Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 13.08.2008, Az.: 4 A 106/07
Anhörung; Feldblock; Gesetzesvorbehalt; digitale Feldblockkarte Niedersachsen; geografisches Informationssystem; geografisches Informationssystem; proportionale Kürzung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 13.08.2008
- Aktenzeichen
- 4 A 106/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 45906
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGLUENE:2008:0813.4A106.07.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 17 VO (EG) Nr. 1782/2003
- Art. 18 VO (EG) Nr. 1782/2003
- Art. 2 Abs. 25 VO (EG) Nr. 796/2004
- Art. 2 Abs. 28 VO (EG) Nr. 796/2004
- Art. 24 II VO (EG) Nr. 796/2004
- Art. 30 I VO (EG) Nr. 796/2004
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Teilrücknahme der Festsetzung von Zahlungsansprüchen.
Am 13. Mai 2005 beantragte er u.a. die Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie die Auszahlung der Betriebsprämie 2005 für alle im Gesamtflächen - und Nutzungsnachweis aufgeführten Flächen. Unter der lfd. Nr. 3 des Verzeichnisses gab er im Feldblock DENILI D. die Ackerfläche Schlag Nr. 30 mit einer Größe von 6,14 ha an. Im Rahmen des Feldblockabgleichs 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der genannte Feldblock mit 0,34 ha überbeantragt worden sei. Neben dem Kläger wird er von den Landwirten E., F. und G. bewirtschaftet. Der Kläger korrigierte seine Angaben nicht. Mit Bescheid vom 7. April 2006 setzte die Beklagte für den Kläger 50,57 Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung mit einem Wert von 300,60 EUR fest, 17,20 Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung mit einem Wert von 145,23 EUR und 4,01 Stilllegungszahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung mit einem Wert von 255,12 EUR. Sie ging dabei von einer Festsetzungsfläche von 54,58 ha Ackerland aus, wobei sie den Schlag Nr. 30 mit der angegebenen Fläche von 6,14 ha berücksichtigte. Mit Bescheid vom 31. Mai 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Betriebsprämie für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 4 243,33 EUR. Den Schlag Nr. 30 berücksichtigte sie dabei lediglich mit einer Größe von 6,07 ha. Auf die hiergegen gerichtete Klage des Klägers hat das Gericht die Beklagte mit Urteil vom heutigen Tag (4 A 270/06) verpflichtet, dem Kläger weitere Betriebsprämie in Höhe von 21,04 EUR zu bewilligen.
Mit Bescheid vom 2. April 2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 7. April 2006 teilweise auf und setzte die Zahlungsansprüche für den Kläger neu fest. Sie ging dabei von einer Festsetzungsfläche für Ackerland von 54,52 ha aus und setzte insoweit für den Kläger 50,51 Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung im Wert von 300,64 EUR fest. Bei dem Schlag Nr. 30 ging sie von einer Größe von 6,07 ha aus.
Der Kläger hat am 23. April 2007 Klage erhoben. Er verweist auf sein Vorbringen in dem Verfahren 4 A 270/06 und die dort vorgelegte GPS - Vermessung. Danach sei der Schlag Nr. 30 tatsächlich 6,14 ha groß. Es sei zu vermuten, dass andere Betriebsinhaber, die den gleichen Feldblock bewirtschafteten, ihre Schläge zu groß angegeben hätten. Im Übrigen gehe die Beklagte von einer falschen Feldblockgröße aus. Berücksichtige man den tatsächlich bewirtschafteten Bereich, ergebe sich eine Größe des gesamten Feldblocks von 20,05 ha.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 2. April 2007 aufzuheben, soweit er für den Schlag Nr. 30 die Festsetzungsfläche von 6,14 ha auf 6,07 ha verringert.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihren Vortrag in dem Verfahren 4 A 270/06. Dort hat sie angegeben:
