Verwaltungsgericht Hannover
v. 05.08.2003, Az.: 7 A 226/03
Einkommensermittlung; Einkommenssteuer; Freibetrag; Jahreseinkommen; Pauschalabzug; Pauschalsatz; Steuern; Steuerpflicht; Wohngeld; Wohngeldberechnung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 05.08.2003
- Aktenzeichen
- 7 A 226/03
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2003, 48144
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs 1 WoGG 2
- § 12 Abs 1 Nr 1 WoGG 2
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung über die Kosten ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung eines höheren Wohngeldes.
Bis einschließlich März 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger Wohngeld. Anfang März 2002 stellte der Kläger einen Wiederholungsantrag für den Zeitraum ab April 2002. Dem Antrag war eine Gehaltsabrechnung für den Kläger für den Monat Januar 2002 beigefügt, woraus sich ergab, dass keine Lohnsteuer abgeführt wurde. Dies beruhte auf einen entsprechen hohen auf der Lohnsteuerkarte des Klägers eingetragenen Freibetrag.
Mit Bescheid vom 22.05.2002 (Wohngeldbescheid Nr. 11) bewilligte die Beklagte dem Kläger dann Wohngeld in Höhe von 50 € monatlich für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.01.2003. Bei der Berechnung der Einkünfte des Klägers setzte jedoch die Beklagte nur 20 v.H. gemäß § 12 WoGG ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, weitere 10 v.H. seien im Hinblick auf seine Lohnsteuerpflicht vom Einkommen abzusetzen. Im Rahmen des pauschalen Abzuges komme es ausschließlich darauf an, ob er überhaupt der Einkommenssteuerpflicht dem Grunde nach unterliege. Dass er keine Steuern bezahle, sei nur auf den eingeräumten Freibetrag zurückzuführen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2003 wies die Bezirksregierung Hannover den Widerspruch des Klägers zurück. Nach den Ausführungen im Widerspruchsbescheid werden für den Kläger ab Juni 2002 nunmehr Lohnsteuern abgeführt.
Der Kläger hat am 13.01.2003 Klage erhoben.
Er trägt vor: statt 20 v.H. müsse die Beklagte 30 v.H. vom Einkommen absetzen, denn ihm stehe auch der pauschale Absetzungsbetrag hinsichtlich der Lohnsteuer zu. Es komme nicht darauf an, dass er wegen hoher Fahrtkosten einen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte hat eintragen lassen. Außerdem verweist er auf die Einträge auf seiner Lohnsteuerkarte für 2002, worauf vom Arbeitgeber abgeführte Lohnsteuern bescheinigt sind.
Der Kläger beantragt wörtlich,
den Bescheid der Beklagten vom 22.05.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Hannover vom 09.01.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Die Beklagte tritt der Klage entgegen.
Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 26.06.2003 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Zu der Entscheidungsform Gerichtsbescheid wurden die Beteiligten gehört.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter, dem die Kammer den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen hat.
Die Voraussetzungen zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid liegen vor, § 84 VwGO.
Soweit der Kläger die vollständige Aufhebung des Bescheides vom 22.05.2002 begehrt und damit auch die Aufhebung der ausgesprochenen Wohngeldbewilligung in Höhe von 50 € monatlich, ist die Klage bereits unzulässig. Denn insoweit ist der Kläger durch die Regelungen in dem Bescheid gar nicht beschwert. Trotz eines entsprechenden Hinweises im Prozesskostenhilfebeschluss vom 26.06.2003 hat der Kläger seinen Antrag jedoch nicht insoweit zurückgenommen bzw. klargestellt, dass er insoweit gar keine Aufhebung begehre.
Im Übrigen ist die Klage zulässig, jedoch unbegründet.
Soweit in dem Bescheid konkludent ein höheres Wohngeld als 50 € monatlich versagt worden ist, würde dem Kläger allerdings die wörtlich nur beantragte reine Aufhebung der Versagung nicht sonderlich viel nützen. Das Gericht versteht das Klagebegehren aber dahingehend, dass der Kläger auch die Verpflichtung zur Bewilligung eines höheren Wohngeldes anstrebt. Darauf hat er indes keinen Anspruch.
Der Kläger bemängelt, dass die Beklagte von seinem Einkommen keinen pauschalen Abzug in Höhe von 10 v.H. wegen seiner Einkommenssteuerpflicht vorgenommen hat. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 WoGG sind bei der Ermittlung des Jahreseinkommen für die Leistung von Steuern vom Einkommen 10 v.H. vom Einkommen abzuziehen.
