Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 24.03.2015, Az.: 2 A 780/13

Aufnahmevoraussetzungen; unterschiedliche Aufnahmevoraussetzungen; Ausbildungstätte; Fähigkeiten; soziale Gründe; ausbildungsbezogene Gründe; High Seas High School; HSHS; Inlandsförderung; Schwerpunktsetzung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
24.03.2015
Aktenzeichen
2 A 780/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45263
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Teilnahme an dem Bildungsprojekt "High Seas High School" (HSHS) an der Hermann-Lietz-Schule Spiekeroog ist ungeachtet ihres ausländischen Bezuges an den Grundsätzen der schulischen Inlandsförderung zu messen.
2. HSHS stellt wegen seiner besonderen Aufnahmevoraussetzungen, seiner maritim-geographischen Ausrichtung sowie seiner Schwerpunktsetzung im Bereich der Entwicklung sozialer Fähigkeiten keine der Klassenstufe 10 eines (wohnortnahen) allgemeinen Gymnasiums entsprechende Ausbildungsstätte i.S.d. § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG dar, so dass eine Förderung auswärtiger Beschulung nach dem BAföG für eine Teilnahme an HSHS dem Grunde nach möglich ist.

Tenor:

Der Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2013 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für die Teilnahme an dem Bildungsprojekt „K.“ an der L. -M. -Schule (Gymnasium) N. von Oktober 2013 bis einschließlich Mai 2014 Ausbildungsförderung nach den gesetzlichen Bestimmungen über die schulische Inlandsförderung zu bewilligen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen ihn festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die am xxx 1998 geborene Klägerin, vertreten durch ihre allein sorgeberechtigte Mutter, begehrt vom Beklagten Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für die Teilnahme an dem Projekt „K. (O.) - Das segelnde Klassenzimmer“ der L. -M. -Schule N. für den 21. Segeltörn 2013/14, der den Zeitraum 10. Oktober 2013 bis 3. Mai 2014 umfasste. Die Schule, eine staatlich anerkannte gymnasiale Ersatzschule i.S.d. § 148 NSchG (Internatsgymnasium), die nach den Grundsätzen der Reformpädagogik L. M. ‘ geführt wird, wird von der gleichnamigen, 1984 neu gegründeten gemeinnützigen GmbH (Amtsgericht Aurich HRB 1536) getragen.

Das an dieser Schule angesiedelte Projekt O. - das von der gesonderten gleichnamigen gGmbH (Amtsgericht Aurich HRG 1925) veranstaltet wird - ist seit 1993 etabliert, allerdings weder gesondert schulbehördlich genehmigt oder anerkannt worden noch gesondert im Nds. Ausbildungsstättenverzeichnis erfasst. Es zieht Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedenen Bundesländern und teilweise auch aus anderen europäischen Staaten an. Die erklärten Ziele des Projekts betreffen vier große Bereiche (Verantwortung übernehmen, Herausforderungen meistern, Schulwissen erleben, andere Menschen und Kulturen kennenlernen). Der bloße schülerische oder elterliche Wille, an dem Projekt teilzunehmen, ist nicht entscheidend. Zugelassen wird nur, wer im Rahmen eines besonderen, mehrstufigen Verfahrens ausgewählt wurde. Zur Vorbereitung der Auswahlentscheidung sind Bewerbungsunterlagen einzureichen, die neben Belegen über sehr gute schulische Leistungen und breites außerunterrichtliches Engagement  auch  ein  aussagekräftiges  Motivationsschreiben  enthalten  müssen.  Ferner wird die grundsätzliche Eignung der Bewerberinnen und Bewerber zum Erlernen des Segelns in einem einwöchigen Probetörn praktisch überprüft. Während der knapp sieben Monate segeln die 26 teilnehmenden Schülerinnen und Schüler auf dem Topsegelschoner (Zweimaster) „P.“, der in Bremen beheimatet ist und deshalb unter deutscher Flagge fährt, von Hamburg aus via Teneriffa über den Atlantischen Ozean und via Martinique in die Karibik zunächst bis nach Panama. Dort gehen sie für etwa zwei Monate an Land und reisen auf dem Landweg weiter nach Costa Rica. Von dort aus segeln sie nach Honduras, wo sie erneut von Bord gehen und einen Tauchkurs absolvieren. Schließlich segeln sie nach Kuba, um sich dort einige Zeit aufzuhalten, und weiter zurück über die Bahamas, Bermudas und die Azoren nach Hamburg. An Bord findet nach einem Plan, der im Wesentlichen dem Nds. Lehrplan für Gymnasien entspricht, schulischer Unterricht einschließlich Leistungskontrollen, Referaten und Klassenarbeiten statt, der von Lehrern und Pädagogen der L. -M. -Schule sowie von externen Lehrkräften abgehalten wird. Die Unterrichtsphase nimmt ungefähr sieben bis acht Stunden pro Tag in Anspruch und wechselt sich mit etwa gleich langen Wachen/sonstigen Borddiensten und Schlafphasen im Dreischichtsystem ab. Am Ende des Törns wird ein Zeugnis ausgestellt. Spanisch wird über den Sprachunterricht an Bord hinaus zwei Wochen lang in Costa Rica durch Muttersprachler nahegebracht. In allen Unterrichtsfächern an Bord werden Themen mit einem maritimen Schwerpunkt anhand konkreter und aktueller Anschauungsobjekte vor Ort behandelt, etwa die Geschichte der Sklaverei an der Küste Afrikas, meeresbiologische und meereschemische Themen, Tektonik und Vulkanismus am Beispiel Mittelamerikas, die Mathematik der Navigation, die Physik des Segelns, seemännische Meteorologie im Fach Geographie, die Besichtigung des Wohnhauses Ernest Hemingways und der Originalschauplätze seiner Novelle „Der alte Mann und das Meer“ auf Kuba im Englischunterricht. Die Schülerinnen und Schüler lernen auf dem Schiff aber auch in praktischer Hinsicht, nautische Handlungen wie Segeln und Navigieren sowie sonstige seemännische Verrichtungen wie Backschaft (Kochen), Wachen und Putzen auszuführen. Ab Kuba findet die sog. Übergabe des Schiffes an die Schülerinnen und Schüler statt, die einen Kapitän, Bootsmann, Steuerleute etc. bestimmen, welche diese Funktionen ausfüllen; die hauptamtliche Segelcrew bleibt ab diesem Zeitpunkt nur noch subsidiär (für Notfälle) an Bord. Die Rückreise über den Atlantik müssen die Teilnehmerrinnen und Teilnehmer seglerisch sogar eigenverantwortlich bewältigen. Die Reise stellt an die Schülerinnen und Schüler, die auf dem Schiff den Naturgewalten ausgesetzt sind, erhebliche körperliche und mentale Anforderungen im Hinblick auf die Wahrnehmung von Eigenverantwortung und das Zusammenwirken im Team mit anderen Schülern, Lehrkräften und Schiffspersonal, insbesondere wegen des besonderen „Settings“ und der Zusammensetzung der Gruppe und weil das Schiff naturgemäß außerhalb vorgesehener Landungen nicht verlassen werden kann. Während der Landaufenthalte, die innerhalb des siebenmonatigen Gesamtreisezeitraums im Umfang von zwei Monaten vorgesehen sind, besuchen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gastweise den Unterricht an Schulen des jeweiligen Staates, helfen bei der Zuckerrohr- und Kaffeeernte, erhalten Einblicke in soziale Projekte (Produktion fair gehandelten Kaffees) und treten in Camps mit ausländischen Schülern und Lehrern sowie Gastfamilien in Kontakt. Zurück an Bord findet eine Vertiefung in Projektarbeiten und Referaten statt.

