Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 17.10.2005, Az.: 2 B 3417/05
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 17.10.2005
- Aktenzeichen
- 2 B 3417/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 43266
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2005:1017.2B3417.05.0A
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Für die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes gemäß § 3 Abs. 2 NHundG ist die Einholung der Stellungnahme des behördlichen Tierarztes nicht regelmäßig oder gar zwingend erforderlich, sondern (nur) dann, wenn aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung eine ausreichende Feststellung nach § 3 NHundG nicht getroffen werden kann (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 11 ME 92/05 -, NdsVBl. 2005, 231 = NVwZ-RR 2005, 631 LS; abweichend vom Beschluss der Kammer vom 2. April 2004 - 2 B 528/04 -, Juris).
- 2.
Für die Tierhaltereigenschaft ist entscheidend, in wessen Gesamtinteresse das Tier gehalten wird und wessen Wirtschaftsbetrieb oder Haushalt es dient. Maßgeblich darauf abzustellen ist, wem die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht und wer aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 1988 - VI ZR 188/87 - NJW-RR 1988, 655656). Mehrere können auch gemeinsam als Tierhalter auftreten.
- 3.
Die zuständige Behörde muss nach Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes auch bereits vor Antragstellung i.S.v. § 4 NHundG die Maßnahmen anordnen, die geeignet, erforderlich und angemessen sind, um den Eintritt der von einem gefährlichen Hund ausgehenden Gefahr zu verhindern. Insofern besteht hinsichtlich des Entschließungsermessens - also des Ermessens, insofern überhaupt eine oder ggf. mehrere Anordnungen zu treffen - eine Ermessensreduzierung auf Null.
- 4.
Es ist nicht ersichtlich, warum im Zeitraum zwischen Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes und Antragstellung i.S.v. § 4 NHundG eine für den Betroffenen gegenüber § 4 Satz 3 NHundG verschärfte Regelung gelten sollte, zumal es möglich ist, die nicht mit dem Halter identische Person des Hundeführers mit einer Bescheinigung auszustatten, die der in § 4 Satz 3 NHundG vergleichbar ist.
- 5.
Der Halter eines gefährlichen Hundes i.S.v. § 3 Abs. 2 NHundG kann nicht verpflichtet werden, einen Antrag gemäß § 4 NHundG zu stellen.
Gründe
1. a) Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu beurteilende Antrag des Antragstellers ist zulässig.
Die Klage des Antragstellers (2 A 3416/05) hat teilweise nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden (NHundG) vom 12. Dezember 2002 (GVBl. 2003, S. 2), geändert durch Gesetz vom 30. Oktober 2003 (GVBl. 2003, S. 367) (Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes), bzw. i.V.m. § 64 Abs. 4 Satz 1 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) (Zwangsgeldandrohungen, s. Anordnung II. Nr. 6) keine aufschiebende Wirkung.
Im Übrigen hat eine Anfechtungsklage zwar gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde - wie hier der Antragsgegner hinsichtlich der unter II. Nr. 1 - 5 verfügten Anordnungen - gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat (s. Anordnung II. 7). Dabei genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung den an sie gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gestellten Anforderungen.
b) Der Antrag des Antragstellers ist aber nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet (bb)). Im Übrigen führt er nicht zum Erfolg (aa)).
In materieller Hinsicht ist für den Erfolg eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO entscheidend, ob das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung eines belastenden Verwaltungsaktes das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Durchsetzung überwiegt. Bei dieser Interessenabwägung sind mit der im vorläufigen Verfahren gebotenen Zurückhaltung auch die Aussichten des Begehrens im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Bei einem offensichtlich Erfolg versprechenden Rechtsbehelf überwiegt das Suspensivinteresse des Betroffenen jedes denkbare öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache offensichtlich keinen Erfolg haben wird, insbesondere wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist. Bei der sofortigen Vollziehung eines offenbar zu Unrecht angefochtenen Verwaltungsaktes besteht nämlich regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse. Bei einem nur offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist dem öffentlichen Interesse der Vorrang einzuräumen, soweit nach der gesetzgeberischen Wertung ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 11 ME 92/05 -, NdsVBl. 2005, 231 = NVwZ-RR 2005, 631 LS).
aa) Ausgehend von diesem Maßstab überwiegt das öffentliche Interesse das des Antragstellers hinsichtlich der im Tenor nicht ausdrücklich genannten Anordnungen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
(1) Die unter I. verfügte Anordnung, nämlich die auf § 3 Abs. 2 NHundG beruhende Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes, hat der Antragsgegner aller Voraussicht nach zu Recht erlassen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
(a) Erhält die Behörde einen Hinweis darauf, dass ein Hund eine gesteigerte Aggressivität aufweist, insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat, so hat sie den Hinweis von Amts wegen zu prüfen (Abs. 2 Satz 1). Ein entsprechender Hinweis ist in der an den Antragsgegner übermittelten Strafanzeige vom 30. Juni 2005 enthalten, in welcher ausgeführt worden ist, dass ein Berner Sennenhund (Rüde) die Ehefrau des Anzeigeerstatters am 29. Juni 2005 biss.
