Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 15.09.2004, Az.: 6 A 3453/00

cerebraler Schwindel; HWS-Schleudertrauma; Schwindel; Unfallausgleich; Wegeunfall

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
15.09.2004
Aktenzeichen
6 A 3453/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50726
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Vorübergehende oder dauernde Hirnschädigungen durch eine Hals-Wirbelsäulen-Distorsion bedürfen des Nachweises in der bildgebenden Diagnostik, um im Rahmen des Unfallausgleichs Berücksichtigung finden zu können.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten wegen eines als Wegeunfall erlittenen Halswirbelsäulen-Schleudertraumas und eines Tinnitus die Gewährung von Unfallausgleich.

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Der im ... geborene Kläger ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er ist Beamter auf Lebenszeit im technischen Dienst der mittleren Laufbahn und war zum Zeitpunkt des Unfallereignisses technischer Regierungshauptsekretär. Er war eingesetzt im technischen Betriebsdienst als Maschinenmeister bei einer Marinefernmeldegruppe.

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Auf dem Rückweg vom Dienst zu seinem Wohnort erlitt er am Mittwoch, den 31. Januar 1996 etwa gegen 16.20 Uhr, einen Unfall. Er lenkte einen Pkw seines Vaters (Ford Escord) in ... bei der Einmündung der B 401 in B 70 und hatte sein Fahrzeug bis zum Stillstand abgebremst, um nach links den vorfahrtsberechtigten Straßenverkehr einzusehen. Er war angeschnallt und hatte den Oberkörper nach vorne mit einer Linksneigung gebeugt, als von hinten ein Pkw (VW Golf) auf sein Kraftfahrzeug auffuhr und es etwa 1,50 m nach vorne schob. Der Kläger stauchte sich dabei die linke Hand und sein Kopf wurde nach vorne und zurück auf die Nackenstütze des Sitzes geworfen. Durch den Unfall erlitt der Kläger keine Bewußtseinstrübung; es erfolgte kein Erbrechen. Der Kläger wickelte selbst den Unfall mit dem Unfallgegner ab, machte der etwa 20 Minuten später eintreffenden Polizei gegenüber Angaben, und fuhr mit seinem beschädigten, aber noch fahrbereiten Kraftfahrzeug etwa 20 bis 25 Kilometer nach ... Zu Hause angekommen, stellten sich bei ihm Kopf- und Rückenschmerzen ein und er begab sich ins Krankenhaus ... Am nächsten Tag meldete sich der Kläger beim Arzt für Allgemeinmedizin Dr. ... Der Kläger war dann bis zum 30. April 1996 krank geschrieben. Während dieser Zeit wurde er wegen der Prellung der linken Hand, der Schmerzen in der Hals- und Lendenwirbelsäule und des nach dem Unfall eingetretenen Tinnitus von Dr. ...l, Hals-Nasen-Ohren-Klinik Universität ..., und Dr. ..., HNO-Facharzt ..., behandelt und von Dr. ... mit einer Computertomographie untersucht.

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Der Facharzt für Orthopädie Dr. ..., erstellte zum 4. März 1996 für den Kläger die Diagnose: „Wirbelsäulen-Skoliose, asymmetrischer Übergangswirbel mit Nearthrosenbildung, Morbus Baastrup untere Lendenwirbelsäule, Chondrose L 3/4“ und führte unter dem 23. Mai 1996 aus: „Herr S. hat am 31. Januar 1996 eine Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule erlitten. Als Folge dieser Beschleunigungsverletzung bestehen zur Zeit therapieresistente Funktionsstörungen der kleine Wirbelgelenke der Halswirbelsäule mit entsprechenden Beschwerden und Bewegungseinschränkungen. Weitere Behandlung ist erforderlich. Ob erwerbsmindernde Unfallfolgen zurückbleiben, kann man frühestens Ende dieses Jahres entscheiden“. Am 11. März 1996 stellte Prof. Dr. ..., Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität ..., für den Kläger die Diagnose: „Tinnitus, HWS-Syndrom“.

