Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 08.09.2004, Az.: 6 A 2202/03

Beihilfe; Chefarztbehandlung; Krankenhausleistung; Wahlleistung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
08.09.2004
Aktenzeichen
6 A 2202/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50729
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Beihilfe für die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen anlässlich eines Klinikaufenthalts im März 2003.

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Die Klägerin ist als Landesbeamtin beihilfeberechtigt mit einem Beihilfebemessungssatz von 50 v.H..

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Im Frühjahr 2003 erkrankte die Klägerin und wurde am 11. März 2003 als Notfall von ihrem Hausarzt in das Evangelische Krankenhaus ... zur stationären Behandlung überwiesen. Ihr Ehemann erteilte für sie die Zustimmung zur Operation durch den Chefarzt. Am 12. März 2003 wurde sie operiert und am 18. März 2003 konnte sie das Krankenhaus offenbar wieder verlassen.

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Die Abrechnungsstelle für Ärzte, die mit der Abrechnung der Honorarforderungen gegenüber den Patienten beauftragt worden war, stellte der Klägerin unter dem 14. April 2003 Honorarforderungen des Leitenden Arztes der chirurgischen Abteilung, der die Klägerin operiert hatte, in Höhe von 1.234,22 Euro und unter dem 24. April 2003 Honorarforderungen des Chefarztes der Anästhesieabteilung in Höhe von 381,93 Euro in Rechnung. Das Pathologische Institut liquidierte unter dem 10. April 2003 für Untersuchung und Begutachtung eines Materials 29,08 Euro.

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Diese Rechnungen legte die Klägerin zusammen mit weiteren Belegen mit Anträgen auf Beihilfe vom 28. April 2003 und 6. Mai 2003 dem Beklagten vor. Mit Beihilfebescheiden vom 5. Mai 2003 und 12. Mai 2003 gewährte der Beklagte der Klägerin Beihilfeleistungen, lehnte aber Beihilfegewährungen für die Rechnungen vom 10. April 2003, 14. April 2003 und 24. April 2003 ab. Zur Begründung wies er darauf hin, dass Wahlleistungen seit dem 1. Januar 2002 grundsätzlich nicht mehr beihilfefähig seien. Das gelte auch für die vom behandelnden Wahlarzt gesondert in Auftrag gegebenen Leistungen (z.B. Labor- oder Röntgenuntersuchungen). Wahlleistungen seien nur beihilfefähig, sofern bereits vor dem 1. Januar 2002 ein anerkannter Grad der Behinderung von wenigstens 50 % vorgelegen habe. Er bitte gegebenenfalls um Vorlage eines entsprechenden Nachweises.