Die Klägerin besuchte im Schuljahr 2012/13 die 9. Klasse des Q. -R. s S.. Im hier streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum wäre sie in der 10. Klasse gewesen; die Klassenkonferenz empfahl ihr im Rahmen der Zeugniserteilung für die 9. Klasse angesichts ihrer besonders guten Leistungen jedoch das Überspringen der 10. Klassenstufe. Aufgrund einer schulischen Empfehlung bewarb sich die Klägerin im März 2013 um die Teilnahme an dem o.g. 21. Segeltörn der O.. Ihre Bewerbung hatte aufgrund des „überzeugenden Motivationsschreibens, hervorragender Schulnoten und Empfehlungen sowie eines breiten Spektrums an Interessen und Aktivitäten im sozialen und kulturellen Bereich“ Erfolg (vgl. das Beurteilungsschreiben der O. vom 23. August 2013, Bl. 66 der GA). Die Klägerin nahm an dem einwöchigen Probetörn auf der Ostsee Anfang Juni 2013 teil und erhielt unter dem 27. Juni 2013 die Bestätigung der O. über ihre Teilnahme an dem Projekt.

Bereits am 13. Juni 2013 hatte das Q. -R. die Klägerin gemäß § 4 VO-GO „für einen längerfristigen Auslandsaufenthalt“ im o.g. Zeitraum beurlaubt und zugleich verfügt, im nachfolgenden Schuljahr 2014/15 werde die Klägerin in die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe eintreten. Dies ist nach Rückkehr der Klägerin geschehen; sie besucht derzeit - wieder - das Q. -R. in S..

Mit formlosem Schreiben vom 8./10. Juli 2013, das auf einen „Antrag für Schüler BaföG als Auslands-BaföG“ verwies (Bl. 10 der Beiakte A), beantragte die Klägerin beim Studentenwerk E. (Eingang am 12. Juli 2013) für die Teilnahme an dem Projekt O. die Bewilligung von Ausbildungsförderung. Beigefügt waren zunächst nur die Teilnahmebestätigung der O. vom 27. Juni 2013, das Formblatt 1 und die Anlage 1 hierzu sowie weitere Erläuterungen zum Projekt, unter anderem mit dem Hinweis, hierbei handele es sich um eine Form der Begabtenförderung, die an öffentlichen Schulen (so) nicht stattfinde. Bei einer positiven Entscheidung zur Förderfähigkeit werde man die weiteren Unterlagen einreichen. Dies geschah erst später während des laufenden Klageverfahrens (Formblatt 2 - Bescheinigung nach § 9 BAföG - sowie Formblätter 3 bezüglich der Eltern der Klägerin).

Das Studentenwerk reichte den Antrag zuständigkeitshalber an das Amt für Ausbildungsförderung des Beklagten weiter, wo er am 13. Juli 2013 einging. Der Beklagte holte insbesondere zur Klärung der Frage, ob sich die Förderung des Projekts O. nach Auslands- oder Inlandsgrundsätzen richte und zulässig sei, eine Auskunft der Nds. Landesschulbehörde - Regionalabteilung Lüneburg - ein, die der Ansicht war, es handele sich um eine Inlandsausbildung, weil die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während des Projekts O. formal nicht einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte angehörten, sondern an Bord von Lehrkräften der inländischen L. -M. -Schule nach dem Lehrplan für das Nds. Gymnasium unterrichtet würden. Die Nds. Landesschulbehörde vertrat unter Verweis auf eine Entscheidung der früheren Bezirksregierung Weser-Ems vom 25. Oktober 2004 die Auffassung, es handele sich bei O. weder um eine eigenständige Schule noch um einen eigenständigen Bildungsgang; vielmehr liege nur ein besonderes Bildungsangebot einer staatlich anerkannten Ersatzschule vor, welches die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a BAföG für die Gewährung von inländischem „Schüler-BAföG“ nicht erfülle.

Dieser Beurteilung der Sach- und Rechtslage folgend und die Ausführungen der Nds. Landesschulbehörde teilweise wiederholend lehnte der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 26. Juli 2013 den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, die Voraussetzungen einer auswärtigen Unterbringung aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 1a Nr. 1 BAföG lägen nicht vor. Die Klägerin könne von der Wohnung ihrer Mutter aus weiterhin eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte in S. - das Q. -R. - erreichen und dort wie beabsichtigt das Abitur ablegen. Es seien keine ausbildungsbedingten Gründe ersichtlich, die den Besuch der L. -M. -Schule auf N. - und damit auch des von dieser vorgehaltenen Bildungsprojekts O. - förderungsrechtlich rechtfertigen könnten. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe jedenfalls nicht hervor, dass es sich um ein spezielles Angebot für Hochbegabte handele. Für eine Teilnahme würden lediglich gute Zeugnisse, Neugier, Interesse an anderen Ländern, Menschen und Situationen, Verantwortungsbereitschaft und Engagement im sozialen, sportlichen oder kulturellen Bereich gefordert.

Hiergegen hat die Klägerin am 27. August 2013 Klage erhoben.

Zur Begründung hat sie zunächst geltend gemacht, bei dem Bildungsprojekt O. handele es sich um eine „im Ausland gelegene Ausbildungsstätte“ im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG. Nunmehr stützt die Klägerin ihre Klage darauf, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Schüler-BAföG im Inland, insbesondere gemäß § 2 Abs. 1a BAföG vorlägen, weil ausbildungsbedingte Gründe eine auswärtige Unterbringung erforderten. Eine der L. -M. -Schule mit ihrem besonderen Bildungsangebot O. entsprechende Ausbildungsstätte sei von der Wohnung ihrer Mutter in S. aus nicht erreichbar. Die bloße Verweisung auf das wohnortnahe Q. -R. als zumutbare Ausbildungsstätte werde ihrer individuellen Hochbegabung nicht gerecht. Es handele sich nicht lediglich um einen Ausflug oder eine räumliche Verlagerung des Klassenzimmers, vielmehr finde anhand eines ambitionierten Programms gleichwertiger gymnasialer Unterricht mit besonderem Schwerpunkt statt. Somit sei das streitgegenständliche Bildungsprojekt mit dem Projekt „Klassenzimmer unter Segeln (KUS)“ der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vergleichbar, für welches das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus entschieden habe, die Teilnahme hieran einem Schulbesuch im Ausland gleichzustellen, es allerdings nur nach Inlandsgrundsätzen zu fördern. Die Bildungsziele von O. seien qualitativ mit einer Ausbildungsstätte mit besonderem Sprachangebot oder aber mit der Förderung sportlich Hochbegabter an Sportgymnasien mit Internatsunterbringung vergleichbar. Die Zielrichtung einer Hochbegabtenförderung manifestiere sich bei O. daran, dass nur sehr leistungsstarke, engagierte und praktisch für das Segeln geeignete Schüler mitreisen dürften. Schließlich sei das intensive Erlernen der spanischen Sprache ein weiteres Ziel des Bildungsprojektes. Insofern sei dieses vergleichbar mit Sprachaufenthalten von Zehntklässlern im Ausland. Mehrmonatige Sprachreisen im Ausland würden unstreitig mit Leistungen nach dem BAföG gefördert. Folgte man dem Beklagten, wären bedürftige Schüler von einer Teilnahme an dem ihrer individuellen Hochbegabung entsprechenden Projekt O. ausgeschlossen. Das Bildungsprojekt sei an der L. -M. -Schule angesiedelt und daher von deren Anerkennung als Ersatzschule mitumfasst, so dass eine gesonderte Anerkennung des Projekts O. weder erfolgt noch erforderlich sei. Wegen der Einzelheiten des Ablaufs des 21. Segeltörns verweist die Klägerin auf die von ihr eingereichte allgemeine Projektbeschreibung, Bl. 32 ff. der GA, sowie auf ihr Zeugnis über die Teilnahme an diesem konkreten Segeltörn vom 3. Mai 2014, Bl. 105 ff. der GA.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

