass sein Gesprächspartner, Herr xxx, auf Grund der Kenntnis der Aktenlage und der engen Zusammenarbeit mit dem zuständigen Bauleiter, Herrn xxx, sehr wohl in der Lage sei, zu dem Ablauf der genannten Baumaßnahme eine fachgerechte Auskunft zu erteilen. Er verwies in diesem Zusammenhang auf das Schreiben des Landkreises xxx an den Ag vom 27.08.2002.

16

4.3

Hinsichtlich seiner Abfrage bei der Stadt xxx über den Neubau des Feuerwehrhauses führte der Ag aus, dass er auch Informationen über Baumaßnahme einholen könne, die nicht auf der Referenzliste eines Bieters ständen. Dabei sei es unerheblich, wer ihn auf diese Baumaßnahme hingewiesen habe.

17

4.4

Der Ag führte allgemein zur Beurteilung eines Bieters aus, dass ein Bieter zuverlässig sei, der seinen gesetzlichen Verpflichtungen - auch zu Entrichtung von Steuern und sonstigen Abgaben - nachgekommen sei und der auf Grund der Erfüllung früherer Verträge eine einwandfreie Ausführung einschließlich Gewährleistung erwarten lasse. Hierbei sei insbesondere auf die Erfahrungen anderer öffentlicher Auftraggeber zurückzugreifen. Es handele sich dabei selbstverständlich um subjektive Bewertungen von Geschäftsbeziehungen. Diese unterlägen aber nicht den hohen Maßstäben, wie sie z.B. bei der Begründung der Kündigung eines Vertrages anzulegen seien. Entscheidend sei vielmehr, ob diese subjektiven Bewertungen vertretbar und nicht völlig haltlos seien. (Verweis auf Beschluss des OLG Naumburg vom 15.01.2002). Im vorliegenden Falle gebe die ASt aus folgenden Gründen keine Gewähr für eine einwandfreie Ausführung der Arbeiten einschließlich der Gewährleistung, weil

  • beim Auftrag für den Landkreis xxx, BBS xxx, die Arbeiten nicht fristgerecht und mangelfrei ausgeführt worden seien, so dass es letztlich zur Vertragskündigung gekommen sei. Allein diese Erfahrungen eines öffentlichen Auftraggebers zeigten, dass die ASt keine ordnungsgemäße Ausführung garantiere. Dieser Umstand allein genügte, die ASt als unzuverlässig einzustufen;

  • die Mängelbeseitigung bei der Baumaßnahme Cinemaxx xxx von der xxx Projekt GmbH als ungenügend beurteilt würde und

  • der Landkreis xxx und die Stadt xxx der ASt eine schleppende und mangelhafte Ausführung bescheinigt hätten.

18

Im Rahmen der Eignungsprüfung stehe der vergebenen Stelle ein Beurteilungs- und Ermessenspielraum zu. Dieser werde nur dann überschritten, wenn

  • ein vorgeschriebenes Verfahren nicht eingehalten,

  • von einem fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen wird oder

  • sachwidrige Erwägungen die Entscheidung verursacht hätten.

19

Dies sei hier jeweils nicht der Fall. Der Ermessenspielraum der vergebenden Stelle sei auch nach diesen Kriterien weder überschritten noch verletzt worden.

20

Der Ag beantragt,

den Antrag der ASt zurückzuweisen.

21

5.

Die Bg hat keine Ausführungen zur Sache gemacht und auch keinen Antrag gestellt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vergabeakten und die Verfahrensakte verwiesen.

23

II. Begründung

24

1.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

25

a)

Es handelt sich um einen öffentlichen Auftrag des Landes Niedersachsen, vertreten durch den Ag. Dieser ist öffentliche Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).

26

Der Gesamtwert der Baumaßnahme "Neubau Hallen- und Laborgebäude für die Fachhochschule xxxxx" ist mit rd. 8,58 Mio. EUR (netto) veranschlagt. Damit wird der Schwellenwert von 5,0 Mio. EUR nach § 2 Nr.4 Vergabeverordnung (VgV) überschritten. Die Angebotssumme für das streitgegenständliche Fachlos "Elementfassade und Fenster" beträgt xxx EUR (netto). Die Leistungen wurden im Offenen Verfahren am 29.06.2002 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften nach VOB/A Abschnitt 2 ausgeschrieben.

27

b)

Die Rüge der ASt vom 12.09.2002 erfolgte unverzüglich gemäß § 107 Abs.3 Satz 1 GWB.

