Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 26.09.2018, Az.: L 3 KA 101/16

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
26.09.2018
Aktenzeichen
L 3 KA 101/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74040
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 07.09.2016 - AZ: S 78 KA 369/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Ermächtigung eines Herzchirurgen zur Beurteilung besonders schwieriger Fälle ist an die Einhaltung des sog. Facharztfilters (hier: zugunsten von Kardiologen und Angiologen) geknüpft.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. September 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.119 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Umfang einer Ermächtigung.

Der Kläger ist Facharzt für Herzchirurgie und Leiter des entsprechenden Bereichs in der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Klinikums E.. Seit 2008, zuletzt mit Beschluss vom 16. September 2009 für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2011, erteilte ihm der Zulassungsausschuss E. für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit eine Ermächtigung zur Durchführung von Konsiliaruntersuchungen in besonderen Zweifelsfällen der Herzchirurgie zur Abklärung der Frage, ob eine operative Behandlung in der Abteilung für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie im Städtischen Klinikum E. erforderlich ist, sowie zur Behandlung komplizierter Folgezustände nach dort stationär durchgeführten Eingriffen. Die Ermächtigungen waren an entsprechende Überweisungen von Vertragsärzten gebunden.

Auf den erneuten Antrag des Klägers vom 6. Juli 2011 fasste der Zulassungsausschuss den Beschluss vom 7. September 2011, mit dem der Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2013 für folgende Leistungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt wurde:

Auf Überweisung von Fachärzten für Innere Medizin - Kardiologie - und Fachärzten für Innere Medizin - Angiologie -:

1. Konsiliaruntersuchung in besonderen Zweifelsfällen der Herzchirurgie zur Abklärung der Frage, ob eine operative Behandlung in der Abteilung für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie in der Städtischen Klinikum E. F., G. H., erforderlich ist.

01321, 02340, 02343, 40120, 40144

2. Behandlung komplizierter Folgezustände nach stationär in der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie in der Städtischen Klinikum E. F., I. durchgeführten Eingriffen wegen nicht vorhersehbarer und erst nach Abschluss der poststationären Behandlung gemäß § 115 a SGB V aufgetretener und den Behandlungserfolg gefährdenden Komplikationen.

Die Daten der stationären und poststationären Behandlung gemäß § 115 a SGB V sowie die Art der Komplikationen sind bei der Abrechnung anzugeben.

01321, 02340, 02343, 40120, 40144.“

Der darüber hinausgehende Antrag (mit dem ua alle „niedergelassenen Ärzte“ als Überweiserkreis geltend gemacht worden war) wurde abgelehnt. Zur Begründung wies der Zulassungsausschuss darauf hin, dass die von ihm befragten niedergelassenen Kardiologen und Angiologen zwar mitgeteilt hätten, noch freie Kapazitäten für die Durchführung von Konsiliaruntersuchungen zu haben. Allerdings werde ein Bedürfnis dafür gesehen, dass komplizierte Folgezustände, die nicht vorhersehbar seien und den Behandlungserfolg gefährdeten, durch die operierende Abteilung selbst nachbehandelt werden. Außerdem handele es sich bei dem Leistungsspektrum des Klägers um ein Spezialgebiet der Herzchirurgie, sodass insgesamt eine krankenhausnahe Behandlung bzw Untersuchung als erforderlich angesehen werde. Die Tatsache, dass der Kläger auf einem Spezialgebiet der Herzchirurgie tätig sei, führe jedoch auch dazu, dass der beantragte Überweiserkreis auf Fachärzte für Innere Medizin mit den Schwerpunkten Kardiologie oder Angiologie einzuschränken sei.

