Landgericht Hannover
Urt. v. 15.11.2013, Az.: 8 S 61/13

Festlegung einer Erklärungsfrist und Vortrag mit Schriftsätzen innerhalb dieser Frist im schriftlichen Verfahren bzgl. Verspätung; Ablauf einer Stellungnahmefrist bzgl. Verzögerung; Zahlungsanspruch der restlichen Kostenpauschale, Mietwagenkosten, Nutzungsausfall und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten aufgrund eines Verkehrsunfalls

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
15.11.2013
Aktenzeichen
8 S 61/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 51562
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2013:1115.8S61.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 11.07.2013 - AZ: 418 C 13144/12

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Sofern im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO eine Erklärungsfrist festgelegt wird und innerhalb dieser schriftsätzlich vorgetragen ist, kommt eine Verspätung - auch nach Ablauf einer Stellungnahmefrist gemäß § 139 Abs. 5 ZPO - nicht in Betracht. Insbesondere ist eine Verzögerung im Sinne des § 296 a ZPO nicht gegeben.

  2. 2.

    Mietwagenkosten werden nach der Mittellösung des OLG Celle geschätzt, die Anwendung des Schwacke-Automietpreisspiegels ist nicht grundsätzlich abzulehnen.

  3. 3.

    Im Prozess vorgelegte Internet-Ausdrucke sind keine konkreten Angebote, sondern lediglich eine invitatio ad offerendum, eine Vergleichbarkeit mit konkreten Rechnungen ist nicht gegeben.

  4. 4.

    Die Darlegungslast hinsichtlich des Nutzungswillens darf nicht überspannt werden, Vortrag, dass die Freundin den Wagen noch benötigte und der Geschädigte den Wagen selber nutzte, genügt.

In dem Rechtsstreit
Herrn
Kläger und Berufungskläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. Ochsendorf & Coll., Grelckstr. 36, 22529 Hamburg,
Geschäftszeichen: 24972/12/GS
gegen
Beklagte und Berufungsbeklagte
Prozessbevollmächtigte: R
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 15.11.2013 durch den Richter am Landgericht als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 11. Juli 2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover - Az: 418 C 13144/12 - wie folgt abgeändert:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.230,57 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. August 2012 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 57,24 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Dezember 2012 zu zahlen.

  3. 3.

    Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

  4. 4.

    Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

  5. 5.

    Die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz trägt die Beklagte.

  6. 6.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  7. 7.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

  8. 8.

    Der Streitwert für die 2. Instanz wird auf 1.230,57 € festgesetzt.

Gründe

Der Kläger begehrt aufgrund eines Verkehrsunfalls Zahlung der restlichen Kostenpauschale, Mietwagenkosten, Nutzungsausfall und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, insbesondere die Wiedergabe des Vortrags der Parteien und der gestellten Anträge im Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils mit folgenden Ergänzungen Bezug genommen:

In der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2013 wurde dem Kläger einerseits nach § 139 Abs. 5 ZPO eine Stellungnahmefrist bis zum 18. April 2013 eingeräumt, andererseits das schriftliche Verfahren gemäß § 129 Abs. 2 ZPO angeordnet, mit der Folge, dass beide Parteien Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme bis zum 16. Mai 2013 erhielten. Mit beim Amtsgericht am 13. Mai 2013 eingegangenem Schreiben vorn gleichen Tage legte der Kläger die Rückabtretung Anlage K 19 vor. Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2013, welcher am gleichen Tag beim Amtsgericht Hannover einging, rügte die Beklagte, dass der klägerische Schriftsatz vorn 10. Mai 2013 bei ihr erst am 23. Mai 2013 eingegangen sei. Durch Beschluss vom 6. Juli 2013 wies das Amtsgericht darauf hin, dass der Tatsachenvortrag des Klägers gegebenenfalls verspätet sein könnte. Termin zur Verkündung einer Entscheidung wurde sodann auf den 11. Juli 201 3 bestimmt, wobei die Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 26. Juni 2013 erhielten.

Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe der restlichen Auslagenpauschale von 5,00 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Dem Kläger stehe die geltend gemachte Auslagenpauschale von insgesamt 25,00 € zu

Weitergehende Ansprüche würden dem Kläger nicht zustehen. Hinsichtlich der Erstattung restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 1.182,57 € sei der Kläger nicht aktivlegitimiert. Der klägerische Vortrag hinsichtlich der behaupteten Rückabtretung habe nicht berücksichtigt werden können. Dieser sei als verspätet gemäß § 296 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Das Gericht habe durch Beschluss vom 4. April 2013 in der mündlichen Verhandlung dem Kläger eine Frist bis zum 18. April 2013 gesetzt. Diese Frist sei bei Eingang des Schriftsatzes vom 10. Mai 2013 bereits abgelaufen gewesen. Eine Zulassung des Vortrags würde den Rechtsstreit nach Überzeugung des Gerichts verzögern. Die Aktivlegitimation des Klägers ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass es sich bei der Abtretung um eine Sicherungsabtretung handele. Es handele sich um eine offene Abtretung, mit der Folge, dass die Leistung an den Zessionär, hier das Mietwagenunternehmen zu verlangen gewesen sei.

Auch ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung für den Unfalltag in Höhe von 43,00 € stehe dem Kläger nicht zu. Der Anspruch scheitere daran, dass der Kläger, - trotz entsprechenden Hinweises - sein Nutzungswillen bereits am Unfalltag nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe. Der Kläger sei darlegungs- und beweisbelastet für den behaupteten Nutzungswillen. Ein Anschein ergebe sich nicht daraus, dass der Kläger das Fahrzeug tatsächlich am Unfalltag genutzt habe. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger verletzt worden sei. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass er selbst den Pkw nach dem Unfallereignis noch weiter nutzen wolle. Auch der Vortrag des Klägers, seine langjährige Freundin arbeite in der Gastronomie an den L bis 2.00 Uhr nachts von wo aus sie nach Hause kommen müsse, weil es unter der Woche keine Bahnverbindung gebe, sei zur Begründung des Nutzungswillens nicht ausreichend. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass seine Freundin gerade am 6. Mai 2012 aufgrund dieser Tätigkeit den Wagen des Klägers habe nutzen wollen. Weiterhin sei nicht nachvollziehbar, wenn die Freundin des Klägers das Fahrzeug bereits am Unfalltag benötige, da das Mietfahrzeug nicht bereits am Unfalltag angemietet worden sei. Ein weiterer Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten stehe dem Kläger nicht zu. Soweit eine weitere Kostenpauschale in Höhe von 5,00 zugesprochen worden sei, führe diese nicht zu einer Gebührenerhöhung, da ein Gebührensprung nicht vorliege.

Eine 1,5-fache Gebühr sei nicht angemessen, da die Haftungsfrage unstreitig gewesen sei. Es handele sich nicht um eine umfangreiche oder schwierige Angelegenheit.

Gegen das am 11. Juli 2013 verkündete und dem Kläger am 5. August 2013 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Hannover hat dieser mit am 26. August 2013 vorab per Telefax eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tage Berufung eingelegt. Er hat seine Berufung vorab mit per Telefax am 7. Oktober 2013 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tage begründet.

Der Kläger greift das Urteil des Amtsgerichts an, soweit sein Klageantrag zum Großteil abgewiesen wurde. Hinsichtlich der Aktivlegitimation ist der Kläger der Ansicht, dass sein Vortrag zur Rückabtretung hätte berücksichtigt werden müssen. Eine Verspätung liege nicht vor. Hinsichtlich des Nutzungsausfalls verkenne das Amtsgericht die Darlegungs- und Beweislast. Es sei offensichtlich, dass der Kläger einen Nutzungswillen zur Nutzung des Fahrzeugs gehabt habe.

Auch die Rechtsanwaltskosten hätten zugesprochen werden müssen. Es sei offensichtlich, dass der vorliegende Rechtsstreit die Ansetzung einer Gebührenhöhe von 1,5 rechtfertige.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 11. Juli 2013 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Hannover zum Az: 418 C 13144/12,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.230,57 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 25. August 2012 zu zahlen;

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 164,11 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

das Urteil des Amtsgerichts Hannover - 418 C 13144/12 - vom 11. Juli 2013 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Das Amtsgericht habe der Klage zu Unrecht in Höhe von 5,00 € bezüglich der Unkostenpauschale stattgegeben. In Hamburg sei es übereinstimmende Rechtsprechung, dass lediglich 20,00 € Unkostenpauschale anzusetzen sei.

