Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 19.06.2001, Az.: 16 U 260/00
Schadensersatzanspruch gegen den Architekten wegen mangelhafter Bauüberwachung bei Errichtung eines Hauses; Tätigkeit eines Architekten als Gefälligkeitsverhältnis mit rechtsgeschäftlichem Charakter und einer damit verbundenen positiven Vertragsverletzung; Abschluss eines mündlichen Architektenvertrages; Rechtsbindungswille bei unentgeltlichem und uneigennützigem Handeln im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses; Gesichtspunkt der überragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer sorgfältigen Bauüberwachung für die Haftung eines Architekten im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 19.06.2001
- Aktenzeichen
- 16 U 260/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 30663
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2001:0619.16U260.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 07.10.2000 - AZ: 17 O 284/99
Rechtsgrundlagen
- § 304 ZPO
- § 15 HOAI
Fundstelle
- BauR 2002, 1427-1429 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
...
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2001
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters ...,
des Richters ... und
der Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 7. Oktober 2000 verkündete Grundurteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 DM abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beide Parteien dürfen die Sicherheitsleistung durch eine unwiderrufliche, selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer Sparkasse oder Bank erbringen, deren Guthaben durch einen Einlagensicherungsfonds abgedeckt sind.
Die Beschwer der Beklagten beträgt mehr als 60.000 DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Bauüberwachung eines Hauses in H ....
Die Parteien lernten sich im Jahre 1988 oder 1989 kennen; zu dieser Zeit war die Klägerin Geschäftsführerin im Veranstaltungszentrum "M ... " in H .... Die Beklagte hatte für den dortigen Betreiber, Herrn S ..., Architektenleistungen erbracht. Zwischen den Parteien entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis.
Die Klägerin hat behauptet, die Parteien hätten im September 1991 einen mündlichen Architektenvertrag geschlossen, und zwar des Inhalts, dass die Beklagte die Architektenleistungen nach Maßgabe der Leistungsphasen 1 - 9 gemäß § 15 HOAI erbringen solle. Über eine Vergütung sei im Einzelnen nicht gesprochen worden (Bl. 97 d.A.), die Beklagte habe lediglich einmal erklärt, dass man sich über die Honorierung schon noch einig werde (Bl. 56 d.A.).
In der Folgezeit habe die Beklagte sowohl die Planung als auch die Bauüberwachung übernommen.
Der Umfang der von der Beklagten entfalteten Tätigkeit ist zwar zwischen den Parteien hinsichtlich der Einzelheiten umstritten, unstreitig ist indessen die Beklagte in folgendem Umfang tätig geworden (tabellarische Aufstellung Bl. 139 ff. d.A. sowie Klageschrift S. 3 ff.).
Die Beklagte hat ab November 1991 die Baubeschreibung und die Planungsunterlagen sowie die Grundrisszeichnungen erstellt (Anlagen K 1 bis K 5 - jeweils im Anlagenband), wobei die Beklagte allerdings bestreitet, an der Entwässerungsplanung (Anlage K 5) beteiligt gewesen zu sein.
Die Beklagte hat ein Angebot der Firma K ... eingeholt (Anlage K 6) und das Leistungsverzeichnis erstellt.
Auf dem Auftragsformular an die Firma K ... vom 2. Juli 1992 (Anlage K 7) befindet sich auch die Unterschrift der Beklagten.
In der Schlussrechnung der Firma K ... vom September 1993 befinden sich handschriftliche Korrekturen der Beklagten (Anlage K 8).
Darüber hinaus existiert eine umfangreiche von der Beklagten unterzeichnete Mängelliste von Ende Oktober 1993 (Anlage K 9).
Darüber hinaus erteilte die Beklagte der Firma K ...- B ..., die die Mängel der Drainage beseitigt hat, den Auftrag (Anlage K 11), die Rechnung wurde der Beklagten übersandt (Anlage K 12).
Mit Schreiben vom 21. Januar 1994 bemängelte die Beklagte gegenüber der Firma K ... -B ... deren Schlussrechnung (Anlage K 13).
Das Angebot der Firma S ... B ...über Erd- und Sanierungsarbeiten in einer Größenordnung von mehr als 75.000 DM vom Juli 1994 ist an die Beklagte gerichtet (Anlage K 14), dasselbe gilt für das Angebot der Firma W ... vom 30. Juni 1994 (Anlage K 15).