28

c)

Die ASt ist antragsbefugt, weil sie ihr Interesse am Auftrag durch die rechtzeitige Abgabe eines Angebotes im Offenen Verfahren bekundet hat. Das Angebot der ASt war nach der rechnerischen Prüfung das preisgünstigste, somit bestand eine konkrete Chance auf Zuschlagserteilung. Sie hat ausreichend geltend gemacht, dass sie sich durch die negative Beurteilung ihrer Eignung - insbesondere ihrer Zuverlässigkeit - in ihren Rechten verletzt sieht und ihr dadurch ein Schaden droht.

29

2.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

30

Bei der Angebotswertung konnte der Ag im Rahmen der Eignungsprüfung nach § 25 Nr.2 Abs.1 VOB/A nach pflichtgemäßem Ermessen von einer mangelnden Zuverlässigkeit der ASt ausgehen. Demzufolge kommt das Angebot der ASt für den Zuschlag nicht mehr in Betracht. Der weiter gehenden Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Angebotes nach § 25 Nr. 3 VOB/A bedurfte es insofern nicht mehr.

31

Für den Zuschlag kommen nur Angebote solcher Bieter in Frage, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die notwendige Sicherheit bieten. Dazu gehört, dass sie die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Zuverlässig ist ein Bewerber, wenn er in seiner Person und seinem allgemeinen Verhalten im täglichen Berufsleben die Gewähr dafür bietet, in der notwendigen sorgfältigen Weise die verlangte Bauleistung zu erbringen (vgl. Ingenstau-Korbion, 14. Aufl., A § 2 Rdn. 6 und A § 25 Rdn. 52). Bei der Prüfung und Beurteilung der Zuverlässigkeit hat die vergebende Stelle eine umfassende Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte unter angemessener Berücksichtigung des Umfangs, der Intensität, des Ausmaßes und des Grades der Vorwerfbarkeit der Vertragsverletzungen durchzuführen. Richtschnur ist dabei stets die Frage, inwieweit die zur Beurteilung stehenden Gesichtspunkte geeignet sind, eine ordnungsgemäße und vertragsgerechte Erbringung der ausgeschriebenen und angebotenen Leistungen in Frage zu stellen (vgl. OLG Düsseldorf, Senatsbeschluss vom 28.08.2001 - Verg 27/01). Da im vorliegenden Fall der Ag bislang keine eigenen Erfahrungen mit der ASt gemacht hat, konnte er sich bei seiner Prüfung der Eignung nur auf die Erfahrungen anderer öffentlicher und privater Auftraggeber in der Rückschau stützen. Dabei sind von ihm in zulässiger Ermessensausübung die v. g. Kriterien ausreichend berücksichtigt worden. Auch wenn im Rahmen der mündlichen Verhandlungen von der ASt die Aussagen der vom Ag befragten Auftraggeber in einigen Punkten revidiert worden sind, z.B. hinsichtlich der Mängel an den Türen im Foyer des Cinemaxx Kinos, der gerügten Mängel hinsichtlich des Materials der Beschläge für einige Türen im BBS xxx, die Mängel an den Motoren und Beschlägen einiger Fenster für den Neubau des Feuerwehrhauses der Stadt xxx und der Aussagen des Architekten xxx hinsichtlich der fehlenden Werkstattzeichnungen, bleibt es insgesamt gesehen doch bei der negativen Beurteilung der Zuverlässigkeit, weil die befragten Auftraggeber unabhängig voneinander insbesondere die Einhaltung von Vertragsfristen und die Beseitigung von gerügten Mängeln als ungenügend bezeichnet haben. Diese Sachverhalte führten in einigen Fällen zu Vertragskündigungen. Schwer wiegt auch die eigenmächtige Abweichung der ASt bei der Baumaßnahme BBS xxx für den Landkreis xxx von den vertraglichen Vereinbarungen in Bezug auf die Stärke der Profile und die wärmedämmenden Eigenschaften der Verglasung. Wie aus der vom Landkreis xxx dem Ag zur Verfügung gestellten Mängelliste ersichtlich ist, wurden Profile mit der Stärke 110 mm eingebaut, obwohl in der Leistungsbeschreibung die Profilbautiefen mit mindestens 150 mm für die Pfosten der Normalfassade und 125 mm für die Pfosten des Verbindungsganges vorgegeben worden waren (sh. Anlage zum Schreiben der ASt an den Landkreis xxx vom 15.07.2002). Die Aussage der ASt in der mündlichen Verhandlung und auch in ihrem Schreiben an den Landkreis xxx, dass es sich hierbei um Richtwerte handele, stimmt mit dem Text der Leistungsbeschreibung offensichtlich nicht überein. Es liegt hier eine eigenmächtige Abweichung von den Vorgaben der Leistungsbeschreibung vor, die im Ergebnis eine Verschlechterung der ausgeführten Leistung im Vergleich zu der geforderten Leistung darstellt. Das Gleiche gilt für einen Teil der Verglasung; wie von der ASt in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist, wurde in der BBS xxx teilweise, entgegen den Vorgaben Leistungsbeschreibung (k-Wert von 1,0 W/m² K), Verglasungen eingebaut, die nur einen k-Wert von 1,1 bzw. 1,2 W/m² K aufweisen. Die höhere Wärmeleitfähigkeit dieser Gläser hat letztlich zur Folge, dass der Nutzer des Gebäudes mit höheren Heizkosten rechnen muss. Sowohl die abgeminderten Pfostenprofile als auch die veränderte Verglasung dürften für die ASt zu Kosteneinsparungen geführt haben.

