Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 21.03.2012, Az.: 9 U 118/11

GmbH; Beschlussfassung in der GmbH-Gesellschafterversammlung; Notwendigkeit einer formellen Beschlussfassung in einer zwei-Personen-GmbH bei Stimmrechtsausschluss eines Mitgesellschafters wegen Selbstbetroffenheit

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.03.2012
Aktenzeichen
9 U 118/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 38892
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2012:0321.9U118.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 02.09.2011

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 2. September 2011 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover teilweise abgeändert.

Über die vom Landgericht ausgesprochene Nichtigerklärung der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14. Mai 2004 zu Tagesordnungspunkten 8 und 12 hinaus wird festgestellt, dass in dieser Gesellschafterversammlung keine wirksamen Beschlüsse mit folgendem Inhalt gefasst worden sind:

Tagesordnungspunkt 6

"Abberufung des Geschäftsführers ... mit sofortiger Wirkung wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot und Untreue",

Tagesordnungspunkt 7

"Kündigung des Geschäftsführers ... mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund (Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot, Untreue)",

Tagesordnungspunkt 9

"Bestimmung eines Verantwortlichen, der die Beschlüsse zu 4 - 6 Herrn ... mitteilt und das schriftliche Kündigungsschreiben gemäß Ziff. 5 an den Geschäftsführer zu unterzeichnen hat und etwaige Verhandlungen über die Modalität in der Beendigung des Dienstverhältnisses zu führen hat",

Tagesordnungspunkt 13

"Beschlussfassung zur Inanspruchnahme des Mitgesellschafters nach §§ 112, 113 HGB sowie allen rechtlichen Ansprüchen auf Schadensersatz wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot und der Untreuehandlungen",

Tagesordnungspunkt 14

"Ausschluss des Gesellschafters ... wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot und Untreue aus wichtigem Grund nach §§ 113, 140 HGB aus der Gesellschaft. Bestimmung des Herrn ... als Verantwortlichen für die Durchführung der Ausschlussklage".

Die Kosten des Rechtsstreits, soweit über sie nicht bereits durch Urteil des Senats vom 1. April 2009 (Bd. III, Bl. 236 ff. d. A.) und Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2010 (Bd. V, Bl. 40 d. A.) entschieden worden ist, hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollsteckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger, Gesellschafter der Beklagten, begehrt Feststellung, dass in der im Tenor genannten Gesellschafterversammlung bestimmte, ihn belastende Beschlüsse nicht gefasst worden sind; hilfsweise ficht er sie an. Wegen des Sachverhalts und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf das angefochtene (Schluss-) Urteil vom 2. September 2011 verwiesen, mit dem die Kammer die Klage im Wesentlichen abgewiesen hat. Weiter wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil des Senats vom 21. März 2007 (Bd. II, Bl. 352 ff. d. A.), das Urteil des Revisionsgerichts vom 13. Oktober 2008 (Bd. III, Bl. 60 ff. d. A.) und das Urteil des Senats vom 1. April 2009 (Bd. III, Bl. 236 ff. d. A.) verwiesen, die sich mit einer erhobenen Zwischenfeststellungsklage und der Frage befassen, welche von drei Personen neben dem Kläger zum Zeitpunkt der fraglichen Gesellschafterversammlung Mitgesellschafter gewesen ist.