Sie habe die Größe des Schlags Nr. 30 auf der Grundlage des Art. 24 Abs. 2 Unterabsatz 2 der VO (EG) Nr. 796/2004 i.V. mit Art. 30 der VO (EG) Nr. 796/2004 proportional zu der Referenzfläche gekürzt. Der Feldblock, in dem der Schlag gelegen sei, sei überbeantragt worden. Neben dem Kläger habe der Landwirt F. für diesen Feldblock für 4,59 ha und 5,53 ha Zahlungsansprüche beantragt, der Landwirt E. für einen Schlag zur Größe von 1,93 ha und der Landwirt G. für einen Schlag mit der Größe von 1,86 ha. Bei einer Übererklärung im Feldblock von insgesamt 0,23 ha führe die anteilige Übererklärung des Klägers zu einer Kürzung um 0,07 ha. Der Feldblock, in dem der Schlag liege, sei nach der digitalen Feldblockkarte 2005 mit einer Nettofläche von 19,71 ha und nach einer Feldblockänderung im Jahr 2006 mit einer Nettofläche von 19,82 ha zu berücksichtigen. Diese Messung, die nach dem in Niedersachsen verwendeten, computergestützten geografischen Informationssystem erfolgt sei, sei verbindlich. Das folge aus Art. 18 und 20 der VO (EG) Nr. 1782/2003 sowie aus Art. 2 Abs. 25 - 28 und Art. 12 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 796/2004. In Niedersachsen sei der Feldblock Referenzparzelle im Sinne des Gemeinschaftsrechts. Das Verfahren zur Digitalisierung der Feldblöcke sei auf Bund - Länderebene in der Nationalen Rahmenrichtlinie zur Digitalisierung von Referenzparzellen mitsamt Qualitätskriterien und Kriterien zur Qualitätskontrolle der Digitalisierung festgelegt worden. Das Niedersächsische Ministerium für Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung habe diesen Rahmen durch Dienstanweisungen und Erlasse konkretisiert. Auf Vermessungen Dritter könne nicht zurückgegriffen werden. Die betroffenen Landwirte hätten die Möglichkeit, im Rahmen des Sammelantrages Feldblockänderungen zu beantragen. Dann werde der Feldblock durch die Landesverwaltung überprüft. Werde ein Fehler festgestellt, werde dieser korrigiert. Anderenfalls sei eine Anpassung nicht möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in dem Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Es haben auch die Gerichtsakten nebst Beiakten der Verfahren 4 A 270/06 und 4 A 36/08 vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 2. April 2007 ist rechtswidrig, soweit er für den Schlag Nr. 30 die Festsetzungsfläche von 6,14 ha auf 6,07 ha verringert und verletzt deswegen den Kläger in seinen Rechten. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte die nach § 28 VwVfG i.V. mit § 1 NdsVwVfG gebotene Anhörung des Klägers vor dem Erlass des ihn belastenden Bescheides unterlassen hat. Bislang ist die Anhörung auch nicht im Sinne des § 45 VwVfG nachgeholt worden, es kann deswegen offen bleiben, ob bei dem Vollzug von Gemeinschaftsrecht durch die Organe der Mitgliedsstaaten eine derartige Heilung nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens ungeachtet der Regelung des § 45 Abs. 2 VwVfG ausgeschlossen ist (hierzu Kopp, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 45 Rn. 5c).
Es ist auch nicht § 46 VwVfG i.V. mit § 1 NdsVwVfG zu Gunsten der Beklagten anzuwenden, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nichtig ist, nicht allein deswegen beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Ein Verfahrensfehler hat sich i.S. des § 46 VwVfG dann offensichtlich nicht ausgewirkt, wenn die Entscheidung auch unter Berücksichtigung des Verfahrensfehlers und des Zwecks der verletzten Verfahrensvorschrift jedenfalls im Ergebnis aus rechtlichen Gründen nicht anders hätte ausfallen dürfen ( BVerwG, Urt.v. 22.02.1985, - 8 C 25.84 - BVerwGE 71, 65 ).
So lag es hier aber nicht. Die Entscheidung der Beklagten, die mit Bescheid vom 7. April 2006 erfolgte Festsetzung der Zahlungsansprüche teilweise zurückzunehmen, war im Gegenteil rechtswidrig. Als Rechtsgrundlage für die Teilrücknahme des Bescheides vom 7. April 2006 kommt nur § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation und der Direktzahlung - MOG - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Juni 2005, BGBl. I S. 1847) in Frage. Danach sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwVfG sind anzuwenden. Weiter gilt Art. 73a Abs. 1 der VO (EG) Nr. 796/2004, wonach der Betriebsinhaber zu Unrecht zugewiesene Zahlungsansprüche an die nationale Reserve zurückgeben muss. Hier kann nicht festgestellt werden, dass der Bescheid vom 7. April 2006 rechtswidrig war, soweit darin bei der Festsetzung der Zahlungsansprüche im Hinblick auf den Schlag Nr. 30 von einer 6,07 ha übersteigenden Fläche ausgegangen wurde.
