Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.09.2005, Az.: 3 V 295/05
Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Alterseinkünftegesetzes; Grundsatz des Verbots der Zweifachbesteuerung; Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als vorab entstandene Werbungskosten zur Erlangung späterer sonstiger Einkünfte
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 21.09.2005
- Aktenzeichen
- 3 V 295/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 25091
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2005:0921.3V295.05.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 01.02.2006 - AZ: X B 166/05
Rechtsgrundlagen
- § 9 Abs. 1 EStG
- § 10 Abs. 3 EStG
- § 22 Nr. 1 S. 3 Nr. A aa) EStG
Fundstelle
- NWB direkt 2005, 7
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
An der Verfassungsmäßigkeit der durch das Alterseinkünftegesetz getroffenen Regelungen bestehen keine ernstlichen Zweifel.
- 2.
Nach dem Stufenmodell des AltEinkG ist bei summarischer Prüfung keine Doppelbesteuerung gegeben.
- 3.
Die jährliche Anhebung des Besteuerungsanteils bis auf 100% im Jahr 2040 korrespondiert mit einer entsprechenden Anhebung der Steuerfreistellung der Altersvorsorgeaufwendungen, so dass der Grundsatz des Verbots der Zweifachbesteuerung auch bis zum Ende der Übergangsfrist in jedem Jahr typisierend gewahrt ist.
- 4.
Es besteht kein Verfassungsgebot, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als Erwerbsaufwendungen i.S. von § 9 Abs. 1 EStG bzw. als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften zu würdigen.
Tatbestand
Streitig ist die Aussetzung der Vollziehung des Antrags auf Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte 2005.
Der 1973 geborene Antragsteller ist Angestellter in einer Steuerberatungsgesellschaft. Er leistet Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für das Veranlagungsjahr 2005 voraussichtlich i.H.v. 3.500 EUR (Arbeitnehmeranteil). Seine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung kann er im Veranlagungsjahr 2005 i.H.v. 702,00 EUR (20 %) als Sonderausgaben im Rahmen der Höchstbeträge des§ 10 EStG geltend machen. Seine späteren Renteneinnahmen wird er aufgrund des Alterseinkünftegesetzes voll versteuern müssen. Daher begehrt der Antragsteller im Hauptsacheverfahren 3 K 255/05 die vom Antragsteller entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, vermindert um die bereits bei den Sonderausgaben gem. § 10 Einkommensteuergesetz (EStG) abgesetzten Beiträge, als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften aus § 22 Nr. 1 EStG i.H.v. 2.808,00 EUR in Form eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte 2005 zu berücksichtigen.
Der Antragsgegner lehnte die Eintragung eines solchen Freibetrages sowie den entsprechenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit dem Hinweis ab, die Aufwendungen für eine Rentenversicherung gehörten weder zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) noch handele es sich um vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften (§ 22 EStG).
Der Antragsgegner verweist auf die im Alterseinkünftegesetz getroffenen Regelungen sowie auf die Einstufung der Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) und des Bundesverfassungsgerichtes (z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. Mai 1998 X R 38/93, BFH/NV 1999, 163; vom 17. Juni 2003 X B 173/02; BFH/NV 2003, 1325; BVerfG-Beschluss vom 20. August 1997 1 BvR 1523/88, HFR 1998, 397).
Der Antragsteller hingegen sieht die zur Rechtslage vor 2005 ergangene Rechtsprechung angesichts der durch das Alterseinkünftegesetz getroffenen Regelungen als überholt an. Er führt zur neuen Gesetzeslage aus: Nach dem Alterseinkünftegesetz werde die Rückzahlung von zuvor eingezahltem Kapital nachgelagert besteuert. Daher müsse steuersystematisch die Einzahlung des Kapitals voll steuermindernd geltend gemacht werden können, um das so genannte "Netto-Prinzip" zu gewährleisten. Durch den Abzug von Werbungskosten bei denÜberschusseinkunftsarten solle das "Netto-Einkommens-Prinzip" gewahrt werden, wonach nur die "Netto-Einkünfte" besteuert werden dürften.
