Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 28.08.2003, Az.: 4 A 3108/99

Abwägungsfehler; Abwägungsoffenheit; Außenbereich; DEWI-Studie; Flächennutzungsplan; Konzentrationsfläche; Konzentrationszone; Planungskonzept; Verhinderungsplanung; Verunstaltung; Windenergieanlage

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
28.08.2003
Aktenzeichen
4 A 3108/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48172
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 08.11.2005 - AZ: 1 LB 133/04
BVerwG - 26.04.2006 - AZ: BVerwG 4 B 7.06

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt die Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheids für die Errichtung von nunmehr noch einer Windkraftanlage (WEK 2) auf dem Flurstück (B.)Gemarkung Okel im Stadtgebiet der Beigeladenen.

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Unter dem 30. Januar 1997 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheids über die Zulässigkeit der Errichtung von zwei Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von jeweils 600 kW, einer Nabenhöhe von max. 50 m und einem Rotordurchmesser von ca. 40 – 48 m. Der Standort liegt etwa 500 m südöstlich des Stadtteils Okel der Beigeladenen an der Geestkante. Am 03. März 1999 trat die 5. Änderung des Flächennutzungsplanes in Kraft (ABl. Reg.Bez. Hannover 5/99). Dieser sieht insgesamt sechs Sondergebiete für Windenergieanlagen vor und schließt Vorhaben an anderen Standorten, u.a. an dem vom Kläger vorgesehenen, aus. Im Aufstellungsverfahren hatte der Kläger Einwendungen erhoben, die zurückgewiesen wurden.

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Nachdem der Beklagte das Bauantragsverfahren im Hinblick auf die Aufstellung des Flächennutzungsplanes durch die Beigeladene bis zum 31. Dezember 1998 ausgesetzt hatte, lehnte er mit Bescheid vom 21. Januar 1999 die Bauvoranfrage mit der Begründung ab, dass die Beigeladene ihr Einvernehmen versagt habe und zu erwarten sei, dass der Flächennutzungsplan alsbald bekannt gemacht werde.

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Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Bezirksregierung Hannover mit Widerspruchsbescheid vom 08. Juni 1999 unter Hinweis auf die entgegenstehende Darstellung des Flächennutzungsplanes zurück.

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Am 09. Juli 1999 hat der Kläger Klage erhoben. Er meint, der Flächennutzungsplan der Beigeladenen sei unwirksam. Die der Planung zugrunde gelegte DEWI-Studie berücksichtige nicht alle geeigneten Standorte für Windenergieanlagen. Eigene Messungen hätten ergeben, dass in 10 m Höhe Windgeschwindigkeiten von 10m/s vorhanden seien. Bei der Planung habe die Beigeladene außer Acht gelassen, dass zwischen Konzentrationszonen ein Abstand von 5 km eingehalten werden müsse. Zu bemängeln sei, dass sich die Beigeladene weder mit vorhandenen Windenergieanlagen innerhalb und außerhalb des Gemeindegebietes noch mit den Gesichtspunkten des Vogelschutzes und des Landschaftsbildes auseinander gesetzt habe. Aussagen des Landschaftsplanes könnten dem Vorhaben nicht als öffentliche Belange entgegen gehalten werden, weil der Plan für den Standort keine Darstellung enthalte.

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Der Kläger, der ursprünglich den Bauvorbescheid für beide Windenergieanlagen begehrt hatte, beantragt unter Zurücknahme der Klage im Übrigen,

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den Beklagten zur Erteilung eines positiven planungsrechtlichen Bauvorbescheides für die Errichtung einer Windkraftanlage (WEK 2) zu verpflichten und den Bescheid des Beklagten vom 21.01.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Hannover vom 08.06.1999 aufzuheben, soweit sie der Verpflichtung entgegen stehen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hält die getroffenen Entscheidung für rechtmäßig. Im Übrigen stehe dem Vorhaben entgegen, dass die Errichtung der Windenergieanlage an der weithin einsehbaren und bisher von Bebauung freigehaltenen Geestkante das Landschaftsbild verunstalte.

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Die Beigeladene, die keinen Antrag stellt, verteidigt den Flächennutzungsplan und weist darauf hin, dass die im Gemeindegebiet vorhandenen und zur Genehmigung beantragten Anlagen neben anderen Kriterien Gegenstand der Standortsuche und Abwägung gewesen seien. Außerhalb des Gemeindegebietes seinen keine Anlagen vorhanden gewesen. Der Rat habe sich mit dem Abstandserlass des MI und dem Inhalt des Landschaftsplanes auseinander gesetzt.

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Die Kammer hat den vorgesehenen Standort der Windkraftanlage und die nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

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Die weiteren Einzelheiten des Vortrags und des Sachverhalts ergeben sich aus den Schriftsätzen der Beteiligten und den dem Gericht vorliegenden einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten, auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

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Das Verfahren wird gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat.

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Die im Übrigen zulässige Klage ist begründet.

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Der Kläger hat einen Anspruch auf den planungsrechtlichen Bauvorbescheid nach §§ 74 Abs.1, 75 Abs. 1 NBauO.

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Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der streitigen Windkraftanlage beurteilt sich nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Danach ist ein Vorhaben, das - wie hier - der Nutzung der Windenergie dient, im Außenbereich bevorrechtigt zulässig. Dem Vorhaben stehen weder die Darstellung der 5. Änderung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen i.S. von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (1.) noch sonstige öffentliche Belange i.S. des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB (2.) entgegen.

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1. Der Beklagte führt zu Unrecht die 5. Änderung des Flächennutzungsplans gegen die Zulässigkeit des Vorhabens ins Feld, weil diese unwirksam ist.

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1.1. Auf die Wirksamkeit des Flächennutzungsplanes kommt es für die Entscheidung dieses Falles an. Denn die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ist nicht schon deshalb versperrt, weil das Vorhaben nicht raumbedeutsam wäre. Auch wenn die genannte Vorschrift als Voraussetzung für ihr Eingreifen die Raumbedeutsamkeit eines Vorhabens nicht ausdrücklich nennt, ist davon auszugehen, dass wegen des systematischen Zusammenhangs von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB und Satz 2, der expressis verbis raumbedeutsame Vorhaben zur Grundlage seiner Regelung macht, die Anwendbarkeit des in Rede stehenden Satzes 3 ein raumbedeutsames Vorhaben voraussetzt (vgl. Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 35 Rdnr. 129; Runkel DVBl 1997, 275, 278; Schmidt DVBl 1998, 669, 674; Spieker BayVBl 2001, 673, 679).

