Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 27.04.2005, Az.: L 3 KA 17/01
Zuerkennung und korrekte Bemessung des Zusatzbudgets "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" für Hautärzte; Rechtsgrundlage für die Gewährung von qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 27.04.2005
- Aktenzeichen
- L 3 KA 17/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 15264
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2005:0427.L3KA17.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 17.01.2001- AZ: S 10 KA 364/98
Rechtsgrundlage
- Teil B Ziffer 4.1 Allgemeine Bestimmungen des EBM
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 17. Januar 2001 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, über den Antrag der Klägerin auf Zubilligung des Zusatzbudgets "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Klägerin aus beiden Rechtszügen zu 2/3 zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zuerkennung und die korrekte Bemessung des Zusatzbudgets "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" für Hautärzte.
Die Klägerin ist eine aus zwei Fachärzten für Haut- und Geschlechtskrankheiten bestehende Gemeinschaftspraxis, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Beide Ärzte führen die Zusatzbezeichnungen Allergologie, Umweltmedizin und Phlebologie, der Arzt Dr. A führt außerdem die Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren.
Der zum 01. Juli 1996 in Kraft getretene und in dieser Form bis 30. Juni 2003 geltende Einheitliche Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) sah für Hautärzte u.a. das qualifikationsgebundene fallzahlabhängige Zusatzbudget "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" vor, das die EBM-Leistungspositionen 345-355, 358 und 359 erfasste. Die regionalen Fallpunktzahlen (FPZen) für dieses Zusatzbudget waren gemäß Abs. 1 Satz 2 der Anlage 4 zu Teil B der Allgemeinen Bestimmungen des EBM - abweichend von allen anderen Zusatzbudgets - in der Weise zu berechnen, dass die Punktzahlanforderung je Fall der Dermatologen mit der Berechtigung zum Führen der Zusatzbezeichnung "Allergologie" der Leistungen nach den Nrn 345-355, 358 und 359 des EBM der ersten beiden Quartale des Jahres 1996 um die entsprechende Punktzahlanforderung je Fall der Dermatologen ohne Zusatzbezeichnung zu vermindern war. In Anwendung dieser Vorschrift errechnete die Beklagte als Punktzahlanforderung je Fall der Dermatologen ohne Zusatzbezeichnung in den Quartalen I und II/96 in Niedersachsen einen Wert von 95,7. Um diesen Betrag erhöhte sie die FPZ des Praxisbudgets aller Hautärzte, die damit regional auf insgesamt 482,3 Punkte je Fall festgesetzt wurde. Die Punktzahlanforderung je Fall aller Dermatologen mit Zusatzbezeichnung wurde demgegenüber mit 126,2 ermittelt. In der Höhe des Differenzbetrags von 30,5 Punkten wurde die FPZ des Zusatzbudgets "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" festgesetzt. Auch der Gemeinschaftspraxis der Klägerin wurde dementsprechend im Honorarbescheid für das Quartal III/97 ein entsprechendes Zusatzbudget eingeräumt.
Auf der Grundlage von Vorstandsbeschlüssen vom 16. Juli bzw. 15. Oktober 1997 machte die Beklagte ab Quartal IV/97 von der in Abs. 3 der Anlage 4 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, eine Differenzierung in zwei FPZen vorzunehmen, und zwar in eine Untergruppe der Ärzte mit unterdurchschnittlichem Punktzahlfallwert und in eine solche mit überdurchschnittlichem Punktzahlfallwert aus Leistungen des Zusatzbudgets. Dies betraf auch das Zusatzbudget "Allergologie (Zusatzbezeichnung)". Für die Gruppe der überdurchschnittlich abrechnenden Dermatologen mit Zusatzbezeichnung errechnete sie dabei unter Zugrundelegung von Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 der Anlage 4 eine FPZ von 225,9 Punkten, von der sie die bereits genannte FPZ der Dermatologen ohne entsprechende Zusatzbezeichnung (in Höhe von 95,7) subtrahierte, so dass sich eine FPZ von 130,2 ergab. Bei der Berechnung der FPZ der Untergruppe der unterdurchschnittlich abrechnenden Dermatologen mit Zusatzbezeichnung ergab sich ein Wert von 78,9. Da dieser unterhalb des genannten Werts für die Hautärzte ohne Zusatzbezeichnung von 95,7 blieb, setzte die Beklagte die FPZ für diese Untergruppe auf 0 fest. Diese Werte wurden den betroffenen Ärzten mit Rundschreiben der Beklagten bekannt gemacht.