Im Übrigen verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Si. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15. November 2013 Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten gemäß § 7 StVG i. V. m. § 115 VVG gegen die Beklagte zu.

a) Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist der Kläger aktivlegitimiert. Eine Verspätung des diesbezüglichen Vortrags des Klägers gemäß § 296 a ZPO liegt nicht vor. Dadurch, dass das Amtsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2013 den Übergang ins schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 angeordnet hat, erhielten - beide Parteien die Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme bis zum 16. Mai 2013. Der Vortrag des Klägers erfolgte innerhalb dieser Frist. Demnach kam es auf die gewährte Erklärungsfrist bis zum 18. April 2013 nicht an. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Maßgabe, dass - wie bereits erwähnt - ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung nicht anberaumt wurde und dass sogar der im schriftlichen Verfahren anberaumte Termin nochmals verschoben wurde mit der erneuten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Eine Verzögerung des Verfahrens ist unter diesen Gesichtspunkten nicht gegeben.

Der Kläger ist auch aktivlegitimiert. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Zeuge S. berechtigt war, als Vertreter die Rückabtretungserklärung zu unterschreiben. Die Aussage des Zeugen S. ist positiv ergiebig im Sinne des Klägers. Er hat ausgesagt, hierzu bevollmächtigt zu sein. Anhaltspunkte dafür, an der Richtigkeit des Zeugen zu zweifeln liegen nicht vor.

b) Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer sind Mietwagenkosten nach der sogenannten Mittellösung des OLG Celle zu erstatten.

Zur Begründung wird auf das zitierte und hinlänglich bekannte Urteil des Oberlandesgerichts Gelle verwiesen.

Dem steht das beklagtenseits zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Dezember 2012- VI ZR 316/11- nicht entgegen. Dort heißt es:

"a) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt worden sind (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 1984 - VI ZR 262/82, BGHZ 92, 85 86 f.; vom 8. Dezember 1987 - VI ZR 53/87, BGHZ 102, 322, 330; vom 23. November 2004 - VI ZR 357/03, BGHZ 161, 151, 154; vom 9. Dezember 2008- VI 173/07, VersR 2009, 408 Rn. 12 [BGH 09.12.2008 - VI ZR 173/07]; vom 9. Juni 2009- VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242 An. 10; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 253/09, VersR 2011, 643 Rn. 6 [BGH 22.02.2011 - VI ZR 353/09]). Die Art der Schätzungsgrundlage gibt 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzunq Verwendung finden (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 164/07, VersR 2008, 699 Rn. 9; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 308/07, aa0 An. 22; vom 18. Mai 2010 - VI ZR 293/08, VersR 2010, 1054 An. 4; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 353/09, aa0 Rn. 7; vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, aa0 An. 17; vom 17. Mai 2011 - VI ZR 142/10, VersR 2011, 1026 Rn. 7). Nach diesen Grundsätzen ist der Tatrichter grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die Schwacke-Liste noch den Fraunhofer- Mietpreisspiegel zugrunde zu legen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif - abweichen (vgl. Senatsurteile vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, aa0 An. 18; vom 17. Mai 2011 - VI ZR 142/10, aa0).

b) Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf allerdings dann, aber auch nur dann, der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (vgl. etwa Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 164/07, aa0; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 308/07, aa0 An. 22; vom 19. Januar 2010 - VI ZR 112109, VersR 2010, 494 Rn. 6 [BGH 19.01.2010 - VI ZR 112/09]; vom 18. Mai 2010 - VI ZR 293/08, aa0 Rn. 4; vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, aa0 An. 17; vom 17. Mai 2011 - VI ZR 142/10, aa0 An, 8). Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet also nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen."

Damit hat der BGH keinesfalls die Anwendung der Schwacke-Liste grundsätzlich für unzulässig erklärt, sondern lediglich angeführt, dass die Eignung einer Liste oder Tabelle der Klärung bedarf, allerdings auch nur dann, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Insoweit wird zunächst auf die in dem Schriftsatz des Klägers vom 19. September 2012 angeführten Bedenken Bezug genommen.

Die Beklagte hat des Weiteren auch keine konkreten Angebote, welche der Anwendung der Schwacke-Liste entgegenstehen würden, eingereicht. Bei den vorgelegten Internetausdrucken handelt es sich lediglich um Aufforderungen zur Abgabe von Angeboten (invitatio ad offerendum), was durch den Zusatz "Verfügbar- in Abhängigkeit einer Bestätigung" deutlich wird.

