Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 08.03.2005, Az.: 12 A 4191/02

Haltungszeitraum; Mutterkuhprämie; Sanktionierung; Schuld; Vertrauensschutz

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
08.03.2005
Aktenzeichen
12 A 4191/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 50659
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG - 29.06.2007 - AZ: 10 LA 69/05

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ohne Schuld im Sinne des Art. 44Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 21419/2001 handelt, wem im Rahmen einer wertenden Betrachtungsweise, bei der insbesondere Vertrauensschutzgesichtspunkte eine Rolle spielen können, die festgestellten Unregelmäßigkeiten billigerweise nicht angelastet werden können.

Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2000 eine Mutterkuhprämie in Höhe von 163,00 € für 79 Tiere zu gewähren. Die Bescheide des Amtes für Agrarstruktur vom 24. Juli 2001 und vom 22. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 3. September 2002 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegen stehen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Versagung und Kürzung der Mutterkuhprämie für das Jahr 2000.

2

Am 15. Mai 2000 beantragte der Kläger die Gewährung einer Mutterkuhprämie für das Jahr 2000. Den Antrag gab er bei der Landwirtschaftskammer Weser-Ems, Landwirtschaftsamt Oldenburg-Nord, Amt Wesermarsch, ab. In der Tierliste, die als Anlage seinem Antrag beigefügt war, führte er insgesamt 115 Tiere auf. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt jedoch lediglich über 96,2 Prämienansprüche verfügte, wurden die überzähligen 18 Tiere aus dem Antrag gestrichen. Die Streichung führte der Zeuge G., ein Mitarbeiter des Landwirtschaftsamtes Oldenburg-Nord, in Absprache mit dem Kläger durch.

3

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 18. Mai 2000 setzte das Amt für Agrarstruktur Oldenburg die für die Beantragung der Mutterkuhprämie erforderlichen Prämienansprüche des Klägers auf 93,7 Prämienansprüche fest.

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Im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle, die am 10. und 20. November 2000 stattfand, wurde festgestellt, dass 12 Antragstiere den Betrieb des Klägers zum 10. Juli 2000, zum 7. September 2000 bzw. zum 7. November 2000 verlassen hatten. Weiter wurde durch einen Abgleich mit den Anträgen der Ehefrau des Klägers festgestellt, dass für das Tier mit der Ohrmarkennummer DE 0344501101 auch bereits von dieser eine Prämie beantragt worden war. Dieses Tier hatte den Betrieb des Klägers bereits am 7. Mai 2000 verlassen. Weiter wurde bei einem Abgleich mit der elektronischen Datenbank HI-Tier festgestellt, dass der Kläger noch weitere fünf Tiere, die bei der Vor-Ort-Kontrolle nicht festgestellt werden konnten, innerhalb des Haltungszeitraumes vom Betrieb verbracht hatte.

5

Mit Bescheid vom 24. Juli 2001 lehnte das Amt für Agrarstruktur den Antrag auf Gewährung der Mutterkuhprämie für das Jahr 2000 ab. Es führte zur Begründung aus: Für 18 Tiere habe der Kläger den Haltungszeitraum nicht eingehalten. Diese Tiere würden als nicht festgestellt gelten. Die Differenz der nicht festgestellten Tiere zu den festgestellten Tieren betrage mehr als 20 %, mit der Folge, dass keine Beihilfe gewährt werden könne.

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Am 27. August 2001 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Er erklärte: Zwar sei es zutreffend, dass das Tier mit der Ohrmarkennummer DE 0344501101 den Betrieb bereits am 7. Mai 2000 verlassen habe und dass innerhalb des Haltungszeitraumes weitere 17 Tiere veräußert worden seien. Dieser Umstand rechtfertige jedoch nicht die Ablehnung des Antrages. Bei der Abgabe des Antrages habe er mit dem Zeugen G. über die Frage gesprochen, wie im Hinblick auf Tiere zu verfahren sei, die während der Haltefrist aus dem Bestand herausgenommen würden. Er habe den Zeugen ausdrücklich auf die Regelungen in Abschnitt III Nr. 8 des Merkblattes für die Gewährung der Mutterkuhprämie 2000 angesprochen. Dieser Absatz befasse sich mit der Ersetzung einer abgehenden Mutterkuh. Dieser habe geantwortet, dass es keiner Meldung bedürfe, wenn abgehende Kühe durch Kühe ersetzt werden könnten, die bei Antragstellung bereits im Bestand vorhanden gewesen seien. Diese Tiere ließen sich ohne Weiteres aus den Datenbänken und dem Bestandsregister entnehmen. Da bei der Antragstellung 18 Mutterkühe über den Prämienbestand hinaus vorhanden gewesen seien, bedeute diese Äußerung, dass bis zu maximal 18 Tiere während des Haltezeitraumes anderweitig verbracht werden dürften, da diese automatisch ersetzt werden könnten. Das Erfordernis, eine Ersetzung entsprechend den Ausführungen im Merkblatt vorzunehmen, sei entsprechend der Absprache zwischen ihm und dem Zeugen G. abbedungen worden. Ihm könne jedenfalls nicht vorgeworfen werden, einen Fehler gemacht zu haben. In einem Telefonat am 25. November 2000 habe Herr G. noch einmal bestätigt, dass er sich keine Sorgen zu machen brauche, weil er nicht für eine Änderung der Bestimmungen während des Antragszeitraumes haftbar gemacht werden könne. Ihm sei noch einmal ausdrücklich bestätigt worden, alles richtig gemacht zu haben.