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Die Klägerin legte am 21. Mai 2003 Widerspruch ein und berief sich hinsichtlich der begehrten Beihilfe für die Inanspruchnahme von Wahlleistungen darauf, dass sie über diese Änderung des Beihilferechts nicht informiert worden sei. Wäre sie rechtzeitig und zutreffend informiert worden, hätte sie ihre Krankenkasse wegen der notwendigen Änderungen hinzugezogen. Offensichtlich seien aber auch dort die geänderten Beihilfevorschriften nicht so bekannt, dass die Kasse von sich aus aktiv geworden wäre, um ihre Klientel höher zu versichern. In der Sammlung aller schulrechtlich relevanten Vorschriften, Stand: 23.02.2003, seien Wahlleistungen als beihilfefähig ausgewiesen. Lediglich ein Sternchen verweise auf die Fußnote, dass in Niedersachsen Wahlleistungen nicht beihilfefähig seien. Diese würden als Aufwendungen für gesondert berechnete wahlärztliche Leistungen und eine gesondert berechnete Unterkunft bei stationärer Behandlung definiert. Angesichts der mangelnden Vorinformation und insbesondere angesichts der Operationsumstände seinerzeit empfinde sie es als extrem unsozial, einem durch die lange Krankengeschichte bereits erheblich mitgenommenen Menschen auch noch die alleinige Finanzierung zuzumuten. Sie sei als Notfall von ihrem Hausarzt in die Klinik und zu dem dem Hausarzt bekannten Chefarzt überwiesen worden. Dieser habe die Notoperation ausgeführt, zu der ihr Mann die Zustimmung gegeben habe, da sie kaum noch ansprechbar gewesen sei. Sie habe nicht zusätzlich gesonderte Leistungen in Anspruch genommen, sondern nur die ihr in dieser Notsituation verfügbaren.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2003 gab der Beklagte dem Widerspruch der Klägerin hinsichtlich der Beihilfefähigkeit eines bestimmten Medikaments, das er in einem Bescheid vom 5. März 2003 noch als nicht beihilfefähig angesehen hatte, statt und wies im übrigen den Widerspruch als unbegründet zurück, weil Wahlleistungen seit dem 1. Januar 2002 grundsätzlich nicht mehr beihilfefähig seien und die Klägerin nicht einen anerkannten Grad der Behinderung von wenigstens 50 % vor dem 1. Januar 2002 nachgewiesen habe. Der Niedersächsische Landtag habe mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2002 u.a. in § 87 c des Niedersächsischen Beamtengesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2002 Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung als nicht mehr beihilfefähig normiert. Die Beamten seien über diese Änderung mit dem Bezügeblatt für den Monat Dezember 2001 durch ein Merkblatt informiert worden. Damit hätten sie Gelegenheit gehabt, Informationen über die persönlichen Auswirkungen dieser Rechtsänderung einzuholen oder durch eine private Zusatzversicherung Vorsorge zu treffen. Auch die privaten Krankenversicherungen seien über die geänderte Rechtslage informiert gewesen und hätten zu Beginn des Jahres 2002 ihren Versicherten einen entsprechenden Zusatztarif für eine 100 %ige Absicherung für den Fall angeboten, dass die Versicherten bei einem Krankenhausaufenthalt Wahlleistungen in Anspruch nehmen möchten. Der Anspruch der Beamtinnen und Beamten auf amtsangemessene Besoldung werde durch die Neuregelung nicht verletzt, denn Wahlleistungen gehörten nicht zum sog. „Beihilfestandard“ und deshalb berühre der prinzipielle Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Wahlleistungen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht nicht. Die Beamtinnen und Beamten könnten im Verhältnis zu ihrem Dienstherrn auch nicht ohne weiteres auf den unveränderten Fortbestand einer für sie günstigen Regelung vertrauen, sondern sie müssten es hinnehmen, dass beamtenrechtliche Rechtspositionen im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen nachteilig verändert würden. Das gelte insbesondere für Beihilfeleistungen.

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Am 20. Juni 2003 hat die Klägerin Klage erhoben.