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Die Bewertung, ob ein Vorhaben raumbedeutsam ist oder nicht, richtet sich u.a. danach, ob dadurch die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebiets beeinflusst wird (vgl.

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§ 3 Satz 1 Nr. 6 ROG). Um raumbedeutsam zu sein, muss sich das Vorhaben über den unmittelbaren Nahbereich hinausgehend auswirken (Brügelmann-Dürr, BauGB, § 35 Rdnr. 104). Dies kann auch schon bei einer einzelnen Windenergieanlage der Fall sein (vgl. BT-Drucks. 13/4978). Maßgebend ist dabei auf die Raumbedeutsamkeit im Einzelfall abzustellen. Hierfür spielen vor allem eine Rolle die besondere Dimension (Höhe) einer Anlage, ihr Standort (z.B. weithin sichtbare Kuppe eines Bergs) und die damit verbundenen Sichtverhältnisse, die Auswirkungen auf eine bestimmte, planerisch als Ziel gesicherte Raumfunktion und schließlich die im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sich ergebende negative Vorbildwirkung für weitere Anlagen, die dann in ihrer Gesamtheit zumindest raumbedeutsam sind (vgl. zu den Kriterien der Raumbedeutsamkeit: Runkel DVBl 1997, 278 f.; ähnlich auch Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a.O.; Wagner UPR 1996, 370).

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In Anwendung dieser Grundsätze ist das Vorhaben des Klägers nach Ansicht der Kammer raumbedeutsam. Der Kläger plant zwar die Errichtung einer Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 50 m und einem Rotorradius von maximal 24 m. Trotz dieser geringen Dimensionierung des Vorhabens von lediglich 74 m verneint die Kammer dessen Raumbedeutsamkeit nicht. Denn diese Frage lässt sich nicht nach einer bestimmten Meterangabe beantworten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 2002 - Az.: 4 B 36/02 – zu einer Windkraftanlage mit einer Höhe von knapp 100 m, die wegen ihrer Höhe und ihrer Wirkungen auf die weitere Umgebung als raumbedeutsam angesehen wurde; vgl. auch VG Weimar, Urteil vom 9. November 2000, NuR 2001, 536 f.). Maßgeblich und entscheidend kommt hier jedoch hinzu, dass vom Standort aus eine ernorme Fernsicht bis weit in den Landkreis Verden und nach Bremen, also in östlicher und nördlicher Richtung besteht. Wegen ihrer Sichtbarkeit wirkt schon die vorgesehene Einzelanlage erheblich auf den Raum und die sich darin befindliche Landschaft ein. Das Gericht konnte bei seiner Ortsbesichtigung feststellen, dass das vorgesehene Gelände die Möglichkeit zur Aufstellung weiterer Windenergieanlagen bietet und daher eine Vorbildwirkung gegeben ist. Dies ist ebenfalls ein Gesichtspunkt, der für die Annahme der Raumbedeutsamkeit der hier geplanten Einzelanlage spricht (vgl. Bielenberg/Erbguth/Söfker, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, K § 3 Rdnr. 247; so auch Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a.O.; Wagner, a.a.O.; Runkel, a.a.O.). Auch im Hinblick auf die Notwendigkeit der Einhaltung größerer Abstände zu anderen Nutzungen liegt das Merkmal der Inanspruchnahme von Raum vor. Auch als einzelne Anlage mit geringer Grundfläche überschreitet das Vorhaben an dem besonders hervorgehobenen Standort der Geestkante in seinen Wirkungen das Baugrundstück sowie die unmittelbar angrenzenden Flächen und vermag sich daher auf die weitere Umgebung auszuwirken.

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1.2. Steht also die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht grundsätzlich in Frage, kann der Flächennutzungsplan der Beigeladenen dem streitigen Vorhaben gleichwohl nicht entgegengehalten werden, weil dieser unwirksam ist und damit keine entsprechende Ausschlusswirkung für nicht positiv für die Windkraft ausgewiesene Flächen entfalten kann.

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Das Bundesverwaltungsgericht hat sich zu den Voraussetzungen einer entsprechenden Flächennutzungsplanung im Urteil vom 17. Dezember 2002 (BVerwG 4 C 15.01, UPR 2003, 188) geäußert. Dem folgt die Kammer. Kernelement einer derartigen Planung ist danach eine Abwägung, die auch die privaten Belange der Grundstückseigentümer berücksichtigt und sich sowohl auf die positive Festlegung von Flächen für Windenergienutzung als auch auf die Ausschlusswirkung bezüglich der übrigen Flächen erstrecken muss.

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Dementsprechend fordert die Rechtsprechung und die entsprechende Literatur wie auch die Kommentierung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB übereinstimmend ein schlüssiges Konzept für die Standortausweisung bei gleichzeitiger Ausschlusswirkung für andere Standorte im Sinne eines hinreichenden städtebaulich motivierten Planungskonzepts für das gesamte Gemeindegebiet, aus dem sich die städtebauliche Rechtfertigung des Ausschlusses der nach § 35 Abs. 1 BauGB an sich privilegierten Nutzung für die nicht positiv ausgewiesenen Standorte ableiten lässt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. November 2001, BauR 2002, 886 ff.; Rühl, Planungsrechtliche Aspekte der Ansiedlung von Windenergieanlagen, UPR 2001, 413 ff.; Enders, Zur planerischen Steuerungsmöglichkeit der Gemeinde von Windkraftanlagen durch Ausweisung sog. Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan, ZfBR 2001, 450 ff.; Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 35 Rdnr. 93; Söfker, a.a.O., § 35 Rdnr. 125).

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Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2002 wird hierzu ausgeführt (Urteilsabdruck S. 15 ff.):

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"Bedient sich die Gemeinde der ihr in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aufgezeigten Planungsmöglichkeiten, so kommt dies einer planerischen Kontingentierung gleich. Wie aus der Entstehungsgeschichte der Norm erhellt (vgl. den Ausschlussbericht vom 19. Juli 1996, BT-Drucks. 13/4978 S. 7), orientiert sich der Gesetzgeber mit dem in dieser Vorschrift verankerten Darstellungsprivileg an der Rechtsprechung des Senats zu Konzentrationsflächen für den Kiesabbau (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987, BVerwGE 77, 300). Danach ist eine Gemeinde befugt, im Flächennutzungsplan Abgrabungsflächen mit dem Ziel darzustellen, den Abbau am ausgewiesenen Standort zu konzentrieren und im übrigen Außenbereich zu unterbinden. In § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB greift der Gesetzgeber das Konzept, eine positive Ausweisung an einer bestimmten Stelle mit einer Ausschlusswirkung für den übrigen Planungsraum zu kombinieren, ausdrücklich auf (vgl. den Ausschlussbericht vom 19. Juli 1996, BT-Drucks. 13/4978 S. 7). Die negative und die positive Komponente der Darstellung bedingen einander. Das Zurücktreten der Privilegierung in Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur dann rechtfertigen, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierender Nutzung durchsetzen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bietet ihr die Möglichkeit, Windenergieanlagen ebenso wie die in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB genannten sonstigen Vorhaben auf bestimmte Standorte zu konzentrieren...