Die Gemeinschaftspraxis der Klägerin, deren Punktzahlfallwert im ersten Halbjahr 1996 116,1 betragen hatte, wurde der Gruppe der unterdurchschnittlich abrechnenden Ärzte zugeordnet. Ab dem Quartal IV/97 wurde ihr das Zusatzbudget "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" nicht mehr eingeräumt.
Mit Schreiben vom 11. und 13. Oktober 1997 erhoben die Ärzte der Klägerin Einwände gegen die sich aus den Mitteilungen der Beklagten ergebende Nichtzuteilung des Zusatzbudgets "Allergologie", wobei sie u.a. vorschlugen, für alle allergologisch qualifizierten Dermatologen unabhängig von der Abrechnungshäufigkeit der Testungen ein festes Zusatzbudget zu bestimmen. Mit Schreiben vom 12. November 1997 beantragten sie bei der Beklagten außerdem das überdurchschnittliche Zusatzbudget für Dermatologen mit dieser Zusatzbezeichnung; zur Begründung verwiesen sie auf ihre Schreiben vom 11. bzw. 13. Oktober 1997.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01. Dezember 1997 ab. Zur Begründung ihres hiergegen gerichteten Widerspruchs vom 05. Dezember 1997 wiesen die Mitglieder der Klägerin darauf hin, dass sie die notwendige allergologische Diagnostik mit den für alle Dermatologen geltenden im Praxisbudget enthaltenen 95,7 Punkten nicht mehr kostendeckend erbringen könnten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 1998 zurück und führte zur Begründung aus, dass bei Dermatologen die allergologischen Leistungen bereits im Praxisbudget mit 95,7 Punkten berücksichtigt worden seien; nur für die Hautärzte mit der Zusatzbezeichnung "Allergologie", die diese Leistungen überdurchschnittlich abgerechnet hätten, bestehe die Möglichkeit, in das entsprechende höhere Zusatzbudget mit 130,2 Punkten zu kommen.
Hiergegen haben die Mitglieder der Klägerin mit Schriftsatz vom 30. März 1998 Klage erhoben, die am 02. April 1998 bei dem Sozialgericht (SG) Hannover eingegangen ist und im Berufungsverfahren von der Klägerin weitergeführt wird. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen angeführt, es stelle eine Ungleichbehandlung der allergologisch tätigen Dermatologen gegenüber vergleichbaren Arztgruppen dar, wenn sie ein entsprechendes qualifikationsgebundenes Zusatzbudget für den Bereich der Allergologie nur erhielten, sofern sie im Referenzzeitraum überdurchschnittlich abgerechnet hätten. Außerdem habe das Quartal I/96 nicht als Referenzquartal herangezogen werden dürfen, vor allem deshalb, weil in den Quartalen I und II/96 eine strikte Obergrenze für Epikutan-Tests bestanden habe, an die sich die Gemeinschaftspraxis gehalten habe, obwohl die Grenze rechtswidrig gewesen sei. Die Vorgehensweise der Beklagten vernachlässige das Qualitätsmerkmal allergologischer Leistungen, das regelmäßig in der Abrechnung der Gebührenziffer 359 EBM (Hyposensibilisierung) zu sehen sei und an das ursprünglich auch der Bewertungsausschuss für die Zuerkennung des Zusatzbudgets "Allergologie" habe anknüpfen wollen.