Ergibt die von der Behörde nunmehr einzuleitende Prüfung Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Behörde fest, dass der Hund gefährlich ist (s. § 3 Abs. 2 Satz 2 NHundG). Nach der gesetzlichen Wertung ist dabei für ein Einschreiten des Antragsgegners nicht erforderlich, dass bereits Tatsachen vorliegen, die die Gefährlichkeit eines Hundes belegen. Es reicht vielmehr aus, wenn aufgrund von Tatsachen lediglich ein "Verdacht" auf die Gefährlichkeit des Hundes besteht. Mit dieser Regelung im NHundG hat der Nds. Gesetzgeber auf die Unruhe in der Bevölkerung im Zusammenhang mit den in den vergangenen Jahren in den Medien wiedergegebenen "Beißvorfällen" reagiert. Diese Vorfälle haben in weiten Teilen der Bevölkerung zu einer geänderten Wahrnehmung der durch Hunde gegebenen Gefahren geführt. Es stand dem Gesetzgeber frei, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Bevölkerung einerseits und der Hundehalter andererseits die Rechtsgrundlagen für Grundrechtseingriffe zu schaffen, mit denen nicht erst einer auf Tatsachen begründeten Gefahr, sondern bereits einer möglichen Gefahr, einem Gefahrenverdacht oder einem "Besorgnispotential" begegnet werden soll. Der Gesetzgeber konnte mithin Rechtsgrundlagen schaffen, mit denen bereits bloße Risiken vermindert werden sollen, für die - sei es auch nur aufgrund eines gesellschaftlichen Wandels oder einer veränderten Wahrnehmung in der Bevölkerung - nunmehr (von der Bevölkerung) Regelungen gefordert werden. Dieses geschieht in der Regel durch eine Absenkung der Gefahrenschwelle von einer direkten "Gefahrenabwehr" zur "Vorsorge" gegen drohende Schäden. Ziel des § 3 NHundG ist eine derartige "Vorsorge" gegen möglicherweise erst drohende Schäden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 12. Mai 2005, a.a.O.).
Ausgehend von diesem Maßstab liegen nach summarischer Prüfung der Sachlage aller Voraussicht nach zureichende Tatsachen für einen Verdacht im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 2 NHundG vor.
In dem der Strafanzeige beigefügten Bericht der Polizeistation G. - im Folgenden Polizeistation genannt - vom 30. Juni 2005 heißt es, die Ehefrau des Anzeigeerstatters sei völlig unvermittelt von dem frei laufenden Haushund angegriffen worden, als sie die Haus- bzw. Küchentür geöffnet habe. Der Hund habe sie sofort in den rechten Unterarm gebissen. Die in der Küche anwesende Nichte des Antragstellers habe nicht auf den Hund einwirken können, so dass es zu weiteren Bissattacken gekommen sei. Erst als die Nichte einen Eimer Wasser über den Hund gegossen habe, habe man diesen von weiteren Angriffen abhalten können. Nach der Strafanzeige erlitt die Verletzte an beiden Armen und Beinen tiefe Bisswunden. Ergänzend heißt es im Abschlussbericht der Polizeistation vom 30. August 2005, laut Mitteilung des erstbehandelnden Arztes habe der Hund den rechten Unterarm der Verletzten völlig verbissen. Zur Erhaltung des Armes sei eine Unterbringung in einem Krankenhaus dringend erforderlich gewesen. Darüber hinaus wurde im Vermerk der Polizeistation vom 30. Juni 2005 sinngemäß ausgeführt, noch am selben Tag hätten ein Polizeibeamter der Polizeistation und der Leiter des Ordnungsamts der Gemeinde G. das landwirtschaftliche Anwesen aufgesucht. Der Polizeibeamte habe aus dem PKW heraus den Bruder des Antragstellers aufgefordert, den auf dem Hof frei umherlaufenden Hund zu entfernen bzw. anzuleinen. Laut genanntem Abschlussbericht der Polizeistation habe der Hund, der ca. 3 Jahre alt sein solle, dem äußeren Anschein nach eine recht hohe Aggressionsbereitschaft gezeigt. Nachdem dem Bruder und der Mutter des Antragstellers der Grund des Erscheinens bekannt gegeben worden sei, hätten diese sich in einem Gespräch recht uneinsichtig verhalten. Nach ihrer Ansicht habe eine fremde Person "auf dem Hof nichts zu suchen". Der Hund sei zum Schutz der Mutter angeschafft worden und müsse entsprechende Reaktionen zeigen. Schon diese Vorkommnisse - insbesondere unter Berücksichtigung der Schwere der durch die Geschädigte erlittenen Verletzung ihres rechten Unterarms - rechtfertigen den "Verdacht", dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, zu der insbesondere die Individualrechtsgüter wie Körper und Leben gehören.
