Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 26.09.2018, Az.: L 11 AS 1124/15

Fachliche Hinweise der Agentur für Arbeit; Klagerecht des kommunalen Trägers; Sanktion bei unter 25jährigen Personen; tatsächliche Präjudizialität

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
26.09.2018
Aktenzeichen
L 11 AS 1124/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74009
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 09.06.2015 - AZ: S 39 AS 1019/13

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Dem kommunalen Träger steht aus § 44a Abs 6 Satz 4 SGB II ein Klagerecht zu. Richtige Klageart ist die Feststellungsklage gem. § 55 Abs 1 Nr 1 SGG gerichtet auf die gerichtliche Feststellung des Umfangs der Hilfebedürftigkeit in konkreten Einzelfällen der Leistungsgewährung.

2. Die abstrakte Überprüfung der Fachlichen Hinweise der Agentur für Arbeit an das Jobcenter für die SGB II-Fallbearbeitung kann nicht zulässiger Gegenstand einer Klage nach § 44a Abs 6 Satz 4 SGB II sein. Eine solche Überprüfung verwaltungsinterner Vorschriften kennt das SGG nicht.

3. Ergibt sich die Beanstandung des kommunalen Trägers einzig aus nach seiner Auffassung unzutreffenden Fachlichen Hinweisen, kann ein Feststellungsinteresse für eine Klage nach § 44a Abs 6 Satz 4 SGB II unter dem Gesichtspunkt der tatsächlichen Präjudizialität angenommen werden.

4. Soweit § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II - erste Stufe der Sanktion bei unter 25jährigen Personen - sowohl dahingehend ausgelegt werden kann, dass Einkommen und Vermögen auf die KdUH-Bedarfe nach Eintritt des Sanktionsereignisses anzurechnen sind, als auch dahingehend, dass die KdUH unverändert in der vor dem Eintritt des Sanktionsereignisses festgestellten Höhe zu erbringen sind, ist wegen des Ausnahmecharakters von Sanktionen als Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Existenzminimum die für den Hilfeempfänger günstigere Auslegungsmöglichkeit zu wählen.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 9. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 1.565,10 Euro festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht die Rechtswidrigkeit einer Weisung der Beklagten an das örtlich zuständige Jobcenter bei der Anwendung von § 31a Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) und daraus resultierende materielle Schäden geltend. In diesem Zusammenhang streiten die Beteiligten um die Frage, ob bei der ersten Stufe einer Sanktion bei unter 25jährigen Personen etwaig vorhandenes Einkommen auf die Leistungen für Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH) anzurechnen ist.

Der Kläger ist der kommunale Träger im Sinne des § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II; die Beklagte ist der Träger der Leistungen nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II. Sie haben das Jobcenter H. als gemeinsame Einrichtung im Sinne des § 44b SGB II zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung gebildet.

Im Zuge des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (RegelbedarfsÄndG) sind mit Wirkung zum 1. April 2011 die Sanktionsvorschriften geändert worden. § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II lautet seitdem: „Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist das Arbeitslosengeld II bei einer Pflichtverletzung nach § 31 auf die für die Bedarfe nach § 22 zu erbringenden Leistungen beschränkt.“

Im Juli 2011 änderte die Beklagte ihre sog. Fachlichen Hinweise an das Jobcenter zur SGB II-Fallbearbeitung. Hiernach war bei einer ersten Pflichtverletzung bei unter 25jährigen Personen wie folgt vorzugehen:

“(2) Bei jungen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist bei einer ersten Pflichtverletzung nach § 31 der Leistungsanspruch auf die Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung beschränkt, soweit sie zuvor über die Rechtsfolgen belehrt wurden bzw. die Rechtsfolgen kannten. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung mindern sich wegen einer ersten Sanktion somit nicht; d. h. der Minderungsbetrag fällt je nach Höhe der maßgebenden Regel- und/oder Mehrbedarfe unterschiedlich hoch aus.  Besteht wegen der Anrechnung von Einkommen nur ein Bedarf an Leistungen für Unterkunft und Heizung, geht eine Sanktion aufgrund einer ersten Pflichtverletzung ins Leere. Wegen der Belehrung über die Rechtsfolgen bei einer wiederholten Pflichtverletzung ist jedoch ein Sanktionsbescheid zu erteilen.