Die Beklagte hat an einer Baubesprechung vom 3. Juli 1992 teilgenommen, in der es um den Ausbau des Privatweges ging (Anlage K 28), eine Zahlungsanforderung der Firma Abbruch und Baggereibetriebsgesellschaft vom 22. Mai 1992 ist an die Beklagte gerichtet (Anlage K 29), dasselbe gilt für die Rechnung (Anlage K 30) vom 19. November 1992, die mit dem Prüfvermerk der Beklagten versehen ist.
Der Auftrag über die Zimmerarbeiten vom 20. Oktober 1992 (Anlage K 31) ist auch von der Beklagten unterzeichnet, das Angebot der Firma H ... S ... vom 9. Juni 1993 ist an beide Parteien gerichtet (Anlage K 32).
Die Rechnung der Firma H ... S ... vom 14. Dezember 1992 (Anlage K 33) ist mit einem Prüfvermerk der Beklagten versehen, dasselbe gilt für eine weitere Rechnung dieser Firma vom 5. März 1993 (Anlage K 34).
Die Rechnung der Firma Wiegand vom 12. Dezember 1994 über Malerarbeiten wurde ebenfalls der Klägerin über die Beklagte zugeleitet (Anlage K 37), eine Abschlagsrechnung der Firma K ... vom 14. August 1992 (Anlage K 38) wurde von der Beklagten geprüft und von knapp 65.000 auf knapp 43.000 DM gekürzt. Eine weitere Rechnung der Firma K ... vom 12. Oktober 1992 über 51.281 DM wurde von der Beklagten geprüft und freigegeben, dasselbe gilt für eine weitere Rechnung über knapp 27.000 DM vom November 1992 (Bl. 95, 96 des Anlagenbandes).
Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte sei im vollem Umfang mit der Planung und Bauüberwachung beschäftigt gewesen und habe ihre Pflichten verletzt, weil beispielsweise die Firma K ... die dringend erforderliche Drainage zu hoch und ohne das erforderliche Gefälle verlegt hat.
Die Nachbesserungskosten hat die Klägerin auf mehr als 153.000 DM veranschlagt und einen entsprechenden Zahlungsantrag gestellt (Bl. 238 d.A.). Im Wesentlichen geht es dabei darum, dass die Firma K ..., der die Beklagte den Auftrag für die Rohbauarbeiten zusammen mit der Klägerin erteilt hatte (Anlage K 7), die Drainage zu hoch verlegt hatte, sodass sie keine Wirkung entfalten konnte (Bl. 5 ff. d.A.). Mit den Reparaturarbeiten war im August 1993 die Firma K ... -B ... beauftragt worden. Die Parteien sind sich einig, dass es vertretbar war, die ursprünglich vorgesehene Wanne durch - wie geschehen - Mauerwerk zu ersetzen (Bl. 5, 303 d.A.), sofern nur die Drainage sachgerecht verlegt worden wäre. In einem Prozess über die Höhe dieser Werklohnforderung haben sich diese Firma und die Klägerin auf 100.000 DM verglichen (Bl. 9 d.A.). Die Firma K ... ist von der Klägerin nicht in Anspruch genommen worden (Bl. 231 d.A.).
Die Beklagte hat um Klagabweisung gebeten und bestritten, dass jemals ein mündlicher Architektenauftrag erteilt und insbesondere ein Honorar vereinbart worden sei. Sie habe die betreffenden Arbeiten, deren Umfang wesentlich geringer gewesen sei als von der Klägerin behauptet, lediglich aus Gefälligkeit übernommen, und zwar deshalb, weil Anfang der 90er Jahre die Klägerin schwanger gewesen und der Vater des Kindes tödlich verunglückt sei, sodass sie nur, um der Klägerin zu helfen, gewisse Arbeiten im Rahmen dieser freundschaftlichen Beziehung übernommen habe.
Nachdem sie indessen gemerkt habe, dass die Klägerin an allen Ecken und Enden habe sparen und Schwarzarbeiter habe beauftragen wollen, habe sie sich aus dem Bauvorhaben mehr oder weniger völlig ausgeschaltet (Bl. 42 d.A.). Insbesondere treffe es nicht zu, dass sie die Bauüberwachung tatsächlich durchgeführt habe, sie habe lediglich einige Rechnungen am Schreibtisch geprüft.