Das Vorbringen des Antragstellers führt nicht zu einer anderen Bewertung der Geschehnisse. Der Antragsteller hat zwar erstmals im Klage- und Eilverfahren geltend gemacht, der Hund sei von einer unvermittelt und unangemeldet in den häuslichen Schutzbereich eindringenden Person zuerst verletzt worden und habe daraufhin - geprägt von einem normalen Beschützer- und Verteidigungsinstinkt - sein "Revier" verteidigt und sein Umfeld geschützt. Im Einzelnen habe sich der Vorfall so zugetragen, dass die Verletzte mit dem Auto von hinten auf den Hof gefahren sei und das Haus - ohne sich vorher anzumelden oder auf sich aufmerksam zu machen - durch einen gegenüber dem Haupteingang näher gelegenen Seiteneingang betreten habe, der zunächst in die Waschküche und dann von dort in die Küche führe. Dort hätten sich zum Vorfallszeitpunkt nur seine Nichte und der Hund aufgehalten. Er kenne die Verletzte, die wohl mit seiner Schwester etwas näher bekannt sei, ebenso wie sein Bruder nur vom Sehen. Als sie die Küchentür geöffnet habe, habe sie den davor in der Küche liegenden Hund erschreckt, der daraufhin aufgestanden sei und seinen Kopf durch die Tür gesteckt habe. Davon sei die Verletzte offensichtlich so verschreckt gewesen, dass sie ebenso unvermittelt versucht habe, die Tür zuzudrücken. Dabei habe sie den Kopf des Hundes zwischen Tür und Türrahmen eingeklemmt. Als es dem Hund gelungen sei, die Tür aufzudrücken, habe er ihr dann in den rechten Unterarm gebissen und zunächst nicht abgelassen. Seine Nichte, der bekannt gewesen sei, wie wasserscheu das Tier sei, habe geistesgegenwärtig die Hände unter den Wasserhahn gehalten und den Hund mit dem aufgefangenen Wasser bespritzt. Daraufhin habe dieser sofort von der Verletzten abgelassen und sei auf den Hof gelaufen. Erst als seine Nichte der Verletzten bereits ein Handtuch über die Bisswunde gelegt habe, habe seine Mutter die Küche betreten. Er bestreite mit Nichtwissen die Schwere der am Unterarm erlittenen Verletzung und auch, dass die Verletzte weitere Bissverletzungen erlitten habe. Am 30. Juni 2005 habe der Hund nicht eine aggressive Auffälligkeit gezeigt, sondern habe sich bereitwillig ins Haus bringen lassen.
Es ist nach summarischer Prüfung aber aller Voraussicht nach anzunehmen, dass dieses Vorbringen jedenfalls teilweise nicht glaubhaft ist. Hätte sich der Vorfall tatsächlich wie dargestellt ereignet, wäre zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller dies bereits im Laufe des Gesprächs mit dem Mitarbeiter des Antragsgegners am 12. Juli 2005 oder spätestens im anwaltlichen Schreiben vom 14. Juli 2005 erklärt hätte. Nach dem Vermerk vom 12. Juli 2005 erklärte der Antragsteller indes im Wesentlichen lediglich, der Hund sei nicht gefährlich und die Beißattacke habe die Verletzte durch unerlaubtes Betreten des Hauses selbst zu verantworten. Der Hund habe dies als "Angriff in seinen Schutzbereich" angesehen. Bezüglich dieses Gesprächs hat der Antragsteller in diesem Verfahren zwar geltend gemacht, er habe sich durch den Wortlaut und den lauten Tonfall des Mitarbeiters des Antragsgegners bedroht gefühlt. Selbst wenn dies aber zutreffend wäre, ist nicht ersichtlich, warum der Antragsteller gehindert gewesen wäre, den Sachverhalt schon während dieses Gesprächs so wie zuletzt geschehen darzustellen. Ergänzend heißt es im Schreiben vom 14. Juli 2005, auf dem Grundstück befänden sich für jedermann sichtbar Hinweisschilder auf den Hund. Eine Gefahr für die Öffentlichkeit gehe von dem Hund schon deshalb nicht aus, weil der Vorfall innerhalb geschlossener Räume stattgefunden habe, die der Öffentlichkeit überhaupt nicht zugänglich seien. Wenn Dritte das Grundstück beträten, gingen von dem Hund keine aggressiven Handlungen aus. Darüber hinaus bestehen trotz des Bestreitens des Antragstellers angesichts des Abschlussberichts der Polizeistation auch keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Verletzung des Unterarmes der Geschädigten schwerwiegend war. Rechtlich unerheblich für die Bewertung des Falles ist die Frage, ob die Geschädigte auch weitere Verletzungen erlitt. Des Weiteren besteht kein Anlass, an der Darstellung im Abschlussbericht zu zweifeln, dass der Hund am 30. Juni 2005 dem äußeren Anschein nach eine recht hohe Aggressionsbereitschaft gezeigt habe. Denn diese subjektive Einschätzung wird nicht dadurch unzutreffend, dass der Bruder des Antragstellers nach dem Vorbringen des Antragstellers offenbar einen anderen Eindruck gehabt haben will. Abgesehen davon hat der Antragsteller bezüglich seines aktuellen Vorbringens auch keine Versicherung an Eides statt vorgelegt.