ihr unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 26. Juli 2013 Leistungen nach dem BAföG (Inlands-BAföG) entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er teilt zwar die inzwischen auch von der Klägerin gewonnene Auffassung, dass es sich bei O. ungeachtet der äußeren Umstände um eine Inlandsausbildung handele und verweist hierzu auf das an die L. -M. -Schule gerichtete Schreiben des Nds. Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 27. August 2013 (Bl. 80 f. der GA). Danach erfülle O. nicht die Kriterien des BAföG für einen förderfähigen Auslandsaufenthalt. Denn der Besuch einer ausländischen Ausbildungsstätte setze voraus, dass der Auszubildende dieser Organisation rechtlich angehöre und die Ausbildung an ihr betreibe. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gewährleistet, da die Teilnehmer des Bildungsprojektes während des Zeitraums des Segeltörns weiterhin der L. -M. -Schule in N. angehörten. Allerdings - so der Beklagte weiter - lägen die weiteren Voraussetzungen einer Förderfähigkeit als Inlandsausbildung nicht vor. Hierzu verweist er auf seinen angegriffenen Bescheid. Anders als bei dem Projekt KUS, das vom Bayerischen Kultusministerium ausdrücklich einem Schulbesuch im Ausland gleichgestellt sei, aber nach Inlandsgrundsätzen gefördert werde, fehle es im vorliegenden Fall bezüglich des Bildungsprojektes O. an einer vergleichbaren Förderentscheidung des zuständigen Nds. Kultusministeriums.

In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2014 hat die Kammer mit den Beteiligten insbesondere das in Betracht kommende Förderungsregime (Auslands- oder Inlands-BAföG) erörtert und die Klägerin informatorisch zu ihrer Motivation für die Teilnahme, zum Procedere des Zugangs zu dem 21. Segeltörn sowie zu Ablauf, Inhalt und Resultaten des Projekts befragt. Darin hat diese u.a. ihre bereits im Motivationsschreiben an die O. geäußerte Absicht, Meeresbiologie zu studieren, bekräftigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Die Probeberechnung, die der Beklagte aufgrund der von der Klägerin im November 2014 einvernehmlich nachgereichten Formblätter 3 durchgeführt hat, ist zu einer fiktiven Förderungshöhe von 460,00 Euro monatlich (ohne Internatskosten) als Zuschuss gelangt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der gerichtlichen Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

I. Die Kammer kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO über die Klage ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

II. Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat gegen den Beklagten dem Grunde nach Anspruch auf Gewährung von Ausbildungsförderung für eine auswärtige Beschulung nach Inlandsgrundsätzen im Zeitraum Oktober 2013 bis Mai 2014.

1. Auf das in Rede stehende Bildungsprojekt O. an der L. -M. -Schule sind die Grundsätze der Inlandsförderung (§§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1a Satz 1 Nr. 1, 12 Abs. 2 Nr. 1 BAföG) anzuwenden, so dass diese Normen die maßgebliche Anspruchsgrundlage bilden.

Mit den Beteiligten und dem Nds. Kultusministerium ist davon auszugehen, dass die Klägerin während der Teilnahme an diesem Projekt keine ausländische schulische Ausbildungsstätte i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BAföG besucht hat. Für die gegenteilige Annahme fehlt es ungeachtet der Tatsache, dass die Klägerin sich - neben dem Aufenthalt auf Hoher See - im tatsächlichen Sinne mehrmals in ausländischen Staaten (Spanien, Panama, Costa Rica, Honduras, Kuba) aufgehalten hat, rechtlich daran, dass die Klägerin während dessen keiner konkreten (stationären) Ausbildungsstelle im Ausland organisationsrechtlich angehörig gewesen ist, an der sie eine Ausbildung tatsächlich betrieben hätte (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1988 - 5 C 59.85 -, juris Rn. 20), in deren gewöhnlichen Ablauf sie mithin integriert gewesen wäre. Der wiederholte gastweise Kurzbesuch von Schulunterricht an panamesischen, costa-ricanischen und kubanischen Schulen erfüllt diese Anforderung nicht. Im Übrigen unterschreitet der insgesamt zweimonatige Landaufenthalt, in dessen Rahmen diese Besuche stattfanden, die Mindestzeit von sechs Monaten oder - bei Kooperationsvereinbarungen - von zwölf Wochen (§ 5 Abs. 2 Satz 3 [nunmehr Satz 2] BAföG).

Das Segelschiff „P.“ der O. selbst kann ungeachtet des Umstandes, dass darauf im tatsächlichen Sinne rund fünf Monate lang Schulunterricht stattgefunden hat, im rechtlichen Sinne nicht als eine „im Ausland gelegene Ausbildungsstätte“ angesehen werden. Das Schiff selbst ist nicht einmal als Ausbildungsstätte einzustufen. Vielmehr verbleibt es bei dem Befund, dass die Klägerin während ihrer Teilnahme an O. und ihrer gleichzeitigen Beurlaubung durch das Q. -R. S. formal Schülerin der inländischen L. - M. -Schule N., einer staatlich anerkannten Ersatzschule i.S.d. § 148 NSchG, gewesen ist, mag diese die Durchführung des gymnasialen Unterrichts der Klasse 10 für die Projektteilnehmer - ohne die inhaltliche Verantwortung hierfür abzugeben - in einem wesentlichen Teil des Schuljahres 2013/14 auch auf die O. gGmbH übertragen haben. Daraus folgt, dass im Ergebnis - ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer Schiffsreise auf Hoher See und tatsächlicher kurzfristiger Landaufenthalte in atlantischen und amerikanischen Staaten - der Besuch einer inländischen Ausbildungsstätte gegeben ist, deren Förderfähigkeit dem Grunde nach an § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG zu messen ist und danach nur bei Notwendigkeit der auswärtigen Unterbringung bestand.