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Sie trägt vor: Das Haushaltsbegleitgesetz habe der Niedersächsische Landtag am 18. Dezember 2001 beschlossen. Richtig sei deshalb auch mit dem Merkblatt zur Bezügeabrechnung für den Monat Dezember 2001 darüber informiert worden, dass eine Änderung des Beihilferechts (in der Zukunft) verabschiedet werden solle. Sie sei aber nicht über eine bereits verabschiedete Änderung informiert worden, sondern lediglich darüber, dass politische Entscheidungsprozesse bezüglich des Beihilferechts im Gange seien. Deshalb sei in dem Merkblatt auf eine weitere Information hingewiesen worden, die mit der Gehaltsmitteilung für Januar 2002 habe erfolgen sollen. Das im Januar 2002 mit der Gehaltsmitteilung verschickte Informationsblatt enthalte aber keinerlei Bestätigung darüber, dass die bisher nur gemutmaßten Änderungen des Beihilferechts tatsächlich eingetreten seien. Deshalb sei sie davon ausgegangen, dass der Landtag keine so drastischen Änderungen des Beihilferechts vorgenommen habe. Ihre private Krankenversicherung habe ihr keinerlei Angebot zur Absicherung der künftig wegfallenden Wahlleistungen gemacht. In Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Ausgabe Niedersachsen, werde noch in der Ergänzungslieferung von Februar 2003 im abgedruckten Gesetzestext darauf hingewiesen, dass gesondert berechnete Wahlleistungen beihilfefähig seien. Lediglich in einer ausdrücklich als „nicht amtlich“ gekennzeichneten Fußnote werde auf die beihilferechtliche Änderung hingewiesen. Gleichwohl habe der Beklagte es unterlassen, für eine Richtigstellung zu sorgen. Sie habe Anspruch darauf, vor ihrem Krankenhausaufenthalt gesicherte Erkenntnisse über Beihilferechtsänderungen zu erhalten. Diese Informationspflicht könne der Dienstherr nicht auf sie abwälzen. Das gehe erst recht nicht, nachdem der Beklagte im Merkblatt zur Bezügeabrechnung für Dezember 2001, als noch keine gesicherten Erkenntnisse über die später verabschiedeten Rechtsänderungen weitergegeben worden seien, diesbezüglich weitere Informationen ausdrücklich angekündigt, dann aber nicht mitgeteilt habe. Sie hätte Wahlleistungen nicht in Anspruch genommen, wenn sie von den Rechtsänderungen Kenntnis gehabt hätte. Das vom Beklagten vorgelegte Merkblatt zur Bezügeabrechnung Januar 2002 habe sie nie bekommen. Sie habe aufgrund der ihr vorliegenden und zugänglichen Unterlagen davon ausgehen dürfen, dass Wahlleistungen nach wie vor beihilfefähig seien.

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Die Klägerin beantragt,

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den Beklagten zu verpflichten, ihr eine weitere Beihilfe zu gewähren in Höhe von 822,62 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. Juni 2003 für in Anspruch genommene und unter dem 10. April 2003, 14. April 2003 und 24. April 2003 in Rechnung gestellte Wahlleistungen in Höhe von insgesamt 1.645,23 Euro und

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die Bescheide des Beklagten vom 5. Mai 2003 und 12. Mai 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2003 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er erwidert: § 87 c Abs. 3 des Niedersächsischen Beamtengesetzes stehe der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Wahlleistungen im Krankenhaus entgegen. Darauf habe er in den angefochtenen Bescheiden hingewiesen. Demgegenüber könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie nicht rechtzeitig informiert worden sei. Er habe die Klägerin in Merkblättern auf die Änderung des Beihilferechts hingewiesen und habe diese Merkblätter mit den Bezügemitteilungen für Dezember 2001 und Januar 2002 verschickt. Im übrigen sei er nicht rechtlich verpflichtet, entsprechende Informationen zu erteilen. Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergebe sich kein allgemeiner Anspruch auf Belehrung über die einschlägigen Vorschriften. Es sei zu erwarten, dass Beamte ihrer Informationspflicht zunächst in eigener Verantwortung nachkämen und sich zur Wahrung ihrer Rechte um die sie interessierenden Vorschriften selbst bemühten. Regelungen, die wie das Niedersächsische Beamtengesetz oder die Beihilfevorschriften und deren Durchführungshinweise, würden in amtlichen Verkündungsblättern veröffentlicht, die als leicht zugänglich gelten und deshalb als allgemein bekannt vorausgesetzt werden dürften.

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Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten ergänzend verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung der begehrten Beihilfe, denn nach § 87 c Abs. 3 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) in der Fassung des am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Gesetzes vom 18. Dezember 2001 (Nds.GVBl. 2001, 806, 807) sind Aufwendungen für gesondert berechnete wahlärztliche Leistungen und eine gesondert berechnete Unterkunft bei stationärer Behandlung (Wahlleistungen) nicht beihilfefähig. Dies gilt zwar nicht für beihilfeberechtigte und berücksichtigungsfähige Angehörige, die vor dem 1. Januar 2002 das 65. Lebensjahr vollendet haben oder am 31. Dezember 2001 mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 behindert sind (Schwerbehinderte), solange diese andauert, aber die Klägerin gehört diesem in § 87 c Abs. 3 Satz 2 NBG benannten Personenkreis nicht an.