Konnte der Antragsgegner deshalb jedenfalls nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Recht von einem Verdacht im oben genannten Sinne ausgehen, musste er die Feststellung aussprechen, dass der Hund gefährlich sei.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers war es in diesem Fall aller Wahrscheinlichkeit nach nicht notwendig, zuvor die Stellungnahme eines behördlichen Tierarztes einzuholen. Zwar führte die beschließende Kammer in ihrem Beschluss vom 2. April 2004 (- 2 B 528/04 -, Juris = BeckRS 2004 23056, erfasst auch in der Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit http://www.dbovg.niedersachsen.de/Entscheidung.asp?Ind=0560020040005282%20B) Folgendes aus:
"Dabei ist zu berücksichtigen, dass abschließend festzustellen ist, ob Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht (s. § 3 Abs. 2 Satz 2 NHundG). Nach Auffassung des Gerichts lässt sich dies jedenfalls im Regelfall nicht ohne die Begutachtung durch eine sachverständige Stelle klären. Des Weiteren ist zu beachten, dass eine gesteigerte Aggressivität eines Hundes, die beispielsweise durch das Beißen eines Menschen zum Ausdruck kommt, verschiedene Ursachen haben kann, die auch in der Person des Tierhalters angelegt sein können. Insofern ist nicht zu beanstanden, dass es im Widerspruchsbescheid sinngemäß heißt, nach den Durchführungshinweisen zum NHundG habe die Behörde im Rahmen der Einzelfallbeurteilung für ihre abschließende Prognose die Hundehalterin/den Hundehalter und die Hundehaltung im Gesamtzusammenhang zu beurteilen. Im Regelfall könne nur nach einer Begutachtung durch einen amtlichen Tierarzt die Feststellung der Gefährlichkeit erfolgen. Der Antragsgegner sei daher gehalten, zu prüfen, ob der Hund des Antragstellers ein gefährlicher Hund nach § 3 Abs. 2 NHundG sein könne. Hierbei sei die Hundehaltung und das Verhalten des Tieres im Zusammenhang zu bewerten. Entsprechend sei es erforderlich, dass der auffällig gewordene Hund einem/einer amtlichen Tierarzt oder -ärztin vorgestellt werde."
Angesichts des oben genannten Beschlusses des Nds. OVG vom 12. Mai 2005 (a.a.O.) hält die Kammer an dieser Rechtsprechung aber nicht mehr fest. Im Beschluss des Nds. OVG heißt es:
"Ob der Verdacht sich bestätigt oder ungerechtfertigt war, ob also eine Gefährlichkeit tatsächlich besteht oder ob das Verhalten des Hundes als ein "normales" Aggressionsverhalten zu bewerten ist, dass möglicherweise nur eine Reaktion auf ein etwaiges Fehlverhalten der anderen an den Vorfällen beteiligten Personen/Hunde war (so trägt der Antragsteller vor, Frau B. habe durch Schreien und Treten nach seinem Hund zur Eskalation beigetragen; der Hund der Familie G., ein Westhighland-Terrier, habe zuerst seinen Hund angegriffen; Herr D. sei schnell und unvermutet auf den Hund zugekommen), soll gerade durch den aufgegebenen "Wesenstest" geklärt werden. Die im NHundG vorgesehene Möglichkeit der Anordnung eines Wesenstestes schließt es nach Auffassung des Senats aus, schon im Rahmen der Überprüfung eines Feststellungsbescheides nach § 3 NHundG durch sachverständige externe Gutachter abklären zu lassen, ob das festgestellte Verhalten eines Hundes sozialadäquat ist oder nicht, denn damit würde letztlich der Wesenstest vorweggenommen. Für die nach § 3 NHundG zu treffende Feststellung reicht nach Auffassung des Senats vielmehr die allgemeine Lebenserfahrung, die ggfs. durch eine Stellungnahme des behördlichen Tierarztes ergänzt werden kann, aus."
