Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 01.03.2012, Az.: 10 WF 21/12

Pflicht des Gerichts zur Abänderung der auf die Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts ansässigen Anwalts beschränkten Prozesskostenhilfe

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
01.03.2012
Aktenzeichen
10 WF 21/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 12293
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2012:0301.10WF21.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Uelzen - 24.11.2011 - AZ: 3c F 2063/11

Fundstelle

  • FamRZ 2012, 1321-1322

Amtlicher Leitsatz

Ist im Rahmen bewilligter PKH/VKH antragsgemäß ein auswärtiger Anwalt beigeordnet und die dabei ausgesprochene Einschränkung der Beiordnung auf die kostenrechtlichen Bedingungen eines im Bezirk des Prozeß/Verfahrensgerichts ansässigen Anwalts bestandskräftig geworden, kommt weder die zusätzliche Beiordnung eines örtlichen Terminsanwaltes für den Verhandlungstermin noch eine Umbestellung dahin in Betracht, dass nunmehr ein örtlicher Anwalt als Hauptbevollmächtigter und der auswärtige Anwalt als Korrespondenzanwalt beigeordnet werden.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Im vorliegenden Verfahren nimmt die durch eine Rechtsanwältin mit Sitz an ihrem (weit) außerhalb des Gerichtsbezirks liegenden Wohnort vertretene Antragstellerin den Antragsgegner als ihren seit dem 9. Juni 2009 rechtskräftig geschiedenen Ehemann (erstmals) auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch. Die für diese Geltendmachung zugleich nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten hatte das Amtsgericht zunächst versagt, da der auf kindesbezogene Gründe gestützte Betreuungsunterhalt nicht schlüssig dargetan sei.

2

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 10. Oktober 2011 und im Hinblick auf den zugleich wesentlich nachgebesserten Vortrag hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 12. Oktober 2011 die erstrebte VKH bewilligt und ihr ihre auswärtige Verfahrensbevollmächtigte zu den kostenrechtlichen Bedingungen einer Rechtsanwältin mit Niederlassung im Bezirk des Verfahrensgerichts beigeordnet. Dieser Beschluß ist von der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht angefochten worden.

3

In Vorbereitung des anberaumten Verhandlungstermins hat sich eine im Bezirk des Verfahrensgerichtes ansässige Rechtsanwältin als von der Antragstellerin und ihrer beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten zur Terminsvertretung beauftragt gemeldet und beantragt, sie ?der Antragstellerin für die Terminsvertretung im Wege der VKH beizuordnen?. Mit Beschluß vom 24. November 2011 hat das Amtsgericht die ?Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Beiordnung? der örtlichen Anwältin versagt und dafür auf die dadurch zusätzlich entstehenden Kosten abgestellt.

4

Mit am 8. Dezember 2011 eingegangenem Schriftsatz der Terminsvertreterin hat diese ?namens und in Vollmacht der Antragstellerin? gegen die Versagung ihrer Beiordnung (sofortige) Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wird geltend gemacht, daß die Hauptbevollmächtigte nur kostenrechtlich eingeschränkt beigeordnet sei und unter den Umständen des Streitfalles die Beiordnung einer zusätzlichen, am Ort des Verfahrensgerichtes ansässigen Rechtsanwältin als Verkehrsanwältin erforderlich und geboten sei.

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II. Die Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluß vom 24. November 2011 kann keinen Erfolg haben.

6

1. Es ist bereits sehr fraglich, ob die vorliegend ausdrücklich allein im Namen der Antragstellerin eingelegte Beschwerde zulässig ist. der Antragstellerin dürfte es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da sie durch den angefochtenen Beschluß nicht beschwert wird.

7

Das Amtsgericht hat im Streitfall der Antragstellerin für das vorliegende Verfahren uneingeschränkt VKH bewilligt und ihr - wie ausdrücklich begehrt - ihre außerbezirklich ansässige Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet, mithin dem petitum der Antragstellerin vollumfänglich entsprochen.

8

Soweit das Amtsgericht zugleich die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten wozu diese durch den von ihr vermittelten Beiordnungsantrag nach ausdrücklicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wie regelmäßig gegeben ihr konkludentes Einverständnis signalisiert hatte (vgl. BGH - Beschluß vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 1/06 - NJW 2006, 3783 = FamRZ 2007, 37 = RPfleger 2007, 83 = juris) - auf die kostenrechtlichen Bedingungen einer im Bezirk des Verfahrensgerichtes niedergelassenen Rechtsanwältin beschränkt hat, wäre diesbezüglich zwar eine sofortige Beschwerde der kostenrechtlich eingeschränkt beigeordneten Rechtsanwältin möglich (vgl. BGH aaO. Senatsbeschluß vom 28. April 2011 - 10 WF 123/11 - FamRZ 2011, 1745 f. = MDR 2011, 984 = NdsRpfl 2011, 240 f. = AGS 2011, 356 ff. = FF 2011, 321 f. = JurBüro 2011, 486 = ZfSch 2011, 348 = juris). eine solche ist jedoch nicht erfolgt und die eingeschränkte Beiordnung mittlerweile bestandskräftig geworden. Auch wenn der entsprechende Abhilfebeschluß nicht förmlich zugestellt worden ist, ergibt sich aus den eingereichten Schriftsätzen zweifelsfrei, daß die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin spätestens Anfang Dezember 2011 Kenntnis von seinem Inhalt hatte.