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Durch Art. 4 Nr. 4 Haushaltsbegleitgesetz 2002 vom 18.Dezember 2001 (Nds.GVBl. 2001, 806, 807) ist das Niedersächsische Beamtengesetz geändert worden und § 87 c NBG hat die Fassung erhalten, mit der Wahlleistungen nicht mehr beihilfefähig sind. Da das Haushaltsbegleitgesetz 2002 nach seinem Art. 20 am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, sind in Niedersachsen seither Aufwendungen für Wahlleistungen nicht mehr beihilfefähig, wenn der beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Angehörige nicht zum Personenkreis nach § 87 c Abs. 3 Satz 2 NBG gehört. Diese gesetzliche Regelung ist anwendbar und begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

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§ 87 c Abs. 3 NBG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss des 2. Senats vom 7. November 2002 (Az: 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 ff) entschieden, dass die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) nicht gebietet, einem Beamten Wahlleistungen in der Krankenhausversorgung zu gewährleisten und hat die Verfassungsbeschwerde gegen eine vergleichbare Regelung im Beamtengesetz des Landes Berlin, die die Frage betraf, ob es mit dem Grundgesetz und sonstigem Bundesrecht vereinbart ist, sog. Wahlleistungen bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus von der Beihilfefähigkeit auszuschließen, zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung nicht Art. 33 Abs. 5 GG verletze, der ein grundrechtsgleiches Recht des Beamten u.a. auf Beachtung der Fürsorgepflicht und des Alimentationsprinzips begründe. Das System der Beihilfe in ihrer bisherigen und derzeitigen Gestalt sei nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützt. Die Gewährung von Beihilfe finde ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, der von Verfassungs wegen frei entscheiden könne, welche Vorkehrungen er treffe, damit der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet werde. Das Alimentationsprinzip verpflichte den Gesetzgeber, für den amtsangemessenen Unterhalt des Beamten und seiner Familie zu sorgen, es verpflichte ihn aber nicht z.B. zu Beihilfeleistungen zu den Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung des Beamten oder seiner Familienangehörigen. Die Inanspruchnahme sog. Krankenhauswahlleistungen sei zur Gewährleistung einer medizinisch zweckmäßigen und ausreichenden Versorgung im Krankheitsfall nicht notwendig. Die Gewährung von Beihilfen zu Aufwendungen, die der Beamte für solche Wahlleistungen getätigt habe, sei deshalb von der Fürsorgepflicht nicht geboten. Das Alimentationsprinzip sei ebenfalls nicht - auch nicht mittelbar im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen Dienstbezügen und Beihilfeleistungen - verletzt. Entschließe sich der Beamte, für die die mögliche Inanspruchnahme von Krankenhauswahlleistungen erhöhte Versicherungsprämie aus seiner Besoldung zu erbringen, so sei dies auf den Umfang der vom Dienstherrn geschuldeten Alimentation ohne Einfluss. Es handele sich hierbei nicht mehr um Vorsorge für im Krankheitsfall notwendige Aufwendungen. Beamte blieben bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus auch dann im Genuss einer vollen medizinischen Versorgung, wenn sie auf Wahlleistungen verzichteten und lediglich die allgemeinen Krankenhausleistungen nach der Bundespflegesatzverordnung in Anspruch nähmen; diese seien weiterhin uneingeschränkt beihilfefähig. Dieser Rechtsansicht schließt sich die Kammer an.