Das SG hat den Bescheid vom 01. Dezember 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 1998 mit Urteil vom 17. Januar 2001 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Antrag "auf Zubilligung des überdurchschnittlichen Budgets Allergologie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden". Es sei nicht sachgerecht, wenn die Beklagte die unterdurchschnittliche FPZ für das Zusatzbudget "Allergologie" für Dermatologen mit Zusatzbezeichnung auf einen Wert festgelegt habe, der noch unter dem Praxisbudget von Dermatologen ohne Zusatzbezeichnung liege; denn durch die Zusatzbudgets solle gerade eine zusätzliche Möglichkeit zur Erbringung und Abrechnung von Leistungen geschaffen werden. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet gewesen, bei der Festlegung des Zusatzbudgets auch für unterdurchschnittlich abrechnende Dermatologen mit der Zusatzbezeichnung Allergologie ein Niveau oberhalb des allgemeinen Praxisbudgets für Dermatologen zu wählen. Außerdem könne es problematisch sein, die Quartale I und II/1996 als Basisquartale heranzuziehen, wenn in diesen Zeiträumen eine Abrechnungsbegrenzung beispielsweise für die Nr. 345 EBM bestanden habe. Allerdings sei es der Gemeinschaftspraxis möglich nachzuweisen, dass sie die diesbezügliche Leistung in weitaus größerem Umfang als abgerechnet erbracht habe. Sollte sich bei einer Überprüfung der entsprechenden, der Bezirksstelle Osnabrück der Beklagten überreichten Unterlagen herausstellen, dass sie in Verbindung mit den normal abgerechneten Leistungen demnach überdurchschnittlich häufig allergologische Leistungen in den Quartalen I und II/1996 erbracht habe, sei die Beklagte verpflichtet, sie in das überdurchschnittliche Zusatzbudget "Allergologie" einzustufen.
Gegen das ihr am 21. Februar 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. März 2001 Berufung eingelegt, die am 15. März 2001 bei dem Landessozialgericht (LSG) eingegangen ist. Sie wendet sich gegen die Auffassung des SG, die Einstufung in das unterdurchschnittliche Zusatzbudget sei auf falscher Grundlage erfolgt und weist zur Begründung darauf hin, dass die die Zusatzbezeichnung führenden Dermatologen von den tatsächlichen Abrechnungsergebnissen der Dermatologen ohne Zusatzbezeichnung profitierten, weil auch sie das um 95,7 Punkte erhöhte Praxisbudget erhielten, obwohl sie nach ihrer Leistungsanforderung eigentlich nur auf durchschnittlich 78,9 Punkte je Fall kämen. So habe auch die Klägerin den genannten Wert von 95,7 Punkten nur in wenigen Quartalen überschritten. Angesichts dessen sei es sachgerecht, für die Zubilligung eines Zusatzbudgets den Nachweis einer überdurchschnittlichen FPZ von mehr als 126,2 Punkten zu fordern, weil die Dermatologen mit Zusatzbezeichnung ansonsten eine doppelte Privilegierung erfahren würden. Soweit das SG eine erneute Überprüfung der Unterlagen der Klägerin daraufhin vorgegeben habe, ob diese allergologische Leistungen tatsächlich erbracht, wegen der früheren Höchstzahlbegrenzung für die betreffenden Allergieziffern jedoch nicht abgerechnet habe, verstoße dies gegen zwingende Vorschriften des EBM und sei auch berufsrechtlich nicht zulässig; schließlich bliebe auch eine Berücksichtigung entsprechender handschriftlicher Aufstellungen der Klägerin für das Ergebnis ohne Relevanz. Die Zugrundelegung der Quartale I und II/1996 als Referenzquartale für die Budgetbemessung sei weiterhin nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht zu beanstanden. Auch die Begrenzung auf 30 Epikutan-Tests sei nach einer zwischenzeitlich ergangenen BSG-Entscheidung rechtmäßig gewesen; außerdem habe diese Begrenzung für alle Praxen gegolten, so dass eine diesbezügliche Ungleichbehandlung der Klägerin nicht vorliege.