Beispiel:  Max, 20 Jahre alt (im Haushalt der Eltern wohnend): Regelbedarf nach Anrechnung von Kindergeld 115 EUR, KdU 200 EUR. Wegen einer ersten Pflichtverletzung ist der Anspruch auf 200 EUR Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt; die Minderung beträgt somit 115 EUR.“

Soweit ersichtlich gelten die Hinweise noch fort (Stand: Mai 2017). Nach den Fachlichen Hinweisen zur Vorgängerregelung (§ 31 Abs 5 Satz 1 HS 1 SGB II in der bis zum 31. März 2011 gültigen Fassung) sollte hingegen eine Anrechnung von Einkommen und Vermögen bei den auf die KdUH beschränkten Leistungen erfolgen. Nach dem Vorbringen des Klägers soll die auf ihn entfallende jährliche Mehrbelastung durch die geänderten Fachlichen Hinweise 276.000,00 Euro betragen (vgl. Schreiben des Klägers an den Deutschen Landkreistag in Berlin vom 1. November 2011).

Auf entsprechende Nachfrage des Klägers teilte die Beklagte mit Schreiben vom 23. September 2011 mit, dass es sich um eine mit der Zentrale und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) abgestimmte geänderte Rechtsauffassung handele. Die Fachlichen Hinweise hätten vor Veröffentlichung im Rahmen des „Konsultationsverfahrens“ keine Beanstandungen gefunden. Die geänderte Rechtsauffassung stehe nicht im Zusammenhang mit dem RegelbedarfsÄndG; allerdings seien aufgrund dieses Gesetzes die Fachlichen Hinweise sehr genau geprüft worden. Man gehe nunmehr davon aus, dass bei Eintritt der Sanktion keine erneute Prüfung der Hilfebedürftigkeit erfolge. Lediglich bei der Gewährung ergänzender Sachleistungen würde etwaig vorhandenes Einkommen angerechnet, da es sich insoweit um eine neue Bedarfslage handele.

Nachdem der Kläger erfolglos versuchte hatte, eine (Rück-)Änderung der Fachlichen Hinweise auf politischer Ebene zu erwirken (vgl. den Schriftverkehr mit dem Deutschen Landkreistag, dem Niedersächsischem Landkreistag und dem Niedersächsischem Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration, auch über die beabsichtigte Anrufung des Kooperationsausschusses nach § 18b und § 18c SGB II, Bl. 4 ff. der Gerichtsakte – GA), widersprach er nach § 44a Abs 6 SGB II in u.a. folgenden Einzelfällen der Leistungsgewährung im Zusammenhang mit einer Minderung des Arbeitslosengeld (Alg) II-Anspruchs durch das Jobcenter:

Gegen den Sanktionsbescheid betreffend Frau I. J. vom 11. März 2013 widersprach der Kläger der Leistungsgewährung mit Schreiben vom 9. April 2013. Der Kundin seien auf die KdUH 551,10 Euro zuviel gewährt worden, die er – der Kläger – als kommunaler Träger zu tragen habe; die Überzahlung sei von der Beklagten an ihn zu erstatten. Gegen den Sanktionsbescheid betreffend Frau K. L. M. vom 25. März 2013 widersprach der Kläger der Leistungsgewährung mit Schreiben vom 10. April 2013 und machte eine Überzahlung in Höhe von 462,00 Euro geltend. Mit Schreiben vom 23. April 2013 teilte die Beklagte in beiden Leistungsfällen mit, dass sie nach Überprüfung an ihrer Rechtsauffassung festhalte.

Gegen den Sanktionsbescheid betreffend Frau N. O. P. Q. vom 13. Mai 2013 widersprach der Kläger der Leistungsgewährung mit Schreiben vom 28. Mai 2013 und machte eine Überzahlung in Höhe von 552,00 Euro geltend. Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 teilte die Beklagte wiederum mit, dass sie nach Überprüfung an ihrer Rechtsauffassung festhalte.