Hiergegen rief der Kläger am 18. November 2011 den Beklagten an und beantragte am 20. Dezember 2011 bei dem Sozialgericht (SG) Hannover den Erlass einer einstweiligen Anordnung (AZ: S 61 KA 718/11 ER), wobei er jeweils das Ziel verfolgte, zur Durchführung der geltend gemachten Untersuchungen und Behandlungen auf Überweisung von Vertragsärzten ermächtigt zu werden. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, die Bedarfsermittlung des Zulassungsausschusses sei fehlerhaft gewesen, weil nicht ansatzweise erkennbar sei, wie ein niedergelassener Kardiologe die Frage nach der Notwendigkeit zur Erteilung einer Ermächtigung überhaupt beantworten solle, da es um hochspezielle herzchirurgische Fragestellungen gehe. Der einzige Facharzt, der eine verlässliche Aussage hinsichtlich der Erforderlichkeit der Ermächtigung in begehrtem Umfang machen könne, sei der Chefarzt der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie in E., der eine Beschränkung der Ermächtigung auf ausschließlich kardiologische Zuweisungen in einer Stellungnahme vom 16. Dezember 2011 als nicht zielführend bezeichnet hatte.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Beschluss vom 21. März 2012 (abgesandt am 31. Mai 2012) zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Erbringung der beiden Ermächtigungspunkte auf Überweisung von Vertragsärzten, weil insbesondere eine Übergehung der Fachärzte für Innere Medizin - Kardiologie - mit dem gesetzlich normierten Vorrang der niedergelassenen (namentlich der fachärztlich tätigen) Vertragsärzte nicht in Einklang stehen würde. Im Übrigen schloss er sich einer Stellungnahme der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an, die diese unter dem 13. Februar 2012 im Eilverfahren S 61 KA 718/11 ER abgegeben hatte. Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wies das SG in diesem Verfahren mit Beschluss vom 27. April 2012 zurück.

Am 2. Juli 2012 hat der Kläger Klage zum SG Hannover erhoben, mit der er nach Ablauf des Ermächtigungszeitraums die Feststellung begehrt hat, dass der Beschluss des Beklagten vom 21. März 2012 rechtswidrig gewesen ist. Die hierin geforderte Überweisung eines Facharztes für Innere Medizin (Kardiologie oder Angiologie) sei sowohl aus fachlichen als auch aus praktischen sowie aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten unsinnig und falsch. Dies entspreche im Übrigen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; Hinweis auf Urteil vom 22. Juni 1994 - 6 RKa 21/92).

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7. September 2016 abgewiesen. Der Beklagte habe den weiter gehenden Ermächtigungsantrag des Klägers im Ergebnis zu Recht abgelehnt. In der Rechtsprechung des BSG sei die Zulässigkeit von „Überweisungsfiltern“ für Ermächtigungen bei qualitativ-speziellem Versorgungsbedarf anerkannt. Die Behauptung des Klägers, dass etwa auch internistisch tätige Hausärzte eine hinreichende Kompetenz zur Überweisung für die ermächtigten Bereiche besäßen, könne die - fachkundig mit einem Kardiologen besetzte - Kammer nicht nachvollziehen. Es sei vielmehr sinnvoll und notwendig, dass vor einer entsprechenden Überweisung an den Kläger eine fachärztliche Vorstellung erfolge, weil ansonsten die Gefahr drohe, dass der Kläger bei unvollständiger kardiologischer Befundlage, die der Kläger als Chirurg in der Regel nicht selbst beheben könne, eine Rücküberweisung vornehmen müsse. Diese Sichtweise werde dadurch bestätigt, dass parallel zum vorliegenden Verfahren ein weiteres Ermächtigungsverfahren der Fachärztin für Kardiologie Dr. J. betrieben werde, die auf Überweisung des Klägers kardiologisch-vertragsärztlich tätig werden wolle und in der Vergangenheit bereits gewesen sei.