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 17. Januar 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die ihrer Ansicht nach zutreffende erstinstanzliche Entscheidung und rügt, dass die Beklagte keine einzelfallbezogene Beurteilung des klägerischen Antrags vorgenommen habe. Die von der Beklagten getroffene Regelung, wonach Dermatologen nur dann in den Genuss eines Zusatzbudgets kämen, wenn sie eine überdurchschnittliche FPZ vorwiesen, sei rechtswidrig. Überdies übersteige ihre FPZ die bereits im Praxisbudget berücksichtigten 95,7 Punkte deutlich. Weiterhin hält die Klägerin an ihrer Auffassung fest, das erste Halbjahr 1996 sei als Referenzzeitraum nicht heranzuziehen, was sich u.a. auch daraus ergäbe, dass es in diesem Zeitraum zu erheblichen Fehlern bei der Abrechnung von Prick-Tests gekommen sei. So habe die Beklagte mindestens zwei Dermatologen im Bereich der Bezirksstelle Göttingen zu Unrecht enorm erhöhte Punktzahlen für die Erbringung dieser Leistungen zuerkannt; dies sei im September 1997 zwar berichtigt worden, zu entsprechenden Korrekturen der FPZen sei es aber nicht gekommen. Für die Fehlerhaftigkeit der Berechnungen der Beklagten spreche auch, dass diese im Verlauf des Berufungsverfahrens widersprüchliche Angaben zur Zahl der über- bzw. unterdurchschnittlich abrechnenden zusatzbudgetberechtigten Hautärzte gemacht habe. Schließlich werde die Vorgehensweise der Beklagten dem Grundsatz "Qualität vor Quantität" nicht gerecht, weil die Praxis der Klägerin trotz überdurchschnittlicher Qualifikation und trotz überdurchschnittlicher Epikutan-Testungen nach der EBM-Ziffer 359 lediglich als "durchschnittlich" mit der Folge angesehen werde, dass eine Zusatzvergütung nicht erfolge.
Der Senat hat zu der Frage, welche Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art dafür ausschlaggebend waren, dass das Zusatzbudget "Allergologie" abweichend vom Regelfall berechnet werden muss, eine Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom 17. Dezember 2002 eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, wobei es nicht auf den wertmäßigen Umfang der Beschwer der Beklagten (gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ankommt; denn die Berufung betrifft wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG; zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf vertragsärztliche Honorarstreitigkeiten vgl. BSG SozR § 144 SGG Nr. 21). Die Beklagte ist mit der angefochtenen Entscheidung verurteilt worden, die Klägerin über die Zubilligung eines überdurchschnittlichen Budgets "Allergologie" neu zu bescheiden, und zwar nicht nur für ein Quartal, sondern im Rahmen einer grundsätzlichen Feststellung, die sich auf alle Honorarzeiträume seit dem Antragsquartal (IV/97) auswirken würde.
Die Berufung ist jedoch nur zum Teil begründet. Das erstinstanzliche Urteil ist nur insoweit zu korrigieren, als die Beklagte dort zur Neubescheidung des Antrags auf Zubilligung eines überdurchschnittlichen Budgets verurteilt worden ist. Soweit in diesem Entscheidungsausspruch auch die Verpflichtung zur erneuten Entscheidung der Frage enthalten ist, ob der Klägerin überhaupt das Zusatzbudget "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" zusteht, ist das Urteil dagegen im Ergebnis nicht zu beanstanden; es war allerdings klarzustellen, dass anstelle der Rechtsauffassung des SG die des Senats zu beachten ist.
Gegenstand des Klageverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 01. Dezember 1997 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. März 1998), mit dem die Beklagte den Antrag der Mitglieder der Klägerin vom 12. November 1997 abgelehnt hat. Dieser Antrag war ausdrücklich zwar nur auf die Einräumung des überdurchschnittlichen Zusatzbudgets gerichtet. Da der Praxis im Ergebnis überhaupt kein Zusatzbudget eingeräumt worden war, war in ihm aber auch das Begehren nach der Zuerkennung eines durchschnittlichen oder zumindest unterdurchschnittlichen Zusatzbudgets enthalten. Dies folgt auch aus der Bezugnahme des Antrags auf die früheren Schreiben vom 11. bzw. 13. Oktober 1997, mit denen Einwände gegen die Nichtzuteilung bzw. die Berechnung des Zusatzbudgets geltend gemacht worden waren. Aus der Begründung der Bescheide ergibt sich, dass die Beklagte an ihrer Entscheidung, der Praxis überhaupt kein Zusatzbudget zuzubilligen, festgehalten und insoweit eine quartalsübergreifende feststellende Regelung getroffen hat. Die hiergegen gerichtete Klage war als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage - letztere in der Gestalt der Bescheidungsklage - (§ 54 Abs. 1 SGG) statthaft.