Am 5. Juli 2013 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim erhoben und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Weisung sowie die Feststellung, dass die Beklagte ihm zum Schadensersatz verpflichtet sei, beantragt. Es gebe keinerlei Rechtsgrundlage dafür, vorhandenes Einkommen wie Kindergeld im Fall der Sanktion nicht auf den KdUH-Bedarf anzurechnen. Der Umfang der Hilfebedürftigkeit ergebe sich erst nach Gegenüberstellung von Bedarf auf der einen Seite und Einkommen und Vermögen auf der anderen Seite. Bei Eintritt einer Sanktion sei nunmehr der Gesamtbedarf durch Wegfall des Regelbedarfs geändert. Die Weisung könne zu der sinnwidrigen Folge führen, dass ein Hilfeempfänger faktisch nicht sanktioniert werde, weil er frei über sein Einkommen verfügen könne. Im Übrigen habe sich an der Systematik auch durch die Neufassung des § 31a SGB II nichts geändert. Der Kläger hat mit der Klage Verwaltungsvorgänge betreffend die Sanktionsfälle J., M. und P. Q. vorgelegt.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Weisung nicht gegen geltendes Recht verstoße; schon der Gesetzeswortlaut streite für die Anwendung der Weisung. Die Leistungsbewilligung sei dem Eintritt einer Sanktion vorgelagert; eine erneute Prüfung der Hilfebedürftigkeit erfolge nicht. Die Rechtsauffassung des Klägers würde den Hilfeempfänger schlechter stellen, als vom Gesetzgeber beabsichtigt und den Sanktionsradius unverhältnismäßig ausdehnen. Zudem stehe dem Kläger ein Widerspruchsrecht nach § 44a Abs 6 SGB II nur zu, wenn er aufgrund der Feststellung höhere Leistungen zu erbringen hat. Das sei nicht der Fall. Der Kläger habe lediglich „nicht weniger“ Leistungen zu erbringen. Im Übrigen sei allenfalls von drei Fällen pro Monat auszugehen.

Mit Urteil vom 9. Juni 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei als Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sowohl der Wortlaut des § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II als auch der Wille des Gesetzgebers sprächen dafür, dass keine bedarfsmindernde Anrechnung von Einkommen auf die bei einem vollständigen Wegfall des Alg II zu erbringenden Leistungen für Unterkunft und Heizung erfolgen dürfe. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die Leistungen für KdUH vollständig ausgezahlt werden, auch um Mietrückstände, die zum Verlust der Wohnung führen können, zu vermeiden. Die Sanktionierung beziehe sich auf den Leistungsanspruch und nicht auf den Bedarf.

Gegen das ihm am 18. Juni 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Juli 2015 Berufung eingelegt. Klarzustellen sei, dass die Weisung der Beklagten, anders als das SG es offensichtlich verstehe, nicht gar keine Anrechnung von Einkommen beinhalte, sondern nur in dem Umfang, wie vorhandenes Einkommen den Regelbedarf übersteige. Der BSG-Rechtsprechung zu Sanktionen sei zu entnehmen, dass im Streit immer die konkrete Leistungshöhe stehe. Die erforderliche Entscheidung über die Aufhebung der Bewilligung modifiziere dabei den ursprünglich bewilligten Leistungsbetrag. Auch das BSG gehe davon aus, dass ein sanktionierter Hilfeempfänger sein Einkommen zur Deckung seines (kopfteiligen) Unterkunftsbedarfs einzusetzen habe (Urteil vom 2. Dezember 2014 – B 14 AS 50/13 R -). Sofern der Gesetzgeber im Rahmen von Sanktionen von der Systematik der Bedarfsberechnung habe abweichen wollen, hätte es dazu einer gesonderten Norm bedurft. Im Übrigen gehe auch die Bundesregierung ausweislich einer Antwort auf eine kleine Anfrage u.a. der Fraktion DIE LINKE davon aus, dass sowohl die Kürzung als auch die Einkommensanrechnung vorzunehmen seien. Die von der Bundesregierung in Bezug genommene Berechnungsmethode (BT-Drs. 17/198 vom 14. Dezember 2009, Bl. 52 GA) führe zu demselben Ergebnis wie die Berechnungsmethode des Klägers. Soweit das SG damit argumentiere, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Leistungsanspruch und nicht der Bedarf zu sanktionieren sei, decke sich diese Argumentation mit der Berechnungsmethode der Bundesregierung, weshalb das SG der Klage hätte stattgeben müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Hildesheim vom 9. Juni 2015 aufzuheben und festzustellen, dass die Feststellung der Hilfebedürftigkeit in den Fällen der Frau I. J. mit Bescheid vom 11. März 2013, der Frau K. L. M. mit Bescheid vom 25. März 2013 und der Frau N. O. P. Q. mit Bescheid vom 13. Mai 2013 rechtswidrig ist, soweit keine Anrechnung von Einkommen auf die Kosten der Unterkunft und Heizung vorgenommen worden ist und weiterhin festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger insgesamt 1.565,10 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend führt sie aus, dass der Kläger fehlerhaft Bedarf mit Leistung oder Auszahlungsbetrag gleichsetze. Die Sanktion betreffe gerade nicht den Bedarf, sondern die Höhe der Leistungen, die er zur Deckung dieses Bedarfs erhält. Die Leistungen für KdU blieben nach dem Willen des Gesetzgebers unangetastet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte nebst Anlagen und die Verwaltungsvorgänge der Sanktionsfälle J., M. und P. Q. Bezug genommen, die vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.