Schließlich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben und dazu vorgetragen, das von der Klägerin behauptete Fertigstellungsdatum (Juli 1994) treffe nicht zu, vielmehr sei die Mutter der Klägerin bereits Anfang 1994 in das betreffende Haus eingezogen (Bl. 93 d.A.).
Das Landgericht hat Beweis erhoben über die Frage einer mündlichen Auftragserteilung sowie das Ausmaß der von der Beklagten tatsächlich durchgeführten Bauüberwachung (Bl. 170 ff., 206 ff., 230 ff., BA) und der Klage durch Grundurteil stattgegeben, und zwar wegen eines Verschuldens bei der Bauüberwachung, nicht indessen bei der Planung (Bl. 248 d.A.). Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang einen Architektenvertrag bejaht, auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag, vertragliche Beziehungen hätten nicht bestanden, im Übrigen sei eine etwaige Forderung der Klägerin verjährt und verwirkt. Allein aus dem Umstand, dass jahrelang keine Honorarrechnung erteilt worden ist, sondern erst nach dem erstinstanzlichen Urteil, müsse man auf ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis schließen. Das Landgericht habe im Übrigen die Beweisaufnahme falsch gewürdigt, denn der von der Klägerin behauptete mündliche Auftrag im September 1991 sei nicht erteilt worden, deshalb sei die weitere Beweisaufnahme über den Umfang der von der Beklagten entfalteten Tätigkeit verfahrensfehlerhaft gewesen. Zumindest sei der der Klägerin obliegende Beweis für eine Bauüberwachung nicht erbracht.
Die Beklagte trägt nunmehr erstmals vor, die Klägerin habe gegenüber einem Herrn Neumann im Jahre 1997 erklärt, die Beklagte habe die Arbeiten für sie ohne Entgelt als Freundschaftsleistung erbracht (Bl. 278 d.A.), die Beklagte habe ihr, der Klägerin, die Planung geschenkt. Später habe die Klägerin den Zeugen N ... noch einmal angerufen und erklärt, man könne sich doch gegen die Beklagte verbünden und zusammen noch einiges Geld herausschlagen (Bl. 279 d.A.).
Im Übrigen rügt die Berufung, das Landgericht habe die einzelnen Überwachungsfehler der Beklagten nicht festgestellt, auch fehle es an einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung.
Schließlich wiederholt die Beklagte die Verjährungseinrede, beschränkt sich indessen auf die Begründung, die 5-jährige Frist sei bei Klageerhebung im Januar 1999 längst abgelaufen gewesen.
Wenn die Klägerin im Übrigen wegen der Probleme mit der Kellerfeuchtigkeit erst nach 4 Jahren Ansprüche erhoben habe, seien diese verwirkt.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,
Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und die Annahme eines Gefälligkeitsverhältnisses im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung der Sache für die Klägerin.
Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung sei nicht erforderlich gewesen, weil sich die mangelhafte Bauüberwachung bereits in einem Fehler des Bauwerkes verkörpert habe.
Die Verjährungseinrede greife nicht durch, weil das Architektenwerk der Beklagten bis heute nicht abgenommen worden sei.
Die Beklagte hat inzwischen auf der Grundlage des Urteils des Landgerichts, wonach ein Architektenvertrag zu bejahen sei, Honoraransprüche geltend gemacht (Bl. 295 d.A.).
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet, der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus einem Gefälligkeitsverhältnis mit rechtsgeschäftlichem Charakter und einer damit verbundenen positiven Vertragsverletzung.
1.
Die Parteien haben allerdings keinen typischen Architektenvertrag in dem Sinne abgeschlossen, dass die Beklagte zur Planung und Überwachung verpflichtet war und ihr im Gegenzug ein entsprechendes Honorar zustand.