Ausgehend von der in diesen früheren Verfahrensstufen herbeigeführten Klärung, dass es sich bei dem Mitgesellschafter seinerzeit um den Treuhänder Dr. N. ... des Treugebers S. gehandelt hat, hat das Landgericht die Klage im Wesentlichen abgewiesen, weil Dr. N., auch wenn er nur eine einseitige Erklärung betreffend Tagesordnungspunkt 6 abgegeben und hinsichtlich der sonstigen Tagesordnungspunkte nur Anträge gestellt habe, im Ergebnis eine "rechtswirksame unternehmensinterne Legitimationsgrundlage" geschaffen habe. Schließlich habe der Kläger als Betroffener der Beschlüsse ohnehin nicht gegen sie stimmen dürfen und stets mit allen Mitteln versucht, die Angriffe seines Kontrahenten S. schon auf förmlicher Ebene abzuwenden. Auch sei dem Mitgesellschafter Dr. N. trotz dessen vom Kläger erkannter unzureichender Formulierungen in der Gesellschafterversammlung keine Hilfe geleistet worden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Prozessziel, soweit abgewiesen, weiterverfolgt. Er macht geltend, das Landgericht habe in unvertretbarer Weise den Nachweis einer Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung für entbehrlich gehalten und durch den selbst geschaffenen Begriff einer "Legitimationsgrundlage" ersetzt. Dr. N. habe aber allenfalls Anträge gestellt; eine Abstimmung über diese Anträge habe es nicht gegeben. Fernliegend sei auch die Annahme des Landgerichts, eine derartige Beschlussfassung sei bei einer Zwei-Personen-Gesellschaft entbehrlich, wenn sie sich gegen einen der beiden Gesellschafter richte, der deswegen nicht mitstimmen dürfe. Etwas Anderes könne auch nicht deswegen gelten, weil der Verlauf der Gesellschafterversammlung ungewöhnlich und konfrontativ gewesen sei. Es sei nicht dem Kläger anzulasten, dass der zur damaligen Zeit lediglich die Position eines Treugebers innehabende Herr S. nicht für klare Verhältnisse hinsichtlich der gesellschaftlichen Beteiligung gesorgt habe. Schließlich sei diese Frage auch höchst problematisch gewesen und in vorangegangenen gerichtlichen Verfahren in verschiedenen Instanzen durchaus unterschiedlich beurteilt worden. Die das Verhalten des Klägers in der Gesellschafterversammlung bewertenden Formulierungen des Landgerichts außerhalb der Subsumtion gesetzlicher Vorschriften legten eine an Willkür grenzende Parteinahme nahe. Zur inhaltlichen Richtigkeit der von der Gegenseite erhobenen Vorwürfe, die bspw. als Legitimation für die fristlose Kündigung der Geschäftsführeranstellung dienen sollten, habe das Landgericht - logisch fehlerhaft - keine Feststellungen getroffen.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt,

hilfsweise,

die Beschlüsse zu den genannten Tagesordnungspunkten für unwirksam zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung, die sie sich zu eigen macht und passagenweise wörtlich zitiert. Der Kläger handele rechtsmissbräuchlich, was das Landgericht vermöge seiner tiefgehenden Kenntnis der Auseinandersetzung zwischen den Streitparteien aus zahlreichen Parallelverfahren erkannt und zum Ausdruck gebracht habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Gesellschafterversammlung in Person des Zeugen Dr. N. die vom Kläger beanstandeten Beschlüsse gefasst habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung erweist sich als begründet. Von der tatsächlichen Seite her zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass nicht nachweisbar ist, dass der als Zeuge vernommene damalige Mitgesellschafter des Klägers, Dr. N., in der streitgegenständlichen Gesellschafterversammlung mehr getan hat, als Anträge zu stellen (bzw. eine Erklärung abzugeben), nämlich über die vom Kläger zum Gegenstand seiner Klage gemachten Tagesordnungspunkte auch abzustimmen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist unter Zugrundelegung dieser tatsächlichen Ausgangslage indes nicht davon auszugehen, dass es einer Abstimmung "zur Herbeiführung einer unternehmensinternen Willensbildungsgrundlage in der Beklagten aber ausnahmsweise auch nicht mehr bedurfte" (S. 18 der angefochtenen Entscheidung, Bd. VII, Bl. 187 d. A.). Darüber hinaus könnte, wollte man die vom Kläger angefochtenen Beschlüsse mit dem Landgericht gleichwohl als gefasst ansehen, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen, die die angefochtenen Beschlüsse rechtfertigen sollen, nicht mit der Begründung unterbleiben, dass der Kläger "jetzt selbst erkennen müsse, dass es für die Geschäfte der Beklagten derzeit nicht gedeihlich ist, wenn er sie allein und ausschließlich führt" (S. 24 der angefochtenen Entscheidung, Bd. VII, Bl. 193 d. A.).