Gegen das ihm am 15. September 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016 Berufung eingelegt, die am 10. Oktober 2016 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingegangen ist. Das SG sei irrtümlicherweise davon ausgegangen, dass es sich bei der Facharztschaft der Herzchirurgie um einen Annex des Gebietes Kardiologie handele. Dies sei jedoch nicht der Fall; vielmehr gehe es vorliegend nicht um kardiologische Bewertungen, sondern allein um herzchirurgische Fragen. Ein Überweisungsfilter könne nur innerhalb der jeweiligen Facharztschaft angewendet werden; niedergelassene Herzchirurgen gebe es im Planungsgebiet jedoch nicht. Unverständlich sei auch der Hinweis des SG auf das Ermächtigungsverfahren der Kardiologin Dr. J.. Auch dass Kardiologen bzw Angiologen aus Sicht der Kammer das Vorliegen besonderer Zweifelsfälle in der Regel weitaus besser beurteilen könnten, sei unverständlich und inhaltlich falsch.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. September 2016 aufzuheben und festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 21. März 2012 rechtswidrig gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Auch aus seiner Sicht liege es auf der Hand, dass die Fachgruppen der Kardiologen bzw Angiologen das Vorliegen besonderer Zweifelsfälle, für die der Kläger ermächtigt worden sei, beurteilen könnten und müssten. Dies ergebe sich aus den sich teilweise überschneidenden Weiterbildungsinhalten nach der Weiterbildungsordnung (WBO) der Ärztekammer Niedersachsen. Eine Inanspruchnahme des Klägers aufgrund einer hausärztlichen Zuweisung widerspreche im Übrigen der Aufteilung des Versorgungssystems in eine hausärztliche und eine fachärztliche Versorgung, die auch der Bedarfsplanung zugrunde liege.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Die Beigeladene zu 1. hat sich der Auffassung des Beklagten angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten und der Archivakte des SG Hannover zum Verfahren S 61 KA 718/11 ER verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Zutreffend sind die Vorinstanz und die Hauptbeteiligten davon ausgegangen, dass die ursprünglich als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) statthafte Klage während des erstinstanzlichen Verfahrens unzulässig geworden ist, weil sich der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 21. März 2012 mit Ablauf seines Geltungszeitraums Ende 2013 auf andere Weise erledigt hat (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB X>). Nach st BSG-Rspr (SozR 3-1500 § 54 Nr 47; SozR 4-2500 § 116 Nr 3 und 4) ist das Verfahren in den Fällen, in denen der Umfang der Ermächtigung strittig ist, dann im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 S 3 SGG) weiter zu führen. Das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse ist in der Gefahr begründet, dass der Beklagte unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung erlassen wird oder dies bereits getan hat (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl, § 131 Rn 10b mwN). Für die Annahme einer solchen Gefahr besteht schon deshalb Anlass, weil der Kläger inzwischen auch für den Zeitraum ab 1. Januar 2018 eine erneute Ermächtigung der hier streitigen Art auf Überweisung von Vertragsärzten beantragt hat.

2. Die auch im Übrigen zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Beschluss vom 21. März 2012 ist rechtmäßig.

a) Rechtsgrundlage hierfür ist § 116 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) iVm § 31a Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Danach können Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers vom Zulassungsausschuss zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Ermächtigungen kommen dann in Betracht, wenn die ambulante Versorgung von den niedergelassenen Ärzten und den Medizinischen Versorgungszentren nicht gewährleistet ist (BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 mwN). Eine Versorgungslücke kann sich nach der Rspr entweder daraus ergeben, dass in einem bestimmten Bereich zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken - Ermächtigung aus quantitativ-allgemeinen Gründen (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 4; SozR 4-2500 § 116 Nr 3) - oder daraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw nicht in erforderlichem Umfang erbracht werden - Ermächtigung aus qualitativ-speziellen Gründen (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 4; SozR 4-2500 § 116 Nr 3). Daneben kann eine Ermächtigung auch erteilt werden um zu ermöglichen, dass im Einzelfall trotz eines an sich zahlenmäßig und qualitativ ausreichenden Leistungsangebots der zugelassenen Vertragsärzte wegen der Schwierigkeit der Diagnose oder Behandlung ausnahmsweise auf die Erkenntnisse und Erfahrungen der besonders qualifizierten Krankenhausärzte zurückgegriffen werden kann (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 6 und Nr 12).