A.

Streitgegenstand ist nicht – wie auch der Kläger auf Hinweis des Senats klargestellt hat, vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2018 - die abstrakte Überprüfung der Fachlichen Hinweise der Beklagten. Unabhängig davon, dass das SGG schon ein Normenkontrollverfahren wie es etwa in § 47 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) normiert ist, nicht kennt (mit Ausnahme der Entscheidung über die Gültigkeit von Satzungen oder anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehen Rechtsvorschriften nach § 22a Abs 1 SGB II bezogen auf die KdUH, vgl. § 55a SGG), unterliegen verwaltungsinterne Vorschriften, weil ihnen die Qualität einer Rechtsvorschrift fehlt, nicht der isolierten Überprüfung durch die Gerichte; eine solche Überprüfung verwaltungsinterner Vorschriften kennen weder das SGG noch die VwGO (vgl. für die VwGO: BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 – 8 C 19/94 –, Rn 19).

Streitgegenstand ist vielmehr die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung in Einzelfällen nach Maßgabe des in § 44a Abs 6 SGB II normierten Verfahrens. Soweit § 44a Abs 6 Satz 4 SGB II von einer „gerichtlichen Entscheidung“ spricht, ist damit die gerichtliche Klärung, herbeigeführt durch den kommunalen Träger, der (im konkreten Einzelfall) durch die Festsetzung der Leistungshöhe beschwert ist, gemeint (so ausdrücklich die Gesetzesbegründung: BT-Drs. 17/1555, S. 23). Die Wirkung einer gerichtlichen Entscheidung ist damit auf den Einzelfall begrenzt und beseitigt darüber hinaus nicht die Bindungswirkung des Jobcenters an die Fachlichen Hinweise der Beklagten (vgl. § 44a Abs 4 Satz 1 SGB II und § 47 Abs 1 Satz 2 SGB II). Die Abstimmung über Weisungen zwischen den Trägern (im Sinne einer „generellen“ und nicht auf den Einzelfall bezogenen Klärung) vor Ausübung des Weisungsrechts erfolgt nämlich bereits im Rahmen der Anrufung des Kooperationsausschusses (§ 18b SGB II) nach § 44b Abs 3 Satz 4 SGB II, was vorliegend wohl auch stattgefunden hat, wenn die Beklagte vom durchgeführten „Konsultationsverfahren“ spricht.

Steht demzufolge nur die Leistungsgewährung in Einzelfällen im Streit, beschränkt sich – wie der Kläger nunmehr auch klargestellt hat - die Überprüfung hier auf die vom Kläger vorgelegten Bescheide in Sachen J., M. und P. Q..

Einer Beiladung nach § 75 SGG der betroffenen Leistungsempfänger bedurfte es gleichwohl nicht. Es liegt kein Fall der notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 SGG vor, denn die gerichtliche Feststellung einer etwaig rechtswidrigen Leistungsgewährung greift nicht unmittelbar in deren Rechtssphäre ein (vgl. zu dieser Voraussetzung: B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 75, Rn 10 mit weiteren umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung; a.A. ohne nähere Begründung: Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB II, § 44a, Stand Mai 2015, Rn 112). Zwar wäre bei Stattgabe der Klage die Rücknahme des den Leistungsempfänger begünstigenden Bescheides nach § 45 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X – i.V.m. § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich denkbar (so Blüggel in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 44a, Rn 137), allerdings bedarf es dazu eines eigenständigen Verwaltungsverfahrens, weshalb es an der Unmittelbarkeit fehlt.

