Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 08.05.1996, Az.: 1 W 3/96
Zustellung eines französischen Urteils im Wege des 'remise au parquet'; Vollstreckbarkeit eines französischen Urteils; Heilung eines Zustellungsmangels
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 08.05.1996
- Aktenzeichen
- 1 W 3/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 21416
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1996:0508.1W3.96.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 31 EuGVÜ
- Art. 683 Abs. 1 Nouv. C. pr. civ.
- Art. 684 Nouv. C. pr. civ.
- Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ
- § 187 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Die Zustellung eines französischen Urteils im Wege des "remise au parquet" kann für eine Vollstreckbarkeitserklärung nach Art. 31 EuGVÜ ausreichend sein.
Gründe
Das Urteil des Appelationsgerichts Versailles ist vollstreckbar und der Schuldnerin im Wege der "remise au parquet" vom 28.2.1995 zugestellt worden. Gegen diese Form der Zustellung mittels Übergabe des Schriftstücks an die französische Staatsanwaltschaft gemäß Art. 683 Abs. 1, 684 Nouv. C. pr. civ. bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken. Denn die französische Zivilprozessordnung sieht diese Form der Zustellung vor (vgl. Dubois in IPRax 1988, 85), und bei der Prüfung von Form wie Ordnungsmäßigkeit der Zustellung ist auf das Verfahrensrecht des Urteilsstaates abzustellen (OLG Koblenz IPRax 1988, 97, 98).
Allerdings entspricht diese Art der Übermittlung nicht den darüber hinaus noch anwendbaren (Heß in IPRax 1995, 16, 18 [OLG Saarbrücken 01.10.1993 - 5 W 96/93]) Rechtshilfeabkommen, dem Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965 (HZÜ) nebst der deutsch-französischen Zusatzvereinbarung zur Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 6.5.1961 (ZV). Dieser Zustellungsmangel ist jedoch nach § 187 ZPO als geheilt anzusehen, da die tatsächliche Übermittlung des Urteils an die Schuldnerin rechtzeitig erfolgt ist, nämlich spätestens Ende April 1995, und die Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels gegen dieses Urteil bis zum 28.6.1995 lief, weshalb es der Schuldnerin trotz dieser fiktiven Zustellung möglich war, rechtzeitig Revision gegen das Urteil des Appelationsgerichtes einzulegen. Demzufolge hat die fehlerhafte Zustellung die Schuldnerin faktisch nicht beeinträchtigt. § 187 ZPO ist auch im internationalen Rechtsverkehr anwendbar, wenn, wie hier, die fehlerhafte Art der Zustellung keinen völkerrechtswidrigen Eingriff in die Souveränität des Staates darstellt, in dem die Zustellung zu erfolgen hat (Schumacher in IPRax 1985, 265, 268).
Soweit darüber hinaus im vorliegenden Fall entsprechend Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Urkunde, aus der sich die Zustellung des den Rechtsstreit einleitenden Schriftstücks an die Schuldnerin erkennen lässt, erforderlich war, hat die Gläubigerin diese Voraussetzung im Beschwerdeverfahren erfüllt.
Diese weitere Voraussetzung für eine Vollstreckbarkeitserklärung folgt aus der gebotenen weiten Auslegung des Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ, nach der immer dann eine im Versäumnisverfahren ergangene Entscheidung vorliegt, wenn sich der Beklagte auf das Verfahren i.S.d. Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ nicht eingelassen hat (Rauscher in IPRax 1993, 378 [BGH 18.02.1993 - IX ZB 87/90]). Dies trifft auf das französische Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Appellationsgerichts Versailles vom 5.1.1995 in Bezug auf die Schuldnerin zu.