2. Die formellen Anspruchsvoraussetzungen sind erfüllt.

a) Das Amt für Ausbildungsförderung des Beklagten ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 BAföG für den Inlandsförderungsantrag zuständig, weil beide Elternteile der Klägerin ihren Wohnsitz im Landkreis E. haben (die Mutter Frau Dr. C. B. in S. und der Vater Herr T. U. in V.).

b) Der nach § 46 Abs. 1 BAföG erforderliche Antrag ist bereits am 12. Juli 2013 und damit - gemessen an dem Ausbildungsbeginn am 10. Oktober 2013 - rechtzeitig i.S.d. § 15 Abs. 1 BAföG bereits mit Eingang beim (unzuständigen) Studentenwerk E. (als Amt für Ausbildungsförderung der W. E.) gestellt worden (§§ 16 Abs. 2 Satz 2, 68 Nr. 1 SGB I; vgl. näher Ramsauer, in: ders./Stallbaum [Hrsg.], BAföG, 5. Aufl. 2014, § 46 Rn. 10). Zur Fristwahrung genügte ein formloser Antrag; die amtlichen Formblätter konnten - wie hier die Formblätter 3 bezogen auf die Eltern der Klägerin sowie das Formblatt 2 (Bescheinigung der Ausbildungsstätte nach § 9 BAföG) - bis zur Unanfechtbarkeit des Ablehnungsbescheides vom 26. Juli 2013 nachgereicht werden (vgl. Ramsauer, a.a.O., § 46 Rnrn. 5, 16). Der Antrag lässt sich - ungeachtet seiner ursprünglichen vermeintlichen Zielrichtung als Vorabentscheidungsantrag zur Auslandsförderung (§ 46 Abs. 5 BAföG) - wegen der im vorliegenden Fall bestehenden Schwierigkeiten einer Zuordnung zum in Frage kommenden Förderregime zugunsten der leistungsberechtigten Klägerin (vgl. die Meistbegünstigungsregeln der §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1, 16 Abs. 3, 18 Abs. 2, 68 Nr. 1 SGB I) dahin deuten, dass er sich (auch) auf eine Bewilligung von Inlands-BAföG - wenn sie denn in Betracht kommt - nach Grund und (zunächst auch) Höhe gerichtet hat. Von einer solchen Deutung ist offenbar auch der Beklagte selbst ausgegangen; denn andernfalls hätte er den auf die Versagung von Inlandsförderung gerichteten Bescheid vom 26. Juli 2013 nicht erlassen.

3. Auch die materiellen Voraussetzungen des von der Klägerin geltend gemachten Inlandsförderungsanspruchs dem Grunde nach sind gegeben.

a) Dies gilt zunächst für die förderungsfähige Ausbildungsart, die an die Schulform anknüpft. Die Beschulung an der L. -M. -Schule N. in Form einer Teilnahme am Projekt O. vom 10. Oktober 2013 bis zum 3. Mai 2014, d.h. in einem Teil des Schuljahres 2013/14, betraf der Sache nach die von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG erfasste Klassenstufe 10 der weiterführenden allgemeinbildenden Schule Gymnasium (vgl. §§ 11, 148 Abs. 1 Satz 3 NSchG). Die Klägerin ist der im Zeugnis der Klasse 9f des Q. -R. s vom 26. Juni 2013 (Bl. 60 der GA) ausgesprochenen Empfehlung ihrer Klassenkonferenz, einen (nämlich den 10.) Schuljahrgang zu überspringen, offenbar nicht gefolgt. Dafür spricht auch die Beurlaubung vom 13. Juni 2013 (Bl. 123 der GA), derzufolge die Klägerin erst im Schuljahr 2014/15 in die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe eintreten werde, womit dann nur die Klasse 11 gemeint sein konnte.

b) Soweit § 2 Abs. 1 Satz 3 BAföG besondere Anforderungen an den Träger der Schule stellt, sind diese hier erfüllt. Nach dieser Norm wird die schulische Ausbildung an einer öffentlichen Einrichtung - d.h. einer öffentlichen Schule i.S.d. § 1 Abs. 3 NSchG - oder an einer genehmigten Ersatzschule gefördert. Unter letzterem Begriff sind alle Ersatzschulen in freier Trägerschaft (vgl. § 1 Abs. 4 NSchG) - d.h. Privatschulen - zu verstehen, die i.S.d. Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG (mindestens) genehmigt worden sind (vgl. Pesch, in: Ramsauer/Stallbaum [Hrsg.], a.a.O., § 2 Rn. 40), d.h. die zumindest genehmigte Ersatzschulen im niedersächsischen Sinne (§ 143 NSchG) sind. Keinem Zweifel unterliegt es angesichts dessen, dass die (sogar darüber hinausgehend) staatlich anerkannten Ersatzschulen (i.S.d. § 148 NSchG) wie die hier in Rede stehende L. -M. - Schule, die noch näher am öffentlichen Schulwesen als die „bloß“ genehmigten Ersatzschulen orientiert sind, erst recht unter diesen Begriff fallen (so auch Pesch, a.a.O.; Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand: 37. Lfg. Mai 2014, § 2 Rn. 13.2).

c) Auch die durch § 2 Abs. 5 Sätze 1 und 2 BAföG statuierten zeitlichen Anforderungen sind eingehalten. Nach diesen Vorschriften muss der Ausbildungsabschnitt mindestens ein Schul- oder Studienhalbjahr dauern, und die Ausbildung muss die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nehmen. Offensichtlich entsprach der zeitliche Umfang der Inanspruchnahme der Klägerin durch die im Rahmen von O. vorgesehenen Aktivitäten (mindestens) dem einer Vollzeitschule. Das siebenmonatige Projekt erreichte auch die geforderte Mindestdauer des Ausbildungsabschnitts „Schulhalbjahr“ i.S.d. § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG. Unschädlich ist es, dass sich der unter 3. a) genannte Zeitraum nicht mit einem üblichen „ersten Halbjahr“ des Schuljahres 2013/14 an der L. -M. -Schule deckte, sondern später als dieses begann, dafür aber in das zweite Halbjahr hineinragte. Denn nach Sinn und Zweck ist die Mindestdauer dahin auszulegen, dass damit „sechs Monate“ gefordert werden (vgl. Fischer, in: Rothe/Blanke, a.a.O., § 2 Rn. 30; Pesch, in: Raumsauer/Stallbaum [Hrsg.], a.a.O., § 2 Rn. 4). Das ist bei knapp sieben Monaten gegeben.

d) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a.E. BAföG wird schulische Ausbildungsförderung („Schüler-BaföG“) seit langem nur noch unter den einschränkenden weiteren Voraussetzungen aus § 2 Abs. 1a BAföG gewährt, die hier jedoch entgegen der Ansicht des Beklagten erfüllt sind. Die allein in Betracht kommende Vorschrift des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG erfordert, dass im Bewilligungszeitraum der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnte und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar war, d.h. eine sog. „auswärtige Unterbringung“ erforderlich wurde. So lag es hier.

aa) Die Klägerin wohnte während der Teilnahme an O. (10. Oktober 2013 bis 3. Mai 2014) weder bei ihrer Mutter in S. noch bei ihrem Vater in V.. Unabhängig vom melderechtlichen Status ist für ein „Wohnen bei den Eltern“ nämlich erforderlich, dass der Auszubildende in dem o.g. Zeitraum mit seinen Eltern bzw. mit dem jeweiligen in den Blick zu nehmenden Elternteil in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebte (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1980 - 5 C 48.79 -, BVerwGE 61, 235 [237]). Eine solche ist hier offensichtlich bereits wegen des Umstandes zu verneinen, dass die Klägerin sich in dem betreffenden Zeitraum tatsächlich entweder an Bord der „P.“ oder in mittelamerikanischen oder karibischen Staaten an Land aufhielt. Die Kammer muss daher nicht der Frage nachgehen, ob die Klägerin am Wohnsitz der allein sorgeberechtigten Mutter in S. (vgl. § 11 Satz 1 BGB) in diesem Zeitraum weiterhin hauptwohnsitzlich gemeldet geblieben ist.

bb) Die Klägerin konnte während der Teilnahme an O. weder von der Wohnung ihrer Mutter noch von derjenigen ihres Vaters eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte erreichen. Zwar war das Q. -R. S. für die Klägerin von der Wohnung der Mutter aus (wie zuvor im Schuljahr 2012/13 und nun im laufenden Schuljahr 2014/15) in räumlicher Hinsicht ohne Weiteres auch im Schuljahr 2013/14 und damit in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum 10. Oktober 2013 bis 3. Mai 2014 für sie erreichbar. Indessen handelte es sich sachlich bei dem Q. -R. S. im Vergleich zur L. -M. -Schule N. in Form von O. in dem o.g. Zeitraum entgegen der Auffassung des Beklagten nicht um eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte i.S.d. § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG.