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Der Gemeinde ist es daher verwehrt, den Flächennutzungsplan als Mittel zu benutzen, das ihr auch dazu dient, unter dem Deckmantel der Steuerung Windkraftanlagen in Wahrheit zu verhindern. Mit einer bloßen 'Feigenblatt'-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, darf sie es nicht bewenden lassen. Vielmehr muss sie der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die Windenergienutzung in substantieller Weise Raum schaffen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bietet keine Handhabe dafür, die Zulassung von Windkraftanlagen in der Weise restriktiv zu steuern, dass die Gemeinde sich einseitig von dem Ziel leiten lässt, die Entfaltungsmöglichkeiten dieser Nutzungsart auf das rechtlich unabdingbare Minimum zu beschränken. Der Gesetzgeber gestattet es, das durch § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB rechtlich geschützte Nutzungsinteresse in der Konkurrenz mit anderen Abwägungsbelangen ggf. zurückzustellen. Ein solches "Wegwägen" ist indessen rechtfertigungsbedürftig. Ist die Planung nicht durch Abwägungsoffenheit gekennzeichnet, sondern in einer bestimmten Richtung vorgeprägt, so sind Abwägungsdefizite vorprogrammiert. Wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Beschränkt sich die Gemeinde darauf, eine einzige Konzentrationszone auszuweisen, so ist dies, für sich genommen, noch kein Indiz für einen fehlerhaften Gebrauch der Planungsermächtigung. Auch Größenangaben sind, isoliert betrachtet, als Kriterium ungeeignet. Die ausgewiesene Fläche ist nicht nur in Relation zu setzen zur Gemeindegröße, sondern auch zur Größe der Gemeindegebietsteile, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen auch immer, nicht in Betracht kommt...

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Das Berufungsgericht verwendet die Formel von der "restriktiven Steuerung" indes nur, um in pointierter Form vom Kläger ebenso pointiert vertretenen Auffassung entgegenzutreten, dem Gesichtspunkt der Förderung der Windenergienutzung müsse auch im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bestmöglich Rechnung getragen werden. Stattdessen stellt es klar, dass es der Gemeinde nicht verwehrt ist, den Stellenwert der Windenergienutzung in der Konkurrenz mit anderen Belangen als einen Abwägungsposten zu behandeln, der je nach dem, welches Gewicht ihm in der konkreten Planungssituation zukommt, nach den zum Abwägungsgebot entwickelten allgemeinen Grundsätzen überwindbar ist. ... Auch der Umstand, dass es nach der Darstellung des Klägers im Gemeindegebiet der Beigeladenen weitere Flächen gibt, die sich von ihren Standortbedingungen her im Vergleich mit der ausgewiesenen Konzentrationszone für die Errichtung von Windkraftanlagen ebenso gut oder noch besser eignen, deutet nicht schon als solcher auf eine beanstandenswerte restriktive Tendenz hin. Macht die Gemeinde von der Möglichkeit des Planungsvorbehalts Gebrauch, so ist sie nicht gehalten, die Wertungen, die sich in den Privilegierungstatbeständen des § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB widerspiegeln, schlicht nachzuvollziehen. Die Festlegung, dass sich diese oder jene Fläche für

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Zwecke der Windenergienutzung eignet, ist ein Gesichtspunkt, der bei der planerischen Abwägung gebührend zu berücksichtigen ist, bei der Standortwahl aber nicht zwangsläufig den Ausschlag geben muss. Eine andere Beurteilung ist allenfalls dann geboten, wenn die Größe der Konzentrationsfläche durch verbindliche Bedarfsprognosen oder sonstige rechtliche Vorgaben, etwa der Landesplanung, mitbestimmt wird, an denen sich die gemeindliche Planung auszurichten hat. Ansonsten hat sich die Gemeinde an den allgemeinen Anforderungen zu orientieren, die sich aus dem Abwägungsgebot ergeben. Dem Belang der Förderung der Windenergienutzung muss sie nur insoweit den Vorrang einräumen, als ihm keine gegenläufigen Belange gegenüberstehen, die sie als gewichtiger einstufen darf. In diesem Zusammenhang ist die Eignungsfrage nur einer der für die Abwägungsentscheidung relevanten Gesichtspunkte. Auch Standorte, die im Vergleich mit der Wahllösung besser geeignet erscheinen, dürfen unberücksichtigt bleiben, wenn das Gewicht der entgegenstehenden Belange das an dieser Stelle rechtfertigen. ...