Der Senat hat auch von einer Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG abgesehen. In Anbetracht der in allen drei Einzelfällen im Jahr 2013 abgelaufenen Sanktionszeiträume dürfte die Rücknahme (für die Vergangenheit) an der Einjahresfrist nach § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X scheitern. Maßgeblich ist dabei nach dem auf Rechtssicherheit abzielenden Schutzzweck der Norm für den Fristbeginn auch nicht etwa auf die Rechtskraft eines den Kläger begünstigenden Urteils abzustellen, da der handelnden Behörde (dem Jobcenter) die zugrundeliegenden Tatsachen bereits bei Erlass der Sanktions– und der ändernden Leistungsbescheide bekannt waren (vgl. zu dem Beginn der Frist bei Rechtsanwendungsfehlern ausführlich: BSG, Urteil vom 27. Juli 1989 – 11/7 Rar 115/87, BSGE 65, 221-230, SozR 1300 § 45 Nr 45, Rn 21 ff.). Zudem hat der Senat in allen drei Einzelfällen weder aus den vorgelegten Unterlagen noch aus dem Beteiligtenvortrag Anhaltspunkte dafür, dass der Vertrauensschutz nach § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X entfallen sein könnte, sodass eine Rücknahme für die Vergangenheit auch schon daran scheitern dürfte.

Der Senat hat auch keine Veranlassung, dass mit den Aufgaben der Grundsicherung betraute und demgemäß für die Bescheiderteilung zuständige Jobcenter H. beizuladen. Eine Beiladung nach § 75 Abs 2 SGG kommt nicht in Betracht, da das Jobcenter – als gemeinsame Einrichtung der Beteiligten – kein Dritter im Sinne dieser Vorschrift ist. Aus diesem Grund hat der Senat auch von einer Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG abgesehen (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 75, Rn 7: „keine Beiladung anderer Behörde desselben Rechtsträgers“ mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

B.

Die Berufung ist statthaft nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG, weil der insoweit auch für eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG (dazu zugleich unter C.I.1.) maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 Euro überschritten ist (vgl. BSG, Beschluss vom 5. August 2015 – B 4 AS 17/15 B -). Bei der Ermittlung des Wertes ist allerdings nicht etwa darauf abzustellen, welche Mehraufwendungen dem Kläger jährlich oder seit Anwendungsbeginn der geänderten Fachlichen Hinweise entstanden sind, sondern auf den sich aus den hier geltend gemachten Einzelfällen ergebenden Mehraufwand von insgesamt 1.565,10 Euro.

Für die Statthaftigkeit der Berufung ist nicht auf § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG abzustellen, da es sich nicht um eine Erstattungsstreitigkeit im Sinne dieser Vorschrift handelt. Voraussetzung hierfür ist die Geltendmachung eigenständiger Erstattungsansprüche, an denen es hier schon deswegen fehlt, weil der Kläger und die Beklagte in diesem Kontext keine verschiedenen Leistungsträger sind (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 1998 – B 13 RJ 69/97 R -, SozR 3-1500 § 144 Nr 14). Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB X greifen daher grundsätzlich nicht (vgl. Bender in: Gagel, SGB II, § 44a, Stand Juni 2015, Rn 53; a.A. ohne nähere Begründung: Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB II, § 44a, Stand Mai 2015, Rn 112).

C.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil die Feststellung der Hilfebedürftigkeit in den vorliegenden Sanktionsfällen nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden ist. Dementsprechend hat der Kläger auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der ihm entstandenen Mehrbelastung i.H.v. 1.565,10 Euro.

I.

Zutreffend ist das SG von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen.

1.

Der Senat geht dabei mit dem SG davon aus, dass die zutreffende Klageart im Rahmen des Verfahrens nach § 44a Abs 6 SGB II die Feststellungsklage gem. § 55 Abs 1 Nr 1 SGG gerichtet auf die gerichtliche Feststellung des Umfangs der Hilfebedürftigkeit ist (so auch: Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB II, § 44a, Stand Mai 2015, Rn 112; Blüggel in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 44a, Rn 135; für eine kombinierte Aufsichts – und Feststellungsklage in entsprechender Anwendung des § 54 Abs 3 SGG und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG: Korte in: Münder, LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 44a, Rn 43; für eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 2 SGG analog: Bender in: Gagel, SGB II, § 44a, Stand Juni 2015, Rn 55). Eine Klage auf Feststellung der Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Norm scheidet aus (dazu unter A.; vgl. auch: Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 55, Rn 10f.).