Eine entsprechende Ausbildungsstätte liegt grundsätzlich vor, wenn die von der Wohnung der Eltern aus erreichbare Ausbildungsstätte nach Lehrstoff (Inhalt), Schulstruktur und Bildungsgang zu dem angestrebten Ausbildungs- und Erziehungsziel (Abschluss) führt (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Juni 1990 - 5 C 3.88 -, NVwZ-RR 1990, 611, und vom 12. Dezember 1981 - 5 C 43.79 -, DVBl. 1982, 256 [BVerwG 12.02.1981 - BVerwG 5 C 43/79] [257]). Allerdings ist das nicht als abschließende Begriffsbildung zu verstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 1986 - 5 B 28.86 -, FamRZ 1986, 1159, juris Rn. 4). Über die genannten Kriterien hinaus kommen auch weitere - allerdings allein ausbildungsbezogene - Gründe für eine Wahl der auswärtigen Ausbildungsstätte in Betracht. Andere Gründe (etwa sozialer, familiärer oder persönlicher Art), die auf das Ausbildungsverhältnis nur mittelbar einwirken, nicht in einem wesensmäßigen Zusammenhang mit der zu fördernden Ausbildung selbst stehen, sind hingegen nicht berücksichtigungsfähig (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Oktober 1990 - 5 C 11.86 -, NVwZ-RR 1991, 303, und vom 5. Mai 1983 - 5 C 13.81 -, juris Rn. 18).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt hier nach jeder Betrachtungsweise zur Verneinung einer „Entsprechung“.

(1) Dies folgt bereits aus den eingangs genannten Kriterien.

(a) Die „Entsprechung“ i.S.d. § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG setzt voraus, dass die miteinander zu vergleichenden Ausbildungsstätten der gleichen Ausbildungsstättenart i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG zugehören (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1999 - 5 C 23.98 -, NVwZ 2000, 200 [201]). Der Umstand, dass wie hier beide Schulen derselben Schulform „Gymnasium“ zuzuordnen sind, führt aber lediglich zur Erfüllung einer notwendigen Bedingung der „Entsprechung“, reicht allerdings allein nicht dafür aus.

(b) Ebenso wenig genügt es, lediglich auf den angestrebten Abschluss abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. September 1996 - 5 B 177.95 -, juris Rn. 4), der hier in beiden Fällen gleich wäre. Sowohl bei einem gedachten Verbleib in Klasse 10 oder 11 auf dem Q. -R. S. als auch bei der von der Klägerin tatsächlich gewählten Teilnahme an O. in Klasse 10 stellte sich das Schuljahr 2013/14 für sie als ein weiterer Schritt auf dem Weg zur allgemeinen Hochschulreife (Abitur) dar, die sie von Anfang an nach Rückkehr von O. am Q. -R. zu erwerben beabsichtigte. Das von der Klägerin vorgelegte Zeugnis über die Teilnahme an O. im Schuljahr 2013/14 vermittelt keinen zusätzlichen Schulabschluss.

(c) Ob die Teilnahme an O. dazu führt, dass die Klägerin keinen gegenüber einem Verbleib am Q. -R. eigenständigen - sondern einen identischen - Bildungsgang eingeschlagen hat, wie der Beklagte im Gefolge der von der Nds. Landesschulbehörde vertretenen Auffassung meint, kann dahinstehen. In diesem Zusammenhang muss auch nicht geklärt werden, ob der sowohl im niedersächsischen Schulrecht (§§ 59 Abs. 1 Satz 1, 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG) als auch in der bundesrechtlichen Ausfüllung der Merkmale des § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG durch das BVerwG verwendete - aber nicht definierte - Begriff des „Bildungsgangs“ (so etwa bereits im Urteil vom 16. Dezember 1976 - BVerwG V C 43.75 -, BVerwG 51, 354 [356]) einen einheitlichen Bedeutungsgehalt hat. Im Schulrecht des Landes Niedersachsen wird der „Bildungsgang“ als Unterform einer Schulform verstanden (vgl. Littmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: 48. EL Januar 2015, § 59 Erl. 2.1). Unterschiedliche Bildungsgänge sollen - im Gegensatz zu bloßen „Besonderheiten des Bildungsangebots“, die die genannten Behörden hier allenfalls für gegeben erachten - vorliegen bei besonderen fachlichen (= inhaltlichen), methodischen, didaktischen oder pädagogischen Schwerpunktsetzungen, die sich in der Regel in einer ihnen entsprechenden (abweichenden) Gestaltung des Schulabschlusses niederschlagen (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 2  LB 364/12 -, juris Rn. 55). Demgegenüber scheint das BVerwG, das in seinem Urteil vom 16. Dezember 1976 (a.a.O.) etwa bereits eine kürzere Dauer der gymnasialen Ausbildung infolge einer abweichenden organisatorischen Gestaltung als gesonderten Bildungsgang bezeichnet hat, einem großzügigeren Ansatz zu folgen. Eine endgültige Begriffsklärung muss die Kammer aber im vorliegenden Verfahren nicht vornehmen. Zwar gelangte man, wenn man den engeren Bedeutungsgehalt des Begriffs „Bildungsgang“ i.S.d. niedersächsischen Schulrechts zugrunde legte, zum gleichen Bildungsgang an beiden in Frage kommenden Schulen, weil die gymnasiale Oberstufe, die die Klägerin seit dem Schuljahr 2014/15 am Q. -R. besucht,

in keiner Weise auf den fachlichen bzw. didaktischen Besonderheiten der Klasse 10 an Bord der „P.“ aufbaut und sich damit eine etwaige derartige Schwerpunktsetzung in dieser Klassenstufe infolge einer Teilnahme an O. nicht auf die von ihr in der 11. und 12. Klasse am Q. -R. fortgesetzte Gymnasialausbildung mit dem Abschluss Abitur auswirkt. Auch haben sich diese Besonderheiten - wie ausgeführt - nicht in einem zusätzlichen Schulabschluss am Ende der Klassenstufe 10 selbst niedergeschlagen.