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In der Folgezeit wurde der Kläger wegen des Tinnitus und der Schmerzen im Halswirbelsäulenbereich mit Ultraschall, Reizstrom, Injektionen und Chirotherapie und Infusionen behandelt. In der Zeit vom 7. November 1996 bis 16. Januar 1997 war er in stationärer Behandlung bei der Klinik für manuelle Therapie, wo er auch stationär in der Zeit vom 14. Oktober bis zum 11. November 1997 aufgenommen wurde.

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Mit Bescheid vom 19. April 1996 erkannte die Beklagte den Wegeunfall als Dienstunfall an und übernahm die Kosten für die verschiedenen Heilbehandlungen des Klägers.

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Der Oberarzt Dr. ... der Klinik für manuelle Therapie, ... erstellte unter dem 11. Juli 1997 für die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners über den Gesundheitszustand des Klägers ein orthopädisch-manualtherapeutisches Gutachten in freier Form. Er kam dabei aufgrund der verschiedenen Untersuchungen zu der Diagnose: „Cervico-Cephalgie bei segmentaler Lockerung C 3/4 und C 4/5 nach HWS-Distorsionstrauma Januar 1996, Lumbalsyndrom bei Dysfunktion L 4 und L 5, Tinnitus Aurium“. Er schätzte die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Angaben zu Zeiträumen auf 30 v.H. ein. In dem Hals-Nasen-Ohren fachärztlichen Gutachten des Dr. ..., Institut für unfallmedizinische Begutachtung Münster, vom 25. Mai 1997 für die Versicherung des Klägers, schätzte dieser die „Schädigung beider Ohren durch den unfallbedingten subjektiven Tinnitus mit jeweils 10 v.H.“ ein.

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Mit Schreiben vom 11. August 1998 bat die Beklagte den Amtsarzt des Landkreises ..., eventuell verbliebene Unfallfolgen festzustellen. Dieser teilte eine Untersuchung des Klägers mit und wies darauf hin, dass noch für die abschließende Beurteilung ein fachorthopädisches Gutachten erforderlich sei. Unter dem 17. Dezember 1998 erstatteten die Profs. Drs. ... ein fachorthopädisches Gutachten, das nach längeren Ausführungen zu dem Ergebnis kam, beim Kläger sei nach dem Unfall allenfalls eine Halswirbelsäulen-Dystorsion des Schweregrades 1 eingetreten und es seien die jetzt noch vorliegenden Beschwerden und objektiven Befunde zu dem Unfallereignis nicht mehr aus fachorthopädischer Sicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund wurde eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit seit dem Unfalltag für die Zeit vom

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31. Januar bis 28. Februar 1996: 80 v.H.

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1.März bis 1. April 1996: 60 v.H.

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2. April bis 1. Mai 1996: 40 v.H.

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2. Mai bis 31. Juli 1996: 20 v.H. und

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ab dem 1. August 1996 unter 10 v.H.

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geschätzt. Mit Schreiben vom 20. Januar 1999 trat dieser Einschätzung der Amtsarzt des Landkreises ... vollauf bei und nahm Bezug auf das fachorthopädische Gutachten der Profs. von der Universität ...

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Mit Bescheid vom 22. Februar 1999 lehnte es daraufhin die Beklagte ab, dem Kläger ein Unfallausgleich nach § 35 des Beamtenversorgungsgesetzes zu gewähren. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger - wie das Gutachten des Amtsarztes gezeigt habe - nicht länger als sechs Monate mindestes eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 v.H. erlitten habe.

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Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25. Februar 1999 Widerspruch ein, der - nach angebotener, aber nicht erfolgter Akteneinsicht - mit Schreiben vom 18. April 2000 damit begründet wurde, dass das Gutachten der Profs. Drs. ... nicht den Tinnitus berücksichtigen und deutlich von den Einschätzungen des Dr. ..., der eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. angegeben habe, abweiche. Auch habe der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren Heilkunde Dr. ..., unter dem 13. Dezember 1999 für diesen Fachbereich eine Erwerbsminderung von mindestens 20 v.H. festgestellt.