Die Klägerin hatte in erster Instanz zwar behauptet, zwischen den Parteien sei im September 1991 mündlich ein derartiger Vertrag geschlossen worden. Sie hat indessen dabei nur den Rechtsbegriff des Gesetzes wiederholt, ohne jedoch die erforderlichen Tatsachen vorzutragen, die dem Gericht die rechtliche Einordnung als Angebot und Annahme ermöglicht hätten. Rechtsbegriffe ersetzen Tatsachenvortrag bei einfachen Dingen des täglichen Lebens - ein Auto wurde gekauft - jedoch nur dann, wenn der entsprechende Vorgang nicht bestritten ist, denn die Anforderungen an die Substantiierung richten sich nach dem Vortrag der Gegenseite. Der weitere Vortrag, die Beklagte sei für sämtliche Architektenleistungen nach Maßgabe von § 15 HOAI der Leistungsphasen 1 - 9 beauftragt worden, ist eine typische anwaltliche Formulierung mit bloßem Wertungscharakter ohne tatsächlichen Inhalt, denn der Klägerin war mit Sicherheit nicht bekannt, welche konkreten Einzelpflichten in § 15 HOAIüber Seiten ausgeführt sind und sie hat deshalb entsprechende bestimmte Einzelmaßnahmen auch nicht in Auftrag gegeben.
Die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme hat dementsprechend auch kein der Klägerin günstiges Ergebnis erbracht. Der Zeuge G ... hat ausdrücklich erklärt, in seiner Anwesenheit sei über Architektenleistungen nicht gesprochen worden, dasselbe hat der Zeuge S ... bekundet, auch der Zeuge H ... hat zur Sache nichts aussagen können.
Insgesamt fehlt es nach wie vor überhaupt an einem Vortrag der Klägerin, welche konkreten Äußerungen zwischen den Parteien gefallen sind.
2.
Schadensersatzansprüche können jedoch nach ständiger Rechtsprechung auch aus einem Gefälligkeitsverhältnis entstehen. Zwar sind Abreden, die ausschließlich auf einem außerrechtlichen Geltungsgrund, wie Freundschaft etc. beruhen, kein Schuldverhältnis, weil dieses den Willen voraussetzt, eine Rechtsbindung einzugehen (BGH NJW 1968, 1874). Entscheidend ist dabei aber nicht der innere Wille, es kommt vielmehr darauf an, wie sich das Verhalten des Beteiligten bei Würdigung aller Umstände einem objektiven Beurteiler darstellt. Ein Rechtsbindungswille kann deshalb auch bei unentgeltlichem und uneigennützigem Handeln - wie im vorliegenden Fall - anzunehmen sein, wenngleich die Unentgeltlichkeit ein Indiz gegen den Rechtsbindungswillen ist. Eine vertragliche Bindung liegt insbesondere nahe, wenn der Begünstigte sich erkennbar auf die Zusage verlässt und für ihn erhebliche wirtschaftliche Werte auf dem Spiel stehen.
Auch wenn zwischen den Parteien die Frage streitig ist, ob ein Vertrag zwischen ihnen abgeschlossen worden ist, so sind doch die Tatsachen im Wesentlichen unstreitig, nämlich der Umstand, dass die Klägerin die Beklagte um Hilfe bei der Planung und Überwachung gebeten und diese dem zugestimmt und sich in erheblichem Umfang - wie im Tatbestand dargestellt - an diese Zusage auch gehalten hat. Angesichts der in erster Instanz vernommenen Zeugen, die die Beklagte als bauleitende Architektin angesehen haben, vermag der Senat der Einschätzung der in der mündlichen Verhandlung angehörten Beklagten nicht zu folgen, sie habe sich eigentlich um die Bauüberwachung gar nicht gekümmert und nur "auf konkreten Hilferuf" zur Verfügung gestanden.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände tritt der Senat dem Landgericht jedenfalls im Ergebnis darin bei, dass ein Rechtsbindungswille aus der Sicht der Klägerin vorhanden war. Wie jedermann und insbesondere einer Architektin klar ist, können durch mangelhafte Architektenleistungen selbst bei einem Einfamilienhausneubau Schäden in fünf- oder gar sechsstelliger Größenordnung entstehen, wobei es in erheblichem Umfang Fehler gibt, die später entweder überhaupt nicht mehr (fehlende Absperrfolien) oder nur mit ganz unverhältnismäßigen Kosten wieder beseitigt werden können und die zudem, wenn die Bauaufsicht nicht sorgfältig ausgeübt wird, später überhaupt nur mit Schwierigkeiten festzustellen sind, weil die eigentlichen Mängel durch die nachfolgenden Baumaßnahmen überdeckt werden.