1. Zu Recht - und von der Berufung als ihr günstige Feststellung nicht angefochten - ist das Landgericht davon ausgegangen, dass feststellbare Willenserklärungen von Dr. N. im Rahmen einer Abstimmung in der Gesellschafterversammlung nicht geäußert worden sind, sondern dieser allenfalls Anträge (bzw. einmal nur eine "Erklärung") formuliert hat, S. 20 des angefochtenen Urteils (Bd. VII, Bl. 189 d. A.). Auch die Beklagte, die nach wie vor der Auffassung ist, Dr. N. habe nicht nur Abstimmungsanträge gestellt, sondern über diese zudem förmlich abgestimmt, zeigt keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellung der in dieser Hinsicht entscheidungserheblichen Tatsachen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) auf. Weder der Vernehmung der Zeugen Dr. N. und ...-P. im ersten Rechtszug (Beweisaufnahmeprotokoll vom 3. August 2011, Bd. VI; Bl. 108 ff. d. A.) noch den vorliegenden Versionen von Niederschriften betreffend die Gesellschafterversammlung (Anlage K 2 im Anlagenordner "Anlagenband I, II Klägervertreter" sowie Anlage K 44 im "Anlagenband K") sind zureichende Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass - was der Kläger bestreitet und die Beklagte beweisen muss - entsprechende Gesellschafterbeschlüsse innerhalb der maßgeblichen Versammlung unter Beteiligung des (insoweit nicht stimmberechtigten) Klägers und des Zeugen Dr. N. gefasst worden sind.

Soweit in der Protokollversion des Beklagtenvertreters (Anlage K 2 im Anlagenordner) betreffend die Beschlussfassungen mit dem Gesellschafter Dr. N. stets die Zeile enthalten ist "Stimmen dafür: Herr Dr. N., Stimmen dagegen: Herr N. ", ist dies deswegen nicht aussagekräftig, weil unstreitig ist, dass der Beklagtenvertreter, der seinerzeit den Treugeber S. begleitet hat, bei den Teilen der Gesellschafterversammlung, die N. und Dr. N. betrafen, nicht teilgenommen, sondern außerhalb des Versammlungsraums gewartet hat. Ob dagegen die vom Klägervertreter erstellte Niederschrift (Anlage K 44) inhaltlich zutrifft, wonach in den Teilen der Gesellschafterversammlung, die mit dem Kläger und Dr. N. stattfand, keine Abstimmung stattfand, kann dahinstehen, denn die Fassung eines Gesellschafterbeschlusses - Abstimmung mit zureichender Stimmenmehrheit für einen zur Beschlussfassung gestellten Antrag - muss derjenige beweisen, der sich auf dessen Bestehen beruft, hier also die Beklagte.

Für eine im Rahmen eines Zivilprozesses ausreichende Überzeugungsbildung, dass die vom Kläger zum Gegenstand seiner Klage gemachten möglichen Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung tatsächlich gefasst worden sind, genügt, wie auch das Landgericht zutreffend angenommen hat, das Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere der Inhalt der Bekundungen des Zeugen Dr. N., nicht. Dieser hat ausdrücklich klargestellt, sich "heute nicht mehr daran erinnern" zu können, "ob und wer in der Gesellschafterversammlung Anträge gestellt hat"; er glaube nur, sich "erinnern zu können, dass es eine Abstimmung gegeben habe, aber auch das sei nicht sicher" (Bd. VI, Bl. 114 d. A.). Angesichts dessen, dass sich schon der Zeuge selbst erklärtermaßen nicht sicher ist, über die angetragenen Beschlussgegenstände tatsächlich auch abgestimmt zu haben, vermag sich der Senat ebenso wenig wie das Landgericht mit einer - für die richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen - vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit von dieser Behauptung zu überzeugen. Angesichts dessen kann dahinstehen, dass der Zeuge Dr. N. als Treuhänder des damaligen Treugebers (und Opponenten des Klägers) S. dessen Lager angehört, eine als sicher geschilderte positive Erinnerung mithin im Rahmen einer Beweiswürdigung mit entsprechend gebotener Zurückhaltung zu würdigen gewesen wäre.