Zulässigerweise ist die Klage im Verlauf des Berufungsverfahrens in der Weise geändert worden, dass anstelle der bisher klagenden Ärzte die die Gemeinschaftspraxis tragende Gesellschaft in die Klägerposition eingetreten ist; dies was sachdienlich im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG. Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) im Sinne der §§ 705 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die als "Außengesellschaft" am Rechtsverkehr teilnimmt. Derartige Gesellschaften sind inzwischen nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH; Urteil vom 29. Januar 2001 - NJW 2001, 1056) als partiell rechtsfähig anerkannt, so dass die sich aus den ärztlichen Leistungen ergebenden Honoraransprüche nicht den einzelnen Ärzten, sondern der Gemeinschaftspraxis als solcher zustehen (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr. 1). Daraus folgt, dass entsprechende Ansprüche im Prozess nicht von den Mitgliedern der GbR, sondern von der GbR selbst geltend zu machen sind (vgl BGH NJW 2002, 3536, 3538; Littmann in: HK-SGG, § 70 Rdnr 3; Engelmann, Die Gemeinschaftspraxis im Vertragsarztrecht, in: ZMGR 2004, 1, 6, Fn 37).
Die Klage ist zum Teil begründet. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin überhaupt ein Zusatzbudget "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" einzuräumen. Soweit die Klägerin ein überdurchschnittliches Budget in Anspruch nimmt, ist die Klage dagegen unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Gewährung von qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets ist Teil B Ziffer 4.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM (in der vom 01. Juni 1997 bis 30. Juni 2003 geltenden Fassung). Dort ist für Hautärzte mit der Zusatzbezeichnung Allergologie ein Zusatzbudget vorgesehen, das die EBM-Leistungspositionen 345-355, 358 und 359 umfasst. Da beide Ärzte der Klägerin diese Zusatzbezeichnung führen, steht ihr im Grundsatz ein entsprechendes Zusatzbudget zu.
Hinsichtlich der Quantifizierung dieses Zusatzbudgets enthält Abs. 1 Satz 2 der Anlage 4 zum Teil B der Allgemeinen Bestimmungen eine Sonderregelung. Anders als bei allen anderen Zusatzbudgets (vgl hierzu Abs. 1 Satz 1 der Anlage 4) ist die FPZ für das Zusatzbudget "Allergologie" für Hautärzte in der Weise zu ermitteln, dass die auf die entsprechenden Leistungspositionen entfallende falldurchschnittliche Punktzahlanforderung der Dermatologen mit der Berechtigung zum Führen der Zusatzbezeichnung in den ersten beiden Quartalen des Jahres 1996 um die entsprechende Punktzahlanforderung je Fall der Dermatologen ohne Zusatzbezeichnung zu vermindern ist. Grund hierfür war nach den Erläuterungen der KBV in der vom Senat eingeholten Auskunft vom 17. Dezember 2002, dass die Erbringung allergologischer Leistungen seit jeher auch für Hautärzte ohne Zusatzbezeichnung ein wesentlicher Bestandteil ihrer Tätigkeit ist und der Bewertungsausschuss dies berücksichtigen wollte. Mit der genannten Berechnungsformel solle deshalb erreicht werden, dass der von allen Dermatologen erbrachte allergologische Behandlungsumfang bereits bei der Berechnung des Praxisbudgets berücksichtigt wird und das Zusatzbudget "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" nur den Behandlungsumfang umfasst, den die zum Führen der Zusatzbezeichnung berechtigten Dermatologen im Vergleich hierzu zusätzlich erbracht haben. In Übereinstimmung hiermit hat die Beklagte deshalb allergologische Leistungen bei der Berechnung des Praxisbudgets ab dem Quartal III/97 zu Gunsten aller Hautärzte mitberücksichtigt (ausgehend von einer FPZ von 95,7) und nur die darüber hinausgehende FPZ von 30,5 in das Zusatzbudget "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" eingestellt.