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Nachdem die Beklagte zu den Ausführungen des Klägers eine Stellungnahme des Amtsarztes des Landkreises ... eingeholt hatte, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2000 - zugestellt am 17. August 2000 - den Widerspruch als unbegründet zurück.

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Am Montag, dem 18. September 2000, hat der Kläger Klage erhoben. Er macht geltend: Wenn Dr. ... eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. und Dr. ... wegen des Tinnitus eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. festgestellt habe, so müsse ihm mindestens insgesamt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v.H. zuerkannt und damit ein Unfallausgleich gewährt werden. Insbesondere werde durch das von ihm eingeholte Gutachten des HNO-Facharztes Dr. ... vom 8. August 2002 deutlich, dass er an einem posttraumatischen Cervico-Enzephalien-Syndrom leide und dass bei ihm eine kombinierte zentral-periphäre Gleichgewichtsfunktionsstörung mit vertebragener Auslösbarkeit vorliege, die unter neuro-othologischer Gewichtung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v.H. ausmache, da er eine eventuell irreversible Hirnschädigung im Hirnstammbereich oder in Form von Rindenprellungsherden erlitten habe. Daher habe er Anspruch auf einen Unfallausgleich bezogen auf eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 40 v.H..

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 aufzuheben und

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die Beklagte zu verpflichten, ihm als Folge des am 31. Januar 1996 erlittenen Unfalls einen Unfallausgleich nach § 35 Beamtenversorgungsgesetz zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie wiederholt und vertieft die Begründung der angefochtenen Bescheide und macht geltend, dass der vom Kläger behauptete Cervicale Nystagmus mit einer Schädigung der Hirnrinde nicht in wissenschaftlich einwandfreier Weise nach einer allgemein wissenschaftlich anerkannten Methode dargelegt worden sei.

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Das Gericht hat über die Frage, ob durch den Unfall des Klägers ein Halswirbelsäulenschleudertrauma mit einer vorübergehenden oder dauernden Hirnschädigung und in welchem Umfang eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch alle Unfallfolgen in der Zeit vom 31. Januar 1996 bis zum 15. August 2000 eingetreten ist, ein Gutachten durch Dr. ..., Chefarzt der Abteilung für Neurologie des berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses ... eingeholt. Das Gutachten wurde unter dem 29. September 2003 zusammen mit einem magnetresonanztomographischen Gutachten des Dr. ... vom 2. Oktober 2003 und einem ergänzenden Hals-Nasen-Ohren-fachärztlichen Gutachten des Prof. ... vom 19. Oktober 2003 erstattet.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die der Einzelrichter nach Übertragung des Rechtsstreits auf ihn zur Entscheidung und im Einverständnis der Verfahrensbeteiligten ohne eine weitere mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Unfallausgleichs nach § 35 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG-) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999 (BGBl. I, Seite 322, berichtigt Seite 847 und 2033). Dazu im einzelnen:

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Nach § 35 Abs. 1 BeamtVG erhält der Verletzte, wenn er in Folge eines Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen einen Unfallausgleich in Höhe der Grundrente nach § 31 Abs. 1 bis 4 des Bundesversorgungsgesetzes. Wesentlich ist eine Erwerbsbeschränkung wenn sie mindestens 25 v.H. beträgt, wie sich aus der Verweisung auf § 31 Abs. 2 BVG ergibt (vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BeamtVG Ziff. 35.1.3 Satz 1; BVerwGE 32, 110, 111; VGH Mannheim, Urteil vom 24. März 1993 - 4 S 1645/91 - NVwZ-RR 1994, 170; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil D Stand: Oktober 2003, § 35 BeamtVG Rdnr. 17; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, Stand: August 2002, § 35 BeamtVG Rdnr. 5). Der Dienstunfallausgleich soll grundsätzlich Benachteiligungen der Beamten gegenüber den unfallgeschädigten Angestellten und Arbeitern ausgleichen, denen neben den Arbeitseinkünften eine Verletztenrente nach § 56 SGB VII (früher § 581 RVO) zusteht. Deshalb ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG). Es kommt also nicht darauf an, welchen Einfluss die Beeinträchtigung auf die Dienstfähigkeit oder die Art der dienstlichen Tätigkeit des Beamten, sein allgemeines Wohlbefinden oder seine Fähigkeit hat, Aufgaben des täglichen Lebens wahrzunehmen, sondern allein darauf, ob und inwieweit abstrakt die Fähigkeit des Beamten nicht nur geringfügig beeinträchtigt ist, auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, also dem allgemeinen Arbeitsmarkt Erwerbseinkommen zu erzielen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2000 - 2 C 27.99 - NVwZ-RR 2000, 168, 170 [VG Minden 09.08.1999 - 6 K 4252/98]). Die Gewährung des Unfallausgleichs setzt also voraus, dass die Fähigkeit des Klägers, abstrakt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Erwerbseinkommen zu erzielen, durch den als Folge des Dienstunfalls eingetretenen Körperschaden um mindestens 25 v.H. gemindert ist, wobei bei der MdE-Feststellung nicht auf seinen konkreten Beruf abzustellen ist.