Auch der Umstand, dass der Zeuge nach der Gesellschafterversammlung die ihm zugesandte "Protokollversion" des Beklagtenvertreters, nach der er jeweils für die Anträge gestimmt habe, unterzeichnet hat, genügt für eine den oben geschilderten Maßgaben entsprechende richterliche Überzeugungsbildung nicht. Seiner Vernehmung nach hat der Zeuge das Schriftstück deswegen abgezeichnet, weil er der "Ansicht war, dass es inhaltlich zutreffe" und dass er "meine, dass seinerzeit Abstimmungen erfolgt sind". Eine richterliche Erkenntnisfindung, deren Grad von Gewissheit damit letztlich deutlich über das hinausgehen müsste, was der Zeuge selbst für sich lediglich schlussfolgert, ermöglicht dieses Geschehen nicht.

2. Der Auffassung des Landgerichts, im vorliegenden Einzelfall sei wegen dessen Besonderheiten, die letztlich durch die schwerwiegenden und auch seitens des Klägers selbst unerbittlich geführten Auseinandersetzungen im Gesellschafterlager hervorgerufen seien, davon auszugehen, dass Beschlüsse auch ohne förmliche Abstimmung als gefasst anzusehen seien, vermag der Senat nicht beizutreten. Sie würde dazu führen, die Existenz von Beschlüssen mit den Kläger erheblich belastendem Inhalt (etwa die fristlose Kündigung seines Anstellungsvertrags als Geschäftsführer) gleichsam aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu fingieren. Eine derartige, den Schutz des nachteilig Betroffenen beeinträchtigende Fiktion zugunsten der Gegenpartei im Rahmen eines Gesellschafterstreits ist weder gesetzlich vorgesehen noch generell oder bei Abwägung der Umstände des Streitfalls geboten.

Daran ändert es auch nichts, wenn sich eine Gesellschafterversammlung als im äußeren Ablauf ungewöhnlich darstellt. Dass es auf Betreiben des Klägers und seines jetzigen Prozessbevollmächtigten zu äußerlich voneinander getrennten, jeweils mehrfach unterbrochenen Gesellschafterversammlungen gekommen ist, wie das Landgericht dem Kläger vorwirft, ist dem Umstand geschuldet, dass es jedenfalls neben dem Kläger nur einen und nicht drei weitere Gesellschafter geben konnte. Dass über die Inhaberschaft der weiteren Geschäftsanteile die Unklarheit bestand, ob diese zum damaligen Zeitpunkt dem Treuhänder N., dem Treugeber S. selber oder dem Treuhänder Dr. N. zustanden, ist zudem nicht dem Kläger anzulasten, sondern beruhte auf in formaler Hinsicht fehlerbehafteten vorhergegangenen Anteilsübertragungen.

Dass sich der Kläger unter diesen Umständen im Rahmen der Gesellschafterversammlung nicht einer Mehrheit von Mitgesellschaftern ausgesetzt sehen wollte, sondern mit jeweils nur einem von ihnen gleichzeitig eine Gesellschafterversammlung abhalten wollte, ist nicht dergestalt vorwerfbar, dass deswegen in einer der drei abwechselnd abgehaltenen Versammlungen, nämlich der mit dem wirklichen Gesellschafter Dr. N., Abstimmungen entbehrlich gewesen sind.

Auch der Umstand, dass es zu Beginn der Gesellschafterversammlung nicht zu der nach der Satzung der Beklagten vorgesehenen Einigung über einen Versammlungsleiter und Protokollführer gekommen ist, ist weder dem Kläger allein anzulasten, noch wäre er geeignet, diesen belastende Gesellschafterbeschlüsse ohne Durchführung einer Abstimmung zustande kommen zu lassen. Beide Gesellschafterfraktionen waren jeweils in Person und in Begleitung eines anwaltlichen Interessenvertreters erschienen. Für die Bestimmung eines (von keiner Seite sistierten) neutralen Versammlungsleiters bestand deshalb von vornherein keine Möglichkeit.

Dass der Kläger selber bei der Fassung von Beschlüssen mit dem streitgegenständlichen Inhalt wegen eigener Betroffenheit nicht stimmberechtigt gewesen wäre, führt ebenfalls nicht dazu, eine Abstimmung von vornherein für entbehrlich zu halten und die bloße Stellung von Abstimmungsanträgen für das Zustandekommen von Beschlüssen genügen zu lassen. Schließlich dient die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung unter Hinzuziehung auch des selber nicht stimmberechtigten Gesellschafters der Möglichkeit, dass diesem hinsichtlich der beabsichtigten Beschlüsse zumindest Gehör gewährt wird und er seine Auffassung den stimmberechtigten Gesellschaftern zu bedenken geben kann, also eine Aussprache stattfindet. Werden förmliche Beschlüsse nicht gefasst, lässt sich ein Übergang vom Ende der Aussprache zur Entscheidungsfindung nicht feststellen und erst recht keine Entscheidungsfindung selbst.