Wenn die Beklagte für die FPZ-Bestimmung ab IV/97 auch für dieses Zusatzbudget Untergruppen - der Ärzte mit unterdurchschnittlichem Punktzahlfallwert und derjenigen mit überdurchschnittlichem Punktzahlfallwert aus Leistungen des Zusatzbudgets - gebildet hat, ist dies von der Regelung in Abs. 3 der Anlage 4 gedeckt. Mit dieser Regelung hat der Bewertungsausschuss in rechtlich zulässiger Weise die Konkretisierung seiner Regelungsbefugnisse auf die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) übertragen (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 30), so dass diesen nunmehr anstelle des Bewertungsausschusses ein Entscheidungsspielraum darüber zusteht, ob eine FPZ-Bemessung in zwei Untergruppen vorgenommen werden oder ob es bei einer einheitlichen FPZ bleiben soll.
Bei der Umsetzung ihrer Entscheidung zugunsten von Untergruppen innerhalb des Zusatzbudgets "Allergologie" hat die Beklagte die jeweils zugrunde zu legenden FPZen jedoch fehlerhaft errechnet. Unter Absatz 3 der Anlage 4 ist insoweit - in Satz 2 des eingerückten Absatzes - geregelt, dass "für jede dieser Untergruppen ... gemäß der unter (1) aufgeführten Berechnungsweise" ein separater Mittelwert zu bilden ist. Aus diesem nicht weiter differenzierten Verweis auf Abs. 1 folgt, dass die Berechnung der FPZ für das unterteilte Zusatzbudget "Allergologie" in der gleichen Weise erfolgen muss wie bei dem einheitlichen Zusatzbudget. Wenn demnach in beiden Konstellationen die falldurchschnittliche Punktzahlanforderung der Dermatologen mit Zusatzbezeichnung um die "entsprechende" Punktzahlanforderung der Dermatologen ohne Zusatzbezeichnung zu vermindern ist, bedeutet dies, dass auch bei der Bildung von Untergruppen der überdurchschnittlichen bzw. unterdurchschnittlichen Punktzahlanforderung der Hautärzte mit Zusatzbezeichnung die jeweilige überdurchschnittliche bzw. unterdurchschnittliche Anforderung der Hautärzte ohne Zusatzbezeichnung gegenüberzustellen war. Dies hat die Beklagte nicht bedacht, wenn sie sowohl den Oberschnitt- als auch den Unterschnittwert der Dermatologen mit Zusatzbezeichnung (225,9 bzw. 78,9 Punkte) mit dem einheitlichen Durchschnittswert der Dermatologen ohne Zusatzbezeichnung - 95,7 - verglichen hat. Im Berufungsverfahren hat sie den Oberschnittwert der Dermatologen ohne Zusatzbezeichnung auf Anfrage des Senats auf 188,6 Punkte und den Unterschnittwert auf 72,3 Punkte beziffert. Demnach wäre die für das Zusatzbudget maßgebliche FPZ im Bereich der überdurchschnittlichen Abrechner auf 225,9-188,6 = 37,3 Punkte und für die unterdurchschnittlichen Abrechner auf 78,9-72,3 = 6,6 Punkte zu bestimmen gewesen.