Soweit sich der gegenüber den Leistungsempfängern ergangene Verwaltungsakt (hier die Sanktionsbescheide) wegen Ablauf der Sanktionszeiträume mittlerweile erledigt hat, kann dahinstehen, ob es sich um ein vergangenes Rechtsverhältnis handelt. Denn auch in diesem Fall verbleibt es bei der Möglichkeit der Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses im Rahmen der Feststellungsklage (so auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 131, Rn 7c und § 55, Rn 8 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Es greift nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG. Denn das Klagerecht des Klägers knüpft zwar an diesen Verwaltungsakt an; er hat jedoch hiergegen keine unmittelbare Klagebefugnis (vgl. zum unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift bei unzulässig gewordenen Anfechtungsklagen: Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 131, Rn 7c).

2.

Mit dem dem Kläger als kommunalen Träger vom Gesetzgeber mit dem Verfahren nach § 44a Abs 6 SGB II eingeräumten Klagerecht ist auch das Rechtsschutzinteresse des Klägers zu bejahen. Ebenfalls ist mit der so verstandenen Gesetzgebungsintention (dazu unter A.) auch ein Feststellungsinteresse, das ein berechtigtes Interesse voraussetzt, anzunehmen. Es entfällt nicht bereits deshalb, weil sich die Beanstandung des Klägers einzig aus der entgegenstehenden Weisungslage ergibt und eine etwaige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung im konkreten Einzelfall das handelnde Jobcenter in künftigen Fällen nicht von der Bindung an die Fachlichen Hinweise befreit (dazu ebenfalls unter A.). Dabei kann auch dahinstehen, ob der einzelne Leistungsempfänger hergeleitet aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs 1 GG) einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Rahmen einer bestimmten Verwaltungspraxis – hier der Bindung der Jobcenter an die Fachlichen Hinweise - geltend machen könnte (vgl. zur Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften bei Ermessensbindung: BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 2008 – 1 WB 19/07 –, Rn 23). Da der Kläger fortlaufend mit der Anwendungspraxis in § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II konfrontiert ist, ergibt sich ein Feststellungsinteresse jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der sog. tatsächlichen Präjudizialität (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 – B 3 KR 7/10 R –, BSGE 108, 206-222, SozR 4-2500 § 33 Nr 34, Rn 22). Zwar entfaltet die gerichtliche Feststellung keine darüberhinausgehende Bindungswirkung (sog. rechtliche Präjudizialität); gleichwohl ist zu erwarten – bei nicht ausgeschlossener höchstrichterlicher Entscheidung –, dass die an dem Entstehungsprozess der Fachlichen Hinweise beteiligten Entscheidungsträger (insbesondere das BMAS) sich den Argumenten einer anderslautenden Entscheidung nicht verschließen werden.

3.

Es liegen auch die besonderen, in § 44a Abs 6 SGB II normierten Voraussetzungen vor. Der Kläger hat in allen drei Einzelfällen die Monatsfrist eingehalten (Satz 1); er hat seinen Widerspruch zudem begründet (Satz 2). Es liegt auch – jeweils - die endgültige Feststellung nach Überprüfung durch die Beklagte vor (Satz 3). Der Kläger hatte dabei auch „höhere Leistungen“ im Sinne des § 44a Abs 6 Satz 1 SGB II zu erbringen. Die streitbefangene Auslegung zur Einkommensanrechnung im Rahmen des § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II führt konkret zu deutlich höheren Belastungen des Klägers, als bei Anwendung der vom Kläger für richtig gehaltenen Gesetzesauslegung (allein in den streitbefangenen Sanktionsfällen i.H.v. 1.565,10 Euro).

II.