Die Vergleichbarkeit der von der Beklagten vorgelegten Internetangebote wird auch dadurch gehindert, dass sich aus den Angeboten mangels konkreter Angaben zum Fahrzeugmodell kein Vergleich mit einer bestimmten Fahrzeuggruppe der Schwacke- Liste bzw. Fraunhofer-Tabelle ziehen lässt, weil die Angebote sich jeweils nur auf eine bestimmte Fahrzeugklasse beziehen. Sie benennen dazu dann Beispielfahrzeuge, was durch den Zusatz "oder ähnlich" deutlich wird. Damit ist aber nicht sichergestellt, dass das beispielhaft angebotene Fahrzeug dem Mieter auch zur Verfügung gestellt wird und damit dem vom jeweiligen Geschädigten tatsächlich angemieteten Fahrzeug sowie dem jeweiligen Unfallwagen vergleichbar ist. Dass Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller selbst dann, wenn sie derselben Fahrzeugklasse angehören und vergleichbar motorisiert sind, in unterschiedlichen Fahrzeuggruppen eingruppiert sein können, erklärt sich auf Grund der teilweise stark differierenden Anschaffungspreise.

Darauf\ kommt es aber letztlich nicht an, weil das Urteil des BGH einen anderen Sachverhalt betrifft. Dem Revisionsurteil des BGH lag ein Urteil des Landgerichts Köln zugrunde, welches im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO ausschließlich die Schwacke-Liste zu Grunde gelegt hatte. Im Rahmen der vorliegend angewandten Mittellösung wird nicht ausschließlich die Schwacke-Liste verwandt, sondern gleichzeitig die Statistik des Fraunhofer lnstituts in Bezug genommen. Daher erfährt die Schwacke-Liste ein Korrektiv durch die Statistik des Fraunhofer Instituts, deren Werte erheblich unter denen der Schwacke-Liste liegen. Somit ist, den Bedenken, welche die Beklagtenseite gegen die Anwendung der Schwacke-Liste hegt, genüge getan. Dafür spricht insbesondere auch, dass genauso Bedenken gegen die Richtigkeit der Statistik des Fraunhofer Instituts (auf welche die Beklagte Bezug nimmt) bestehen, weil die seitens der Beklagten eingereichten Angebote sich deutlich über den Preisen bewegen, welche sich aus der Fraunhofer Statistik ergeben.

Weiterhin ist das Urteil des BGH in Kenntnis der Anwendung der Mittellösung durch das OLG Celle ergangen. Ausführungen dahingehend, dass diese generell für unzulässig gehalten wird, enthält das Urteil nicht.

Zur Berechnung wird auf die Angaben in der Klageschrift vom 21. November 2012 verwiesen. Demnach ergibt sich ein Mittelwert in Höhe von 2.010,70 E. Die Rechnung der Mietwagenfirma beläuft sich auf 1.776,38 E. Selbst wenn also noch ein Abzug aufgrund der fehlenden Vollkasko-versicherung vorzunehmen wäre, wie die Beklagte rügt, liegt die Summe immer noch deutlich unter dem Mitteltarif, so dass insoweit kein Anlass zu einem weiteren Abzug besteht.

Die Dauer der Anmietung und auch deren Erforderlichkeit ist unstreitig ebenso wie die Eingruppierung in die Mietwagenklasse 6.

c) Dem Kläger steht weiterhin ein Anspruch auf Nutzungsausfall zu. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts hat der Kläger seinen Nutzungswillen hinreichend dargelegt. Er hat angegeben, dass seine langjährige Freundin den Wagen abends noch benötigte. Weiterhin hat der Kläger den Wagen ebenfalls abends genutzt. Die Argumentation des Amtsgerichts, dass der Kläger am nächtlichen Unfall mit Verletzung es unterlassen habe, am gleichen Tag noch ein Ersatzfahrzeug anzumieten, ist nicht nachvollziehbar. Das Amtsgericht hat insoweit die Anforderungen an die Darlegung des Nutzungswillens überspannt.

d) Hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten war die Klage nur in Höhe von 57,24 € erfolgreich. Unter Bezugnahme auf die Klageschrift war ein Gebührenstreitwert von bis zu 9.000,- € zu Grunde zu legen. Die Kammer geht in Übereinstimmung mit dem amtsgerichtlichen Urteil davon aus, dass eine außergerichtliche Geschäftsgebühr lediglich in Höhe von 1,3 angemessen ist. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine Sache handelt, welche rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten besonderer Art aufweist, liegen nicht vor. Dies gilt insbesondere, weil die Haftung dem Grunde nach unstreitig ist.

Daraus ergeben sich Gebühren in Höhe von 718,40 €, von denen die erfolgte Zahlung von 661,16 € abzuziehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und erfordert eine Einschaltung des Revisionsgerichts weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Gegenteiliges macht auch keiner der Parteien geltend.