Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 07.05.1996, Az.: 5 U 174/95

Darlegung und Beweislast des Vorwurfs einer nicht steril erfolgten Krampfaderoperation - Varizenoperation; Beanstandung einer Operation durch einen in der Facharztausbildung befindlichen Arzt unter dauernder Assistenz - und damit Beaufsichtigung - eines Facharztes

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
07.05.1996
Aktenzeichen
5 U 174/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 21401
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0507.5U174.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
NULL

Amtlicher Leitsatz

Zur Darlegung und Beweislast des Vorwurfs einer nicht steril erfolgten Krampfaderoperation (Varizenoperation).

Entscheidungsgründe

1

...

2

Besondere Vorkehrungen im Hinblick auf die Gefahr von Erysipeln waren nicht zu treffen. Entgegen der Berufung hat der Gutachter entsprechende Neigungen des Klägers gerade nicht festgestellt, sondern diese Möglichkeit lediglich im Zusammenhang mit dem Vorwurf insteril durchgeführter Operationen erörtert. Die bestehenden Möglichkeiten von Erysipeln aufgrund eines operationsbedingten Lymphödems oder von Thrombophlebitiden wegen letztlich nicht vollkommen auszuschließenden Wundheilstörungen stehen der Feststellung von Erysipelneigungen entgegen. Auch der Sachverständige hatte insoweit bezüglich Operationsvorbereitungen und -durchführungen aus medizinischer Sicht nichts zu beanstanden. Damit ist auch der dazu erhobenen Rüge unzureichender Risikoaufklärung die Grundlage entzogen.

3

Das Vorbringen des Klägers zur Operation durch einen Anfänger bei unzureichender Beaufsichtigung ist bereits deswegen unschlüssig, weil die Operation durch den Beklagten zu 1) fehlerfrei erfolgt ist. Im Übrigen ist eine Operation durch einen in der Facharztausbildung befindlichen Arzt unter dauernder Assistenz - und damit Beaufsichtigung - eines Facharztes nicht zu beanstanden.

4

Auch die gerügten Unzulänglichkeiten bei der Untersuchung des Klägers durch den Sachverständigen sind nicht erheblich. Der Gutachter hat sich aufgrund dieser Untersuchungen - so wie im Gutachten festgehalten - ein eigenes Bild von der Befindlichkeit des Klägers gemacht und unter Auswertung der in den Krankenunterlagen einschließlich der von der Berufung weiterhin besonders hervorgehobenen Arztbriefe betreffend das postoperative Beschwerdebild des Klägers enthaltenen weiteren Erkenntnisse seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Inwieweit er dabei fehlerhaft vorgegangen sein soll, vermag die Berufung nicht aufzuzeigen, und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Schlussfolgerung, dass vom Kläger beklagte Beschwerden medizinisch-physisch jetzt nicht mehr objektivierbar sind, ist überzeugend dargelegt. Einer weiteren Beweisaufnahme bedarf es dazu nicht.

5

Hinsichtlich der Dokumentationsmängelvorwürfe bleibt bereits offen, welche rechtlichen Folgerungen sich für den Haftungsgrund daraus ergeben können sollen. Abgesehen davon legt der Sachverständige seinen Ausführungen den Operationsbericht zugrunde und erläutert die in anderen Dokumenten dafür verwandten Bezeichnungen bei Standardoperationen. Etwaige Operationsfehler lassen sich darauf nicht stützen.

6

Dass der Gutachter bei seiner Anhörung die Dauer der Operationen aus den Zeichen der Anästhesisten ableiten konnte, mindert den Wert seiner Erläuterungen in keiner Weise. Insbesondere lässt sich ein Vorwurf unsorgfältiger Auseinandersetzung mit dem Krankenunterlagen daraus nicht begründen. Im Übrigen dient ein Anhörungstermin gerade dazu - wie hier geschehen -, bislang als offen gesehene Fragen einer Klärung zuzuführen.

7

Anhaltspunkte für ein - vom Kläger zu beweisendes - insteriles Vorgehen im Krankenhaus der Beklagten zu 3) hat der Sachverständige nicht finden können. Dabei hat er auch das am 14.5.1993 aufgetretene Fieber in seine Überlegungen mit einbezogen. Entzündungen können, worauf bereits in der Aufklärung hingewiesen worden ist, immer auftreten; sie geben aber allein gerade kein Anzeichen für (vorwerfbare) insterile Operationsverhältnisse oder Versäumnisse im Hinblick auf die Entstehung von Thrombophlebitiden und Erysipeln.

8

Der weiterhin erhobene Vorwurf, die Sekundärnaht sei zu früh verlegt worden, entbehrt jeglicher Grundlage. Der Sachverständige hat im Gegenteil ausdrücklich festgehalten, dass diese vorgesehene Korrekturoperation nicht erfolgt ist.

9

Über die Möglichkeit einer Entfernung zweier Lymphknoten anlässlich der ersten Operation war bereits deshalb nicht aufzuklären, weil sich die Erforderlichkeit dazu erst intraoperativ zeigte. Das Vorgehen entsprach insgesamt der bei einem solchen Krankheitsbild geschuldeten Behandlung. Das Unterlassen der Entfernung von Lymphknoten mit Malignitätsverdacht hätte im Gegenteil - worauf die Beklagten zu Recht hinweisen - eine haftungsbegründende Fehlbehandlung bedeuten können.

10

Die für die durchgeführte Operation erforderliche Grundaufklärung hat der Kläger erhalten.

11

Danach steht fest, dass der Kläger bei bestehender Indikation nach ausreichender Risikoaufklärung korrekt operiert worden ist. Die aufgetretenen Wundheilstörungen sind - weil nicht stets vollständig beherrschbar - schicksalsbedingt hinzunehmen. Die Verarbeitung des Behandlungsgeschehens stellt sich für den Kläger offenbar schwierig dar. Er misst auch dem Umstand nicht hinreichend Bedeutung zu, dass er seit langem an Krampfadern leidet, die Grundlage von Beschwerden sein können, die sich heute nicht einmal mehr medizinisch objektivierbar belegen lassen. Ein haftungsrelevanter Vorwurf gegenüber den Beklagten ergibt sich daraus nicht.