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Dabei ist der Umfang der MdE im eigentlichen Sinne einem Beweis nicht zugänglich, denn die MdE wird von den Gutachtern lediglich geschätzt, wobei von diesen die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht nach dem Schwerbehindertengesetz, herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, mit ein maßgeblicher Anknüpfungspunkt sind. Dabei ist maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens abzustellen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 23. März 1998 - 6 A 54/96 - zitiert nach Juris; Urteil vom 8. Februar 1994 - 6 A 2089/91 - ZBR 1994, 990 = RiA 1995, 298). Die Feststellung von Unfallausgleich hat jedoch keinen ausnahmslos feststehenden Charakter, sondern sowohl dem Grunde nach als auch in der Höhe kann diese Veränderungen unterworfen sein. Denn abgesehen von den Fällen, in denen es um einen bleibenden Körperschaden mit im wesentlichen gleichbleibender MdE handelt, gibt es zahlreiche Fallgestaltungen, in denen Anlass besteht, die Frage des Unfallausgleichs nach Ablauf bestimmter Zeiträume rechtlich neu zu beurteilen. Zur Regelung derartiger Vorgänge dient u.a. die Vorschrift in § 35 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG über die Neufestsetzung des Unfallausgleichs. Mithin lässt sich sowohl aus dem Wesen des Unfallausgleichs als auch den für ihn maßgeblichen Rechtsvorschriften der prozessuale Schluss ableiten, dass die verwaltungsgerichtliche Kontrolle sinnvoller Weise bei dem Sachverhalt ansetzen muss, der sich der Behörde im Zeitpunkt ihrer letzten Entscheidung dargeboten hat. Diese Betrachtungsweise trägt dem Gesichtspunkt Rechnung, dass es nicht Aufgabe des Gerichts, ist den für die Gewährung von Unfallausgleich maßgeblichen verschiedenen Veränderungen unterworfenen Gesundheitszustand des Beamten während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens rechtlich „unter Kontrolle“ zu halten.