Die Unrichtigkeit der Berechnungsweise der Beklagten zeigt sich schon darin, dass sie im Bereich der unterdurchschnittlich abrechnenden Dermatologen mit Zusatzbezeichnung zu einem negativen Ergebnis (- 16,8) geführt hat, so dass das Zusatzbudget in diesem Bereich "auf 0 gesetzt" worden ist. Die darin liegende Verweigerung des Zusatzbudgets "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" für unterdurchschnittliche Abrechner verletzt jedoch Ziffer 4.1 der Allgemeinen Bestimmungen Teil B des EBM, wonach dieses Zusatzbudget allen Hautärzten mit der Zusatzbezeichnung "Allergologie" zukommt. Dem kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, die unterdurchschnittlich abrechnenden Dermatologen mit Zusatzbezeichnung seien bereits dadurch begünstigt, dass auch ihnen das um 95,7 Punkte erhöhte Praxisbudget aller Hautärzte zugute komme. Damit verkennt sie, dass Sinn der Gewährung von Zusatzbudgets gerade eine Besserstellung der hierzu berechtigten Vertragsärzte gegenüber den übrigen Ärzten ist, die auf das Praxisbudget beschränkt sind (zur fehlenden Austauschbarkeit beider Budgetformen vgl. bereits LSG Niedersachsen, Beschluss vom 14. Februar 2000 - L 5 KA 73/99 ER). Einzuräumen ist allerdings, dass dem mit dem Budgetierungskonzept des EBM verfolgten Ziel, den Umfang der Leistungserbringung im Interesse einer Punktwertstabilisierung zu beschränken, damit u.U. entgegengewirkt wird. Denn Hautärzte mit Zusatzbezeichnung, die bisher weniger allergologische Leistungen abgerechnet haben als ihre Kollegen ohne Zusatzbezeichnung, könnten sich hierdurch in die Lage versetzt sehen, ihren diesbezüglichen Leistungsumfang auszuweiten, weil die allergologischen Leistungen sowohl im Rahmen des (erhöhten) Praxisbudgets als auch des Zusatzbudgets berücksichtigt werden. Diese besondere Situation bei den Dermatologen ist jedoch als Folge davon hinzunehmen, dass es sich bei den Budgetvorschriften des EBM notwendigerweise um schematisierende und typisierende Regelungen handelt (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31; Urteil vom 2. April 2003 - B 6 KA 13/02 R).
Die genannte Berechnungsweise ergibt sich zwingend aus der Regelung der Anlage 4, so dass die Beklagte nunmehr verpflichtet ist, die Honorare der Klägerin ab dem Quartal IV/97 unter zusätzlicher Einräumung eines Zusatzbudgets "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" mit einer FPZ von 6,6 neu zu berechnen. Diese Verpflichtung konnte nur deshalb keinen Ausdruck im Urteilstenor finden, weil der Senat nicht über den auf bloße Neubescheidung gehenden Entscheidungsausspruch des erstinstanzlichen Gerichts hinausgehen konnte. In diesem Zusammenhang wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Beklagte nach dem oben Dargelegten die zusätzlich zu berücksichtigende FPZ von 6,6 bei der Neubescheidung nicht mit der von ihr herausgestellten Erhöhung des Praxisbudgets verrechnen kann, zumal die Honorarbescheide ab dem Quartal IV/97 insoweit bestandskräftig geworden sind.
Soweit es das SG für notwendig gehalten hat, den für die Einstufung in die Budgetuntergruppen maßgeblichen Punktzahlfallwert der Gemeinschaftspraxis von 116,1 nochmals zu überprüfen, tritt der Senat dem nicht bei. Insbesondere ist die Zugrundelegung der Quartale I und II/96 bei der Berechnung der Punktzahlfallwerte nicht zu beanstanden. Dies entspricht vielmehr der ausdrücklichen Regelung in Abs. 1 der Anlage 4, bei der es sich um eine untergesetzliche Rechtsnorm handelt, an die die KVen gebunden sind. Diese Norm steht auch ihrerseits mit höherrangigem Recht in Übereinstimmung; insbesondere liegen ihr keine sachwidrigen Erwägungen zugrunde (zum Umfang der gerichtlichen Überprüfung des EBM vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 29 und 33). Dies hat das BSG mittlerweile entschieden (SozR 3-2500 § 87 Nr. 30); der erkennende Senat ist dem gefolgt (Urteil vom 18. Februar 2004 - L 3 KA 96/01 -, betreffend das Zusatzbudget "Allergologie (Zusatzbezeichnung)" bei Hals-Nasen-Ohrenärzten). Dabei war maßgeblich, dass das erste Halbjahr 1996 zwar kein in jeder Hinsicht befriedigender Referenzzeitraum gewesen sein mag, zumal die entsprechenden Quartale von den Auswirkungen einer (rechtswidrigen, vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 18) rückwirkenden Budgetierung v. a. der Gesprächsleistungen sowie - im allergologischen Bereich - von einer nur in diesem Zeitraum geltenden Fallobergrenze bei den Epikutantests (EBM-Ziffer 345) beeinflusst war. Andere ansonsten in Betracht kommende Quartale wären jedoch wegen grundsätzlicher struktureller Besonderheiten als Bezugszeitraum von vornherein völlig ungeeignet gewesen: Die Quartale vor dem 1. Januar 1996 hatten auszuscheiden, weil der vor diesem Zeitpunkt geltende EBM völlig anders strukturiert war als der hier maßgebliche, die Quartale ab III/96 mussten unberücksichtigt bleiben, weil bereits ab 1. Juli 1996 weite Bereiche des ärztlichen Leistungsverhaltens durch fallzahlabhängige arztgruppenbezogene Teilbudgets geprägt waren.