Schließlich ist auch der Umstand, dass der Kläger und sein ihn in der Versammlung begleitender Rechtsanwalt den Gesellschafter Dr. N. im Rahmen der Gesellschafterversammlung betreffend die Durchführung einer Abstimmung über die streitigen Beschlüsse nicht mit Hilfe von Hinweisen und Aufklärungen unterstützt haben, nicht geeignet, eine Beschlussfassung unter Treuegesichtspunkten für entbehrlich zu halten. Der damalige Mitgesellschafter Dr. N. ist seinerseits Rechtsanwalt und promovierter Jurist. Sofern er gleichwohl im Rahmen einer Gesellschafterversammlung nicht zur Formulierung und Durchführung einer zureichenden Abstimmungserklärung geschritten ist (Gegenteiliges ist, wie oben ausgeführt, nicht feststellbar), obläge es nicht dem Kläger und Gegner derartiger ihn nachteilig berührenden Abstimmungen, insoweit unterstützend mitzuwirken. In dieser Hinsicht ist auch nicht etwa der anwaltliche Vertreter des Klägers, Rechtsanwalt Dr. R., als "faktischer Versammlungsleiter" gehalten gewesen, auf eine Abstimmung über alle zur Aussprache und Abstimmung gestellten Punkte hinzuwirken. Vielmehr handelte es sich bei diesem, wie bereits ausgeführt, nicht um einen Versammlungsleiter, sondern um einen einseitigen Interessenvertreter des Klägers als Gesellschafter. Als solcher hatte er sich auch in der Gesellschafterversammlung vorgestellt (vgl. Protokoll des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, Anlage K 2, "Rechtsanwalt Dr. R. als Rechtsbeistand des Gesellschafters ... N.").

In der Gesellschafterversammlung, an der neben dem Kläger der wahre weitere Gesellschafter Dr. N. teilgenommen hat, hat es mithin, wie das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, weder eine Abstimmung über die vom Kläger angegriffenen Beschlüsse gegeben, noch konnte es - entgegen der Auffassung der Kammer - ohne eine Abstimmung zu derartigen Beschlüssen kommen.

Insoweit ist auch nicht, wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 13. März 2012 ausführen lässt, von einer Ungleichbehandlung deswegen auszugehen, weil der Kläger selber Beschlüsse mit Blick auf seinen Mitgesellschafter habe fassen dürfen, ohne sich auf dessen Person (sei es N., sei es S., sei es Dr. N.) festlegen zu müssen. Dass der Kläger in der Lage sein muss, sich gegen seinen (in der Identität damals umstrittenen und ungeklärten) Opponenten zur Wehr zu setzen, führt nicht dazu, dass diesem (in Wahrheit Dr. N.) etwaige Rechtshandlungen und Willenserklärungen der (tatsächlich nicht legitimierten) Prätendenten auf die von ihm innegehaltene Gesellschafterstellung zuzurechnen sind. Das würde nicht zu einer Gleichbehandlung der Gesellschafterlager - die nur aus zwei verschiedenen natürlichen Personen bestanden - führen, sondern im Gegenteil den Kläger benachteiligen.

3. Angesichts des Vorstehenden kann dahinstehen, dass die Wirksamkeit von den Kläger beeinträchtigenden Beschlüssen, mit denen bspw. seine Ausschließung aus der Gesellschaft vorbereitet werden sollte oder sein Geschäftsführeranstellungsvertrag mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund gekündigt werden sollte, nicht letztlich ungeprüft mit der Annahme dahinstehen könnte, dass der Kläger "jetzt selbst erkennen müsse, dass es für die Geschäfte der Beklagten derzeit nicht gedeihlich ist, wenn er sie allein und ausschließlich führt".

4. Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) liegen nicht vor.

Den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren hat der Senat bereits mit Beschluss vom 25. November 2011 (Bd. VII, Bl. 259 d. A.) auf 500.000 € festgesetzt, wobei es verbleibt.