7

Mit Bescheid vom 22. Mai 2002 gewährte das Amt für Agrarstruktur Oldenburg dem Kläger eine Mutterkuhprämie, einschließlich Extensivierungsbetrag, in Höhe von insgesamt 15.984,67 €. Aufgrund der mit Bescheid vom 18. Mai 2000 auf 93,7 Prämienrechte neu festgesetzten Obergrenze habe der Kläger maximal 94 Tiere (statt 97 Tiere) in seinem Antrag aufführen können. Entsprechend seien weitere drei Tiere aus seinem Antrag gestrichen worden. Es handele sich dabei um Tiere, für die eine Prämie ohnehin nicht habe beansprucht werden können. Aufgrund des neuen Sachverhalts (93,7 Prämienrechte und nur noch 15 fehlerhafte Tiere) betrage die Differenz nunmehr 18,607594 % und damit unter 20 %.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2002 wies die Bezirksregierung Weser-Ems den Widerspruch, soweit ihm nicht mit Bescheid vom 22. Mai 2002 abgeholfen wurde, zurück. Sie führte aus: Im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle sei festgestellt worden, dass 12 Antragstiere innerhalb des Haltungszeitraumes den Betrieb des Klägers verlassen hätten. Weitere fünf Tiere seien bei der Vor-Ort-Kontrolle nicht festgestellt worden, da sie innerhalb des Haltungszeitraumes den Betrieb des Klägers verlassen hätten. Somit sei der vorgeschriebene Haltungszeitraum hinsichtlich dieser Tiere nicht erfüllt. Eine Meldung der Abgänge bzw. Ersetzung dieser Tiere sei nicht vorgenommen worden. Folglich müssten diese Tiere als nicht festgestellt gelten. Auch das Tier mit der Ohrmarkennummer DE 0344501101 gelte als nicht festgestellt, da dieses Tier bereits am 5. Mai 2002, und damit vor Antragstellung, an die Ehefrau des Klägers veräußert worden sei. Somit müssten 18 Tiere als nicht festgestellt gelten. Durch den Teilabhilfebescheid vom 22. Mai 2002 verringere sich diese Zahl auf 15 Tiere. Die nunmehr festzustellende Differenz betrage 18,607594 %. Entsprechend den Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 sei die Beihilfe daher um den doppelten Betrag zu kürzen. Auch soweit der Kläger vortrage, Ersatztiere seien nur deshalb nicht gemeldet worden, weil er durch den Zeugen G. falsch unterrichtet worden sei, so rechtfertige dies eine abweichende Entscheidung nicht. Das Landwirtschaftsamt Oldenburg-Nord habe mitgeteilt, dass die Beratung auf der Grundlage des entsprechenden Merkblattes durchgeführt worden sei. In diesem Merkblatt seien die Regelungen für die Ersetzungen von Antragstieren eindeutig erläutert. Von einer fehlerhaften Auskunftserteilung durch den Zeugen G. könne folglich nicht ausgegangen werden. Ungeachtet dessen könne selbst eine fehlerhafte Beratung durch den Zeugen keine abweichende Entscheidung rechtfertigen. Dieser sei im Rahmen der Beratung durch die Landwirtschaftskammer, also im Rahmen der Selbstverwaltung, tätig geworden. Es habe sich nicht um eine Verwaltungskontrollleistung der Kammer gehandelt. Im Übrigen sei ein etwaiges Fehlverhalten des Zeugen der Beklagten nicht zuzurechnen. Eine fehlerhafte Beratung könne allenfalls einen Schadensersatzanspruch gegen den Zeugen persönlich begründen.