Gemeinschaftsrechtliche Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Zahlungsansprüchen sind die Regelungen über die einheitliche Betriebsprämie in Titel III der VO (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. Nr. L 270/1) sowie die VO (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl. Nr. L 141/1) und die VO (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl. Nr. L 141/18). Die Umsetzung dieser Vorschriften auf nationaler Ebene ist u.a. durch das Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsgesetz - BetrPrämDurchfG -) vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) in der nunmehr geltenden Fassung vom 28. März 2008 (BGBl. I S. 495) sowie durch die Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung - BetrPrämDurchfV -) vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3204), in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2376), geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 8. Mai 2008 (BGBl. I S. 801) erfolgt. Die Beihilfen im Rahmen der Betriebsprämienregelung werden gemäß Art. 36 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1782/2003 auf der Grundlage der Zahlungsansprüche für eine entsprechende Hektarzahl beihilfefähiger Flächen im Sinne des Art. 44 Abs. 2 gezahlt. Jeder Zahlungsanspruch gibt zusammen mit je einem Hektar beihilfefähiger Fläche Anspruch auf die Zahlung des mit dem Zahlungsanspruch festgesetzten Betrags [Art. 44 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1782/2003]. Nach Art. 44 Abs. 3 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Fläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Die Anzahl der Zahlungsansprüche je Betriebsinhaber entspricht der Hektarzahl der Flächen, die er im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung angemeldet hat. [Art. 43, 59 Abs. 4 der VO (EG) Nr. 1782/2003]. Die erstmalige Zuweisung von Zahlungsansprüchen erfolgt auf der Basis des Antrages auf Teilnahme an der Betriebsprämienregelung im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung [Art. 34 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 1782/2003, Art. 12 der VO (EG) Nr. 796/2004, § 11 InVeKoSV].
Maßgebend für die Bewilligung ist die ermittelte Fläche, das ist die Fläche, die allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt; im Rahmen der Betriebsprämienregelung ist die beantragte Fläche nur zusammen mit der entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen als ermittelte Fläche zu betrachten [Art. 2 Abs. 22 sowie Art. 50 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 796/2004].
Zu Recht setzt der Bescheid vom 7. April 2006 die ermittelte Fläche für den Schlag Nr. 30 auf 6,14 ha fest. Die Größe des Schlages hat der Kläger durch die im Verfahren 4 A 270/06 vorgelegte satellitengestützte Vermessung vom 22. Februar 2005 belegt, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren gewesen ist. Dem hat die Beklagte nichts entgegengesetzt. Im Wirtschaftsjahr 2005 hat eine Vor - Ort - Kontrolle nicht stattgefunden. Nach der Vor - Ort - Kontrolle am 11. August 2008 beträgt die Nettofläche des Schlages derzeit 6,1784 ha.
Der von dem Kläger beigebrachte Beleg zur Größe des Schlages Nr. 30 ist auch nicht wegen der von der Beklagten angeführten Regelungen des Gemeinschaftsrechts unbeachtlich. Zur Verwaltung und Kontrolle u.a. der Zahlungen nach der Betriebsprämienregelung haben die Mitgliedsstaaten ein integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem einzurichten, das auch ein System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen umfasst. [Art. 17 und Art. 18 Abs. 1 lit. b der VO (EG) Nr. 1782/2003]. Das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen stützt sich auf Katasterpläne und - unterlagen oder anderes Kartenmaterial, wobei dazu ein geografisches Informationssystem - GIS - eingesetzt wird, d.h. computergestützte geografische Informationstechniken, vorzugsweise einschließlich Luft- und Satellitenorthobildern mit homogenem Standard, der mindestens eine dem Maßstab 1:10 000 entsprechende Genauigkeit gewährleistet. Das geografische Informationssystem wird auf der Basis eines nationalen geodätischen Systems angewandt, das ist ein Koordinaten-Referenzsystem, das es gestattet, landwirtschaftliche Parzellen in dem gesamten Mitgliedsstaat standardisiert zu vermessen und zu identifizieren [Art. 20 der VO (EG) Nr. 1782/2003, Art. 2 Abs. 25 und Abs. 28 sowie Art. 6 Abs. 1 Satz 3 der VO (EG) Nr. 796/2004]. Das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen wird auf der Ebene von Referenzparzellen wie Katasterparzellen oder Produktionsblöcken angewendet, damit eine individuelle Identifizierung der einzelnen Referenzparzellen gewährleistet ist [Art. 6 Abs. 1 1. Unterabs. der VO (EG) Nr. 796/2004]. Referenzparzelle ist eine geografisch abgegrenzte Fläche mit einer individuellen, im geografischen Informationssystem registrierten Identifizierungsnummer des einzelstaatlichen Identifikationssystems [Art. 2 Abs. 26 der VO (EG) Nr. 796/2004]. In Niedersachsen ist Referenzparzelle der Feldblock, das ist eine von dauerhaften Grenzen umgebene zusammenhängende landwirtschaftlich genutzte Fläche, die von einem oder mehreren Betriebsinhabern mit einer oder mehreren Kulturarten bestellt, ganz oder teilweise stillgelegt oder ganz oder teilweise aus der Produktion genommen ist (§ 3 Nr. 1 InVeKosV, § 1 der Verordnung zur Ausführung der InVeKosV v. 5.7.2005 - NdsGVBl.S. 222). Das von der Beklagten angewandte geografische Informationssystem zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen ist die "Digitale Feldblockkarte von Niedersachsen", die durch das an die Behörden für Geoinformation, Landesentwicklung und Liegenschaften angegliederte Servicezentrum Landesentwicklung und Agrarförderung - SLA - betrieben wird (Beschl. der LReg.v. 13.7.2004 - 34/201 - NdsMBl.S. 688, Erl. des ML v. 4.5.2007 - 307.2-60161/6.1 - "Dienstanweisung zur Erstellung, Pflege und Änderung des GIS - basierten Referenzsystems gemäß VO (EG) Nr. 1782/2003").