Danach ist also die Einholung der Stellungnahme des behördlichen Tierarztes nicht regelmäßig oder gar zwingend erforderlich, sondern (nur) dann, wenn aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung eine ausreichende Feststellung nach § 3 NHundG nicht getroffen werden kann.
Ausgehend von diesem Maßstab ist nach summarischer Prüfung nicht ersichtlich, warum der Antragsgegner angesichts des oben dargestellten Sachverhalts noch die Stellungnahme eines behördlichen Tierarztes hätte einholen müssen. Vielmehr konnte angesichts des ungewöhnlich heftigen Beißverhaltens des Hundes die Feststellung vom zuständigen Behördenmitarbeiter des Antragsgegners aufgrund seiner allgemeinen Lebenserfahrung getroffen werden.
(b) Des Weiteren ist die Verfügung aller Voraussicht nach zu Recht gegenüber dem Antragsteller erlassen worden.
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller jedenfalls einer von mehreren Haltern des Hundes war/ist.
Für die Tierhaltereigenschaft ist entscheidend, in wessen Gesamtinteresse das Tier gehalten wird und wessen Wirtschaftsbetrieb oder Haushalt es dient. Maßgeblich darauf abzustellen ist, wem die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht und wer aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt. Die Tierhaltereigenschaft wird dagegen nicht durch eine vorübergehende Aufgabe der unmittelbaren Verfügungsgewalt über das Tier oder eine vorübergehende Besitzentziehung berührt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 1988 - VI ZR 188/87 - NJW-RR 1988, 655656). Mehrere können auch gemeinsam als Tierhalter auftreten. Zwar begründet der Umstand, dass das Tier im gemeinsamen Haushalt beispielsweise von Ehegatten lebt, nicht von vornherein die Haltereigenschaft beider Eheleute. Von Bedeutung kann aber sein, dass jede der betreffenden Personen Einfluss auf ein Tier ausüben kann und sich verantwortlich fühlt, wobei dies dadurch zum Ausdruck kommen kann, dass beispielsweise ein Nichteigentümer eine Haftpflichtversicherung für das Tier abschließt (vgl. LG Osnabrück, Urteil vom 13. März 1998 - 12 S 516/97 - NJW-RR 1998, 959959; Spindler in Bamberger/Roth, BGB, Komm., Stand: Aug. 2004, § 833 Rn. 12), oder das gemeinsam bewohnte Haus vom Hund bewacht werden soll (vgl. Wagner in MünchKomm, BGB, 4. Aufl. 2004, § 833 Rn. 27 m.w.N.).
Hiervon ausgehend spricht nach summarischer Prüfung der Sachlage Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller, dessen Bruder und Mutter gemeinsam Halter des Hundes sind. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller nicht Halter ist. Nach dem Abschlussbericht der Polizeistation G. vom 31. August 2005 erklärte der Antragsteller auf fernmündliche Anfrage am 30. Juni 2005, er sei Eigentümer des Hundes, also der Hundehalter. Darüber hinaus gaben laut Vermerk vom 12. Juli 2005 sowohl der Antragsteller als auch sein Bruder zunächst übereinstimmend gegenüber einem Mitarbeiter des Antragsgegners an, dass der Antragsteller Halter des Hundes sei. Des Weiteren findet sich im Schriftsatz vom 14. Juli 2005 die Formulierung "der von unserem Mandanten gehaltene Berner Sennenhund". Außerdem schloss nach dem oben genannten Abschlussbericht der ebenfalls auf dem Hof lebende Bruder des Antragstellers eine Haftpflichtversicherung für den Hund ab und von dem "Hauptsteuerkonto" der auch auf dem Hof lebenden Mutter des Antragstellers wird die Hundesteuer abgezogen. Darüber hinaus heißt es in diesem Bericht sinngemäß, in dem Gespräch mit dem Bruder und der Mutter des Antragstellers sei erklärt worden, dass der Hund zum Schutze der Mutter angeschafft worden sei und entsprechende Reaktionen zeigen müsse.