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Richtig ist, dass die Darstellung einer Konzentrationszone die ihr zugedachte Negativwirkung in Anlehnung an das Senatsurteil vom 22. Mai 1987 (a.a.O.) nur dann besitzt, wenn ihr ein schlüssiges Plankonzept zugrunde liegt, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt (vgl. den Ausschlussbericht vom 19. Juli 1996, BT-Drucks. 13/4978 S. 7). Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windkraftanlagen freizuhalten. Das folgt schon daraus, dass es Aufgabe des Flächennutzungsplanes ist, ein gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet zu erarbeiten. Die Ausweisung an bestimmter Stelle muss Hand in Hand mit der Prüfung gehen, ob und inwieweit die übrigen Gemeindegebietsteile als Standorte ausscheiden. Die öffentlichen Belange, die für die negative Wirkung der planerischen Darstellung ins Feld geführt werden, sind mit dem Anliegen, der Windenergienutzung "an geeigneten Standorten eine Chance" zu geben, die ihrer Privilegierung gerecht wird (vgl. den Ausschlussbericht vom 19. Juli 1996, BT-Drucks. 13/4978 S. 6), nach Maßgabe des § 1 Abs. 6 BauGB abzuwägen. Ebenso wie die positive Aussage müssen sie sich aus den konkreten örtlichen Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten lassen. Aus dem Regelungszusammenhang, in den § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hineingestellt ist, ergibt sich, dass nicht beliebige Gründe einen Ausschluss rechtfertigen. Die mit der positiven Standortzuweisung verbundene Ausschlusswirkung muss durch städtebauliche Gründe legitimiert sein. Die Gemeinde darf nicht im Gewande der Bauleitplanung eine Windkraftpolitik betreiben, die den Wertungen des Baugesetzbuches zuwiderläuft und darauf abzielt, die Windenergienutzung aus anderweitigen Erwägungen zu reglementieren oder gar gänzlich zu unterbinden. Auskunft darüber, welche Gesichtspunkte aus städtebaulicher Sicht einen Ausschluss rechtfertigen, gibt § 1 Abs. 5 BauGB. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB bietet weitere Anhaltspunkte dafür, welche Belange bei der Ausführung von Vorhaben im Außenbereich städtebaulich relevant sind. Denn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ändert nichts an der Außenbereichsqualität des überplanten Bereichs. Im Ausschlussbericht vom 19. Juli 1996 werden als Belange, die der Windenergienutzung vorgehen können, beispielhaft der Fremdenverkehr, der Naturschutz und der Landschaftsschutz genannt (vgl. BT-Drucks. 13/4978 S. 6). Windenergieanlagen werfen auch immissionsschutzrechtliche Probleme auf. Je nach der konkreten Situation können die verschiedensten sonstigen Schutzgüter, wie etwa der Schutz von Rohstoffvorkommen und militärischen Einrichtungen oder anderen technischen Systemen, Einschränkungen gebieten. "Welchen Belangen der Vorrang gebührt, kann" nach der Aussage des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 19. Juni 1996 (BT-Drucks. 13/4978 S. 6) "nicht pauschal ..., sondern nur im Einzelfall oder vor Ort abgewogen und entschieden werden....".

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Bei § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hält der Gesetzgeber an der Privilegierung fest, gibt der Gemeinde aber ein Mittel an die Hand, das ihr ermöglicht, die Ausführung der in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB bezeichneten Bauvorhaben im Interesse einer geordneten Entwicklung zu kanalisieren und an bestimmten Stellen im Plangebiet zu konzentrieren. Die damit verbundenen Beschränkungen sind vom geregelten Sachbereich her geboten, um einem "Wildwuchs" vorzubeugen. Sie gehen nicht weiter als der Schutzzweck reicht, dem sie dienen. Auch beim Modell des § 35 Abs. 3 BauGB hängt die Zulassungsfähigkeit von dem Gewicht der Interessen und Belange ab, die einander gegenüber stehen. Im Vergleich mit § 35 Abs. 1 BauGB verschiebt sich nur die Perspektive. Welches Interesse überwiegt, ist nicht allein standortbezogen, sondern in erster Linie gemeindegebietsbezogen zu beurteilen. Bei dieser Sichtweise können öffentliche Belange einen höheren Stellenwert als im Rahmen des § 35 Abs. 1 BauGB erlangen. Es läuft indessen nicht auf eine Aufhebung der Privilegierung hinaus. Auch bei Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB müssen die öffentlichen Belange, aus denen die Ausschlusswirkung hergeleitet wird, so gewichtig sein, dass sie -- objektiv nachvollziehbar -- geeignet sind, die gesetzgeberische Wertung, die in den Privilegierungstatbeständen zum Ausdruck kommen, zu überwinden. Unzumutbaren Belastungen beugt der Gesetzgeber dadurch vor, dass in Ausnahmefällen der Planvorbehalt nicht greift."

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Diesen Anforderungen wird die Flächennutzungsplanung der Beigeladenen in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht, weil das Gericht kein auf einer ausreichenden Abwägung beruhendes schlüssiges Planungskonzept für das gesamte Gemeindegebiet zu erkennen vermag. Ein solches konnte sie hier schon deshalb nicht entwickeln, weil sie sich ersichtlich vorrangig daran orientiert hat, welche Flächen aufgrund des DEWI-Gutachtens aus dem Februar 1995 als geeignete Flächen angesehen worden sind.

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Diese Beschränkung ergibt sich eindeutig aus dem Erläuterungsbericht zur 5. Änderung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen. Unter dem Gliederungspunkt 2 „Standortwahl“ werden zunächst fünf allgemeine Entwicklungsziele genannt, die zur Auswahl der sechs Standorte geführt haben. Anschließend wird die Abfolge der Standortermittlung dargestellt. Danach wurden „in einem ersten Schritt ..die Ergebnisse des DEWI-Gutachtens berücksichtigt, die wesentlichen Aufschluss über die Bereiche im Stadtgebiet geben, in denen durch die vorherrschenden Windgeschwindigkeiten überhaupt von einer wirtschaftlichen Nutzung der Windenergie ausgegangen werden kann und die als relativ restriktionsfrei gelten können.“ Das Gutachten weist für Syke 14 Potentialflächen aus. Die weiteren Planungsschritte bestehen darin, diese Potentialflächen weiter einzugrenzen.

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Die Beigeladene hat mit diesem Vorgehen die Standortauswahl von vornherein auf die nach dem DEWI-Gutachten in Frage kommenden Potentialflächen beschränkt. Damit hat sie den Auswahlprozess auf unzulässige Weise begrenzt, weil sie die Grundannahmen des Gutachtens ohne eigene Prüfung ihrem Auswahlprozess zugrunde gelegt hat.

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Das DEWI-Gutachten stammt aus dem Februar 1995. Auftraggeber war das Nds. Umweltministerium. Mit der Studie sollten Flächen ermittelt werden, die für die Nutzung der Windenergie mit Windparks prinzipiell zur Verfügung stehen, sowie eine Qualifizierung dieser Flächen hinsichtlich ihrer Güte für die Nutzung der Windenergie vorgenommen werden. Die Qualifizierung erfolgte anhand der Angaben der mittleren Windgeschwindigkeit, der Anzahl der installierbaren Windenergieanlagen und des erzielbaren Energieertrages auf diesen Flächen (Zielsetzung und Übersicht, S. 3). Die ermittelten Potenzialflächen mussten eine Mindestgröße von 10 ha aufweisen und frei von konkurrierenden Nutzungsansprüchen sein. Die Auswahl erfolgte anhand von Abstandskriterien. Die Abstandsregelung (Nr.: 3.1.1) sieht für den Siedlungsraum u.a. 500 m für Siedlungsgebiete sowie 300 m für Einzelhäuser und Weiler vor. Die Pauschalierung der Abstände wird damit begründet, „den Aufwand der Potentialflächenkartographierung in einem vertretbaren Rahmen zu halten und eine problemlose Durchführung zu ermöglichen“ (S.10). Weiter heißt es: „Es hat sich gezeigt, daß bei der großen Anzahl der zu erfassenden Flächen eine detaillierte Differenzierung der Abstände nach Nutzungsart der Siedlungsgebiete einen nicht akzeptablen Arbeitsaufwand bedeutet hätte.“ Aus diesem Grund würden für Abstände zu Siedlungsgebieten und Wohnhäusern nur zwei getrennte Werte aufgeführt.“

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Die Studie ermittelte Windgeschwindigkeiten für eine Höhe von 30 m für Nabenhöhen der verwendeten Windenergieanlagen (40 und 60 m Höhe). Die Energieerträge wurden für Windparks mit 500 kW und 1 MW installierter Leistung überschlägig ermittelt. Kleinere Anlagen wurden nicht berücksichtigt (S. 3). Ausdrücklich wird auf derselben Seite darauf hingewiesen, dass Standorte von Einzelanlagen oder kleinerer Anlagengruppen nicht Bestandteil der Studie seien.