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Das Bundesverfassungsgericht führt erläuternd weiter aus:

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Nach § 2 Bundespflegesatzverordnung sind Krankenhausleistungen insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung, und sie umfassen allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen. Allgemeine Krankenhausleistungen sind nach § 2 Abs. 2 Bundespflegesatzverordnung die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Die allgemeinen Krankenhausleistungen liegen also nicht unterhalb des Maßes des medizinisch Zweckmäßigen oder gar Notwendigen.

22

Dass die Behandlung der Klägerin durch den gewählten Chefarzt statt durch die sonst zuständigen Ärzte des Krankenhauses grundsätzlich medizinisch notwendig gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Aber auch wenn für die stationäre Behandlung der Klägerin vom 11. bis zum 18. März 2003 die Betreuung der Klägerin durch den Chefarzt medizinisch notwendig gewesen ist, hat sie keinen Anspruch auf Beihilfe für Wahlleistungen.

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Nach § 2 Abs. 2 Bundespflegesatzverordnung ist die medizinisch zweckmäßige Versorgung „unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses“ zu erbringen, d.h., dass das gesamte im Krankenhaus versammelte medizinische Können und Wissen, auch soweit es nur bei besonders spezialisierten Ärzten oder bei Chefärzten besteht, in die Behandlung des Patienten einzubringen ist, soweit dies im Einzelfall notwendig ist. Je nach dem Zustand des Patienten kann daher das Eingreifen des Chefarztes im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen erforderlich und dem Patienten geschuldet sein. Erfordert etwa eine schwierige Operation die besonderen Erfahrungen und Fähigkeiten des Chefarztes, so kann dessen Tätigwerden nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Patient - kraft einer besonders großzügigen Beihilferegelung oder einer entsprechenden Versicherung - dafür ein besonderes Honorar zahlt. Übersteigen die an eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung zu stellenden Anforderungen die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses, muss es den Patienten in ein geeignetes anderes Krankenhaus verlegen. Es kommt hinzu, dass Unterbringung und Behandlungsmöglichkeiten in der allgemeinen Pflegekasse der meisten Krankenhäuser in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verbessert worden sind. Dadurch wird auch bei einem Verzicht auf kostenaufwendige Wahlleistungen eine den heutigen Ansprüchen genügende und den Heilerfolg fördernde stationäre Behandlung des Patienten im Krankenhaus gewährleistet (so: BVerfG, aaO, S. 234, 235).

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Der Dienstherr erfüllt deshalb seine Fürsorgepflicht auch dann, wenn er den Beamten im Fall eines notwendig werdenden Krankenhausaufenthalts lediglich eine an den Regelsätzen für Unterkunft, Verpflegung und ärztliche Behandlung ausgerichtete Beihilfe gewährt. Aus der Fürsorgepflicht schuldet der Dienstherr, soweit die notwendige Absicherung der Beamten für den Krankheitsfall durch ein Beihilfesystem erfolgt, angemessene Beihilfen zu den im Krankheitsfall notwendigen Aufwendungen, d.h. bei einem Krankenhausaufenthalt zu einer als vollwertig anzusehenden stationären Behandlung. Dem ist genügt, wenn er (weiterhin) für die allgemeinen Krankenhausleistungen Beihilfe gewährt, d.h. sich auf das Maß des medizinisch Gebotenen beschränkt (so: BVerfG, aaO, S. 235).

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Ein rechtlich zwingender bundeseinheitlicher Beihilfestandard, der den niedersächsischen Landesgesetzgeber am Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung hindert, ist nicht anzuerkennen. Ein derartiger Zwang zur Vereinheitlichung wäre mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren (so: BVerfG, aaO, S. 239 unter Hinweis auf Schnellenbach). Das Bundesverwaltungsgericht hatte einen derartigen Beihilfestandard angenommen und sah den Grundsatz der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht durch den Bremischen Verordnungsgeber verletzt, der Aufwendungen für Wahlleistungen für stationäre oder teilstationäre Behandlung in einem Krankenhaus generell von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen hatte (BVerwG, Beschluss vom 28. November 1991 - 2 N 1.89 - BVerwGE 89, 207 ff.).