Das Vorbringen des Antragstellers führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Er hat zwar erstmals im Klage- und Eilverfahren - teilweise sinngemäß - behauptet, sein Bruder sei Eigentümer des Hundes, versorge ihn und habe über ihn die ständige Verfügungsgewalt. Er sei deshalb auch Halter des Hundes. Die anders lautenden Ausführungen im Schreiben vom 14. Juli 2005 seien missverständlich und darauf zurückzuführen, dass zum Zeitpunkt des Diktats die Besitzverhältnisse noch nicht abschließend geklärt gewesen seien. Das aktuelle Vorbringen des Antragstellers ist insoweit aber hinsichtlich der entscheidungserheblichen Frage nicht glaubhaft und kann nur als Schutzbehauptung gewertet werden. Wäre es tatsächlich zutreffend, wären die Äußerungen am 30. Juni und 12. Juli 2005 unverständlich.
(2) Des Weiteren ist die unter II. genannte Anordnung zu Nr. 1 insgesamt und die zu Nr. 2 aller Voraussicht nach rechtmäßig, soweit der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller sinngemäß angeordnet hat, außerhalb des o.g. Zwingers oder Gebäudes sei der Hund beim Führen/Ausführen ausnahmslos an einer max. 2 m langen Leine sicher anzuleinen, habe zudem jederzeit einen Maulkorb zu tragen und jedes Führen des Hundes ohne Leine und ohne Maulkorb sei dem Antragsteller ab sofort strikt untersagt.
(a) Nach der unter II. 1. getroffenen Anordnung hat der Antragsteller den Berner Sennenhundrüden in einem ausbruchsicheren und verschlossenen Zwinger oder Gebäude so unterzubringen, dass er nicht mit anderen bzw. fremden Personen (ausgenommen Familienmitglieder) in Kontakt kommen kann, und jedes freie Umherlaufen des Hundes ist dem Antragsteller ausdrücklich untersagt worden.
Gemäß § 13 Abs. 1 NHundG kann die Behörde unbeschadet der Vorschriften des NHundG nach Maßgabe des Nds. SOG - in diesem Sinne ist die Vorschrift inzwischen zu verstehen -, die im Einzelfall notwendigen Maßnahmen treffen, um eine von einem Hund ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren.
Die nach § 13 Abs. 1 NHundG i.V.m. § 11 Nds. SOG zu beurteilende Anordnung zu Nr. 1 ist aller Voraussicht nach insbesondere nicht wegen eines Ermessensfehlers rechtswidrig. Nach § 5 Abs. 1 Nds. SOG treffen die Verwaltungsbehörden ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen. In diesem Zusammenhang ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Gemäß § 4 Abs. 1 Nds. SOG hat die Verwaltungsbehörde von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Außerdem darf eine Maßnahme nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht (Abs. 2).
Zur Beurteilung der Frage der Verhältnismäßigkeit kann § 4 Satz 2 NHundG herangezogen werden. Danach ist der Hund im Zeitraum zwischen Antragstellung und Entscheidung über den Antrag außerhalb ausbruchsicherer Grundstücke anzuleinen und er hat einen Maulkorb zu tragen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es insbesondere, den Besorgnissen der Bürgerinnen und Bürger Rechnung zu tragen, die Hunde nicht halten und gerade mit den in § 3 Abs. 2 NHundG beschriebenen Hunden ein besonderes Gefahrenmoment verbinden (vgl. LT-Drs. 14/3715, S. 14 zu § 6 des Entwurfs des NHundG). Dabei beruht die Regelung, einen Maulkorb tragen zu müssen, darauf, dass bis zur Entscheidung über den Antrag insbesondere wegen des noch nicht durchgeführten Wesenstests (s. § 9 NHundG) von vornherein der Gefahr wirksam begegnet werden muss, dass der Hund (erneut) beißen und dadurch namentlich Menschen eventuell erheblich verletzen könnte. Unter diesem Blickwinkel muss die zuständige Behörde nach Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes auch bereits vor Antragstellung i.S.v. § 4 NHundG die Maßnahmen anordnen, die geeignet, erforderlich und angemessen sind, um den Eintritt der von einem gefährlichen Hund ausgehenden beschriebenen Gefahr zu verhindern. Insofern besteht hinsichtlich des Entschließungsermessens - also des Ermessens, insofern überhaupt eine oder ggf. mehrere Anordnungen zu treffen - eine Ermessensreduzierung auf Null.