Nach alledem hat sich die Beklagte zwar ausschließlich aus freundschaftlichen Erwägungen zur Planung und Überwachung des von der Klägerin errichteten Objekts bereit gefunden, sie haftet indes angesichts der überragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer sorgfältigen Bauüberwachung nach denselben Maßstäben wie ein Architekt, weil dann, wenn ein Gefälligkeitsverhältnis mit Rechtsbindungswillen angenommen wird, auf den Vertragstypus zurückzugreifen ist, der bei Abschluss eines Vertrages ebenfalls anwendbar wäre.
3.
Die Rüge der Berufung, das Landgericht habe, nachdem ein Vertragsabschluss durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt worden sei, über die Frage der Bauüberwachung keinen Beweis erheben dürfen, weil diese einer Ausforschung gleich komme, vermag der Senat nicht zu teilen.
Eine Haftung der Beklagten ist, wie unter Ziffer 1 dargelegt, auch dann möglich, wenn kein Vertrag mit einklagbaren Pflichten zustande gekommen ist, weil die Beklagte angesichts der Unentgeltlichkeit zu jeder Zeit hätte "Aussteigen" dürfen. Insoweit war eine Beweisaufnahme jedenfalls vertretbar, weil die Beklagte vorgetragen hatte, sie habe sich alsbald nach der Erteilung der ersten Aufträge aus dieser Sache fast völlig zurückgezogen, weil die Klägerin Schwarzarbeiter beauftragt habe. Man hätte in diesem Zusammenhang allenfalls fragen können, ob die Beweisaufnahme nicht deshalb entbehrlich gewesen ist, weil sich aus den von ihr unterzeichneten Dokumenten in ausreichendem Umfang ergab, dass dieser Vortrag zum Rückzug aus dem Projekt nicht zutreffend ist. Auf jeden Fall geboten war die Beweisaufnahme jedoch zum Umfang der Bauüberwachung.
4.
Die weitere Rüge der Berufung, die der Beklagten vorgeworfenen Pflichtverletzungen seien nicht ausreichend beschrieben, vermag der Senat ebenfalls nicht zu teilen. Ausweislich der zutreffenden Gründe des Landgerichts (Bl. 248 d.A.) wird ein Verschulden der Beklagten bei der Planung des Hauses nicht festgestellt, sondern lediglich bei der Bauüberwachung (Bl. 248 d.A.). Damit ist der größte Teil der von der Klägerin geltend gemachten Schäden infolge fehlerhafter Verlegung der Drainage erfasst (Seiten 14 ff. der Klageschrift). Das gilt auch für die Position Eingangstreppe (Bl. 18 d. A), deren Erneuerung wegen der Drainagearbeiten notwendig gewesen sein soll. In diesem Zusammenhang ist für den Erlass eines Grundurteils, bei dem lediglich eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Zuerkennung eines auch nur geringen Betrages bestehen muss (BGH NJW 1999, 1709) nicht erforderlich, dass bereits jetzt jede einzelne Pflichtverletzung im Rahmen der Bauüberwachung beschrieben wird, jedenfalls nicht in Bezug auf die Überwachung des Einbaues einer Drainage.
Allerdings trifft es zu, dass im Rahmen eines Grundurteils wegen dessen Rechtskraftwirkung eine bindende Feststellung der Pflichtverletzungen zu treffen ist. Zwar muss bei mehreren Schadensposten, die keine selbstständigen Forderungen darstellen, nicht ermittelt werden, ob sie jeweils dem Grunde nach bestehen (Musielak im Mü-Ko., 3. Aufl., Rn. 13 zu § 304 ZPO), die Pflichtverletzungen selbst müssen aber, da das Grundurteil in Rechtskraft erwächst, beschrieben und festgestellt werden. Das lässt sich, obwohl im angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich erwähnt, auch hinsichtlich der Arbeiten an den Treppen feststellen, weil Mängel an solchen Arbeiten, die sich über längere Zeit hinziehen, der bauüberwachenden Architektin auffallen müssen und die gerügten Fehler (mangelhafte Einpassung und unterschiedliche Höhen und Auftrittsbreiten) ohne weiteres sichtbar sind. Zu den Verkleidungsarbeiten am Schornstein (Bl. 22 d.A.) hat das Landgericht allerdings keine Pflichtverletzung festgestellt, diese Position ist deshalb vom Grundurteil nicht erfasst und wird im weiteren Rechtsstreit zu bescheiden sein, sodass es sich im Ergebnis um ein - zulässiges - Teilurteil über den Grund handelt (Stein/Jonas/Leipold, 21. Aufl. Rn. 37 zu § 304 ZPO). Entsprechendes gilt für den Anspruch auf Kostenerstattung (Bl. 25 d.A.) über 4.988 DM, auch insoweit hat das Landgericht noch keine Pflichtverletzung der Beklagten festgestellt.