Da das Gesetz auf die Leistung von Steuern abhebt, wird für den pauschalen Abzug vorausgesetzt, dass tatsächlich Steuern gezahlt werden. Es kommt bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht nur auf eine Steuerpflicht dem Grunde nach an, sondern darauf, dass auch Steuern geleistet werden. Bezieht jemand zwar ein steuerpflichtiges Einkommen, auf das aber wegen des niedrigen zu berücksichtigenden Betrages – etwa infolge des Abzugs besonders hoher Werbungskosten - noch keine Steuern zu zahlen sind, liegen auch die Voraussetzungen des pauschalen Abzuges nicht vor (so auch Stadler, Gutekunst, Forster, WoGG, Loseblattwerk Stand Januar 2003, § 12 Rdnr. 16). Ein Abstellen allein auf die Einkommenssteuerpflicht dem Grunde nach, so wie es dem Kläger vorschwebt, würde im Übrigen auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung widersprechen. Der Gesetzgeber hat, um den tatsächlichen Belastungen gerecht zu werden, gestaffelte pauschale Abzugsbeträge vorgesehen. Käme es nur auf eine Zahlungspflicht dem Grunde nach an, würden die tatsächlichen Belastungen dann doch nicht die Rolle spielen, die sie nach der Staffel (jeweils 10 v.H. für bestimmte Belastungen) spielen sollen (vgl. dazu auch VG Stade, Urt. v. 15.02.2002 – 4 A 1470/00 - , zit. nach Juris, zu § 17 WoGG a.F.) Allerdings kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung an. Selbst wenn auf das Jahreseinkommen nur einmal im Jahr steuern entrichtet werden, liegen die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Nr. 1 WoGG vor (Stadler, Gutekunst, Forster, a.a.O.). Zwar hat hier unstreitig der Kläger sogar im Laufe des Bewilligungszeitraumes des Wohngeldbescheides Nr. 11 auf das im Bescheid berücksichtigte Jahreseinkommen Steuern entrichtet. Da dies jedoch erst ab Juni 2002 geschah, hat die Beklagte diese gezahlten Steuern zu Recht nicht in ihrem Bescheid vom 22.05.2002 berücksichtigt.
Maßgebend für die Ermittlung des Jahreseinkommens ist das Einkommen, welches zum Zeitpunkt der Antragstellung zu erwarten ist, § 11 Abs. 1 WoGG. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang bei der Ermittlung des wohngeldrechtlich maßgebenden Jahreseinkommens Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen abgesetzt werden können, ist deshalb nach den Verhältnissen in dem jeweils nach Maßgabe des § 11 WoGG zu bestimmenden Bewilligungszeitraum zu beurteilen (BVerwG, Urteil vom 31.03.1995 - 8 C 31/93 -, NJW 1996, 70)
Zum Zeitpunkt des Antrages war jedoch noch nicht absehbar, dass der Kläger ab Juni 2002 dann doch Lohnsteuern auf sein Gehalt zahlen musste und mithin konnte dieser Umstand auch beim Wohngeldbescheid Nr. 11 22.05.2002 noch nicht berücksichtigt werden. Ändern sich während eines Bewilligungszeitraumes die Verhältnisse, kann diesem Umstand – wenn die Änderung nicht bei Antragstellung bereits iSd § 11 Abs. 1 WoGG zu erwarten war – nur nach Maßgabe des § 29 Abs. 1 WoGG Rechnung getragen werden.
Andere Fehler bei der Berechnung des Wohngeldes sind nicht ersichtlich und wurden vom Kläger auch nicht gerügt.
Ob die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 WoGG erfüllt sind oder nicht ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gegen den Bescheid vom 22.05.2002. Der Kläger mag seine vermeintlichen Ansprüche hieraus im Rahmen eines Antrages nach § 29 Abs. 1 WoGG prüfen lassen; soweit er die Auffassung vertritt, in einer Mitteilung von ihm sei bereits ein solcher Antrag zu sehen, mag er auf eine Entscheidung dieses Antrages drängen, und müsste ggf., wenn die Beklagte nicht reagiert oder das Vorliegen eines Antrag verneint, Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erheben, um den Fall vom Gericht überprüfen zu lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.