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Die Beigeladene hat diese vorstehenden Restriktionen ohne eine eigene Beurteilung und Bewertung in ihre Planung eingestellt. Besonders auffällig und zu Lasten einer rechtmäßigen Planung zeigt sich das daran, dass die Potentialflächen nach der DEWI-Studie unter Zugrundelegung einer Kombination eines pauschalen Abstandes von 300 m und 500 m zu den „Siedlungsräumen“, einer Mindestflächengröße von 10 ha und bestimmten technischen, oben genannten Anlagenbedingungen ermittelt wurden. Diese Rahmenbedingungen mögen nach einer Abwägung die Restriktion im Flächennutzungsplan rechtfertigen, wenn sie von der Gemeinde bewusst als eigene planerische Entscheidung getroffen werden. Das war aber hier gerade nicht der Fall. Für die Abstandsbemessung hat das BVerwG in seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2002 der planenden Gemeinde zugebilligt, durch ihre Bauleitplanung eigenständig gebietsbezogen das Maß des Hinnehmbaren – orientiert am Vorsorgegrundssatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BauGB - zu steuern. Abwägungsfehlerhaft sei die Planung erst dann, wenn sie auch unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums städtebaulich nicht mehr begründbar ist. Ein solcher Fall liegt hier aber vor. Die DEWI-Studie hat nicht aus städtebaulichen Gründen z.B. die Abstandsbeschränkungen vorgenommen sondern aus Gründen der Arbeitsökonomie. Es ging ihr darum, den bei der Potentialflächenermittlung zu betreibenden Aufwand „in einem vertretbaren Rahmen“ zu halten. Ein „nicht akzeptabler Arbeitsaufwand“ wäre die Folge gewesen. Solche Argumente sind jedoch der Bauleitplanung fremd. Bei dieser geht es nicht darum, aus Gründen der Bequemlichkeit, der Arbeitskapazitäten oder der zu verarbeitenden Datenflut von vornherein die nach Lage der Dinge einzustellenden Belange zu begrenzen. Das Umgekehrte ist der Fall. Eine nach § 1 Abs. 6 BauGB gerechte Abwägung erfolgt nur dann, wenn die Belange, die nach Lage der Dinge einzustellen sind, von der Gemeinde auch eingestellt werden. Gibt es Beschränkungen der Planung, dann müssen diese auf einem bewussten Wissen und Wollen der Gemeinde beruhen, städtebaulich begründet sein und wegen der Privilegierung der Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB von hinreichend gewichtigen öffentlichen Belangen gerechtfertigt sein. Eine Fremdbestimmung der maßgeblichen Entscheidungsträger der Gemeinde durch nicht von ihnen legitimierte Dritte, sieht die Bauleitplanung nicht vor. Die DEWI-Studie wurde nicht von der Beigeladenen in Auftrag gegeben. Die darin enthaltenen o.g. Beschränkungen des Prüfungsrahmens waren somit bei der Erstellung der Studie nicht vom Planungswillen der Beigeladenen getragen. Auch bei der Übernahme als erstem Planungsschritt wurden sie nicht ausdrücklich und bewusst in ihren Planungswillen aufgenommen. Anders als in dem vom BVerwG entschiedenen Fall, in dem das Abstandsflächenkonzept mit dem Staatlichen Umweltamt abgestimmt worden ist, liegt im vorliegenden Fall eine verdeckte Restriktion vor. Die Planung war daher nicht durch Abwägungsoffenheit gekennzeichnet, sondern einseitig in einer bestimmten Richtung vorgeprägt und damit defizitär. Gegen dieses Ergebnis kann nicht ins Feld geführt werden, dass die Beigeladene sich mit der Frage beschäftigt hat, welche Schallimmissionen von den bereits ausgewählten Windenergieanlagen ausgehen (Seite 9 Erläuterungsbericht). Die Beigeladene hat hier die Empfehlungen des Nds. MI vom 11. Juli 1996 zugrunde gelegt, die Abstände von 300 m zu Einzelhäusern und 500 m bei dörflichen Siedlungen und allgemeinen Wohngebieten für sinnvoll halten. Die Einhaltung dieser Abstände hat sich dann für die Standorte Syke-Industriegebiet, Barrien /Streitheide sowie Henstedt/ Jardinghausen bestätigt, was allerdings keine Überraschung war, weil diese Abstände bereits das Auswahlkriterium nach der DEWI-Studie waren. Zur Rettung des Planes vermögen diese Überlegungen hingegen nicht zu verhelfen. Wenn die Beigeladene die Abstandsfragen in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht nur im Hinblick auf die genannten drei ausgewählten Standorte untersucht, ist eindrucksvoll belegt, dass dieses Kriterium keine generelle Planungslinie war. Sie hat nämlich für die drei übrigen Standorte Ristedt , Barrien/K122 und Henstedt/ Jardinghausen (Kastanienallee) im Hinblick auf Gutachten für bestehende Anlagen festgestellt, dass die Einzelfallprüfungen gezeigt hätten, „daß unter Berücksichtigung immissionsschutzrechtlicher Belange durchaus auch geringere Abstände zu den Wohnbebauungen in der Nachbarschaft (dörfliche Lagen) möglich waren (350 m zu Wohnhäusern) als dieses aktuell in den Empfehlungen ausgesprochen wird“ (Seite 9 Erläuterungsbericht). Die Abstände sollten also allein als durchaus flexibles Korrektiv dienen – so lautet auch die Überschrift des Abschnitts: „Abgleich der Planung mit sonstigen öffentlichen und privaten Belangen“ – und die Frage beantworten, ob das bereits gefundene Ergebnis u.a. auch einer immissionsschutzrechtlichen Überprüfung Stand hält. Als generelles Ausschlusskriterium im Sinne der Schaffung einer Tabuzone für Standorte hat die Beigeladene die 300 m und 500 m Abstände weder gesehen noch gehandhabt.