Der Feststellungsanspruch greift in der Sache allerdings nicht durch. Die Fachlichen Hinweise zur Anwendung des § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II sind nicht zu beanstanden. Zwar kann § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II sowohl dahingehend ausgelegt werden, dass Einkommen und Vermögen auf die KdUH-Bedarfe nach Eintritt des Sanktionsereignisses (und Feststellung einer neuen Bedarfslage) anzurechnen sind, als auch dahingehend, dass die KdUH in der vor dem Eintritt des Sanktionsereignisses festgestellten Höhe zu erbringen sind. Sind allerdings beide Auslegungen denkbar, ist wegen des Ausnahmecharakters von Sanktionen als Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Existenzminimum die für den Hilfeempfänger günstigere Variante zu wählen.

Im Einzelnen:

1.

Nach § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II ist das Alg II bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bei einer Pflichtverletzung nach § 31 auf die für die Bedarfe nach § 22 zu erbringenden Leistungen beschränkt.

Dabei kann der Wortlaut – entsprechend den Fachlichen Hinweisen - so zu verstehen sein, dass ohne eine erneute Bedarfsrechnung die vor Eintritt des Sanktionsereignisses bewilligten KdUH weiterhin zu gewähren sind, wenn von den „zu erbringenden Leistungen“ die Rede ist. Die vom Kläger gewählte Auslegung wird allerdings ebenfalls vom Wortlaut gedeckt und zwar der Systematik folgend, dass der Feststellung eines Bedarfes (der nunmehr wegen der Sanktion nur noch für die KdUH anzuerkennen ist) Einkommen und Vermögen bedarfsmindernd gegenüberzustellen sind (so auch ohne nähere Begründung für die Einkommensanrechnung: Berlit in: Münder, LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 31a, Rn 36).

Unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsmaterialen kommt der Senat nicht zu dem Ergebnis, dass die von der Beklagten vertretene und für die von der Sanktion betroffenen unter 25jährigen Personen schonendere Auslegung nicht vertretbar oder sogar rechtswidrig ist. Zutreffend hat das SG herausgearbeitet, dass der Leitgedanke des Gesetzgebers ausweislich der vorliegenden Materialien der Erhalt der Wohnung des betroffenen Leistungsempfängers war (vgl. insoweit die vom SG in Bezug genommenen Gesetzgebungsmaterialien Seite 5 bis 7 des Urteils). Wollte der Gesetzgeber mit der im Vergleich zu der Sanktion bei über 25jährigen Personen - diese trifft in der ersten Stufe der Sanktion nach § 31a Abs 1 Satz 1 SGB II ein fixer Minderungsbetrag in Höhe von 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs, der sich ggf. auch mindernd auf die übrigen Alg II-Bestandteile (KdUH) auswirken kann - bereits in der ersten Stufe sehr weitreichenden Folge der Beschränkung der Bedarfe auf die KdUH zwar in höherem Maße erzieherisch auf die Personengruppe der unter 25jährigen Personen einwirken, sollte aber gleichzeitig zumindest die Wohnung gesichert sein. Die KdUH wären (rechnerisch) zwar auch unter Anrechnung von Einkommen gedeckt, zusammengesetzt dann aber aus dem eigenen Einkommen und einer Alg II-Leistung in Höhe des ungedeckten Bedarfs. Dass dabei das Einkommen dann nicht mehr für den Lebensunterhalt verwendet werden kann, trifft den Leistungsempfänger ohne Einkommen, der nur noch KdUH-Leistungen erhält, in gleicher Weise. Nur die von der Beklagten vertretene Auslegung kann allerdings bei unter 25jährigen Personen in der ersten Sanktionsstufe das Eintreten von Mietschulden effektiv verhindern, weil der SGB II-Träger unter Anwendung der Soll-Vorschrift des § 31a Abs 3 Satz 3 SGB II die – im Normalfall vollständigen - KdUH an Vermieter und andere Empfangsberechtigte auszahlen kann (zur Anwendung der Norm auch bei unter 25jährigen Personen: S. Knickrehm/Hahn in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 31a, Rn 28). Der Senat neigt daher wegen des Schutzzwecks der Norm sogar dazu, die Auslegung der Beklagten als die zutreffende anzusehen. Die Auslegung des Klägers gefährdet hingegen den Schutzzweck der Norm, weil das Jobcenter keinen Einfluss auf die Verwendung des Einkommens für die Mietzahlung hat und somit in vielen Fällen bereits bei der ersten Sanktion von unter 25jährigen Leistungsbeziehern eine Gefährdung der Wohnung eintritt.