9

Der Kläger hat am 7. Oktober 2002 Klage erhoben. Er macht geltend: Er habe bei der Antragstellung insgesamt 115 Tiere aufgeführt. Von diesen 115 Tieren habe die Landwirtschaftskammer Weser-Ems (Landwirtschaftsamt Oldenburg-Nord) bei der Antragsannahme die letzten 18 Tiere gestrichen, da ihm lediglich 96,2 Prämienrechte bescheinigt worden seien. Innerhalb des Haltungszeitraumes seien 17 Tiere veräußert worden, was er dem Amt für Agrarstruktur nicht mitgeteilt habe. Dies habe auf einer Absprache mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Landwirtschaftsamtes Oldenburg-Nord, dem Zeugen G., beruht. Er habe den Zeugen ausdrücklich danach gefragt, wie mit Tieren zu verfahren sei, die während der Haltungsfrist aus dem Bestand herausfielen. Im Hinblick auf das Vorhandensein von 18 „Mehrkühen“ habe dieser ihm mitgeteilt, einer Meldung bei Abgängen während der Haltungsfrist bedürfe es so lange nicht, wie ein „Überschuss“ vorhanden sei. Eine Meldung sei erst dann erforderlich, wenn es zu einer Herausnahme von mehr als 18 Tieren aus dem Bestand während der Haltungsfrist komme. Diese Zahl sei nicht erreicht. Aufgrund dieser Auskunft sei er in vollem Umfang gutgläubig gewesen. Im Übrigen habe der Zeuge ihm in einem weiteren Telefonat mitgeteilt, dass er alles richtig gemacht habe und ihm keine Vorhalte gemacht werden könnten. Dies könne die Zeugin Ü., seine Mitarbeiterin, bestätigen. Auch dürften die vom Amt für Agrarstruktur angewandten Sanktionsregelungen gegen das Übermaßverbot verstoßen.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Amtes für Agrarstruktur vom 24. Juli 2001 und 22. Mai 2002 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 3. September 2002 zu verpflichten, ihm eine Prämie für die Erhaltung des Mutterkuhbestandes für das Jahr 2000 und eine Extensivierungsprämie für das Jahr 2000 auf der Basis von insgesamt 96 prämienberechtigten Tieren zu erteilen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Ausführungen in den Bescheiden des Amtes für Agrarstruktur vom 24. Juli 2001 und vom 22. Mai 2002 sowie im Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 3. September 2002. In diesen Bescheiden sei insbesondere ausgeführt, dass der Zeuge ausschließlich im Rahmen der Beratung tätig geworden sei. Dieser Sachverhalt könne ggfls. Schadensersatzansprüche aus dem Beratungsverhältnis auslösen, führe jedoch zu keiner anderen Entscheidung über den Antrag. Auch liege kein Verstoß gegen das Übermaßverbot durch die Anwendung der Sanktionsregelungen vor. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber bei erheblichen Verstößen Sanktionsregelungen schaffe. In Anbetracht eines EU-weiten Antragsverfahrens, bei dem nur stichprobenartig Kontrollen bei den Antragsbetrieben durchgeführt werden könnten, könne durch diese Art der Sanktionierung eine höhere Sorgfalt bei der Antragstellung erreicht werden.

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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G. und Ü.. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2005 (Bl. 38 ff der Gerichtsakte).

16

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Die Bescheide des Amtes für Agrarstruktur vom 24. Juli 2001 und vom 22. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 3. September 2002 sind rechtswidrig, soweit darin die Mutterkuhprämie des Klägers für 79 Tiere gekürzt worden ist (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Im Hinblick auf die Versagung der Mutterkuhprämie, einschließlich Extensivierungsbeitrag, für das Jahr 2000 für die Anzahl von Tieren, die über 79 Tiere hinausgeht, sind die Bescheide rechtmäßig. Insoweit ist der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, da er keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Mutterkuhprämien hat (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

18

Nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1254/99 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch können Erzeuger, die in ihrem Betrieb Mutterkühe halten, auf Antrag eine Prämie zur Erhaltung des Mutterkuhbestandes (Mutterkuhprämie) erhalten. Diese Prämie wird auf Jahresbasis je Kalenderjahr und Betrieb im Rahmen der individuellen Höchstgrenzen gewährt. Gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1254/99 wird die Mutterkuhprämie Erzeugern gewährt, die während mindestens sechs aufeinander folgenden Monaten ab dem Tag der Beantragung der Prämie eine Zahl Mutterkühe von mindestens 80 % und eine Zahl Färsen von höchstens 20 % der Anzahl Tiere halten, für die die Prämie beantragt wurde. Mit der Verordnung (EG) Nr. 2342/99 hat die Kommission u.a. gemäß Art. 6 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1254/99 die Durchführungsvorschriften zu diesem Artikel erlassen (Art. 14 ff). Gemäß Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 2342/99 beginnt der Haltungszeitraum von sechs Monaten gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1254/99 am Tag nach der Antragstellung. Im vorliegenden Fall reichte der Kläger seinen Antrag auf Gewährung einer Mutterkuhprämie am 15. Mai 2000 beim Landwirtschaftsamt Oldenburg-Nord ein. Somit begann der 6-monatige Haltungszeitraum am 16. Mai 2000 und endete mit Ablauf des 15. November 2000. Während dieses Zeitraumes verließen 17 Antragstiere den Betrieb des Klägers. Im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle am 10. und 20. November 2000 ist festgestellt worden, dass 12 Antragstiere innerhalb des Haltungszeitraums den Betrieb des Klägers verlassen haben. Weitere fünf Tiere konnten bei der Vor-Ort-Kontrolle nicht festgestellt werden, da auch sie innerhalb des Haltungszeitraums vom Betrieb des Klägers verbracht wurden. Darüber hinaus veräußerte der Kläger das Tier mit der Ohrmarkennummer DE 0344501101 am 5. Mai 2000 an seine Ehefrau. Dieses Tier verließ den Betrieb des Klägers am 7. Mai 2000 und damit bereits vor Antragstellung. Diese 18 Tiere können daher auch nicht als prämienfähige Tiere berücksichtigt werden. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten treffen zu und werden vom Kläger auch nicht bestritten. Ebenso ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit, dass der Kläger eine Ersetzung der Tiere nach Art. 10 a Abs. 2 und 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 nicht vorgenommen hat. Dem folgend konnte eine Prämie nur für 79 Tiere gewährt werden. Somit steht auch fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer Mutterkuhprämie für weitere, also über die Anzahl von 79 Tieren hinaus gehende, Tiere hat und die Klage insoweit abzuweisen war.