(d) Allerdings kommt es nach der eingangs gegebenen Definition der „Entsprechung“ von Ausbildungsstätten, die das BVerwG aufgestellt hat, zusätzlich darauf an, dass keine (wesentlichen) Unterschiede im Lehrstoff  bestehen. Spätestens diese kumulativ zu (a) bis (c) zu erfüllende Voraussetzung zeigt, dass die Konzentration des Beklagten auf den (unterstellt) „gleichen Bildungsgang“ an den beiden in Rede stehenden Schulen im Zusammenhang mit § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG zu kurz greift. Mit Blick auf den Lehrplan stellen etwa Gymnasien mit unterschiedlichen (musischen, mathematisch-naturwissenschaftlichen, sportlichen oder sprachlichen) Profilen keine einander entsprechenden Ausbildungsstätten dar, denn unabhängig vom angestrebten Abschluss weisen sie ganz unterschiedliche Bildungsinhalte auf, die eine Vergleichbarkeit ausschließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. September 1996, a.a.O.; ebenso SächsOVG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 5 B 289/05 -, juris Rn. 7 - Sportgymnasien -). Das Merkmal der entsprechenden Ausbildungsstätte erfordert allerdings keine völlige Inhaltsgleichheit des Lehrstoffes. Nur geringfügige Unterschiede, wie etwa die abweichende Sprachenfolge oder Abweichungen in der Fächerwahl als Leistungs- und Grundkurs in der gymnasialen Oberstufe, genügen nicht für eine schulische Ausbildungsförderung, es sei denn, eine Vertiefung vorhandener Kenntnisse in den Unterrichtsfächern, die bisher die Ausbildung geprägt haben, bliebe an der wohnortnahen Schule verschlossen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1981, a.a.O).

Der letztgenannte Ausnahmefall liegt bei der Klägerin, die ohne Weiteres in der 10. Klasse am bisher besuchten Q. -R. s hätte weiterlernen und auf dem dort bislang erworbenen Wissen hätte aufbauen können, nicht vor. Zur Überzeugung der Kammer sind allerdings die Unterschiede zwischen dem 10. Schuljahrgang im Rahmen von O. an der L. -M. -Schule einerseits und einem solchen am Q. -R. nicht nur geringfügig, sondern wesentlich. Die von der Klägerin besuchte O. hebt sich vom Q. -R. derart ab, dass von einander entsprechenden Ausbildungen für diese Klassenstufe nicht mehr gesprochen werden kann.

(aa) Dies folgt nach Ansicht der Kammer schon daraus, dass es sich bei den beiden Schulen - bezogen auf die Klassenstufe 10 - bereits im Hinblick auf die Zugangsbedingungen um „Gymnasien verschiedenen Typs“ handelt, die keine einander entsprechenden Ausbildungsstätten darstellen (vgl. auch Tz. 2.1a.9 Sätze 1 und 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG i.d.F. von 2013 - BAföGVwV 2013 -; Fischer, in: Rothe/Blanke, a.a.O., § 2 Rn. 16.2.2).

Gymnasien sind u.a. dann verschiedenen Typs, wenn sie unterschiedliche Aufnahmevoraussetzungen aufweisen (a.a.O.; dieser Gedanke liegt auch VGH Mannheim, Urteil vom 28. Februar 2013 - 12 S 1527/12 -, juris Rn. 37, und VG Dresden, Beschluss vom 16. August 2011 - 5 L 409/11 -, juris Rn. 27 - strengere Aufnahmevoraussetzungen einer Sportmittelschule im Vergleich zu einer „gewöhnlichen“ Mittelschule - zugrunde). Eine solche Konstellation ist hier schon deshalb zu bejahen, weil die L. -M. -Schule für die Teilnahme an O. - anders als das Q. -R. für den Besuch der 10. Klasse - ein besonderes Aufnahmeverfahren vorsieht, in welchem bestimmte materielle Auswahlkriterien (erhöhtes schulisches Leistungsniveau, größere Weite des Horizonts, außerunterrichtliches Engagement, grundsätzliche Eignung für das Segeln) den Ausschlag geben. Diese Kriterien erfüllen Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums am Ende der Klasse 9 in aller Regel nicht. Schon deshalb drückt sich in ihnen entgegen der Auffassung des Beklagten eine gewisse Verengung des Teilnehmerkreises aus, die an besondere Begabungen anknüpft. Diese Begabungen stehen in einem für die Kammer nachvollziehbaren Zusammenhang zu den besonderen inhaltlichen Anforderungen, die an die Schülerinnen und Schüler an Bord und während der Landaufenthalte gestellt werden (dazu sogleich unter (bb)). Der Einwand des Beklagten, ein spezielles Angebot für Hochbegabte sei in O. angesichts der genannten Auswahlkriterien nicht zu erblicken, verfängt daher nicht.  Eine Missbrauchsgefahr (etwa: Steuerung durch die auswärtige Schule im Wege einer nur scheinbaren Aufnahmeprüfung, bei Zulassung letztlich jedes Interessenten) sieht die Kammer im vorliegenden Fall ebenfalls nicht, da die Klägerin erwiesenermaßen die besondere Prüfung anhand der von ihr erfüllten erhöhten Anforderungen bestanden hat, aus einer Vielzahl anderer Bewerber ausgewählt und nur deshalb in das Projekt O. aufgenommen worden ist.

(bb) Über diese besondere Zugangsbedingung hinaus unterscheiden sich auch die Durchführungsbedingungen mit Bezug auf den die Ausbildung prägenden Lehrstoff wesentlich.

(aaa) Zwar mag es sein, dass O. (mit Abstrichen) dem Nds. Lehrplan für Gymnasien folgt; sei es auch nur, um den Verpflichtungen der L. -M. -Schule aus § 148 Abs. 2 Satz 1 NSchG als staatlich anerkannte Ersatzschule zu genügen. Auch das Argument der Klägerin, es habe in sprachlicher Hinsicht - etwa in Gestalt des zweiwöchigen muttersprachlichen Unterrichts in Costa Rica - ein intensiver Spanischunterricht stattgefunden, führt noch nicht zu einer wesentlichen Abweichung, zumindest nicht bezogen auf den individuellen Fall der Klägerin. Denn sie hat, wie ihre Zeugnisse (Bl. 55 ff. der GA) belegen, bereits am Q. -R. seit der 6. Klasse Spanisch als 2. Fremdsprache erlernt, so dass die offenbar auf Anfänger ausgerichteten Kurse an Land für sie keinen besonderen Gewinn erzeugt haben. Im Übrigen ist die im Rahmen des Unterrichts an Bord vorgenommene Differenzierung in Anfänger und Fortgeschrittene (Bl. 113 der GA) am Q. - R. in gleicher Weise vorhanden, weil dort in Klasse 10 Spanisch sowohl fortgeführt als auch (als 3. Fremdsprache) neu begonnen werden kann (vgl. die im Internet abrufbaren Informationen unter http://www.eichsfeld-gymnasium.de/das- schulleben/unterrichtsfaecher/spanisch/index.php#spanisch als 3te fremdsprache).

(bbb) Allerdings zieht sich inhaltlich (fachlich), wie auch das Zeugnis der Klägerin konkret über den 21. Segeltörn 2013/14 (Bl. 105 ff. der GA) zeigt, eine ausgeprägte maritim-geographische Ausrichtung der O. durch den gesamten schulischen Unterricht an Bord der „P.“ und der Landaufenthalte in Panama, Costa Rica, Honduras und Kuba, der in einem Gymnasialunterricht der 10. Klasse am Q. -R. nicht im Ansatz eine Entsprechung findet.