Gegen diese Auslegung spricht auch nicht der Umstand, dass der Leistungsempfänger mit Einkommen gegenüber dem Leistungsempfänger ohne Einkommen bessergestellt ist (bis hin zu einer faktischen Nullwirkung der Sanktion). Die Privilegierung von Einkommensbeziehern kennt das SGB II-System auch über die Berücksichtigung von Freibeträgen, die den Leistungsempfänger mit Einkommen rechnerisch besserstellen. Die erste Stufe der Sanktion bleibt auch nicht wirkungslos, denn sie bildet die Grundlage für den vollständigen Wegfall des Alg II bei wiederholter Pflichtverletzung (§ 31a Abs 2 Satz 2 SGB II).

2.

Ob die von der Beklagten vertretene Auffassung die einzig zutreffende ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Sind nämlich beide Auslegungen denkbar (vgl. zu diesem Rechtsgedanken im Zusammenhang mit den Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26. Mai 2015 – L 7 AS 1059/13 -; SG München, Beschluss vom 7. Februar 2012 – S 45 AS 185/12 ER - ), wählen die Fachlichen Hinweise der Beklagten in verfassungsrechtlich gebotener Weise die mildere Variante.

Das Alg II konkretisiert das grundgesetzlich geschützte Existenzminimum:

„Das durch Art 1 Abs 1 GG begründete und nach dem Sozialstaatsgebot des Art 20 Abs 1 GG auf Konkretisierung durch den Gesetzgeber angelegte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verpflichtet den Staat dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen zur Verfügung stehen, wenn einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit, noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann.“ (BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 19/14 R –, BSGE 119, 17-33, SozR 4-4200 § 31a Nr 1, Rn 51).

Das bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber das Existenzminimum voraussetzungslos gewähren muss; er handelt vielmehr im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, wenn er die Gewährung von Leistungen an Bedingungen – hier das Bemühen um die Integration in den Arbeitsmarkt – knüpft (BSG, aaO, Rn 51 ff; kritisch zur Frage, ob allein die Gewährung von Sachleistungen das Existenzminimum sicherstellt: S. Knickrehm/Hahn in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 31, Rn 7 mit umfangreichen weiteren Nachweisen).

Stellen Sanktionen demnach einen grundsätzlich zulässigen Eingriff in das Existenzminimum dar, muss der Umfang des Eingriffs wegen ihres Ausnahmecharakters zweifelsfrei zu bestimmen sein. Wollte der Gesetzgeber dabei nicht erkennbar und unzweideutig von seinem Gestaltungsspielraum in einer bestimmten Art und Weise Gebrauch machen, so ist in verfassungskonformer Auslegung die für den Leistungsempfänger günstigere Variante zu wählen (vgl.  BVerfG, Urteil vom 24. April 1985 – 2 BvF 2/83 –, BVerfGE 69, 1-92, Rn 180, wonach der Gesetzgeber gehalten ist, soweit er in grundrechtlich geschützte Positionen eingreifen will, eine unzweideutige Fassung zu wählen). Die günstigere Auslegung entspricht hier derjenigen in den Fachlichen Hinweisen der Beklagten, weil die von einer Sanktion in der ersten Stufe betroffene unter 25jährige Person über ihr Einkommen, soweit es nicht bereits mit der ursprünglichen Leistungsbewilligend mindernd auf die KdUH-Leistungen angerechnet wurde, frei verfügen kann.

III.

Da bereits der Feststellungsanspruch nicht durchgreift, hat der Kläger auch keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte. Es bedarf daher keiner Erörterung, ob und auf welcher Anspruchsgrundlage ein solcher (Schadensersatz-)Anspruch überhaupt in Betracht käme.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs 1 VwGO. Der Kläger ist allerdings nach § 2 Abs 3 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 64 Abs 3 Satz 2 SGB X von der Zahlung der Kosten befreit.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die Klagebefugnis des kommunalen Trägers und die zutreffende Klageart im Verfahren nach § 44a Abs 6 SGB II sowie die Anrechenbarkeit von Einkommen und Vermögen bei den KdUH in den Fällen des § 31a Abs 2 Satz 1 SGB II zugelassen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63, 52 Abs 1, Abs 3 Satz 1 Alt. 1, 47 GKG. § 52 Abs 3 Satz 2 GKG – Auswirkung auf künftige Geldleistungen - greift nicht (vgl. dazu unter A. und B).