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Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung verstößt schließlich auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes (BVerfG, aaO, S. 240 f). Der niedersächsische Landesgesetzgeber darf innerhalb seiner Gesetzgebungskompetenz Regelungen treffen, die der Bund oder andere Länder nicht oder nicht so getroffen haben und der Beamte darf insbesondere im Beihilferecht, das zahlreiche Änderungen in der Vergangenheit erfahren hat und voraussichtlich in der Zukunft erfahren wird, nicht ohne weiteres auf den unveränderten Fortbestand einer ihm günstigen Regelung vertrauen. Die Klägerin musste insbesondere mit Erhalt des Merkblattes zur Bezügeabrechnung für Dezember 2001 mit der Gesetzesänderung rechnen und hätte sich, wenn sie die Inanspruchnahme von Wahlleistungen privat hätte absichern wollen, mit ihrer Krankenversicherung in Verbindung setzen müssen oder sie hätte keine Wahlarztvereinbarung schließen dürfen, wenn sie die dafür entstehenden Kosten nicht hätte tragen wollen. Nach Erhalt des Merkblattes durfte sie keinesfalls auf den unveränderten Fortbestand der Regelung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung vertrauen, solange ihr nicht mitgeteilt wird, dass der Landtag das entsprechende Gesetz beschlossen hat. Deshalb kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Klägerin das der Bezügeabrechnung für Januar 2002 beigegebene Merkblatt erhalten hat, in dem unter 1) zur Änderungen der Beihilfe ab 01.01.2002 mitgeteilt worden ist, dass die im Merkblatt für Dezember 2001 mitgeteilten Änderungen des Beihilferechts vom Landtag beschlossen worden sind. Dahingestellt bleibt, ob der Beklagte überhaupt rechtlich gehalten war, über die Rechtsänderung zu informieren.

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Im übrigen weist das Gericht darauf hin, dass die Änderungen im Beihilferecht zum 1. Januar 2002 in Kraft getreten sind und seither Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung grundsätzlich nicht mehr beihilfefähig sind, der Krankenhausaufenthalt der Klägerin aber erst im März 2003, also mehr als ein Jahr später stattfand. Die Klägerin hätte sich im Kalenderjahr 2002 und zu Beginn des Kalenderjahres 2003 über die Änderung informieren können und nicht darauf vertrauen dürfen, dass die vorgesehenen Änderungen des Beihilferechts zum 1. Januar 2002, über die sie mit der Bezügeabrechnung für Dezember 2001 in Kenntnis gesetzt worden war, nicht beschlossen worden sind, weil sie nicht eine entsprechende neue Information vom Beklagten erhalten hatte.

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Die Klägerin hat auch nicht unter Berücksichtigung der besonderen Umstände, die ihre Operation am 12. März 2003 erforderlich machten, aus Fürsorgegründen einen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe. Die Klägerin macht geltend, sie sei seinerzeit als Notfall von ihrem Hausarzt in das Krankenhaus eingewiesen und dem dortigen Chefarzt zur Behandlung überwiesen worden. Das Gericht unterstellt diese Darstellung der Klägerin als richtig. Sollte es so gewesen sein, dass seinerzeit lediglich der Chefarzt über das medizinische Können und Wissen verfügte, das für die erfolgreiche Operation der Klägerin erforderlich war, dann hätte dieser im Rahmen der Allgemeinen Krankenhausleistungen die Klägerin operieren müssen und hätte die Operation nicht von der Unterzeichnung der Vereinbarung.über die Inanspruchnahme von Wahlleistungen abhängig machen dürfen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Chefarzt - obwohl er der einzige Operateur war - die Operation von der Unterzeichnung der Vereinbarung abhängig gemacht hat. Wäre das der Fall gewesen, könnte sein Verhalten die Wirksamkeit der Vereinbarung zwischen ihm und der Klägerin und damit seinen Anspruch auf Zahlung des besonderen Honorars tangieren, es erweiterte aber nicht den Beihilfeanspruch der Klägerin .