32

Im vorliegenden Fall ist - wie vom Ag teilweise vorgetragen - dem Vergabesenat des OLG Naumburg (Beschluss vom 15.01.2002 - 1 Verg 5/00) zu folgen, wonach ein Auftraggeber insbesondere bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Bewerbers die angegebenen Referenzen auch formlos/stichprobenhaft überprüfen kann, um gesicherte Erkenntnisse zu erlangen. Erfahrungen aus der Erfüllung früherer Verträge haben in der Regel einen so hinreichenden Bezug zu den Kriterien der Eignung, dass ihre Einbeziehung den hiervon betroffenen Bewerbern nicht unangemessen benachteiligt. Es kommt letztlich bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit nicht darauf an, ob sämtliche Beanstandungen eines Auftraggebers berechtigt waren, sondern ob bei einer Gesamtabwägung den positiven oder den negativen Erfahrungen objektiv ein größeres Gewicht zukommt. Von daher ist es auch nicht erforderlich, dass die Vergabekammer in Ausführungen beider Beteiligten zu einzelnen Beanstandungen im Detail nachgeht. Entscheidend ist letztlich, dass die subjektive Bewertung des Ag vertretbar und nicht völlig haltlos ist. Dies ist hier der Fall, da der Ag seine Beurteilung auf vergleichbare Objekte und die Aussagen mehrerer verschiedener Auftraggeber gestützt hat. Bei den Aussagen der befragten Auftraggeber handelt es sich nicht nur um allgemeine Meinungsäußerungen sondern in der Mehrzahl um die Darstellung konkreter Sachverhalte.

33

Der Ag hat bei der Beurteilung der Eignung der Bieter nach § 25 Nr. 2 VOB/A seinen Ermessensspielraum nicht verletzt. Bei der Angebotswertung ist die Eignung der in die engere Wahl einbezogenen Bieter gleichermaßen anhand von abgewickelten Baumaßnahme überprüft und damit der Gleichheitsgrundsatz gewahrt worden. Die Heranziehung von sachfremden oder willkürliche Gesichtspunkte bei dieser Beurteilung ist nicht erkennbar. Dieses wurde im Übrigen von der ASt so auch nicht vorgetragen. Die Bewertung der Eignung der ASt ist somit nach den Bestimmungen des § 97 GWB in Verbindung mit § 25 Nr. 2 VOB/A 2.Abschnitt durchgeführt und das Angebot der ASt zu Recht bei der weiteren Wertung nicht mehr berücksichtigt worden.

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III. Kosten

35

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 128 GWB. Die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzenden Gebühren werden nach Art. 7 Nr. 5 des 9. EURO-Einführungsgesetzes vom 10.11.2001 (BGBl. 58/2001 vom 14.01.2001, S. 2992 ff.) im Verhältnis 2:1 ersetzt. Die Gebührenermittlung erfolgt anhand der Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 28.12.2001. Grundlage ist die geprüfte Angebotssumme der ASt in Höhe von xxx EUR (brutto). Die Gebühr wird danach auf xxx EUR festgesetzt. Sie schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.

36

Die ASt wird aufgefordert, den Betrag in Höhe von xxx EUR unter Angabe des Kassenzeichens "VgK 12/2002 - Bau 133" auf das auf Seite 1 angegebene Konto der Oberfinanzdirektion Hannover zu überweisen.

Wesemann
Stolte
Spennes