Hier kann offen bleiben, inwieweit diesem geografischen Informationssystem die von der Beklagten geltend gemachte Verbindlichkeit zukommt. Es hat im vorliegenden Fall bereits deswegen keine entscheidende Aussagekraft, weil sich die von der Beklagten vorgelegten Auswertungen der digitalen Feldblockkarte für die Wirtschaftsjahre 2005 und 2006 lediglich auf den gesamten Feldblock beziehen. Eine Vermessung des umstrittenen Schlages auf der Basis des geografischen Informationssystems ist in der fraglichen Zeit nicht vorgenommen worden.
Die Beklagte war nicht auf der Grundlage des Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 796/2004 in der Fassung der VO (EG) Nr. 2184/2005 der Kommission vom 30.12.2005 - ABL. Nr. L 347/61 - zu einer proportionalen Kürzung der für den Schlag Nr. 30 festgestellten Fläche berechtigt, selbst wenn sie diese Vorschrift, wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben hat, in ständiger Verwaltungspraxis anwendet. Stellen zwei oder mehr Betriebsinhaber für ein und dieselbe Referenzparzelle einen Beihilfeantrag im Rahmen derselben Beihilferegelung und überschreitet die angegebene Gesamtfläche die landwirtschaftliche Fläche, ohne dass diese Überschreitung über die gemäß Art. 30 Abs. 1 festgelegte Toleranzmarge hinausgeht, können die Mitgliedsstaaten nach der genannten Vorschrift die betreffenden Flächen in dem entsprechenden Verhältnis verringern. Nach Art. 30 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 796/2004 (in der im Wirtschaftjahr 2005 geltenden Fassung vom 21.4.2004 - ABl. Nr. L 141/18) werden die Flächen der landwirtschaftlichen Parzellen mit geeigneten Mitteln bestimmt, die von der zuständigen Behörde festgelegt werden und eine mindestens gleichwertige Messgenauigkeit wie die nach den einzelstaatlichen Vorschriften durchgeführten amtlichen Messungen gewährleisten müssen. Die zuständige Behörde kann eine Toleranzmarge festlegen, die entweder 5 % der Fläche der landwirtschaftlichen Parzellen oder einen auf den Parzellenumfang angewendeten Pufferwert von 1,5 m nicht überschreiten darf. Die Höchsttoleranz für die einzelnen landwirtschaftlichen Parzellen darf einen Absolutwert von 1,0 ha nicht überschreiten. Die Beklagte geht - wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert hat - von einer Toleranzmarge in Höhe des 1,25fachen des Flächenumfangs aus.
Einer proportionalen Kürzung der Fläche des Schlages Nr. 30 des Klägers stand hier jedoch entgegen, dass Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 796/2004 bislang in der Bundesrepublik Deutschland nicht in einer Weise umgesetzt worden ist, die dem u.a. aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsatz des Gesetzesvorbehalts genügt. Angesichts der belastenden Wirkung, die mit einer derartigen proportionalen Kürzung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung [s. hierzu Präambel Nr. 9 der VO (EG) Nr. 2184/2005] verbunden ist, bedürfte es hierfür eines materiellen Gesetzes, auch um eine Gleichbehandlung aller Betriebsinhaber zu gewährleisten. Die gegenwärtige Regelung durch Verwaltungsvorschriften ohne Außenwirkung, etwa durch den von der Beklagten übersandten "Entwurf zur Programmbeschreibung Direktzahlung" der Bund - Länder AG "INVEKOS", stellt keine hinreichende Rechtsgrundlage dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung wird nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage, der Anwendung des Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 796/2004 grundsätzliche Bedeutung hat.