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Strukturell weist die Planung darüber hinaus weitere abwägungserhebliche Mängel auf. Die von der Beigeladenen letztlich ausgewiesenen Konzentrationsflächen haben eine Größe von 3 ha (Syke Industriegebiet), 9,2 ha ( Ristedt ), 38 ha (Barrien Streitheide), 4,2 ha (Barrien K 122), 1,8 ha (Henstedt/ Jardinghausen Kastanienallee) und 5 ha (Henstedt/ Jardinghausen L 356). Da die Gemeinde lediglich die nach der DEWI-Studie angesetzten Flächen einbezogen hat, die mindestens 10 ha groß sind, und sie von den diese Anforderungen erfüllenden Potentialflächen herunter gerechnet hat, zeigt sich, dass das Potential an Flächen im Gemeindegebiet in Wahrheit erheblich größer sein muss. Hätte die DEWI-Studie auch Flächen einbezogen, die wie Hestedt/ Jardinghausen – Kastanienallee nur 1,8 ha groß sind, wäre – selbst wenn man die übrigen Grundannahmen der Studie beibehalten hätte – das bei der Abwägung zugrunde zu legende Flächenpotential deutlich größer gewesen. Auch hier hat sich die Beigeladene durch die Übernahme des DEWI-Gutachtens in einer nicht zu rechtfertigenden Weise vorab gebunden. Sie hat nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierte Standorte zwischen 1,8 ha und 10 ha Größe ohne Beachtung ihrer potentiellen Eignung von vornherein aus dem Kreis der planerisch berücksichtigungsfähigen Flächen ausgeschlossen, ohne dafür eine planerische Rechtfertigung zu besitzen.

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Unzureichend und damit abwägungsfehlerhaft ist die von der Beigeladenen vorgenommene Flächennutzungsplanung ferner, weil die DEWI-Studie lediglich Standorte für 500 kW und 1 MW Anlagen und Nabenhöhen von 40 und 60 m berücksichtigt hat. Potentialflächen für größere Anlagen waren nicht Gegenstand der Untersuchung. Das mag für den Untersuchungszeitraum der Studie der damals technische Anlagenstandard gewesen sein. Für den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan war er das nicht mehr. Der seit dem Februar 1995 bis zur Beschlussfassung des Rates der Beigeladenen am 25. November 1998 verstrichene Zeitraum hat zu enormen technischen Veränderungen bei den Anlagentypen geführt. Schon im November 1998 zeichnete sich der Trend zu deutlich höheren und leistungsstärkeren Anlagen ab. Für den Standort Barrien/Streitheide stand nämlich die Verwirklichung von drei 1,5 MW-Anlagen an (Seite 7 Erläuterungsbericht). Da es für solche Anlagentypen keine Untersuchungen der Potentialflächen gab, durfte die Beigeladene nicht mehr die insoweit veraltete DEWI-Studie zugrunde legen. Für die Schaffung von Konzentrationszonen unter Ausschluss der Zulässigkeit von Windenergieanlagen an anderen Standorten hätte die Beigeladene wegen des technischen Fortschritts aktuelle Untersuchungen zu Potentialflächen anstellen und einbeziehen müssen. Die DEWI-Studie weist zurecht darauf hin, dass schon die Aufstellungsfläche einer 1 MW-Windenergieanlage mit 60 m Nabenhöhe und 51 m Rotordurchmesser bei doppelter Leistung und doppeltem Ertrag nur das 1,7 fache der Aufstellungsfläche einer Windenergieanlage mit 500 kW Leistung mit 40 m Nabenhöhe und 40 m Rotordurchmesser benötigt. Dass sich bei noch leistungsstärkeren und höheren Anlagen weitere Veränderungen ergeben, liegt damit auf der Hand. Solche Veränderungen hätte die Beigeladene bei Berücksichtigung des Ende 1998 aktuellen Anlagenstandards in ihre Abwägung einbeziehen müssen.

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Die Flächennutzungsplanung der Beigeladenen ist schließlich auch deshalb abwägungsfehlerhaft, weil sie in Wahrheit nicht an allen ausgewiesenen Standorten Konzentrationszonen geschaffen hat. Schon die Größe der nach Abschichtung der Belange verbliebenen Flächen von 3 ha in Syke (Industriegebiet), 5 ha Henstedt/ Jardinghausen (L 356) und 1,8 ha Henstedt/ Jardinghausen (Kastanienallee) lässt eine Konzentration von Windenergieanlagen nicht zu. Hier können nach Einschätzung der planenden Gemeinde im Ergebnis nicht mehr als 2 Anlagen entstehen. Eine Konzentrationszone muss dazu dienen können, substanziell die Errichtung einer nennenswerten Anzahl von Windenergieanlagen zu ermöglichen. Diese Größenordnung ist bei lediglich 2 Anlagen keineswegs erreicht. Konzentration bedeutet die Zusammenfassung von sonst als Einzelanlagen an einer unabsehbaren Vielzahl von Standorten entstehenden Windenergieanlagen. Das Ziel wird verfehlt, wenn lediglich 2 Anlagen möglich sind. Dabei handelt es sich in Wahrheit nur um Einzelanlagen. Eine Konzentration wird nur vorgetäuscht, nicht aber geschaffen. Die Planung der Beigeladenen führt einen Flickenteppich von Einzelanlagen herbei, die über das Stadtgebiet verteilt werden. Ihr misslingt eine schlüssige Konzeption mit klarer Schwerpunktsetzung. Das nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehene Leitbild einer Steuerung der Zulässigkeit von Windenergieanlagen durch Schaffung eines Planvorbehalts soll es der Gemeinde an den positiv vorgesehenen Standorten ermöglichen, der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers in substantieller Weise Raum zu schaffen. Hingegen bedingt diese Kontingentierung auf der anderen Seite den Ausschluss der Anlagen an allen übrigen Standorten. Von einer solchen Substanz sind solche Zonen nicht mehr, wenn sie nur eine marginale Anzahl von zwei Anlagen ermöglichen. Bei der Größe der Konzentrationszonen ist zu berücksichtigen, dass zwischen Windenergieanlagen Mindestabstände einzuhalten sind. Empfohlen werden Abstände bis zum 8- bis 10fachen des Rotordurchmessers in der Hauptwindrichtung, damit sich die Anlagen nicht gegenseitig den Wind „wegnehmen“. Bei einer Ausrichtung quer zur Hauptwindrichtung sind Abstände mindestens des 3- bis 6fachen des Rotordurchmessers anzusetzen. Bei modernen Anlagen mit einem Rotordurchmesser von 80 m und mehr ergeben sich in der Hauptwindrichtung Abstände von 600 m bis 800 m. Je Windenergieanlage folgt daraus ein Flächenbedarf von 15 bis 38 ha. Selbst ein durchschnittlicher Flächenbedarf beläuft sich 20 bis 30 ha je Anlage. Legt man für die im Zeitpunkt der Aufstellung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen entsprechend kleinere Anlagen mit einem Flächenbedarf von etwa 15 ha zugrunde, wären auf keiner der ausgewiesenen Flächen mehr als zwei Anlagen damals aktueller Bauart zulässig. Die größte zur Verfügung stehende Fläche in Barrien wies nur eine Größe von 38 ha auf.