Auch die von der Klägerin angeführten Fehler bei der Abrechnung von Prick-Tests in den Quartalen I und II/96 ändern hieran nichts. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut der Anlage 4 Abs. 1 ist für die FPZ-Berechnung nicht die rechtmäßige Punktzahlberechnung, sondern die (tatsächliche) Punktzahlanforderung für das erste Halbjahr 1996 maßgeblich. Dies entspricht dem Zweck der Regelung, für die FPZ-Berechnung auf Zahlenmaterial zurückzugreifen, das das tatsächliche Abrechnungsverhalten der Vertragsärzte im Bezugszeitraum widerspiegelt und sich ohne unzumutbar hohen Verwaltungsaufwand ermitteln lässt. Mit diesem Zweck, der zu den bereits angeführten Schematisierungen und Typisierungen zwingt, wäre es dagegen nicht zu vereinbaren, wenn sich spätere sachlich-rechnerische Berichtigungen rückwirkend auch auf die FPZen auswirkten, weil dies eine unabsehbare Zahl von Folgeberichtigungen von Honorarbescheiden zur Folge hätte. Hiervon ist auch das BSG in seiner o.a. Entscheidung ausgegangen, in der es sachlich-rechnerische Berichtigungen, die als Folge der übermäßigen Ausdehnung von Gesprächsleistungen im ersten Halbjahr 1996 zu ergehen hatten, nicht zum Anlass für entsprechende Korrekturen der Budgetberechnungen genommen hat.
Andererseits können bei der Berechnung der maßgeblichen FPZen entgegen der Auffassung des SG auch keine tatsächlich durchgeführten Epikutantests berücksichtigt werden, die von der Klägerin nicht abgerechnet worden waren, weil sie jenseits der in den Quartalen I und II/96 geltenden Begrenzung der EBM-Ziffer 345 auf 30 Tests lagen. Auch dies widerspricht der eindeutigen Regelung in Anlage 4 (Absatz 1), wonach es auf die "Punktzahlanforderung" je Fall ankommt. Die dieser Regelung zugrunde liegende Annahme, im Abrechnungsumfang werde auch die tatsächliche Leistungsstruktur der Praxis abgebildet, mag zwar bei "gedeckelten" Leistungsziffern wie bei der Nr. 345 nur unvollkommen realisiert werden können. Dies ist jedoch als Folge der bereits genannten notwendigen Generalisierung und Typisierung der Budgetvorschriften im EBM hinzunehmen. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Ziffer 345 ohnehin nur einen Teil der unter das Zusatzbudget fallenden Leistungen ausmacht, wobei die Klägerin selbst darauf hingewiesen hat, dass hierfür gerade eine andere Leistungsziffer - nämlich die Nummer 359 - charakteristisch sein soll.
Soweit die Klägerin schließlich auf unterschiedliche Angaben der Beklagten zur Zahl der über- bzw. unterdurchschnittlich abrechnenden Dermatologen mit Zusatzbezeichnung hingewiesen hat, werden diese Differenzen dadurch erklärt, dass sich die diesbezüglichen Angaben im Schriftsatz vom 7. November 2001 auf das Quartal II/01 beziehen, die im Schriftsatz vom 13. August 2003 dagegen auf die Quartale I und II/96.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht ersichtlich.