Vorliegend ist dem Kläger eine Ermächtigung der zuletzt genannten Art erteilt worden. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Ermächtigung ausdrücklich auf schwierige Diagnosen bzw Behandlungen beschränkt worden ist, nämlich auf „besondere Zweifelsfälle der Herzchirurgie“ und die diesbezügliche Abklärung einer operativen Behandlungsnotwendigkeit sowie die „Behandlung komplizierter Folgezustände“ im Anschluss an einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus des Klägers. Außerdem ergibt sich aus den Gründen im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 7. September 2011 - die sich der Beklagte ausweislich des angefochtenen Beschlusses zu eigen gemacht hat -, dass die vom Zulassungsausschuss befragten niedergelassenen Kardiologen und Angiologen mitgeteilt hatten, noch freie Kapazitäten für die Durchführung von Konsiliaruntersuchungen mit herzchirurgischen Fragestellungen zu haben. Es wurde lediglich ein Bedürfnis dafür gesehen, dass komplizierte Folgezustände, die nicht vorhersehbar sind und den Behandlungserfolg gefährden, durch „die operierende Abteilung“ selbst, dh durch den Kläger, nachbehandelt werden. Außerdem ist das Leistungsspektrum des Klägers als Spezialgebiet der Herzchirurgie eingestuft worden, sodass insgesamt eine krankenhausnahe Behandlung bzw Untersuchung als erforderlich angesehen worden ist.

b) Gemäß § 31a Abs 3 iVm § 31 Abs 7 S 2 Ärzte-ZV ist in dem Ermächtigungsbeschluss auch auszusprechen, ob der ermächtigte Arzt unmittelbar oder auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann. Hierzu haben der Beklagte (bzw der Zulassungsausschuss im vorangegangenen Beschluss vom 7. September 2011) rechtmäßig entschieden, dass der Kläger nur auf Überweisung von Fachärzten für Innere Medizin mit den Ausrichtungen Kardiologie oder Angiologie tätig werden kann. Die Einfügung dieses „Facharztfilters“ entspricht der stRspr des BSG, wonach es geboten sein kann, bei Ermächtigungen, die nicht auf quantitative Versorgungsdefizite, sondern auf das spezielle Leistungsangebot des zu ermächtigenden Arztes - hier: von der herzchirurgischen Kompetenz des Klägers getragene Untersuchungen und Behandlungen - gestützt werden, die Befugnis zur Überweisung denjenigen Fachärzten vorzubehalten, die aufgrund ihrer Ausbildung und der Ausrichtung ihrer Tätigkeit für die Behandlung der infrage kommenden Erkrankungen in erster Linie zuständig sind (SozR 3-2500 § 116 Nr 12; Urteil vom 27. Juni 2001 - B 6 KA 39/00 R - juris; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 39).

Die hiergegen vorgebrachten Einwände des Klägers gehen fehl.

aa) Zu Unrecht beruft er sich zur Stützung seiner Auffassung, er müsse von seiner Ermächtigung auf Überweisung aller Vertragsärzte ohne Beschränkung durch einen Facharztfilter Gebrauch machen können, auf das BSG-Urteil vom 22. Juni 1994 (6 RKa 21/92 = SozR 3-2500 § 116 Nr 6). Dort hatte das BSG zwar ausgeführt, dass für eine Ermächtigung nur auf Überweisung durch Fachkollegen kein Raum ist, wenn ein qualitativer Bedarf besteht, weil der Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung notwendige Leistungen anbietet, die von den niedergelassenen Vertragsärzten derselben Fachrichtung nicht erbracht werden können. Ein solcher Fall liegt hier aber gerade nicht vor. Wie der Zulassungsausschuss dargelegt hat, können vielmehr die im Planungsbereich niedergelassenen Kardiologen und Angiologen die Untersuchungs- und Behandlungsleistungen erbringen, die Gegenstand der Ermächtigung sind. Dies wird dadurch gestützt, dass nach dem Inhalt der Verwaltungsakte keiner der vom Zulassungsausschuss befragten fünf bzw der vom Beklagten (teilweise wiederholt) befragten sechs Kardiologen/Angiologen qualitative Versorgungsdefizite in Hinblick auf die streitgegenständlichen Voruntersuchungen bzw nachstationären Behandlungen gesehen hat. Vier der vom Beklagten befragten Kardiologen bzw Angiologen haben vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie selbst über ausreichende Kapazitäten für die betroffene Vordiagnostik bzw die Nachbehandlungen verfügen.

