Landgericht Hannover
Beschl. v. 12.03.2013, Az.: 8 S 1/13

Verletzung des Persönlichkeitsrechts einer GmbH durch Eintragung von Daten eines Schadensfalles bei HIS

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
12.03.2013
Aktenzeichen
8 S 1/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 45477
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2013:0312.8S1.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 23.11.2012 - AZ: 437 C 9788/12

Fundstelle

  • VRR 2013, 425

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine Eintragung von Daten eines Schadensfalles bei HIS unter Beachtung der vorgegebenen Kriterien verletzt nicht das ohnehin nur ein eingeschränkt geschützte Persönlichkeitsrecht einer Gmb/H

  2. 2.

    Diese genießt als juristische Person keinen gesonderten Schutz über das BDSG

Tenor:

Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Berufungsklägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum

10.04.2013.

Gründe

Die Klägerin betreibt ein Taxiunternehmen und ist Eigentümerin des Pkw Mercedes Benz, amtliches Kennzeichen xxx welcher bei einem Verkehrsunfall am 14.09.2011 in Nürnberg beschädigt wurde.

Die Beklagte hat als Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers den Schaden reguliert und Daten an die Firma xxx weitergeleitet. Hierbei handelte es sich u.a. um die folgenden Daten: "Totalschaden, Meldegrunddatum: 14.09.2011, meldende Stelle: xxx."

Die Klägerin begehrt den Widerruf der übermittelten Daten und die Veranlassung der Löschung der bei der Firma xxx gespeicherten Daten.

Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Weiterleitung der Daten unzulässig gewesen sei.

Die Beklagte hat teilweise anerkannt, Daten zu korrigieren. Sie hat sich verpflichtet die Mitteilung "Totalschaden" abzuändern und stattdessen mitzuteilen: "Schaden über 2.500,00 €, Regulierung auf Gutachtenbasis, Reparaturrechnung nicht vorgelegt".

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 23.11.2012 entschieden, dass über das Anerkenntnis der Beklagten hinaus kein Löschungsanspruch bestehe und hat die Klage insoweit abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Sie vertritt weiterhin die Ansicht, dass die Weiterleitung der Daten gegen § 29 BDSG verstoße und ihr ein Anspruch auf Löschung zustehe. Die Voraussetzungen für eine Meldung der Daten an die Firma xxx hätten nicht vorgelegen. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. habe - was unstrittig ist - für Meldungen an das von der Firma xxx geführte Hinweis und Informationssystem Kriterien festgelegt. Danach müssten für die Meidung einer "besonderen Schadensfolge" kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sein: Eine Abrechnung auf Gutachtenbasis, eine gewisse Schadenshöhe, und die fehlende Reparatur des Schadens. Sie behauptet, an der letztgenannten Voraussetzung fehle es, weil eine Reparatur erfolgt sei.

II.

Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg:

1. Der Klägerin dürfte kein Anspruch auf Widerruf bzw. Veranlassung der Löschung der durch die Beklagte übermittelten Daten aus §§ 12, 823, 1004 BGB analog zustehen. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz, noch eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor.

a)

Ein Anspruch aus §§ 12, 1004 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1, 2 BGB, §§ 4 Abs. 1, 28 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG besteht nicht.

Die Beklagte hat keine Daten unter Verstoß gegen die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes übermittelt. Das BDSG finden keine Anwendung auf juristische Personen. Das BDSG gilt für die Erhebung, Bearbeitung und Nutzung personenbezogener Daten, § 1 Abs. 2 BDSG. Personenbezogene Daten sind nach § 3 Abs. 1 BDSG nur solche Angaben, die sich auf eine natürliche Person beziehen. Die Klägerin ist eine GmbH.

Eine analoge Anwendung des BDSG kommt nicht in Betracht, da Angaben über juristische Personen vom Gesetzgeber bewusst aus dem Anwendungsbereich des BDSG ausgenommen wurden (Simitis/Dammann, BDSG, 7.Aufl., 2011, § 3 Rn. 17). Auch die EU-Datenschutz-Richtlinie (Richtlinie 95/46/EG vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr) verzichtet auf eine Einbeziehung (Simitis/Dammann, a.a.O.).