Ausgehend von diesem Maßstab ist nach summarischer Prüfung weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass die Anordnung zu Nr. 1 unverhältnismäßig ist. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt unwahrscheinlich, dass der Hund - wie der Antragsteller nunmehr behauptet - von einer unvermittelt und unangemeldet in den häuslichen Schutzbereich eindringenden Person zuerst verletzt worden sei und er daraufhin - geprägt von einem normalen Beschützer- und Verteidigungsinstinkt - sein "Revier" verteidigt und sein Umfeld geschützt habe. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass das Grundstück, auf dem der Hund lebt, ausbruchsicher ist oder mit vertretbaren Mitteln in einen entsprechenden Zustand versetzt werden kann. Außerdem ist nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen, dass auch in nächster Zukunft eine nicht auf dem Hof wohnende Person mal wieder das Grundstück betreten wird. Hiervon ausgehend ist nicht ersichtlich, welche anderen ebenso wirksamen, aber für den Antragsteller weniger einschneidenden Maßnahmen der Antragsgegner hätte anordnen können. Auch der Antragsteller hat nicht vorgetragen, welches ihn weniger belastende Mittel ebenso effizient wäre. Er hat lediglich Ausführungen zur Höhe der Kosten des Wesenstests und der Erstellung/Aufstellung eines ausbruchsicheren und verschlossenen Zwingers gemacht. Die Kosten für die Erstellung/Aufstellung des Zwingers sind jedoch angesichts der durch einen Beißangriff des Hundes verursachten Gefahr nicht unangemessen hoch. Es ist dem Antragsteller allerdings möglich, ggf. einen Antrag auf Gestattung zu stellen, dass er ein anderes ebenso wirksames Mittel anwenden darf, wenn ihm ein solches bekannt sein sollte (s. § 5 Abs. 2 Satz 2 Nds. SOG).
(b) Außerdem ist es aus den unter (2) (a) genannten Gründen rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller unter II. Nr. 2 sinngemäß angeordnet hat, außerhalb des o.g. Zwingers oder Gebäudes sei der Hund beim Führen/Ausführen ausnahmslos an einer max. 2 m langen Leine sicher anzuleinen, habe zudem jederzeit einen Maulkorb zu tragen und jedes Führen des Hundes ohne Leine und ohne Maulkorb sei dem Antragsteller ab sofort strikt untersagt.
bb) Im Übrigen wird sich die angegriffene Verfügung aber aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen.
(1) Die in II. Nr. 2 sinngemäß enthaltene Anordnung, außerhalb des o.g. Zwingers oder Gebäudes dürfe nur der Antragsteller persönlich seinen Hund führen und jedes Abweichen von dieser personenbezogenen Führungsvorgabe sei ihm ab sofort strikt untersagt, dürfte wohl unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft sein. § 4 NHundG lässt sich entnehmen, dass auch im Zeitraum zwischen Antragstellung und Entscheidung über den Antrag nicht nur der Halter eines gefährlichen Hundes berechtigt ist, diesen Hund außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke zu führen. Denn gemäß § 4 Satz 3 NHundG hat die Person, die den Hund führt, eine von der Behörde auszustellende Bescheinigung über die Antragstellung mitzuführen und der Behörde auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen. Es ist nicht ersichtlich, warum im Zeitraum bis zur Antragstellung eine für den Betroffenen verschärfte Regelung gelten sollte, zumal es möglich ist, die nicht mit dem Halter identische Person des Hundeführers mit einer Bescheinigung auszustatten, die der in § 4 Satz 3 NHundG vergleichbar ist. Abgesehen davon dürfte die Maßnahme auch unter Berücksichtigung des Umstandes rechtswidrig sein, dass - wie oben dargelegt - nach summarischer Prüfung der Sachlage Überwiegendes dafür spricht, dass der Antragsteller, dessen Bruder und Mutter gemeinsam Halter des Hundes sind.
(2) Die Anordnung unter II. Nr. 3 ist schon nicht geeignet, über die in II. Nr. 1 und 2 enthaltenen aller Voraussicht nach rechtmäßigen Anordnungen hinaus der Gefahr zu begegnen, die von einem gefährlichen Hund ausgeht. Abgesehen davon kann der Halter eines gefährlichen Hundes i.S.v. § 3 Abs. 2 NHundG nicht verpflichtet werden, einen Antrag gemäß § 4 NHundG zu stellen. Dies widerspricht dem sich aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ergebenden Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit, die im umfassenden Sinne gewährleistet ist. Geschützt ist damit nicht nur ein begrenzter Bereich der Persönlichkeitsentfaltung, sondern jede Form menschlichen Handelns ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989 - 1 BvR 921/85 -, NJW 1989, 25252525). Insbesondere kann niemand gezwungen werden, eine Begünstigung zu wollen (vgl. zur nicht zulässigen Erzwingung der Stellung eines Bauantrages: Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, Komm., 7. Aufl., 2002, § 71 Rn. 18 m.w.N.). Als eine solche würde sich aber eine Erlaubnis darstellen, wenn der Betroffene den Hund weiterhin behalten möchte.