9

Durch die kostenrechtlich eingeschränkte Beiordnung des auswärtigen Wahlanwaltes wird dagegen die Beteiligte/Partei selbst nicht tangiert. zwar ist ihre Verfahrensbevollmächtigte in der Abrechnung von Fahrtkosten und Abwesenheitsgeldern gegenüber der Landeskasse ausgeschlossen bzw. beschränkt, dies hat jedoch nicht etwa zur Folge, daß eine Abrechnung dieser Positionen gemäß Teil 7 des VV RVG gegenüber der Beteiligten/Partei möglich wäre - vielmehr schließt § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Geltendmachung von Ansprüchen auf Vergütung gegen die Beteiligte/Partei ausdrücklich aus (vgl. zum diesbezüglichen Umfang der Forderungssperre etwa Zöller29-Geimer, ZPO § 122 Rz. 11 a.E. m.w.N. aus der Rechtsprechung). Aufgrund der - bereits mit ihrem konkludenten Einverständnis, jedenfalls aber nach Unterbleiben einer grundsätzlich eröffneten sofortigen Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten gegen deren kostenrechtliche Einschränkung - bestandskräftigen Beiordnung ist die Verfahrensbevollmächtigte zur Vertretung der Antragstellerin - ggf. auch im Rahmen eines Verhandlungstermins vor dem Verfahrensgericht - verpflichtet. inwieweit sich diese Hauptbevollmächtigte ihrerseits zur Wahrnehmung des Termins vor dem Verfahrensgericht ggf. einer Unterbevollmächtigten bedienen kann, bedarf hier keiner Erörterung.

10

Letztlich kann vorliegend aber die Zulässigkeit der Beschwerde dahinstehen.

11

2. Die Beschwerde ist nämlich jedenfalls nicht begründet.

12

a. Eine - wie konkret begehrt - Beiordnung einer weiteren Rechtsanwältin als Terminsvertreterin vor dem Verfahrensgericht neben einer antragsgemäß bereits beigeordneten - außerbezirklichen - Hauptbevollmächtigten kommt aus Rechtsgründen in keinem Fall in Betracht.

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Die Frage der Anwaltsbeiordnung ist in § 121 ZPO, der gemäß § 113 Abs. 1 FamFG vorliegend entsprechend anzuwenden ist, abschließend geregelt. Nach dessen Abs. 1 ist in Verfahren, in denen wie vorliegend durch § 114 Abs. 1 FamFG die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist, dem Beteiligten ein vertretungsbereiter Anwalt seiner Wahl beizuordnen. dies ist mit der Beiordnung der außerbezirklichen Hauptbevollmächtigten erfolgt. Daneben kommt allein nach Maßgabe des Abs. 4 eine weitergehende Anwaltsbeiordnung in Betracht, und zwar entweder als Terminsanwalt ?zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter? - also an einem vom Verfahrensgericht abweichenden Ort - oder als Verkehrsanwalt (?Korrespondenzanwalt?) ?zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Verfahrensbevollmächtigten? - also am Wohnort der Beteiligten. Das Begehren der Antragstellerin im Streitfall fällt jedoch unter keine dieser beiden Alternativen. Vorliegend soll die im Bezirk des Verfahrensgericht ansässige ?Terminsanwältin? die Antragstellerin weder bei einem aus Sicht des Verfahrensgerichts ?auswärtigen? Beweisaufnahmetermin, sondern vor dem Verfahrensgericht selbst im Rahmen der ?regulären? mündlichen Verhandlung vertreten, noch als am Wohnsitz präsente Rechtsanwältin den Verkehr zwischen der Antragstellerin und ihrer im Bezirk des Gerichtes niedergelassenen Verfahrensbevollmächtigten vermitteln.

14

b. Auch eine etwaige Umdeutung des formulierten Begehrens in eine erstrebte Umbestellung der Beiordnung dahin, daß die im Bezirk des Verfahrensgerichts ansässige Rechtsanwältin nunmehr als Hauptbevollmächtigte und die am Wohnort der Antragstellerin ansässige bislang beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte nunmehr als Verkehrsanwältin im Sinne von § 121 Abs. 4 2. Alt. ZPO beigeordnet werden soll, könnte vorliegend nicht zu einem Erfolg führen. Eine derartige Änderung der Beiordnung würde nämlich zu - nicht unerheblichen - Mehrkosten für die Landeskasse führen, für die - namentlich nach dem Bestandskräftigwerden der kostenrechtlichen Beschränkung der Beiordnung - im allein maßgeblichen Interesse der Antragstellerin keine Notwendigkeit besteht. die Zulassung einer derartigen nachträglichen Änderung der Beiordnung würde vielmehr eine bewußte Umgehung der Bestandskraft der kostenrechtlichen Beschränkung der Beiordnung der auswärtigen Wahl-Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin darstellen und allein dem Interesse deren auswärtiger Hauptbevollmächtigter dienen.