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Aus heutiger Sicht würde danach – legt man nur diesen Aspekt zugrunde - im Gemeindegebiet der Beigeladenen keine geeignete Fläche zur Ausweisung einer Konzentrationszone zur Verfügung stehen. Sie wäre dann gehindert, Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan vorzusehen, weil mit der Darstellung ungeeigneter Flächen der Gesetzeszweck des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verfehlt würde. Es bleibt dann bei dem allgemeinen Zulässigkeitstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Die Gemeinde wäre darauf beschränkt, sich im Rahmen des § 36 BauGB zu äußern.

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Diese Überlegungen kollidieren nicht mit der o.g. Entscheidung des BVerwG vom 17. Dezember 2002 (BVerwG 4 C 15.01), in der es – wie oben schon teilweise ausgeführt - u.a. heißt (S. 16 Urteilsabdruck):

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"Auch Größenangaben sind, isoliert betrachtet, als Kriterium ungeeignet. Die ausgewiesene Fläche ist nicht nur in Relation zu setzen zur Gemeindegröße, sondern auch zu Größen der Gemeindegebietsteile, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Grund auch immer, nicht in Betracht kommt. Dazu gehören nicht zuletzt die besiedelten Bereiche, zusammenhängende Waldflächen sowie Flächen, die aufgrund der topographischen Verhältnisse im Windschatten liegen. Eignet sich nur ein geringer Teil des Gemeindegebietes für eine Windenergienutzung, so lässt sich eine im Vergleich zur Gesamtgröße kleine Konzentrationszone schon aus diesem Grund nicht als Indikator für eine missbilligenswerte Verhinderungstendenz werten."

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Diese Ausführungen setzen nämlich gerade voraus, dass es eine Konzentrationszone gibt, in der also der Windenergienutzung substantiell Raum geschaffen wird. Für die Frage, ob überhaupt eine Konzentration vorgenommen wird, kommt es auf die isolierte Betrachtung der Größe der ausgewiesenen Flächen an.

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1.3. Die dargelegten Mängel im Abwägungsvorgang sind auch im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erheblich, weil sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. Nds. OVG, U. v. 24.03.2003 - 1 LB 3571/01 -, V. n. b.). Die bei der Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials und der Gewichtung der einzelnen Belange im Rahmen der Abwägung aufgetretenen Fehler ergeben sich ohne weiteres aus den zeichnerischen Unterlagen (Planzeichnung, „Restriktionsflächen-Karten" im Erläuterungsbericht) sowie den Begründungen im Erläuterungsbericht und den Ratsbeschlüssen. Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass diese Mängel auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Die Beigeladene hätte bei angemessener Gewichtung der unterschiedlichen Belange voraussichtlich anders entschieden/entscheiden müssen. Aufgrund der fehlerhaften Grundkonzeption der Planung ist es dem Gericht nicht möglich, nur einzelne Bereiche als unwirksam anzusehen. Die aufgezeigten Fehler erstrecken sich auf die gesamte 5. Änderung des Flächennutzungsplanes.

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2. Erweist sich § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB somit im vorliegenden Fall nicht als einschlägig, ist das Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich zulässig, weil ihm öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Die streitige Windenergieanlage ist danach als privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs.1 Nr. 6 BauGB zulässig.

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Ein solches Vorhaben, das vom Gesetzgeber dem Außenbereich im Grundsatz "planungsähnlich" zugewiesen ist (BVerwG, Urt. v. 25.10.1967 - 4 C 86.66 - BVerwGE 28, 148, 151), kann nur dann nicht zugelassen werden, wenn ihm öffentliche Belange entgegenstehen. In Betracht kommen hier die Darstellung des Landschaftsplanes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB) und Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, wenn das Vorhaben also Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet. Grundsätzlich können alle in § 35 Abs. 3 BauGB aufgeführten öffentlichen Belange auch einem privilegierten Vorhaben entgegengehalten werden. Diese Vorhaben sind im Außenbereich aber nur dann planungsrechtlich unzulässig, wenn ihnen öffentlich-rechtliche Belange entgegenstehen, während sonstige Vorhaben i. S. des § 35 Abs. 2 BauGB schon dann nicht zugelassen werden, wenn öffentlich-rechtliche Belange beeinträchtigt werden. Die Privilegierung bewirkt ein erheblich stärkeres Durchsetzungsvermögen gegenüber den von den Vorhaben berührten öffentlichen Belangen. Bei der Abwägung zwischen dem privaten Interesse an der Verwirklichung eines Vorhabens und den öffentlichen Belangen ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die nach § 35 Abs. 1 BauGB bevorrechtigten Vorhaben in planähnlicher Weise dem Außenbereich zugewiesen und durch die Privilegierung zum Ausdruck gebracht hat, dass sie dort in der Regel, d. h. vorbehaltlich einer näheren Standortbestimmung, zulässig sind (BVerwG, Urt. v. 20.01.1984 - 4 C 43.81 - BVerwGE 68, 311; Urt. v. 22.05.1987 - 4 C 57.84 - BVerwGE 77, 300; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., 2002, § 35 RdNrn. 6 und 45). Da den privilegierten Vorhaben bei der Abwägung somit ein entsprechendes Gewicht beizumessen ist, können sich die in § 35 Abs. 1 und 3 BauGB genannten öffentliche Belange demgegenüber nur dann durchsetzen, wenn sie im Einzelfall besonders gewichtig sind.