Es ist nicht in ausreichendem Maße ersichtlich, dass die Auffassung der Kammer insoweit mit der des Nds. OVG im Widerspruch steht. Im Beschluss vom 12. Mai 2005 heißt es zwar:
"b) Erweist sich mithin der Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Juni 2004 aller Voraussicht nach als überwiegend rechtmäßig und ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen diesen Bescheid aus übergeordneten privatrechtlichen Interessen des Antragstellers nicht anzuordnen, besteht auch kein Anlass, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den nachfolgenden Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Dezember 2004 anzuordnen.
Mit diesem Bescheid hat die Antragsgegnerin lediglich die Folgerungen daraus gezogen, dass der Antragsteller den Geboten im Bescheid vom 22. Juni 2004 nicht nachgekommen ist, insbesondere also keine Erlaubnis für das Führen seines Hundes beantragt und die für die Erteilung einer Erlaubnis erforderlichen Belege (Nachweis der persönlichen Zuverlässigkeit, Eignung Sachkunde, Nachweis eines Wesenstestes und Abschluss einer Haftpflichtversicherung) nicht beigebracht hat. Dieses Verhalten wirkt sich zu Lasten des Antragstellers aus. Die aus seiner mangelnden Mitwirkung von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 27. Dezember 2004 gezogene Folgerung (Ablehnung der Erlaubnis zum Halten des Hundes) entspricht den Vorgaben im NHundG (§ 5 Abs. 3 S. 3); die weitere Aufforderung, den Hund einem berechtigten Dritten, ggf. Tierheim, zu übergeben und Ankündigung einer Sicherstellung, falls der Hund nicht einem Dritten übergeben wird, ist nach §§ 64 ff Nds. SOG die zulässige Konsequenz aus dem Fehlen der Erlaubnis und daher aller Voraussicht nach ebenfalls als rechtmäßig anzusehen."
Es ist aber trotz des Gebrauchs der Formulierung "den Geboten im Bescheid vom 22. Juni 2004 nicht nachgekommen ist" nicht erkennbar, dass in jenem Fall zwangsgeldbewehrte Anordnungen getroffen wurden, wie dies hier geschah. Denn an anderer Stelle heißt es in dem Beschluss des Nds. OVG lediglich "nachdem der Antragsteller trotz Hinweises keine Erlaubnis für das Halten des Hundes beantragt hatte".
(3) Die Anordnungen unter II. Nr. 4 und 5 stehen ersichtlich im Zusammenhang mit der unter II. Nr. 3, so dass sie ebenfalls voraussichtlich rechtswidrig sind. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass für den Hund seit dem 4. Juni 2002 eine Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von 2,5 Millionen € pauschal für Personen- und Sachschäden besteht (s. der in dem von der Polizeistation vorgelegten Vorgang enthaltene Nachweis). Schon aus diesem Grund wäre die Anordnung unter II. Nr. 5 nicht erforderlich gewesen.
(4) Schließlich sind die Zwangsgeldandrohungen (s. II. Nr. 6) insgesamt rechtswidrig. Hinsichtlich der Anordnungen unter II., die voraussichtlich rechtmäßig sind, wäre zwar eine Zwangsgeldandrohung grundsätzlich zulässig. Insoweit ist die Androhung aber aller Voraussicht nach ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Der Antragsgegner hat bei der Bemessung des angedrohten Zwangsgeldes § 67 Abs. 1 Nds. SOG nicht in ausreichendem Maße beachtet. Danach wird das Zwangsgeld auf mindestens 5 und auf höchstens 50. 000 € schriftlich festgesetzt. Bei seiner Bemessung ist auch das wirtschaftliche Interesse der betroffenen Person an der Nichtbefolgung des Verwaltungsaktes zu berücksichtigen. Hiervon ausgehend ist das angedrohte Zwangsgeld von je 10.000,- € für jede Nichtbefolgung für den Fall, dass der Antragsteller die Anordnungen unter II. Nr. 1 bis Nr. 3 der Verfügung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht fristgerecht befolgt, weit überhöht. Jedenfalls hätte es angesichts des hohen Zwangsgeldes weiterer Erwägungen bedurft als der im Bescheid enthaltenen. Nicht geklärt zu werden braucht in diesem Verfahren, welches Zwangsgeld der Höhe nach noch angemessen wäre. Soweit die Anordnungen unter II. Nr. 2 bis 5 selbst schon voraussichtlich rechtswidrig sind, ist die Zwangsgeldandrohung ohnehin ebenfalls rechtswidrig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es ist angemessen, dem Antragsteller ? der Kosten aufzuerlegen, weil die Feststellung gemäß § 3 Abs. 2 NHundG die wesentliche Entscheidung ist und er insbesondere insoweit unterlegen ist.