Die im Jahr 2005 aufgewendeten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung stünden im unmittelbaren Zusammenhang mit später voll steuerpflichtigen Einnahmen. Denn nach § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG n.F. seien die Einnahmen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versicherungsfalles - voraussichtlich im Jahre 2038 - zu 98 % und damit nahezu voll zu versteuern. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass aufgrund der finanziellen Situation der Rentenkasse, der alternden Bevölkerung und der gestiegenen durchschnittlichen Lebenserwartung der Renteneintritt für den Antragsteller jenseits des 65. Lebensjahres liegen werde und damit sogar tatsächlich eine Vollversteuerung der Renteneinnahmen zu erwarten sei.
Die Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung seien daher korrespondierend in voller Höhe als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen.
Die vom Gesetzgeber im Alterseinkünftegesetz getroffene Regelung des Sonderausgabenabzugs der Rentenversicherungsbeiträge unterliege verfassungsrechtlichen Zweifeln. Denn es erfolge hierdurch ein erheblicher und sachlich nicht gerechtfertigter Eingriff in das objektive Netto-Prinzip. Der eigentliche Grund für die vom Gesetzgeber gewählte Regelung seien drohende Steuerausfälle.
Die Aussetzung der Vollziehung wegen verfassungsrechtlicher Zweifel sei auch nicht deshalb nicht zugewähren, weil in diesem Fall dasöffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung ausnahmsweise höher zu bewerten sei, als das Interesse des Antragstellers an der Gewährung einstweiliger Rechtschutzes.
Das Alterseinkünftegesetz setze die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Übergangsregelung nicht um. Da dem Gesetzgeber die Problematik bereits seit 25 Jahren - seit der ersten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 26.03.1980 - bekannt sei, könne die Haushaltslage nicht als Argument für solch tiefgreifende Einschnitte zu Lasten der Steuerbürger herangezogen werden.
Die Rücksichtnahme auf eine ordnungsgemäße Haushaltsführung verbiete sich, weil eine bewußte verfassungswidrige Erhebung von Steuern nicht geschützt sei.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung der Ablehnung des Antrages auf Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte 2005 laut Ablehnungsbescheid vom 18.02.2005 i.H.v. 2.808 EUR auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hält an seiner bisher vertretenen Rechtsposition fest, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides bzgl. des Antrags auf Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte bestünden. Er führt dazu aus: Die Aufwendungen für die Rentenversicherung gehörten weder zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit noch handele es sich um vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften.
Durch das Alterseinkünftegesetz sei zwar die Besteuerung der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung geändert worden. Die Beiträge zu dieser Versicherung seien jedoch weiterhin Sonderausgaben i.S.v. § 10 EStG. Der Umfang der steuerlichen Abziehbarkeit dieser Vorsorgeaufwendungen sei abschließend in § 10 Abs. 3 und 4 EStG geregelt. Das Alterseinkünftegesetz sehe die Abziehbarkeit dieser Aufwendung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben nicht vor.
Im Übrigen mangele es an der Darlegung des besonderen berechtigten Interesses an der Gewährung einstweiligen Rechtschutzes, das nach ständiger Rechtsprechung des BFH dann erforderlich sei, wenn sich die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes aus der behaupteten Verfassungswidrigkeit einer Norm ergäben.
Gründe
Der Antrag ist unbegründet.
1.
Die Aussetzung der Vollziehung soll gem. § 69 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Abs. 3 S. 1 2 HS FGO (Finanzgerichtsordnung) erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durchüberwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
a)
Keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466). Solche Umstände sind in vorliegenden Fall nicht gegeben.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zur Rechtslage bis zum 31.12.2004 sind Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen keine vorab entstandenen Werbungskosten zur Erlangung späterer sonstiger Einkünfte i.S.v. § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG, sondern nur als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a EStG im Rahmen der für Vorsorgeaufwendungen geltenden Höchstbeträge (§ 10 Abs. 3 EStG) abziehbar (BFH-Beschlüsse vom 14. Mai 1998 X R 38/93, BFH/NV 1999, 163; vom 17. Juni 2003 X B 173/02, BFH/NV 2003, 1325; vom 3. November 2004 X B 121/03, BFH/NV 2005, 350). Vorsorgeaufwendungen sind nicht Aufwendungen der Einkommenserzielung, sondern Maßnahmen der Einkommensverwendung (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2002 XI R 17/00, BStBl II 2003, 650).