Seereisenbezogene Unterrichtsthemen, die (zugleich als didaktische Besonderheit) in fassbar-anschaulicher Weise aus Anlass und zum Zwecke der Seereise vertieft werden, prägen sämtliche Fächer, etwa

- Mathematik: Nautische Trigonometrie mit Sextantanwendung/Kursabsteckung,

- Physik des Segelns/der Navigation,

- Englisch/Deutsch: Hemingways „Der alte Mann und das Meer“, mit Aufsuchen der Originalschauplätze auf Kuba,

- Spanisch: Anwendung in Landaufenthalten in Costa Rica, Kuba, Honduras, Panama,

- Biologie/Chemie: Meeresbiologie, Meereschemie, Elektrochemie bezogen auf Schiffkorrosion etc.,

- Geographie/Politik: Plattentektonik/Vulkanismus, Meteorologie mit praktischer Anwendung, Entwicklungsländer mit Fokus auf den landgangbesuchten, Lateinamerika,

- Geschichte: Entdeckungsfahrten, Piraterie, Geschichte Kubas, Maya.

Insoweit bietet eine Teilnahme an O. im Vergleich zu einem Besuch der Klasse 10 des Q. -R. s ein vom Gleichwertigkeitsbestand (§ 148 NSchG) erfasstes  „Aliud“ an schulischen Inhalten und Unterrichtsformen, die nach Einschätzung der Kammer bezogen auf diese Klassenstufe - nur darauf kommt es hier an - durchaus einer musischen, mathematisch-naturwissenschaftlichen, sportlichen oder sprachlichen gymnasialen Profilbildung gleichzuerachten ist und daher eine wesentliche Abweichung im Lehrstoff darstellt.

(ccc)  Unabhängig  von  dem maritim-geographischen Unterrichtsschwerpunkt kommt eine weitere Schwerpunktsetzung der O. hinzu, die weder in dieser Ausrichtung noch in diesem Ausmaß am Q. -R. gegeben ist. Es handelt sich um eine intensivere Fertigkeitenvermittlung sowie -entwicklung und um deutlich erhöhte Anforderungen bei den sozialen Fähigkeiten („soft skills“) der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der O., deren Entwicklung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3, Satz 4 NSchG inhaltlich (fachlich) auch vom schulischen Lehr- und Bildungsauftrag umfasst ist, insbesondere:

- Teamfähigkeit, Verlässlichkeit, Ordnung und Disziplin,

- Toleranz, Hilfsbereitschaft und Völkerverständigung,

- Konfliktfähigkeit (schon wegen der Unentrinnbarkeit des Settings an Bord),

- Übernahme von Eigenverantwortung, namentlich nach der „Schiffsübergabe“,

- Überwindung von Schwierigkeiten, auch von Naturgewalten ausgehend, in der „Schicksalsgemeinschaft“ auf Hoher See und in unbekannten Ländern.

Bei diesen als  „Bonus“ einzustufenden Inhalten handelt es sich um anerkennungsfähige Besonderheiten der O. nach Ansicht der Kammer auch dann, wenn diese Fähigkeiten lediglich innerhalb der sog. Borddienste (Segeln, Navigieren, Wachen, Backschaft, Putzen) oder während der Aufenthalte an Land bei der Zuckerrohr- und Kaffeeernte oder in den Camps - d.h. außerhalb der klassischen Unterrichtsfächer - gefordert und entwickelt worden sein sollten.

Zwar hat das BVerwG (vgl. Urteil vom 31. März 1980 - 5 C 41.78 -, FamRZ 1980, 837, juris Rn. 21) betont, eine ausbildungsförderungsrechtlich erhebliche Zusatzausbildung oder Erziehung besonderer Prägung müsse an einer Ausbildungsstätte durchgeführt werden; es genüge hingegen nicht, dass Derartiges nur in einem (der Ausbildungsstätte angeschlossenen, dort: kirchlichen) Wohnheim angeboten und durchgeführt werde oder das dort angestrebte Erziehungsziel lediglich im Zusammenhang mit einer schulischen Ausbildung i.S.d. § 2 BAföG stehe (ähnlich VG Greifswald, Urteil vom 31. August 2005 - 5 A 397/04 -, juris Rn. 15: außerhalb der Ausbildungsstätte liegende Umstände, dort: bessere Möglichkeiten für privaten Vereinssport neben der Schule, sind für Wahl eines [anderen] Sportgymnasiums unerheblich). Aus dieser Judikatur lässt sich die allgemeine Erkenntnis ziehen, dass etwa Besonderheiten der (internatsähnlichen) Unterbringung und Betreuung, die nur infolge einer anerkennenswerten Besonderheit der schulischen Ausbildung notwendig wird, nicht zu berücksichtigen sind, sondern es nur auf die schulischen Besonderheiten selbst ankommt.

Vorliegend ist allerdings zu konstatieren, dass angesichts des einheitlichen Konzepts der O. gerade auch im Hinblick auf drei der erklärten vier Ziele des Projekts (Verantwortung übernehmen, Herausforderungen meistern, andere Menschen und Kulturen kennenlernen) eine solche Differenzierung zwischen schulischen und außerunterrichtlichen Phasen und Inhalten nicht möglich erscheint. Es handelt sich - nachdem einmal die freiwillige Bereitschaft zur Teilnahme hieran geäußert worden ist - bei O. um ein einheitliches (vollschulisches) 24-stündiges Pflichtprogramm, grundsätzlich ohne Abwahl- oder Freistellungsmöglichkeit, und zwar insbesondere während der fünf Monate an Bord der „P.“ auf Hoher See, während derer ein Ausweichen im tatsächlichen Sinne unmöglich erscheint. Da sich Borddienst und Schulunterricht im Schichtsystem nach unregelmäßigem Schema abwechseln und im Übrigen auf aktuelle Situationen, die sich etwa aus der Entwicklung von Wind und Wetter auf See ergeben, reagiert werden können muss, gehören die Entwicklung und Anwendung sozialer Fähigkeiten im Team unmittelbar zum „Unterricht i.w.S.“. Die Herausbildung sozialer Kompetenzen ist im Ergebnis im vorliegenden Einzelfall - anders als nach dem oben dargestellten gewöhnlichen Verhältnis von Schule und Internat zueinander - maßgeblicher Inhalt oder gar Grund der internatsähnlichen Betreuung und Anleitung und daher beachtlich.

(cc) Nach alledem ist mit dem BVerwG davon auszugehen, dass die Wahl der Klägerin, im Schuljahr 2013/14 an der L. -M. -Schule zu lernen und an O. teilzunehmen, wegen der dort bestehenden Besonderheiten in Zugang und Lehrstoff (sei es als „Aliud“ oder als „Bonus“, siehe oben) als ausbildungsförderungsrechtlich als passend bzw. geboten anerkannt werden muss. Diese Besonderheiten, die sich auf der Basis eines eigenständigen Konzepts entwickelt haben, sind, solange die staatliche Anerkennung der L. -M. -Schule N. als private Ersatzschule i.S.d. § 148 NSchG durch die niedersächsischen Schulbehörden auch das Projekt O. erfasst, hinzunehmen; an der fortbestehenden Anerkennung der L. -M. -Schule muss sich der Staat festhalten lassen (vgl. zu diesem Gedanken bereits BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1990, a.a.O., NVwZ-RR 1991, 303 [304]). In Verfahren auf Bewilligung von Ausbildungsförderung ist die Gleichwertigkeitsanerkennung nicht zu überprüfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1976 - V C 35.75 -, juris Rn. 15).