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Ergänzend ist auszuführen: Mit dem Antrag und den dort aufgeführten Tieren definiert der Kläger, für welche Tiere die Gewährung einer Prämie beantragt wird. Gegenstand des Antrages waren die zuletzt angegebenen 97 bzw. 94 Tiere. Nicht Gegenstand des Antrags und damit auch nicht Gegenstand des Bewilligungsverfahrens waren die 115 Tiere, die der Kläger ursprünglich in seinem Antrag aufgeführt hatte. Eine nachtägliche Ersetzung der Tiere durch die ursprünglich im Antrag aufgeführten Tiere ist nicht möglich. Die Ersetzung kann nur erfolgen unter den Voraussetzungen der entsprechenden Regelungen, die hier - unstreitig - nicht eingehalten sind. Soweit sich der Kläger auf eine fehlerhafte Beratung durch den Zeugen G. beruft, rechtfertigt dies eine abweichende Entscheidung nicht, da es insoweit nicht auf ein Verschulden des Klägers ankommt (vgl. im Übrigen auch die Begründungserwägung Nr. 34 zur Verordnung (EG) Nr. 2419/01, wo es im Hinblick auf die Beihilfeanträge Tiere heißt, dass Unregelmäßigkeiten dazu führen, dass die betreffenden Tiere nicht beihilfefähig sind). Eine Falschberatung kann nur bei der rechtlichen Beurteilung der Sanktionierung eine Rolle spielen (dazu unten). Weiter besteht kein Anhalt dafür, dass es sich bei den Antragsangaben im Hinblick auf die Tiere, die den Betrieb während des Haltungszeitraumes verlassen haben, um einen offensichtlichen Fehler im Sinne des Art. 5 b der Verordnung (EG) Nr. 2801/99 handelte. Diese Fehler konnten erst im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle festgestellt werden und lagen für die Beklagte bzw. das Amt für Agrarstruktur Oldenburg oder das Landwirtschaftsamt Oldenburg-Nord auch nicht auf der Hand.

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Somit steht fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer Mutterkuhprämie für weitere, also über die Anzahl von 79 Tieren hinaus gehende, Tiere hat. Indes ist die Verhängung einer Sanktion wegen der festgestellten Differenz zwischen beantragten und festgestellten Tieren rechtswidrig, da der Kläger in dieser Hinsicht nachweisen kann, dass er insoweit ohne Schuld im Sinne des Art. 44 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 gehandelt hat.

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Für den Fall, dass im Rahmen der Verwaltungskontrolle festgestellt wird, dass einige Antragstiere nicht prämienfähig sind, sind die Berechnungsgrundlagen, Kürzungen und Sanktionen im Rahmen der Vorschriften über das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem geregelt. Die Ausgangsvorschriften für das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem finden sich in der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 17. November 1992, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1036/99 des Rates vom 17. Mai 1999. Die Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem sind in der Verordnung (EG) Nr. 3887/92 in der für Prämienzeiträume ab 1. Januar 2000 maßgeblichen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/99 der Kommission vom 21. Dezember 1999 geregelt. Die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 - mit späteren Änderungen - wurde durch Art. 53 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 aufgehoben. Sie gilt jedoch weiter für Beihilfeanträge, die sich - wie hier - auf vor dem 1. Januar 2002 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen (Art. 53 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01). Der Europäische Gerichtshof wendet die Verordnung (EG) Nr. 2988/95 aber dahingehend an, dass trotz eines festgelegten zeitlichen Anwendungsbereichs die weniger strenge Sanktionsregelung auch für zurückliegende Prämienzeiträume infolge der Rückwirkung zur Anwendung kommt (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - C-354/95 -, EuGHE I 1997, 4559). Diese Rechtsprechung hat der Europäische Gerichtshof bezogen auf die Verordnung (EG) Nr. 2419/01 mit seinem Urteil vom 1. Juli 2004 (- C-295/02 -, NVwZ 2004, 1343) bestätigt. Dem folgend führt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht aus, es weise nichts in der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 darauf hin, dass mit dieser Verordnung der in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2988/95 aufgestellte Grundsatz der rückwirkenden Anwendung weniger schwerer Sanktionen ausgeschlossen werden solle (OVG Lüneburg, Urteil vom 14. Dezember 2004 - 10 LC 67/02 -; vgl. auch Kammerurteil vom 29. Januar 2002 - 12 A 4721/00 -).