Das Bundesverfassungsgericht hat diese ständige Rechtsprechung des BFH bestätigt. Es hat darauf hingewiesen, es sei von Verfassungs wegen nicht geboten, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als Erwerbsaufwendungen i.S.d. § 9 Abs. 1 EStG zu würdigen (BverfG-Beschluss vom 20. August 1997 I BvR 1523/88, HFR 1998, 397). Zwar müsse der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzung für menschenwürdiges Dasein benötigt werde. Dem Steuerpflichtigen müsse deshalb ein Kernbestand des Erfolgs eigener Betätigung im wirtschaftlichen Bereich in Gestalt der grundsätzlichen Privatnützigkeit des Erworbenen und grundsätzlichen Verfügungsbefugnis über die geschaffenen Vermögenswerten Rechtspositionen erhalten bleiben. Soweit hieraus die Verpflichtung des Gesetzgebers abzuleiten sei, nicht nur den gegenwärtigen Grundbedarf des Steuerpflichtigen von der Besteuerung abzuschirmen, sondern auch die Aufwendungen, die erforderlich seien, um dem Steuerpflichtigen im Falle der Erwerbslosigkeit - insbesondere im Alter - eine das Existenzminimum sichernde Rente zu gewährleisten, genügten die Abzugsbeträge in§ 10 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 EStG diesen Anforderungen.
Diese Rechtsprechungsgrundsätze sind auch auf die ab 2005 geltende Gesetzeslage anzuwenden. Denn der Gesetzgeber hat auch im Alterseinkünftegesetz in § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG bestimmt, dass Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung Sonderausgaben sind. Mit dem Alterseinkünftegesetz hat der Gesetzgeber die einkommensteuerliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Bezügen im Alter aufgrund des Urteils des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2002 (2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618) neu geregelt. Im Mittelpunkt steht bei den Renten der Wechsel von der vorgelagerten zur nachgelagerten Besteuerung. Mit der Neuregelung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, den Übergang in das neue Besteuerungssystem für alle Steuerpflichtigen zu erleichtern und entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass grundsätzlich eine doppelte Besteuerung vermieden wird.
Um stufenweise von der vorgelagerten zur nachgelagerten Besteuerung über zu gehen, führt der Gesetzgeber zum einen gem.§ 10 Abs. 3 EStG ab dem Veranlagungsjahr 2005 einen erhöhten Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen ein. Steuerpflichtige können hiernach im Jahr 2005 60 v.H. ihrer Vorsorgeaufwendungen i.H.v. 20.000 EUR bzw. bei zusammen veranlagten Ehegatten von 40.000 EUR als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Abs. 3 S. 1 und 2 sowie S. 4 EStG). Dieser Betrag ist um die steuerfreien Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung und diesen gleichgestellte steuerfreie Zuschüsse der Arbeitgeber zu vermindern (§ 10 Abs. 3 S. 5 EStG). Der vom Hundertsatz von 60 v.H. erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis 2025 um je 2 v.H. je Kalenderjahr und beträgt dann 2025 100 %.
Zum anderen führt der Gesetzgeber gem. § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2005 stufenweise die Besteuerung der Leibrenten und sonstigen Leistungen ein. Mit Beginn des Jahres 2005 wird die Jahresrente der in den Ruhestand tretenden Steuerpflichtigen dieses Rentenjahrgangs (so genanntes Kohorten-Modell) mit einem Besteuerungsanteil von 50 v.H. besteuert. Der Besteuerungsanteil der Jahresrente steigt sodann für die nachfolgenden Rentenjahrgänge bis zum Jahr 2020 um jährlich 2 v.H. und 2021 bis 2040 um jährlich 1 v.H..
Für Leibrenten und sonstige Leistungen, die nicht solche im Sinne des § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG sind und bei denen in den einzelnen Bezügen Einkünfte aus Erträgen des Rentenrechts enthalten sind, gilt ab dem Jahr 2005 die Ertragsanteilsbesteuerung mit im Vergleich zur bis zum 31.12.2004 geltenden Ertragsanteilsbesteuerung geminderten Ertragsanteilen (§ 22 Nr. 1 S. 3a (bb) S. 1 EStG).