Die Beklagte hätte die Mängel auch bemerken müssen, zumal der Architekt bei besonders schadensträchtigen Arbeiten (Feuchtigkeit) zu einer besonderen Sorgfalt verpflichtet ist (BGH NJW 1991, 563 [BGH 11.10.1990 - VII ZR 120/89]). Hier bestand eine besondere Überwachungspflicht, nachdem die ursprünglich vorgesehene Wanne durch eine Drainage ersetzt wurde, denn die Trockenheit des Kellers "stand und fiel" mit dem sachgemäßen Einbau der Drainage.
5.
Das Landgericht hat im Übrigen auch festgestellt, dass die Beklagte die Bauüberwachung tatsächlich vorgenommen hat. Dies ergibt sich zum einen aus der ausführlich dokumentierten und im Tatbestand wiedergegebenen Tätigkeit der Beklagten hinsichtlich Auftragsvergabe, Erstellung von Leistungsverzeichnissen und Rechnungsprüfung sowie aus dem von den Zeugen bestätigten Tätigwerden der Beklagten auf der Baustelle.
6.
Einer Beweisaufnahme über den neuen Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe zugegeben, dass ihr die Planungsleistung geschenkt worden sei und erklärt, man wolle noch einiges rausholen (Bl. 238 f. d.A.) bedarf es nicht, denn die Planung ist nicht Gegenstand der Haftung der Beklagten und selbst wenn die Klägerin - als wahr unterstellt - gesagt hat, sie wolle noch einiges herausholen, ändert das nichts an der Beurteilung der Frage, ob eine nachweisbare Tätigkeit der Beklagten im Rahmen der Bauüberwachung ihre Haftung rechtfertigt.
7.
Einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung bedurfte es nicht, weil, wie die Berufungserwiderung zutreffend hervorhebt, die mangelnde Bauüberwachung sich schon in einem Schaden des Werkes verkörpert hatte, ganz abgesehen davon, dass die Beklagte kategorisch jegliche Haftung ablehnt.
8.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Forderung auch nicht verjährt. Nach dem Vortrag der Klägerin (Bl. 74 d.A.) erfolgte die Fertigstellung im Juli 1994, die Klage ist im Januar 1999 erhoben und am 17. Februar 1999 zugestellt worden. Da für den Eintritt der Verjährung die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig ist, reicht ihr Vortrag, die Mutter der Klägerin sei jedenfalls schon Anfang 1994 eingezogen (Bl. 93 d.A.), nicht aus. Deshalb bedarf es keiner weiteren Ausführungen dazu, ob ausnahmsweise eine 30-jährige Verjährung eingreift (BGH, Baurecht 2000, 128).
Eine Verwirkung innerhalb einer noch laufenden Verjährungsfrist ist nur ganz ausnahmsweise möglich, für das Umstandsmoment, dass etw. die Beklagte wirtschaftliche Dispositionen im Vertrauen auf eine Nichtinanspruchnahme getroffen hätte, ist überhaupt nichts ersichtlich.
9.
Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Es ist lediglich erwogen worden, ob die normalerweise unzweifelhafte gesamtschuldnerische Haftung von Bauunternehmer und Architekt ausnahmsweise zurücktreten könnte, wenn der Architekt ohne Honorar arbeitet und es dem Bauherrn dann nicht ausnahmsweise zumutbar ist, zunächst den Bauunternehmer in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte hatte sich indessen nicht darauf berufen, dass dies mit Erfolgsaussicht möglich gewesen wäre.
10.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 546 Abs. 2, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.