22

Gemäß Artikel 44 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 finden die in diesem Titel vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft. Diese Regelung findet hier Anwendung, weil die entsprechenden Sanktionsregelungen der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/99 strenger sind. Nach Artikel 10 b Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2801/99 wird die Beihilfe außer im Falle höherer Gewalt und nach Anwendung von Artikel 10 Abs. 5 hinsichtlich der natürlichen Lebensumstände gemäß Absatz 2 gekürzt, wenn sich bei einer Verwaltungs- oder Vor-Ort-Kontrolle eine Differenz zwischen der Zahl in einem Beihilfeantrag angegebenen Tiere und der Zahl der als prämienfähig festgestellten Tiere ergibt. Eine Sanktion wird also nur dann nicht verhängt, wenn ein Fall höherer Gewalt oder Gründe, die mit den natürlichen Lebensumständen der Herde zusammen hängen, vorliegen. Ein Absehen von der Sanktion für den Fall der Vorlage sachlich richtiger Angaben oder für den Fall, dass den Betriebsinhaber auf andere Weise keine Schuld trifft, ist nach dieser Regelung nicht möglich (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1998 - 3 B 3.98 -, Agrarrecht 1998, 321; EuGH - Vorlage vom 18. Januar 2000 - 3 C 1.99 -, juris; EuGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - C-63/00 -, AgrarR 2002, 318 („Schilling und Nehring“); Urteil vom 11. Juli 2002 - C-210/00 -, EuGHE I 2002, 6453).

23

Nach der Regelung des Artikel 44 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 findet eine Sanktionierung nicht statt, wenn der Kläger entweder sachlich richtige Angaben gemacht hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld an der Beanstandung einzelner in seinem Antrag angegebener Tiere trifft. Sachlich richtige Angaben machte der Kläger nicht. Die von ihm beantragten Tiere, die seinen Betrieb vor Ablauf des Haltungszeitraumes verlassen haben, erfüllten nicht die Prämienvoraussetzungen. Insofern hat er falsche Angaben gemacht. Indes kommt die Kammer nach Anhörung des Klägers und der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass er auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.

24

Die Regelung des Artikel 44 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 definiert den Begriff der Schuld selbst nicht. Auch die Begründungserwägungen zur Verordnung (EG) Nr. 2419/01 sind in dieser Hinsicht wenig ergiebig. So heißt es in der Begründungserwägung Nr. 41, dass Kürzungen und Ausschlüsse nicht angewendet werden sollten, wenn der Betriebsinhaber nachweisen kann, dass ihn keine Schuld trifft. Eine Definition für diesen Begriff findet sich aber auch hier nicht. Lediglich den Begründungserwägungen Nr. 32 und Nr. 33 sind Hinweise darauf zu entnehmen. So heißt es dort, dass geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung von Unregelmäßigkeiten und Betrug zu treffen seien und mit Blick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip (und bestimmte Probleme in Fällen höherer Gewalt sowie außergewöhnlicher und natürlicher Umstände) Kürzungen und Ausschlüsse festgelegt werden sollten, wobei Kürzungen und Ausschlüsse je nach Schwere der festgestellten Unregelmäßigkeit gestaffelt sein sollten. Damit ist zum einen geklärt, dass der Begriff „Schuld“ in Artikel 44 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 so ausgelegt werden muss, dass er nach wie vor geeignet ist, die finanziellen Interessen der Gemeinschaft wirksam zu schützen und zur Bekämpfung von Unregelmäßigkeiten und Betrug beizutragen. Auf der anderen Seite muss aber im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Möglichkeit erhalten bleiben, außergewöhnliche Umstände berücksichtigen zu können. Diesen Vorgaben werden die Begriffe „Fahrlässigkeit“ und „Vorsatz“ (vgl. § 276 Abs. 1 BGB; EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - C-46/93 -, EuGHE I 1996, 1029) nicht gerecht, weil grundsätzlich immer beim Auftreten von Fehlern jedenfalls ein Fall von leichter Fahrlässigkeit angenommen werden dürfte. Vielmehr ist deshalb eine wertende Betrachtungsweise angezeigt. Es handelt also derjenige ohne Schuld im Sinne des Artikel 44 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01, dem im Rahmen einer wertenden Betrachtungsweise, bei der insbesondere Vertrauensschutzgesichtspunkte eine Rolle spielen können, die festgestellten Unregelmäßigkeiten billigerweise nicht angelastet werden können. Das können neben den Fällen höherer Gewalt u.a. die Fälle sein, in denen die über den Antrag entscheidende Behörde einen Vertrauenstatbestand dergestalt geschaffen hat, dass der Prämienbewerber nicht mit einer Sanktionierung zu rechnen braucht. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Behörde den Antragsteller darauf hinweist, dass es zu seinem Fall auf bestimmte (zusätzliche) Angaben trotz entgegenstehender Regelungen in den einschlägigen Gesetzen oder Verordnungen nicht ankomme. In einem solchen Fall muss sich der Antragsteller auf die Angaben des Entscheidungsträgers verlassen dürfen, so dass er, der im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Angaben gehandelt hat, nicht schuldhaft handelt. Dies gilt auch dann, wenn diese Angaben nicht von der den Antrag bescheidende Behörde, sondern von Bediensteten der für die Antragsentgegennahme zuständigen Behörde getätigt werden. Auch in diesem Fall werden diese Mitarbeiter nicht als lediglich beratende Stelle tätig. Ihre Tätigkeit liegt in der Verantwortungssphäre der öffentlichen Hand und nicht in der des Antragstellers, der sich diese Stelle - anders als in privaten Beratungsfällen - nicht aussuchen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 6. Juni 1991 - 3 C 46.86 -, BVerwGE 88, 278 = Rd“ 1991, 222).