(2) Im Übrigen sind für die Wahl von O. im Schuljahr 2013/14 durch die Klägerin entgegen der Auffassung des Beklagten unmittelbar ausbildungsbezogene Gründe maßgeblich gewesen, d.h. Gründe, die einen wesensmäßigen Zusammenhang zu der zu fördernden Ausbildung selbst haben. Dazu im Gegensatz stehende andere, z.B. soziale, persönliche oder familiäre Gründe, die nicht aus dem Ausbildungsverhältnis selbst herrühren, sondern auf dieses nur mittelbar einwirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1978 - BVerwG 5 C 49.77 -, BVerwGE 57, 198 [202]), waren hier nicht entscheidend. Zwar hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2014 zu ihrer Motivation erklärt, sie habe etwas von der Welt kennenlernen wollen, sich zu Hause etwa gelangweilt und auch Abenteuerlust verspürt; außerdem habe sie segeln lernen wollen (Bl. 117 der GA). Daneben ist aber unverkennbar, dass die besondere Beschulung im Wege der Teilnahme an O. in dem betreffenden Schuljahr 2013/14 ihrer individuellen Eignung, Leistung und Neigung (vgl. § 1 BAföG) gerecht geworden und somit als sinnvoll und anerkennenswert erschienen ist und sie sich deshalb hierum beworben hat.

Ihre besondere Eignung hat die Klägerin bereits dadurch unter Beweis gestellt, dass sie das mehrstufige Auswahlverfahren (eine besondere Zugangsbedingung), an welchem überhaupt nur leistungsstarke, neugierige und engagierte Schülerinnen und Schüler teilnehmen durften, für sich entschieden hat und für die Teilnahme an O. ausgewählt wurde. Ihre besondere Leistung und Leistungsbereitschaft manifestiert sich an ihren Zeugnissen bis zum Ende der 9. Klassenstufe und daran, dass ihr im Hinblick auf ihre sehr guten schulischen Leistungen ein Überspringen der 10. Klasse empfohlen wurde. Angesichts ihrer bisherigen Entwicklung bis zum Beginn von O. kann bei ihr entgegen der Ansicht des Beklagten durchaus von einer besonderen Begabung, namentlich auf dem Gebiet der Biologie und des Sozialverhaltens bzw. des sozialen Engagements, gesprochen werden, deren Förderung im Wege von O. sinnvoll erschien.

Schließlich wies sie - das schilderte sie bereits im an O. gerichteten Motivationsschreiben und wiederholte es in der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2014 - bereits eine besondere Neigung im Hinblick auf Biologie und Naturwissenschaften im allgemeinen sowie ein ausgeprägtes Interesse am „Maritimen“ dergestalt auf, dass sie die Absicht gebildet hatte, später Meeresbiologie zu studieren. Dass die Klägerin, die sich an ihrer bisherigen Schule jahrelang als Mitglied einer Schülerfirma und der Schulband sowie als Klassensprecherin engagiert hat, überdies eine besondere Neigung zum qualifizierten sozialen Interagieren und Zusammenwirken, wie es innerhalb von O. gefördert und gefordert wird, ausgeprägt hat, steht für die Kammer ebenfalls außer Zweifel.

Gab es nach alledem bereits individuelle ausbildungsbezogene Gründe für die Klägerin, sich für eine Teilnahme an O. im Schuljahr 2013/14 zu entscheiden, so kann die vom Beklagten gestellte Frage, ob das Bildungsangebot von O. generell auf die Hochbegabtenförderung abzielt, unter diesem Aspekt dahinstehen, wenngleich angesichts der Zusammensetzung der Gruppe aus 26 besonderes leistungsstarken Schülerinnen und Schülern an Bord einiges dafür spricht, dass der dortige Unterricht allgemein auf höherem Anforderungsniveau abgehalten worden ist.

Nach alledem hat das Ausbildungsförderungsrecht die Wahl der Klägerin, in dem streitgegenständlichen Zeitraum an O. teilzunehmen, anstatt das Q. -R. zu besuchen, hinzunehmen (vgl. zu dieser Konsequenz BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1999, a.a.O., NVwZ 2000, 200 [201], juris Rn. 12).

e) Schließlich ist der Förderungsanspruch der Klägerin dem Grunde nach nicht gemäß § 2 Abs. 6 Nr. 2 BAföG durch Bezug einer Leistung eines Begabtenförderungswerks ausgeschlossen. Anders als bei den in § 65 Abs. 1 BAföG genannten Leistungen (z.B. nach dem BVG, Nr. 1), die bloß vorrangig vor der Ausbildungsförderung in Anspruch zu nehmen sind (§ 65 Abs. 2 BAföG), d.h. der Höhe nach aufstockungsfähig sind, war ein Anspruch auf Ausbildungsförderung dem Grunde nach per se ausgeschlossen, „wenn“ [nicht: „soweit“] die Klägerin ein Stipendium (in irgendeiner Höhe) i.S.d. § 2 Abs. 6 Nr. 2 BAföG bezogen hatte (vgl. Fischer, in: Rothe/Blanke, a.a.O., § 2 Rn. 35). Das ist hier jedoch zu verneinen.

f) Der Förderungsanspruch der Klägerin erstreckt sich der Rechtsfolge nach auf die (vollen) Monate Oktober 2013 bis Mai 2014. Das folgt aus § 15 BAföG.

aa) Nach Absatz 1 dieser Vorschrift wird Ausbildungsförderung vom Beginn des Monats an geleistet, in dem die Ausbildung aufgenommen wird, frühestens jedoch vom Beginn des Antragsmonats an. Da der Unterricht im Rahmen des Projekts O. jedenfalls im Laufe des Oktobers 2013 tatsächlich begann und damit die Ausbildung aufgenommen wurde (vgl. § 15b Abs. 1 BAföG), ist schon ab dem 1. Oktober 2013 Förderung zu bewilligen. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2014 angegeben hat, der erste Monat (gerechnet ab dem 10. Oktober 2013) habe aus nautischem Unterricht, um die Grundlagen des Segelns kennenzulernen, bestanden; (erst) danach habe (schulischer) Unterricht im Wechsel mit Borddienst stattgefunden. Denn nach dem oben Dargestellten ist auch der nautische Unterricht als Teil des einheitlichen Konzepts dem schulischen Unterricht zuzuordnen. Der Antrag war - wie ausgeführt - bereits am 12. Juli 2013 und damit rechtzeitig gestellt worden, so dass sich insoweit keine Änderung ergibt.

bb) Auch für den ganzen Monat Mai 2014 kann die Klägerin Ausbildungsförderung beanspruchen. Zwar wird eine solche nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG nur für die Dauer der Ausbildung geleistet, die hier gemäß § 15b Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. BAföG mit der planmäßigen Beendigung des Ausbildungsabschnitts „O.“ am 3. Mai 2014 endete; da das Zeugnis der O. auf den gleichen Tag datiert, ergibt sich nach § 15b Abs. 3 Satz 2, 1. HS. BAföG kein abweichendes Ende. Nach Art. 3 Abs. 1 GG (Selbstbindung der Verwaltung) kann die Klägerin jedoch verlangen, dass ihr bis zum 31. Mai 2014 Förderung geleistet wird, d.h. bis zum Ende des Monats, in dem der Ausbildungsabschnitt endet. Denn die Ämter für Ausbildungsförderung folgen insoweit der dahin lautenden Regelung in Tz. 15.2.2 BAföGVwV 2013 (vgl. auch Lackner, in: Ramsauer/Stallbaum [Hrsg.], a.a.O., § 15 Rn. 3). Dieser Praxis entspricht auch die vom Beklagten durchgeführte Probeberechnung vom 24. November 2014 (Bl. 135 der GA).

Da der Beklagte unterliegt, hat er gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit einschließlich der Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, sind nicht gegeben.