Wie bereits unter a) dargelegt liegt damit der - auch in der vom Kläger zitierten BSG-Entscheidung vom 22. Juni 1994 angeführte - Fall vor, in dem zwar eine quantitativ und qualitativ ausreichende Versorgung durch niedergelassene Ärzte gegeben ist, es aber dennoch sinnvoll sein kann, die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen des Krankenhausarztes oder die überlegene technische Ausstattung des Krankenhauses für die ambulante Behandlung nutzbar zu machen. Durch eine solche Form der Ermächtigung wird dem angegangenen Gebietsarzt eine Überweisung ermöglicht, wenn er in einem Einzelfall wegen der besonderen Schwierigkeit der Diagnose und/oder der Behandlung trotz des an sich ausreichenden eigenen Leistungsangebotes ausnahmsweise die Zuziehung des erfahreneren und besonders qualifizierten Krankenhausarztes für geboten erachtet (BSG-Urteil vom 22. Juni 1994 aaO). Dabei hat das BSG aaO bereits angedeutet und in späteren Entscheidungen näher ausgeführt, dass eine solche Ermächtigung - insbesondere zur Ermöglichung einer konsiliarischen Inanspruchnahme - nur unter der Voraussetzung zu tolerieren ist, dass durch die Festlegung des zulässigen Leistungsumfangs und durch eine sachgerechte Eingrenzung des Kreises der zuweisungsberechtigten Ärzte der Vorrang der frei praktizierenden Gebietsärzte gewahrt wird (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 12; vgl auch Urteil vom 27. Juni 2001 - B 6 KA 39/00 R - juris; SozR 4-1500 § 54 Nr 39).

Dem hat der Zulassungsausschuss und mit ihm der Beklagte Rechnung getragen, indem er die Ermächtigung in zweierlei Hinsicht beschränkt hat: Inhaltlich auf „besondere Zweifelsfälle der Herzchirurgie“ zur Abklärung der Indikation für eine Operation in der Klinik des Klägers bzw auf die nachstationäre Behandlung „komplizierter Folgezustände“ und personell durch die Reduzierung des Überweiserkreises auf niedergelassene Kardiologen bzw Angiologen.

bb) Wenn der Kläger gegen diesen Facharztfilter geltend macht, zur Entscheidung über die Notwendigkeit von Leistungen seines Ermächtigungsumfangs sei eine besondere herzchirurgische Kompetenz notwendig, die den Kardiologen und Angiologen fehle, ist dies kein geeignetes Argument zur Erreichung seines Ziels, auf Überweisung aller Vertragsärzte tätig werden zu können. Denn es ist nicht ersichtlich, warum zB Allgemeinmediziner oder hausärztlich tätige Internisten über diese Kompetenz verfügen sollten, nicht aber die spezialisierten Kardiologen und Angiologen. Hierauf hat zu Recht bereits die Beigeladene zu 1. im abgeschlossenen Eilverfahren S 61 KA 718/11 ER hingewiesen.