25

Für das Vorliegen der Voraussetzungen des Artikel 44 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 trägt der Kläger die Beweislast. Er muss nachweisen, dass er entweder sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder ihn sonst keine Schuld trifft. Diesen Nachweis hat er nach Überzeugung der Kammer geführt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Vorbringen des Klägers ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger ohne Schuld im Sinne des Artikel 44 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 gehandelt hat.

26

Zunächst folgt die Kammer der Ansicht der Beklagten und der Bezirksregierung Weser-Ems nicht, bei der Tätigkeit des Zeugen G. habe es sich ausschließlich um eine Beratungsleistung gehandelt, die ihr nicht zuzurechnen sei. Dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass der Zeuge G. nicht nur im Rahmen einer Beratung tätig geworden ist. Vielmehr hat er auch Kontrollleistungen für das Amt für Agrarstruktur erbracht. Der Kläger hat der Landwirtschaftskammer Weser-Ems (Landwirtschaftsamt Oldenburg-Nord, Amt Wesermarsch) den vollständig ausgefüllten Antrag am 15. Mai 2000 vorgelegt. Die Bezirksregierung Weser-Ems weist in ihrem Widerspruchsbescheid vom 3. September 2002 darauf hin, dass Verwaltungskontrollbögen entsprechend den internen Regelungen in grüner Farbe auszufüllen seien. Genau dies ist geschehen. Er hat unter dem 29. Mai 2000 als „Zweitprüfer“ den Verwaltungskontrollbogen für den Prämienantrag des Klägers mit einem grünen Stift unterzeichnet. Der Zeuge G. taucht in diesem Verwaltungskontrollbogen ebenfalls als Datenerfasser auf. Die weiteren Ausführungen der Bezirksregierung Weser-Ems greifen zu kurz, da sie nur auf die Streichung der überzähligen Antragstiere abstellt.

27

Eine Zurechnung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Der Kläger ist verpflichtet, den Antrag auf Gewährung einer Prämie für die Erhaltung des Mutterkuhbestandes bei der Landwirtschaftskammer einzureichen. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Antragsformular und wird von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen. Die Landwirtschaftskammer ist für die Entgegennahme des Antrages sowie für die Überprüfung sämtlicher Angaben zum Antrag auf Prämiengewährung zuständig. Daraus ergibt sich nach der ausgeführten Abgrenzung der Verantwortungssphären, dass die Landwirtschaftskammer - hier das Landwirtschaftsamt Oldenburg-Nord, Amt Wesermarsch - auf Seiten der öffentlichen Hand und nicht auf Seiten des Klägers steht. Es besteht im übrigen auch kein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass der Zeuge G. dem Kläger gegenüber deutlich gemacht hat, dass er nur in beratender Funktion tätig werden wollte.