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2.1 Das Vorhaben widerspricht nicht den Darstellungen des Landschaftsplanes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB). Der Landschaftsplan stellt für den konkreten Standort nichts dar, was der Zulässigkeit entgegen gehalten werden könnte. Im Übrigen folgt das Gericht den Ausführungen der Fa. Windstrom vom 13. März 2002 (Bl. 102 der Gerichtakten).

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2.2 Das Vorhaben führt nicht zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Eine solche ist durch ein privilegiertes Vorhaben nur in Ausnahmefällen anzunehmen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt (BVerwG, Beschl. v. 18. März 2003 - 4 B 7.03 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25. Juni 1991 - 8 S 2110/90 - NuR 1992, 329; SächsOVG, Urteil vom 18. Mai 2000 - 1 B 29/98 - SächsVBl. 2000, 245 sowie VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16. Oktober 2002 - 8 S 737/02 - ohne Leitsatz).

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Das Vorhaben muss dem Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen gegenüber treten und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden werden (BVerwG, Urt. v. 15. Mai 1997 - 4 C 23.95 - NVwZ 1998, 58; Urt. v. 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 - NVwZ 1991, 64; OVG NRW, Urt. v. 12. Juni 2001 - 10 A 97/99 - NWVBl. 2002, 67, bestätigt durch: BVerwG, Beschl. v. 15. Oktober 2001 - 4 B 69.01 -; Urt. v. 30. November 2001 - 7 A 4857.00 -). Für diese Entscheidung spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob der vorgesehene Standort in einem Natur- oder Landschaftsschutzgebiet liegt, denn auch eine naturschutzrechtlich nicht besonders geschützte Landschaft kann gegen ästhetische Beeinträchtigungen empfindlich sein (BVerwG, Urt. v. 15. Mai 1997, a.a.O.; Beschl. v. 29. April 1968 - IV B 77.67 - BRS 20 Nr. 59) und die Schutzwürdigkeit einer Landschaft kann nicht davon abhängen, ob die zuständige Naturschutzbehörde Anlass für eine Unterschutzstellung gesehen hat.

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Nach diesen Maßstäben kann das auf eine Anlage beschränkte Vorhaben des Klägers zugelassen werden, weil es das Landschaftsbild nicht erheblich verunstaltet. Die für die Windkraftanlage vorgesehene Fläche wird aufgrund des Eindrucks, den das Gericht im Ortstermin gewonnen hat, geprägt durch die Geestkante und das nach Osten hin abfallende Gelände. Die Geländekuppe ermöglicht den Blick Richtung Bremen und bis weit in den Landkreis Verden. Die unmittelbare Umgebung ist baulich nicht vorbelastet. Lediglich im Südosten liegt eine Hofstelle. Nördlich liegt der Stadtteil Okel . Die Flächen werden von landwirtschaftlichen Wegen durchzogen.

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Im Verhältnis zu dem markanten durch die Geestkante geprägten Landschaftsbild ist die geplante Windkraftanlage mit einer Nabenhöhe von höchstens 50 m, einem Rotordurchmesser von 40 bis 48 m und einer Gesamthöhe von 74 m nicht grob unangemessen. Mit diesen Maßen werden vorhandene Proportionen nicht gesprengt. Eine einzelne, an der Geestkante errichtete Anlage stellt sicherlich einen Blickfang dar, weil es den Landschaftsraum an dieser Stelle wegen seiner Höhe beeinflusst, mit den Drehbewegungen der Rotoren optische Unruhe erzeugt und auf das Erscheinungsbild einer ruhigen, weithin unberührten Landschaft einwirkt. Das allein macht jedoch nicht die Verunstaltung aus. Wenn der Gesetzgeber die Windenergieanlagen dem Außenbereich als privilegierte Anlagen zugewiesen hat, hat er auch sein typisches Erscheinungsbild mit einem hohen Mast und sich drehenden Rotoren mitbedacht. Somit tritt eine Verunstaltung erst bei grober Unangemessenheit ein. In Bezug auf die Geestkante liegt eine solch qualifizierte Beeinträchtigung nicht vor. Die Geestkante verläuft nämlich horizontal. Ihr Erscheinungsbild und ihre landschaftsprägende Wirkung wird durch einen vertikalen, schlank nach oben gerichteten Baukörper ebensowenig berührt wie durch die Drehbewegungen der Rotoren. Optisch spielt sich das Geschehen auf einer anderen Sichtebene ab, die Verlauf und Erkennbarkeit der Geestkante unberührt lässt. Gerade die jetzt nur noch zur Genehmigung gestellt eine Anlage hebt die Sichtachse nicht auf eine andere Ebene. Das könnte allenfalls bei mehreren, nebeneinander platzierten Windenergieanlagen der Fall sein, weil der Blick weg von der Geländekante hinauf auf die gleichsam eine neue Sichtebene bildenden Naben und Rotoren der Windenergieanlagen gelenkt würde. Eine solche Disharmonie kann im vorliegenden Fall bei nur einer Anlage nicht eintreten. Angesichts der in näherer (siehe Barrien) und weiterer Umgebung (Landkreis Verden) vorhandene Windenergieanlagen sind dem Landschaftsbild die technischen Anlagen der kreisenden Rotorenblätter nicht fremd, so dass ein Unlustgefühl, just an dieser Stelle auch eine ebensolche Anlage vorzufinden, nicht einzutreten vermag.

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Der Umstand, dass die Anlage an ihrem Standort durch ihre Höhe dominiert, mag ein hinreichender städtebaulicher Grund gewesen sein, den betroffenen Bereich bei der Ausweisung von Vorrangzonen für Windenergieanlagen aus den potentiellen Vorrangflächen auszuschließen. Ein Entgegenstehen öffentlicher Belange bei der Einzelfallprüfung nach § 35 Abs. 1 BauGB folgt hieraus jedoch nicht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass in einer weitgehend flachen Landschaft, wie sie im Stadtgebiet der Beigeladenen anzutreffen ist, für Windenergieanlagen praktisch nur exponierte Standorte in Betracht kommen. Wollte man in einer solchen Landschaft für jede exponierte Lage, in der Windenergieanlagen mit der nur geringen Gesamthöhe von rund 74 m zwangsläufig jedenfalls im Nahbereich dominant wirken, ohne weiteres eine Verunstaltung annehmen, wären solche Anlagen im

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Flachland praktisch ausgeschlossen. Eine zur Verunstaltung führende Wirkung von Windenergieanlagen ist daher nur dann anzunehmen, wenn es sich bei dem optisch betroffenen Bereich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung handelt oder wenn ein besonders grober Eingriff in das Landschaftsbild in Rede steht. Das ist – wie ausgeführt - aber nicht der Fall.

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 3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.