Im Übrigen kann der Senat die Zweifel des Klägers an der Kompetenz von Kardiologen bzw Angiologen nicht teilen. Damit sind auch seine Zweifel an der Verlässlichkeit der Aussagen unbegründet, die die vom Beklagten befragten Ärzte zur Bedarfslage gemacht haben. Dass diese Ärzte die fachliche Kompetenz besitzen, um darüber zu entscheiden, ob ein besonderer Zweifelsfall der Herzchirurgie im Sinne von Punkt 1 der hier problematischen Ermächtigung oder ein komplizierter Folgezustand nach Punkt 2 des Ermächtigungskatalogs vorliegt, ergibt sich bereits aus den Inhalten ihrer Weiterbildung. Bereits nach Abschn IV Nr 15.C.5 der WBO der Ärztekammer Niedersachsen vom 6. Februar 1993 (in der am 1. Juni 2004 in Kraft getretenen Fassung vom 13. März 2004) war Inhalt und Ziel der Weiterbildung der Internisten mit dem Schwerpunkt Kardiologie die Vermittlung, der Erwerb und der Nachweis besonderer Kenntnisse und Erfahrungen ua in der nicht invasiven und invasiven Diagnostik einschließlich der Indikationsstellung zu operativen Eingriffen. In entsprechender Weise umfassten Inhalt und Ziel der Weiterbildung des Schwerpunkts Angiologie nach Abschn IV. Nr 15.C.1 WBO aF auch die Vermittlung, den Erwerb und den Nachweis besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (ua) in der Indikationsstellung zu operativen Eingriffen. Die aktuelle WBO vom 27. November 2004 (idF des Änderungsbeschlusses vom 27. Oktober 2017) sieht in Abschn B Nr 13.6 für Fachärzte für Innere Medizin und Kardiologie als Weiterbildungsinhalt den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der interdisziplinären Indikationsstellung und Beurteilung von chirurgischen Behandlungsverfahren vor, in Abschn B Nr 13.2 für Fachärzte für Innere Medizin und Angiologie den Erwerb solcher Kenntnisse etc in der interdisziplinären Indikationsstellung zu operativen Eingriffen an den Gefäßen, der präoperativen Abklärung und der postoperativen Nachbetreuung.

Demzufolge ist der Vorstellung des Klägers entgegenzutreten, nur Herzchirurgen selbst könnten beurteilen, ob ein besonderer Zweifelsfall oder ein komplizierter Folgezustand iSd Ermächtigungskatalogs vorliegt. Eine Beschränkung des Facharztfilters auf (Überweisungen durch) Herzchirurgen scheidet schließlich aus. Denn es kann keine zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Herzchirurgen geben. Dies hat bereits das LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20. Januar 2016 - L 11 KA 74/09 ZVW - juris) auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-2500 § 95 Nr 15) entschieden und zur Begründung überzeugend darauf hingewiesen, dass ambulant erbringbare Leistungen im Gesamtspektrum des Fachgebiets Herzchirurgie nur von untergeordneter Bedeutung sind.

cc) Ohne Erfolg hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2018 schließlich darauf berufen, eine Ermächtigung auf Überweisung auch durch Hausärzte sei erforderlich, weil die Versicherten häufig mehrere Wochen oder Monate warten müssten, bis sie einen Termin beim Kardiologen erhielten. Denn zum einen macht er damit Versorgungsengpässe geltend, die eine Ermächtigung aus quantitativ-allgemeinen oder aus qualitativ-speziellen Gründen rechtfertigen würden, um die es im vorliegenden Fall - auch nach dem Antrag des Klägers vom Juli 2011 - aber nicht geht. Zum anderen ergeben sich für den hier allein maßgeblichen Zeitraum 2012 und 2013 weder aus den Angaben der befragten Kardiologen bzw Angiologen noch aus den Stellungnahmen der KÄV Anhaltspunkte dafür, dass entsprechende Engpässe bestanden hätten. Schließlich muss auch sein Vorbringen aus der mündlichen Verhandlung unberücksichtigt bleiben, es bestehe ein Bedarf von Versicherten, durch ihn eine Zweitmeinung zur Erforderlichkeit herzchirurgischer Eingriffe zu erhalten. Denn die hierfür maßgebliche Vorschrift des § 27b SGB V ist erst mit Wirkung vom 23. Juli 2015 (als Folge des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes ˂GKV-VSG˃ vom 16. Juli 2015 ˂BGBl I 1211˃) in Kraft getreten und galt mithin im hier fraglichen Zeitraum noch nicht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm §§ 154 Abs 2 und 3, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus der Anwendung von § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 1 GKG. Grundlage hierfür ist die Differenz der sich aus der Ermächtigung im Jahr 2011 (ohne Facharztfilter) und 2013 (mit Facharztfilter) ergebenden Honorareinnahmen aus Ermächtigung, die nach den unbestrittenen Angaben der KÄV 1.119,20 Euro beträgt. Von dieser Summe war einerseits eine Krankenhausabgabe iHv 50 vH abzuziehen, andererseits war der sich hieraus ergebende Betrag angesichts eines zweijährigen Ermächtigungszeitraums wiederum zu verdoppeln.