28

Nach Auffassung der Kammer ergeben sich aus dem Verhalten des Klägers und seinen Angaben, dass er schuldlos gehandelt hat. Der Kläger hat zwar ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens. Das macht ihn aber nicht von vornherein unglaubwürdig. Ere trägt vielmehr überzeugend und in sich widerspruchsfrei bereits mit Schreiben vom 22. Februar 2001, also zu einem Zeitpunkt, als eine Sanktion noch gar nicht verhängt war, vor, dass er den Zeugen G. auf Absatz III Nr. 8 des Merkblattes für die Gewährung der Mutterkuhprämie 2000 (Stand 12. Januar 2000) hingewiesen habe. Jedoch sei ihm, so der Kläger weiter, mitgeteilt worden, dass eine Ersetzung auf diese Art und Weise, wie sie dort geschildert sei, nicht nötig sei, da im Zeitpunkt des Abgangs eines Tieres das jeweilige Ersatztier schon im Bestand vorhanden sei. Weiter erklärt der Kläger im eben genannten Schreiben, dass ihm Herr W. vom Amt für Agrarstruktur Oldenburg im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle mitgeteilt habe, dass eine solche Handhabung bereits mehrere Landwirte vorgetragen hätten. Sein diesbezügliches Vorbringen wiederholt der Kläger im Widerspruch vom 27. August 2001. Das Gericht hat keine Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Ausführungen. Zum einen hatte das Gericht den Eindruck, dass der Kläger mit den entsprechenden Vorschriften über die Prämiengewährung vertraut war und dementsprechend auch über aktuelle Merkblätter verfügt haben wird. Weiter hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass der Kläger ohne Weiteres in der Lage gewesen ist, ordnungsgemäße , d.h. entsprechend den Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92, Ersetzungen vorzunehmen. Dies zeigt sich beispielhaft in einer Ersetzung vom 25. November 2000. Auch lässt sich ohne fehlerhafte oder missverständliche Beratung nicht erklären, warum der Kläger eine Ersetzung entsprechend den ihm bekannten Regeln nicht vorgenommen hat. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig feststeht, verfügte der Kläger über ausreichend prämienberechtigte Antragstiere in seinem Bestand. Es hätte für ihn keine Schwierigkeit und keinen Aufwand dargestellt, unter Zugrundelegung seines Bestandsverzeichnisses die Tiere auszuwählen, die seinen Betrieb voraussichtlich während des Haltungszeitraumes verlassen würden und diese Tiere durch andere Tiere zu ersetzen. Der Kläger bestätigte dies noch einmal ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung am 8. März 2005. Er habe diese Vorgehensweise bei der Antragsabgabe auch ausdrücklich angeboten. Die Tiere waren in seinem Bestand vorhanden und ihm waren die entsprechenden Regelungen zur Ersetzung der Antragstiere bekannt. Eine entsprechende Vorgehensweise kann vernünftigerweise nur auf eine fehlerhafte, jedenfalls missverständliche, Beratung zurückzuführen sein. Die Aussagen des Zeugen G. konnten nach Überzeugung des Gerichts nicht widerlegen, dass nicht eine falsche oder missverständliche Beratung stattgefunden hat. Der Zeuge sagt wiederholt aus, dass er sich an den exakten Wortlaut des Gespräches zwischen ihm und dem Kläger am 15. Mai 2000 bei der Antragsabgabe nicht habe erinnern können. Dass sich der Zeuge nicht an den Wortlaut des Gesprächs wird erinnern können, wird angesichts der inzwischen verstrichenen Zeit nicht in Zweifel gezogen werden. Jedoch liegt es fern, dass sich der Zeuge G. nicht an den Gesprächsinhalt hinsichtlich der Ersetzung erinnert haben will, denn hierzu ist sein Vorbringen widersprüchlich. So will er sich zunächst an ein Gespräch über die Regelungen zur Ersetzung nicht erinnern. Auf wiederholtes Nachfragen räumt er ein, sich daran zu erinnern, dass über diesen Punkt gesprochen worden sei. Zuletzt sagt er aus, dass er den Kläger auf das Merkblatt verwiesen habe. Auch kann er schließlich nicht schlüssig darlegen, wieso er sich im Schreiben an die Landwirtschaftskammer Weser-Ems (Geschäftsbereich Verwaltung, Herrn B.; Bl. 36 der Gerichtsakte), das er per Fax am 8. November 2001 abgesandt hat, noch genau daran erinnern kann, dass er eine Aussage, wie sie der Kläger vorträgt, bezüglich der Ersetzung nicht gemacht haben will. Soweit sich der Zeuge G. - auch hier nur auf wiederholte Nachfragen hin - dahingehend einlässt, er habe den Kläger bei Antragsabgabe auf das „Merkblatt“ verwiesen, so mag dies zutreffen, ändert in der Sache aber nichts, da in diesem Fall die Auskunft jedenfalls missverständlich war. Nach Überzeugung der Kammer meinte der Zeuge mit dem „Merkblatt“ offenbar das Merkblatt für die Mutterkuhprämie für das Jahr 1999 (Stand 12. Januar 1999). In diesem Merkblatt ist im Gegensatz zum Merkblatt für das Jahr 2000 unter Absatz III Nr. 8 über die Ersetzung einer Mutterkuh nur ausgeführt, dass eine Ersetzung innerhalb einer Frist von 20 Kalendertagen erfolgen könne und dass dieser Ersatz spätestens innerhalb von 3 Kalendertagen kenntlich zu machen sei. Demgegenüber heißt es im Merkblatt für das Jahr 2000 ergänzend zu diesen Anmerkungen, dass die Ersetzung eines Tieres innerhalb von 10 Werktagen der zuständigen Dienststelle der Landwirtschaftskammer schriftlich mit weiteren Angaben (Name und Anschrift sowie Betriebsnummer, Ohrmarkennummer und Abgangsdatum des ersetzten Tieres, Datum der Ersetzung, Ohrmarkennummer und Rasse und Geburtsdatum des Ersatztieres) anzuzeigen sei. Das Gericht kommt zu dieser Einschätzung aufgrund der in sich widerspruchsfreien und auch sonst glaubhaften Aussage der Zeugin Ü.s. Sie berichtet von einem Telefonat zwischen dem Zeugen G. und dem Kläger. Die Zeugin erklärt, gehört zu haben, dass der Zeuge G. zum Kläger gesagt habe, er brauche sich keine Sorgen zu machen, wenn Änderungen der Vorschriften nach Antragstellung vorgenommen würden. Dafür könne man ihn - den Kläger - nicht haftbar machen. Diese Ausführungen decken sich mit dem Vorbringen des Klägers. Daraus schließt die Kammer, dass der Zeuge G. bei Antragsannahme am 15. Mai 2000 immer noch auf die Ausführungen im Merkblatt für das Jahr 1999 hingewiesen hat.

