Landgericht Hannover
Beschl. v. 29.04.2013, Az.: 9 S 43/12

Wirksamkeit einer Klausel in einem Pachtvertrag über die Aufbürdung dem Pächter die Kosten für allen anfallenden Ersatz und Reparaturen an Gebäude, Anlagen, Maschinen, Einrichtung und Zubehör

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
29.04.2013
Aktenzeichen
9 S 43/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 39562
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2013:0429.9S43.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Neustadt a.Rbg. - 02.10.2012 - AZ: 51 C 1344/11

Fundstelle

  • Info M 2013, 280

In dem Rechtsstreit
pp.
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover am 29.04.2013 durch den xxx
beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der gegen das am 02.10.2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neustadt a. Rbge. - 51 C 1344/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das genannte Urteil wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 3.743,24 EUR festgesetzt.

[Tatbestand]

I 1. Es wird darauf hingewiesen, dass die Kammer erwägt, die Berufung gemäß § 522 ZPO zurückzuweisen, weil dem Rechtsmittel nach einstimmiger, vorläufiger Auffassung der Kammer offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg zukommt, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Die Kläger verlangen von dem Beklagten die Erstattung der Kosten für die Reparatur einer Heizungsanlage aus einem zwischen ihnen bestehenden Pachtvertrag. § 21 des Pachtvertrages lautet wie folgt:

"Der Pächter trägt die Kosten alle anfallenden Ersatz und Reparaturen an Gebäude, Anlagen, Maschinen, Einrichtung und Zubehör."

Das Amtsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen und ausgeführt, dass es § 21 des Pachtvertrages für unwirksam erachtet, da es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung handele, die gegen das gesetzliche Leitbild des Pachtvertrages verstoße. Die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass die Klausel seinerzeit ausgehandelt worden sei. Insoweit könnten die Kläger sich für seinen Erstattungsanspruch nicht auf § 21 berufen. Schließlich komme auch ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht, da ein Zusammenhang zwischen der angeblich defekten Spülmaschine und der Korrison des Heizkessels nicht bewiesen worden sei.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Berufung, mit der sie zum einen die Beweiswürdigung des Amtsgerichts rügen sowie geltend machen, dass die Klausel entgegen der Ansieht des Amtsgerichts wirksam sei. Darüber hinaus stehe den Klägern aber auch ein Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Reparaturaufwendungen zu.

2. Die Berufung dürfte offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben.

Das Berufungsgericht ist grundsätzlich keine neue uneingeschränkte Tatsacheninstanz. Es überprüft gemäß § 513 Abs. 1 ZPO die erstinstanzliche Entscheidung auf Rechtsfehler und hat bei seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststelllungen begründen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Dementsprechend überprüft das Berufungsgericht die erstinstanzlich vorgenommene Auslegung und Wertung des von den Parteien vorgetragenen Sachverhalts sowie die Beweiswürdigung auf etwaige Rechtsfehler zunächst dahingehend, ob gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze und Verfahrensvorschriften verstoßen wurde, ob sie in sich widersprüchlich ist oder Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt lässt (BGH NJW 2004, 2152, 1147 [BGH 19.03.2004 - V ZR 104/03]; OLGR Celle 2002, 238). Nur dann, wenn sich das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht zu überzeugen vermag, weil es deren Ergebnis aufgrund konkreter Anhaltspunkte und sich daraus ergebener vernünftiger Zweifel nicht für richtig hält, entfällt eine Bindung an die dortigen Feststellungen und rechtfertigt eine neue Tatsachenfeststellung (BGH NJW 2005, 1583, [BGH 09.03.2005 - VIII ZR 266/03] BGH NJW 2007, 2919 [BGH 25.04.2007 - VIII ZR 234/06]).

Bei § 21 des Pachtvertrages handelt es sich, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die vorliegend auch aufgrund der erheblichen Reichweite der Klausel unwirksam ist. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts lässt keine Rechtsfehler erkennen. Der Zeuge pp. hat zwar ausgesagt, dass dem Beklagten zwei Alternativen vorgeschlagen worden seien. Trotz seines angeblich erheblichen Interesses an den Vertragsverhandlungen konnte er sich aber ausweislich des Protokolls nicht mehr daran erinnern, ob es tatsächlich zum Vertragsabschluss gekommen ist. Dass beim Amtsrichter daher letztlich Zweifel geblieben sind, ob sich das Gespräch wie vom Zeugen geschildert ereignet hat, ist nachvollziehbar und vom Amtsgericht ausreichend begründet worden.