Gem. § 10 Abs. 3 EStG sind danach (voraussichtlich) beim Antragsteller im Jahr 2005 702 EUR als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Bzgl. der Berechnung wird auf die vom Antragsteller im Klageverfahren 3 K 255/05 als Anlage 3 zu den Akten gegebene Berechnung verwiesen.
Eine Eintragung von vorweggenommenen Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften aus § 22 Nr. 1 EStG i.H.v. 2.808 EUR als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte 2005 hat nach summarischer Prüfung nicht zu erfolgen.
b)
Keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der durch das Alterseinkünftegesetz getroffenen Regelungen.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes können sich auch aus der möglichen Verfassungswidrigkeit der im konkreten Streitfall einschlägigen Rechtsnorm ergeben (BFH-Beschluss vom 11.06.2003 IX B 16/03, BStBl II 2003, 663; Gräber, FGO 5. Aufl., § 69 Rn. 88).
Auch ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der durch das Alterseinkünftegesetz getroffenen Regelungen, insbesondere in § 10 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 und 4 EStG, sind nicht gegeben.
Nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung hat der Gesetzgeber im Alterseinkünftegesetz die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BStBl II 2002,618) verfassungskonform umgesetzt.
Nach dem genannten Urteil sollte der Gesetzgeber die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abstimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird. Hierbei steht dem Gesetzgeber sowohl bei den weichenstellenden Grundentscheidungen als auch im Hinblick auf Art und Maß vertrauensschützenderÜbergangsregelungen ein weiter, wenn auch nicht unbegrenzter gesetzgeberischer Gestaltungsraum zu (Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 6. März 2002, 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618, 640).
Außerdem ist auch für die Abwägung zwischen den Erfordernissen folgerichtiger Ausrichtung der Einkommensbesteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen ein weiter gesetzgeberischer Entscheidungsraum eröffnet (Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 6. März 2002 a.a.O).
Nach summarischer Prüfung ist nach dem Stufenmodell des Alterseinkünftegesetzes keine Doppelbesteuerung gegeben.
Der Gesetzgeber hat den Übergang zur nachgelagerten Rentenbesteuerung in Stufen vollzogen und zeitlich bis zum Jahr 2040 gestreckt. Im Gegenzug zur schrittweisen Rentenvollversteuerung sind im Jahr 2005 60 v.H. der nach § 10 Abs. 3 EStG ermittelten Vorsorgeaufwendungen (inklusive Arbeitgeberanteil) anzusetzen. Durch die schrittweise Erhöhung um 2 % Punkte pro Jahr sind bereits im Jahr 2025 100 v.H. erreicht. Es sind also im Rahmen des Höchstbetrages des Sonderausgabenabzugs 100 % der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 2025 zu berücksichtigen, bevor die Rentenvollversteuerung erst im Jahr 2040 greift.
Die Besteuerung der Altersbezüge beginnt in derÜbergangsphase typisierend mit nur einem (einheitlichen) Besteuerungsanteil von 50 % bei allen Steuerpflichtigen, die im Jahre 2005 erstmals Altersbezüge erhalten (Rentenjahrgang 2005). Der Besteuerungsanteil von 50 % orientiert sich am typischen Fall ("Leitbild") der rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmers, bei dem in der Erwerbsphase bis 2004 mindestens die Hälfte der Altersvorsorgeaufwendungen (Arbeitgeber-Anteil) steuerfrei war. Eine Doppelbesteuerung wird damit typisierend ausgeschlossen. Die jährliche Anhebung des Besteuerungsanteils bis auf 100 % im Jahr 2040 korrespondiert mit einer entsprechenden Anhebung der Steuerfreistellung der Altersvorsorgeaufwendungen, so dass der Grundsatz des Verbots der Zweifachbesteuerung auch bis zum Ende der Übergangsfrist in jedem Jahr typisierend gewahrt ist (vgl. Abschlussbericht der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen, BMF-Schriftenreihe Band 74, Seite 57).