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Ausgehend von diesen Grundsätzen fehlt es an den Voraussetzungen für den vom Kläger beantragten Unfallausgleich. Die angefochtenen Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Minderung seiner Erwerbsfähigkeit infolge des Dienstunfalls vom 31. Januar 1996 beträgt nicht mindestens 25 v.H.. Das ergibt sich in beeindruckender Weise für den Einzelrichter aus dem überzeugenden und in sich vollständig schlüssigen Gutachten des Dr. ... vom 29. September 2003 und dem von ihm zusätzlich eingeholten Ergänzungsgutachten - insbesondere dem ohrenfachärztlichen Gutachten des Prof. Dr. ... vom 19. Oktober 2003. In diesen Gutachten wird in umfangreicher und sorgfältiger Auswertung des Krankengeschehens, der verschiedenen vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen und aufgrund umfangreicher und sorgfältiger eigener Untersuchungen und umfangreicher Diskussion der fachwissenschaftlichen Literatur klar ausgeführt, dass die vom Kläger geschilderten Unfallfolgen - jedenfalls sechs Monate nach dem Ereignis - nicht zu einer wesentlichen Minderung der Erwerbsfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben führten. Wenn dem gegenüber der Kläger bereits im Verwaltungsverfahren auf das Gutachten des Dr. ... von der Klinik für manuelle Therapie vom 11. Juli 1997 hinweist, so fällt auf, dass dort ohne eine konkrete Anknüpfung an Zeitläufe oder bestimmte Zeiträume nur pauschal von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. gesprochen wird. Hinzu kommt, dass in diesem Gutachten der vorliegende Tinnitus bei der Diagnose angesprochen wurde, aber offen geblieben ist, ob dieser Umstand in die Bewerbung der MdE eingeflossen ist. Soweit Dr. ..., in der gutachtlichen Stellungnahme vom 25. Mai 1997 hinsichtlich des unfallbedingten subjektiven Tinnitus eine MdE mit „jeweils“ 10 v.H. angibt, überzeugt dies das Gericht nicht. Denn eine Minderung der Erwerbsfähigkeit kann sich nicht jeweils und gegebenenfalls unterschiedlich für jedes Ohr ergeben. Vielmehr ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit insgesamt für die betreffende Person abzuschätzen, so dass diese gutachterliche Stellungnahme zur Beantwortung der hier anstehenden rechtlichen Fragen unergiebig ist.

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Insbesondere kann sich der Kläger zur Unterstützung seiner Position nicht auf das Gutachten des HNO-Facharztes Dr. ..., vom 8. August 2002 und seine früheren Stellungnahme vom 13. Dezember 1999 berufen. Denn in dieser gutachterlichen Stellungnahme wird davon ausgegangen, dass beim Kläger eine Hirnfunktionsstörung oder eine irrevisible Hirnschädigung im Hirnstammbereich oder in Form von Rindenprellungsherden eingetreten sei. Diese von diesem Arzt aufgrund seiner Untersuchungsmethoden angenommene Schädigungsfolge des HWS-Dystorsionstraumas ist mit der überwiegenden neurologischen Lehrmeinung nicht vereinbar. Darauf hat Dr. ... in überzeugender Weise in seinem Gutachten vom 29. September 2003 hingewiesen und dies wurde hinsichtlich des Tinnitus in dem Gutachten des Prof. Dr. ... überzeugend und ausführlich dargestellt. In zutreffender Weise wurden von Dr. ... neuere Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung zu diesem Themenkreis berücksichtigt (vgl. Poeck, Begutachtungs- und Rehabilitationsprobleme bei Halswirbelsäulenschäden - aus nervenärztlicher Sicht, in: MedSach 97 (2001) Seite 77 ff.; Hülse, Begutachtungs- und Rehabilitationsprobleme bei Halswirbelsäulenschäden - aus HNO-ärztlicher Sicht, MedSach 97 (2001) Seite 81 ff.; Thomann/Rauschmann, Begutachtungs- und Rehabilitationsprobleme bei Halswirbelsäulenschäden - aus orthopädischer Sicht, MedSach 97 (2001) Seite 86 ff.; Kügelgen et al, Das sogenannte Schleudertrauma der Halswirbelsäule, Koblenzer Konsensus 2001, Neuroorthopädie 9, Zuckschwerdt, 2002).

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Hinzu kommt im vorliegende Fall, dass sich die gutachterlichen Ergebnisse des Dr. H. ohne weiteres in die Verhaltensweisen des Klägers kurz nach dem Unfall und in die ersten Krankenerhebungen der behandelnden Ärzte nach seinem Unfall einfügen lassen. Der Kläger war bei dem Unfall nicht bewußtlos und musste sich nicht erbrechen; die Rückenbeschwerden des Klägers wurden zunächst mehr anderen Veränderungen der Wirbelsäule zugeschrieben.

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Die Klage war daher mit den kostenrechtlichen Nebenentscheidungen aus §§ 154 Abs. 1, 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO abzuweisen. Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.