Darüber hinaus dürfte aber auch schon kein Aushandeln von AGBs im Sinne der Rechtsprechung des BGH vorliegen. So hat der Bundesgerichtshof unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 3. Juli 1985 (AktZ IV a ZR 246/83, WM 1985, 1208) im Urteil vom 10.10.1991 (AktZ VII ZR 289/90 WM 1992, 401) folgendes ausgeführt:

"Nach feststehender höchstrichterlicher Rechtsprechung bedeutet "Aushandeln" mehr als Verhandeln (BGH Urteil vom 27. März 1991 - IV ZR 90/90 = NJW 1991, 1678 m.w.N.). Von einem "Aushandeln" kann nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender zunächst den in seinen AGB enthaltenen "gesetzesfremden" Kerngehalt, die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. So bedeutet das vorformulierte Angebot eines Maklers, nach dem der Auftraggeber zwischen zwei verschiedenen Formen der Auftragsdurchführung wählen kann, noch kein individuelles Aushandeln der Vertragsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 2 AGB-Gesetz (BGH, Urteil vom 3. Juli 1985 - IVa ZR 246/83 = WM 1985, 1208). Ferner genügt für ein Aushandeln einer gesetzesfremden Eigenverkaufsklausel in einem Maklervertrag nicht, daß lediglich die Höhe der in der Klausel vorgesehenen Provision zur Disposition gestellt wird (BGH, Urteil vom 27. März 1991 a.a.O.)."

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung dürfte ein Aushandeln nicht gegeben sein, da die Kläger den Beklagten nur vor die Wahl von 2 Alternativen (Zahlung von 4.300 EUR oder Zahlung von 3.300 EUR mit Geltung des § 21 des Pachtvertrages) gestellt haben.

Darüber hinaus kommt auch ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht. Die Beweisaufnahme hat keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Reparatur der Heizungsanlage auf eine unsachgemäße Benutzung zurückzuführen ist. Zwar mag es zutreffend sein, dass der Beklagte nicht bewiesen hat, dass ihn kein Verschulden trifft. Entscheidend ist aber, dass die Kläger schon keine Handlung beweisen konnten, die dem Beklagten vorgeworfen werden kann und die kausal für den Schaden geworden ist.

II. Den Klägern wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Erhalt dieses Beschlusses gegeben.

Sollte die Kammer sodann zu dem Ergebnis gelangen, dass ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen ist, wird dem Beklagten zugleich mit der Übersendung einer eventuellen Stellungnahme des Klägers eine Frist gemäß § 521 Abs. 2 ZPO bestimmt. Es wird deshalb anheimgestellt, die Entscheidung der Kammer vor einer Erwiderung auf die Berufungsbegründung abzuwarten.

Gründe

Die zulässige Berufung der hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung nimmt die Kammer auf die Darstellung des Sach- und Streitstandes in dem Beschluss vom 11.02.2013 Bezug.

Der Schriftsatz vom 01.03.2013 bietet keinen Anlass zu einer anderweitigen Würdigung der Sach- und Rechtslage. Aus dem Vorbringen der Kläger zu einer weiteren verhandelten Variante ergibt sich nicht, dass überhaupt noch über den Inhalt von § 21 des Pachtvertrages verhandelt wurde. Der Beklagte soll nach einigen Gesprächen vorgeschlagen haben, dass die Kläger das Mietobjekt zunächst instand setzen sollten und er dann eine monatliche Pacht von 3.300 EUR sowie die laufende Instandhaltung nach § 21 übernehmen wollte. Das hätten die Kläger nicht für wirtschaftlich sinnvoll gehalten, so dass es zu der Abrede gekommen sei, statt 3.300 EUR monatliche Pacht lediglich 3.100 EUR zu zahlen bei Geltung von § 21 des Pachtvertrages. Die Verhandlungen betrafen die damals - vor Beginn des Pachtvertrages notwendige Instandhaltung und die Höhe des Pachtzinses, es ging also nicht um die Kosten der während des Pachtverhältnisses anfallenden Reparaturen, mit denen sich § 21 des Pachtvertrages befasst. Soweit darüber hinaus geltend gemacht wird, auch § 21 des Vertrages sei ausgehandelt worden, bleibt dieser Vortrag völlig vage, da nicht vorgetragen wird, welche alternativen Formulierungsvorschläger zwischen den Parteien insoweit besprochen wurde. Auch die vom Amtsgericht durchgeführte Beweisaufnahme hat hierzu keine Hinweise gegeben.

Da die Sache im Übrigen keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung der Kammer erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, war die Berufung wie angekündigt gem. § 522 Abs. 2 ZPO mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Das angefochtene Urteil war ferner gem. § 708 Nr. 10 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.