29

Weiter stützt sich die Kammer bei ihrer Einschätzung, dass es im hier relevanten Zeitraum zu fehlerhaften oder missverständlichen Auskunftserteilungen gekommen ist, in der Art, wie sie der Kläger schildert, auf den Akteninhalt. So wird - unwidersprochen - vom Kläger der Mitarbeiter W. des Amtes für Agrarstruktur zitiert, der dem Kläger gegenüber bei der Vor-Ort-Kontrolle im November 2000 angegeben haben soll, dass ihm schon von einigen anderen Betrieben der Wesermarsch die gleiche Handhabung, gemeint ist die Entbehrlichkeit einer Ersetzung, wenn das Ersatztier schon bei Antragstellung im Betrieb vorhanden gewesen ist, vorgetragen wurde. Einen weiteren Hinweis auf entsprechende Falschberatungen bietet auch das Schreiben des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg an alle Landwirtschaftsämter in ihrem Zuständigkeitsbereich vom 1. März 2001. Dort heißt es:

30

„Im Rahmen des o.a. Datenbankabgleiches wurde nunmehr festgestellt, daß bei einer hohen Anzahl von Mutterkuhanträgen für das Jahr 2000 eine Abmeldung von Antragstieren zwar bei der VIT in Verden aber nicht bei der zuständigen Behörde erfolgt ist.

31

Dieser Umstand resultiere nach Angaben von Landwirten aus verschiedenen Landkreisen daher, daß sie mehr Mutterkühe bzw. Färsen in der Tierliste angegeben hatten, als Prämienrechte vorhanden waren. Die überzähligen Tiere wären daraufhin (verordnungsgemäß) gestrichen worden.

32

Zu einer eventuellen Ersetzung der in der Tierliste verbliebenen Tiere wäre den Landwirten dann jedoch die Auskunft gegeben worden, dass diese Tiere ohne eine entsprechende Meldung gem. Artikel 10 Abs. 5 der VO 3887/92 den Betrieb verlassen könnten, wenn sie gegen Tiere ausgetauscht würden, die bei der Antragstellung gestrichen wurden, da diese bereits im Antrag angegeben wurden.

33

Auch wäre Landwirten die Auskunft gegeben worden, daß Tiere, die nicht ersetzt werden, ebenfalls den Betrieb ohne Meldung verlassen könnten, da die bei der Antragstellung gestrichenen Tiere dann automatisch nachrücken würden.“

34

Das Gericht geht auch davon aus, dass der Kläger aufgrund der Tatsache, dass der Zeuge G., der als Mitarbeiter des Landwirtschaftsamtes Oldenburg-Nord zur Auskunftserteilung, zur Antragsannahme und zu Kontrollleistungen befugt war, auf die Richtigkeit der Erklärungen dieses Bediensteten vertrauen durfte. Der Kläger hatte ausdrücklich auf die zutreffenden, d.h. verordnungsgemäßen, Ausführungen im Merkblatt für das Jahr 2000 hingewiesen. Daraufhin ist ihm eine fehlerhafte oder jedenfalls missverständliche Auskunft zur Frage der Ersetzung von Antragstieren erteilt worden. Weitere Nachforschungen und Nachfragen mussten von ihm nicht verlangt werden. Er war insbesondere nicht gehalten, direkt bei der Bewilligungsbehörde, dem Amt für Agrarstruktur Oldenburg, erneut nachzufragen, auf welche Art und Weise eine Ersetzung vorzunehmen sei. Da der Zeuge G., wie oben dargestellt, nicht in privat beratender Funktion, sondern als antragsannehmende Stelle, die auch Kontrollfunktion wahrnimmt, tätig geworden ist, bedurfte es einer weiteren Nachfrage nicht. Der Kläger konnte darauf vertrauen, dass die ihm erteilte Auskunft die Rechtslage zutreffend wiedergibt.

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Da der Kläger somit schuldlos im Sinne von Artikel 44 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/01 bei der fehlerhaften Antragstellung gehandelt hat, entfällt die Rechtsgrundlage für die Kürzung der Mutterkuhprämie für das Jahr 2000. Demzufolge hat der Kläger - wie ausgeführt - Anspruch auf die Gewährung einer ungekürzten Mutterkuhprämie, einschließlich Extensivierungsbetrag, für das Jahr 2000 für 79 Tiere.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.