Es liegt auch nicht die Besonderheit vor, dass die gespeicherten Daten über die Klägerin als 1-Mann-GmbH zugleich Angaben über eine natürliche Person enthalten und insofern in den Schutzbereich fallen. Gespeichert sind die Daten des auf die Klägerin zugelassenen Pkws, diese lassen keinen Rückschluss auf den Alleingesellschafter oder den Geschäftsführer als natürliche Personen zu.

b)

Es besteht auch kein Anspruch aus §§ 12, 1004 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1, Art. 2 GG wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Übermittlung der Daten durch die Beklagte an die Firma xxx.

Juristische Personen genießen nur begrenzten Persönlichkeitsschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist "das allgemeine Persönlichkeitsrecht eine Rechtsschöpfung der Rechtsprechung, die Lücken im Persönlichkeitsschutz ausfüllt und aus den in Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG getroffenen Wertentscheidungen ihre Legitimation erfährt. Dieser Entstehungsgrund macht die thematische Begrenzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts deutlich. Eine Ausdehnung der Schutzwirkung dieses Rechts über natürliche Personen hinaus auf juristische Personen erscheint - auch mit Blick auf Art. 19 Abs. 3 GG - nur insoweit gerechtfertigt, als sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen. Dies ist der Fall, wenn sie in ihrem sozialen Geltungsanspruch als Arbeitgeber oder als Wirtschaftsunternehmen betroffen werden" (BGH Urteil vom 03.06.1986, VI ZR 102/85, [...] Rn. 17).

Dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass sie eines besonderen Rechtsschutzes bedarf, insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch die Eintragung in ihrem sozialen Geltungsanspruch betroffen wird.

c)

Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Beseitigungsanspruch nach §§ 12, 1004 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB. §§ 186, 187 StGB wegen Verbreiten wahrheitswidriger oder ehrenrühriger Tatsachenbehauptungen berufen. Die Beklagte hat an die Firma xxx Daten übermittelt, deren Wahrheitsgehalt feststeht. Die Klägerin hatte einen Schaden von über 2.500,00 € an ihrem Pkw gemeldet, der Schaden wurde auf Gutachtenbasis abgerechnet und die Klägerin hat - wie gemeldet - keine Reparaturkostenrechnung vorgelegt.

d)

Es besteht auch kein Anspruch aus §§ 12, 1004 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Verletzung des Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird von diesem Recht alles geschützt, "was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt, also nicht nur Betriebsräume und -grundstücke, Maschinen und Gerätschaften, Einrichtungsgegenstände und Warenvorräte, sondern auch Geschäftsverbindungen, Kundenkreis und Außenstände. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung gewährten und nach und nach erweiterten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben" (Urteil vom 09.12.1958, VI ZR 199/57).

Als betriebsbezogener Eingriff gilt jedoch nur eine unmittelbare Beeinträchtigung des Betriebs als solchen bzw. eine Bedrohung seiner Grundlagen. Kein Eingriff stellt die lediglich mittelbare Beeinträchtigung dar (Palandt-Sprau, BGB, 72. Aufl. § 823 Rdnr. 128). In der Übermittlung der Daten liegt vorliegend keine unmittelbare Beeinträchtigung des Betriebs, ein widerrechtlicher betriebsbezogener Eingriff besteht nicht.

2.

Schließlich besteht auch kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Löschung nach § 35 BDSG. Der Anspruch aus § 35 BDSG richtet sich ausschließlich gegen die verantwortliche Stelle. Nach § 3 Abs. 7 BDSG ist verantwortliche Stelle jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten für sich selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt oder dies durch andere in ihrem Auftrag vornehmen lässt. Danach ist verantwortliche Stelle im Sinne des BDSG hier die Firma xxx. Die Firma xxx erhebt und verarbeitet die durch die Beklagte und andere Versicherungsunternehmen übermittelten Daten. Die Beklagte selbst hat die Daten nur weitergeleitet.