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Die Klägerin hat auch nicht deshalb einen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe, weil ihre private Krankenkasse seinerzeit nicht aktiv geworden ist, um sie über die Möglichkeit zu informieren, ihren Krankenversicherungsschutz auf die Inanspruchnahme von Wahlleistungen bei stationärer Behandlung zu erweitern. Die Krankenversicherung der Klägerin hat dem Gericht auf Anfrage mitgeteilt, dass sie im Rahmen einer Bestandsaktion am 24. Januar 2002 alle Kunden, die gemäß ihren Unterlagen nach den Beihilfevorschriften des Landes Niedersachsen beihilfeberechtigt waren, angeschrieben hat und ihnen ein Angebot zur Anpassung des Tarifs für stationäre Wahlleistungen an die geänderten Beihilfevorschriften ohne Sicherheitsprüfung und Wartezeiten unterbreitet hat. Für die Durchführung solcher Aktionen ist eine private Krankenversicherung auf die vorliegenden Daten angewiesen und ihr muss bekannt sein, dass der Versicherungsnehmer beihilfeberechtigt in Niedersachsen ist. Die Klägerin hatte der Krankenversicherung aber keine entsprechende Information erteilt, wenngleich die Krankenversicherung im April 2000 bei der Klägerin um Nachricht über die geltenden Beihilfevorschriften gebeten hatte. Die Krankenversicherung wusste deshalb nicht, dass die Klägerin als Landesbeamtin beihilfeberechtigt war, konnte sie deshalb bei der Bestandsaktion vom 24. Januar 2002 nicht berücksichtigen und ihr das Angebot zur Anpassung des Tarifs für stationäre Wahlleistungen an die geänderten Beihilfevorschriften unterbreiten. Diese Umstände verdeutlichen, dass die Klägerin ihre Krankenversicherung nicht ausreichend informiert hatte. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn kann in solchen Fällen nicht den Beihilfeanspruch einer Beamtin erweitern mit der Folge, dass aus Fürsorgegründen eine Beihilfe zu Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung gewährt wird, die kraft Gesetzes von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind.

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Ein Beihilfeanspruch der Klägerin ist auch nicht deshalb gegeben, weil die Beihilfevorschriften missverständlich formuliert wären und so gedeutet werden könnten, dass die Klägerin einen Anspruch auf Beihilfe für Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung hätte. Wenn Beihilfevorschriften missverständlich formuliert sind, darf dies nicht zu Lasten des Beihilfeberechtigten gehen. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden. Die gesetzliche Regelung in § 87 c Abs. 3 NBG ist eindeutig. Die Regelung in den Beihilfevorschriften , von denen die Klägerin eine Fotokopie vorgelegt hat, enthält demgegenüber andere Vorschriften. In § 1 Abs. 2 der von der Klägerin übersandten Beihilfevorschriften - BhV - ist ausdrücklich festgelegt, dass sie für Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst sowie Versorgungsempfänger des Bundes gilt. Diese haben aus Anlass einer Krankheit einen Beihilfeanspruch für Aufwendungen auch für gesondert berechnete wahlärztliche Leistungen und gesondert berechnete Unterkunft bis zur Höhe der Kosten eines Zweibettzimmers abzüglich eines Betrages von 14,50 Euro täglich. Die Klägerin gehört aber nicht zu dem in § 1 Abs. 2 BhV genannten Personenkreis. Außerdem ist bei § 6 Abs. 1 Nr. 6 b BhV ein Hinweis angebracht. Durch ein Sternchen ist besonders kenntlich gemacht und auf die gesetzliche Regelung in § 87 c Abs. 3 NBG hingewiesen worden. Eine missverständliche Regelung, die einen Beihilfeanspruch für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung begründen könnte, liegt darin nicht.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO zuzulassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.