Neben der schrittweisen Einführung der Vollbesteuerung der Alterseinkünfte spricht gegen das Eintreten einer Doppelbesteuerung durch die neue gesetzliche Regelung nach summarischer Prüfung auch die Erfahrung, dass typischer Weise die Steuersätze der Steuerpflichtigen in der aktiven Lebensphase höher sind als in der passiven, der Zeit des Rentenbezuges. Daher spricht viel dafür, dass das System der nachgelagerten Besteuerung in der Endstufe nicht zu einer steuerlichen Mehrbelastung, sondern insgesamt auf das Leben des Steuerpflichtigen gesehen eher zu einer steuerlichen Entlastung führt.
Auch das Argument des Antragsteller, die von ihm geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung müssten als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften eingestuft werden, dieses entspreche dem "Netto-Prinzip", führt nach summarischer Prüfung nicht zu ernstlichen verfassungsrechtlichen Zweifel an der vom Gesetzgeber vorgenommenen Klassifizierung der Vorsorgebeiträge als Sonderausgaben.
Dem Gesetzgeber steht bei der Gesetzgebung ein weiter Gestaltungsraum zu. Es besteht kein Verfassungsgebot, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als Erwerbsaufwendungen i.S.v. § 9 Abs. 1 EStG zu würdigen (BverfG-Beschluss vom 20. August 1997 1 BvR 1523/88, HFR 1998, 397). Ebenso wenig war der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gehalten, die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Nr. a) aa) zu behandeln.
Außerdem durfte er die Einkommensbesteuerung auch an den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen ausrichten, die dem Umstand Rechnung tragen müssten, dass ein Systemwechsel bei der Besteuerung nur in langfristigen Zeiträumen durchgeführt werden kann.
Der vom Gesetzgeber gewählte Weg des begrenzten Sonderausgabenabzugs hält sich nach summarischer Prüfung an diese vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Kriterien. Eine Eintragung der Vorsorgeaufwendungen des Antragstellers als vorweggenommene Werbungskosten auf der Lohnsteuerkarte 2005 ist daher im vorliegenden summarischen Verfahren auch wegen ernstlicher verfassungsrechtlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit von § 10 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 und 4 EStG nicht gegeben.
Im Übrigen ist nach der Meinung des Senats insbesondere für den Anfang der Übergangsphase zur Vollbesteuerung der Renten zu bedenken, dass in dieser Zeit die Rentenbesteuerung und die Behandlung der Vorsorgeaufwendungen noch zu einem erheblichen Teil den Charakter der steuerlichen Behandlung nach der alten Rechtslage (bis 31.12.2004) trägt, sodass schon von daher eine Behandlung der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben entsprechend der zur alten Rechtslage ergangenen Rechtsprechung als zumindest nicht verfassungsrechtlich zweifelhaft erscheint.
Auch im Nichtannahmebeschluss vom 21. Dezember 2004 (2 BvR 2197/04) ist das Bundesverfassungsgericht davon ausgegangen, dass sich zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt im Jahr 2005 die Frage der Zweifachbesteuerung der Altersrente nicht stellt. Denn es sei zu beachten, dass sich die vom Steuerpflichtigen in der Auszahlungsphase zu versteuernden Jahresrenten mit Beginn des Veranlagungszeitraums 2005 gemäß dem dann geltenden § 10 Abs. 3 EStG weitgehend aus abzugsfähigen Sonderausgaben zusammensetzten.
c)
Ebenso wenig ist die Aussetzung geboten, weil die Vollziehung des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller eine unbillige Härte zur Folge hätte. Die Vollziehung eines - noch nicht bestandskräftigen - Steuerbescheides ist für den Steuerpflichtigen unbillig hart, wenn ihm dadurch wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur sehr schwer wieder gut zu machen wären, oder wenn sogar die wirtschaftliche Existenz gefährdet wäre (vgl. Beschluss des BFH vom 24. März 1994 IV S 1/94, BStBl II 1994, 398). Solche Gründe sind weder aus den Akten ersichtlich, noch hat sie der Antragsteller substantiiert vorgetragen.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
3.
Die Beschwerde ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).