Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 27.06.2007, Az.: 6 A 3172/05

Bedingung; Einstellungsmitteilung; feststellender Verwaltungsakt; Fürsorge; Jahresfrist; Mindestversorgung; Rente; Ruhegehaltssatz; Ruhegehaltssatzerhöhung; Rücknahme; Versorgungsniveau; Verwaltungsakt; Widerruf

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
27.06.2007
Aktenzeichen
6 A 3172/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 71903
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Mitteilung der Einstellung der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14a Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG infolge einer rückwirkend bewilligten gesetzlichen Rente ist ein feststellender Verwaltungsakt, bei dem kein Raum für die Erwägung besteht, ob im Hinblick auf die Höhe der gesetzlichen Rente das durch § 14 a Abs. 1 BeamtVG zuvor vorübergehend geleistete Versorgungsniveau gewahrt bleibt. Ebenso wenig ist Raum für die Anwendung der Jahresfrist aus § 48 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG für Rücknahme und Widerruf.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

1

Der Kläger, ein wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzter Professor (BesGr A 15 BBesO), wendet sich gegen die Einstellung der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14 a des Beamtenversorgungsgesetzes - BeamtVG - durch den Beklagten.

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Der am 22. Oktober 1940 geborene Kläger wurde mit Ablauf des 31. Juli 1998 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Seit dem 1. August 1998 erhielt er von dem Beklagten Versorgungsbezüge unter Zugrundelegung eines Ruhegehaltssatzes von 63,58 v.H.. In dem Bewilligungsbescheid vom 2. Juli 1998 wies der Beklagte unter anderem auf Anzeigepflichten, Vorbehalte sowie mögliche Kürzungen und Rückforderungen von Versorgungsleistungen hin. Auf Antrag des Klägers erhöhte der Beklagte durch Bescheid vom 4. August 1998 mit Wirkung vom 1. August 1998 gemäß § 14 a BeamtVG vorübergehend den Ruhegehaltssatz auf 69,58 v. H., da der Kläger trotz erfüllter rentenrechtlicher Wartezeit seinerzeit noch keine Rente bezog. Der Bescheid enthält die Nebenbestimmung, dass die Erhöhung bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres u.a. wegfalle, wenn der Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe, und zwar mit Ablauf des Tages vor Beginn der Rente. Die Erhöhung werde unter dem Vorbehalt der Rückzahlungsverpflichtung für den Fall gezahlt, dass ihre Voraussetzungen entfallen, wobei sich der Kläger nicht auf Entreicherung berufen könne.

3

Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bewilligte dem Kläger nach längeren rechtlichen Auseinandersetzungen im September 2000 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit rückwirkend ab dem 1. April 1998 (i.H.v. monatlich 606,77 DM ab dem 1. April 1998, 609,45 DM ab dem 1. Juli 1998, 617,64 DM ab dem 1. Juli 1999, 621,35 DM = 317,69 Euro ab dem 1. November 2000 und 334,21 Euro ab dem 1. September 2004). Der Beklagte rechnete die Rente gemäß § 55 BeamtVG durch Bescheid vom 17. November 2000 auf die Versorgungsbezüge des Klägers an und forderte erfolgreich die diesbezüglich überzahlten Versorgungsbezüge zurück. Erst anlässlich einer Überprüfung des Versorgungsfalles im August 2004 stellte er fest, dass dem Kläger weiterhin aufgrund des Bescheides vom 4. August 1998 erhöhte Versorgungsbezüge (nach dem Ruhegehaltssatz von 69,58 v.H. statt 63,58 v.H.) gezahlt und noch keine Überzahlungen in diesem Zusammenhang zurückgefordert worden waren.

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Mit Bescheid vom 22. Oktober 2004 stellte er daher fest, dass die Voraussetzungen für die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes mit Bescheid vom 4. August 1998 ab dem 1. August 1998 nicht mehr vorliegen, und stellte die erhöhte Ruhegehaltsgewährung ab dem 1. Juli 2004 ein. Mit anliegendem Bescheid vom 22. Oktober 2004 forderte er überzahlte Versorgungsbezüge in Höhe von 17.755,45 Euro für die Zeit vom 1. August 1998 bis 30. Juni 2004 vom Kläger zurück, gewährte ihm aus Gründen der Billigkeit Ratenzahlung in Höhe von 1.000 Euro pro Monat und erklärte die Aufrechnung mit den laufenden Versorgungsbezügen.

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Den Widerspruch des Klägers gegen den Einstellungsbescheid wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2005 - zugestellt am 30. Juni 2005 - zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Bescheid vom 4. August 1998 sei rechtswidrig geworden, weil dem Kläger wegen der rückwirkend bewilligten Berufsunfähigkeitsrente kein Anspruch mehr auf vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes zugestanden habe. Die Rücknahme sei binnen der Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 VwVfG erfolgt, da er erst im August 2004 Kenntnis von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlangt habe.

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Dem Widerspruch des Klägers gegen den Rückforderungsbescheid half der Beklagte insoweit ab, als er von der Rückforderung aus Gründen der Billigkeit zur Hälfte (8.877,72 Euro) absah. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück. Gegen die teilweise Zurückweisung seines Widerspruchs klagt der Kläger im Parallelverfahren mit dem Aktenzeichen 6 A 3807/05.

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Der Kläger hat am 1. August 2005 - einem Montag - Klage gegen die Einstellung der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die Einstellung sei rechtswidrig erfolgt. Der Beklagte habe wegen der Wechselbezüglichkeit der Ruhensvorschrift § 55 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG und § 14 a Abs. 3 BeamtVG zumindest erwägen müssen, ob § 14 a Abs. 3 BeamtVG im Wege einer teleologischen Reduktion mit dem Ziel angewandt werden könne, eine Unterschreitung der ihm durch § 14 a Abs. 1 BeamtVG gewährleisteten „Mindestversorgung“ zu verhindern. Denn es sei nicht ausgeschlossen dass er - der Kläger - mit dem nach § 55 BeamtVG gekürzten Ruhegehalt und der BfA-Rente die „Mindestversorgung“ nicht erreiche, die § 14 a Abs. 1 BeamtVG sicherstellen solle. Der Beklagte habe zudem die Einstellung der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nicht innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG veranlasst. Die entscheidungserheblichen Tatsachen hätte ihm spätestens bei der Ruhensberechnung nach § 55 BeamtVG am 16. November 2000 vorgelegen. Für den Beginn der Jahresfrist müsse ein „kennen müssen“ der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts genügen. Entsprechendes werde bei Rückforderungsfällen vom Beamten verlangt.

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Der Kläger beantragt,

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den Einstellungsbescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2005 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide und erwidert ergänzend: Er sei auch aus Fürsorgegründen nicht gehalten gewesen, bei Einstellung der erhöhten Ruhegehaltsgewährung Erwägungen zu der nach dem BeamtVG gewährleisteten Mindestversorgung des Klägers anzustellen. Denn die auf der Grundlage des Ruhegehaltsatzes von 63,58 v.H. und der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge der BesGr A 15 BBesO berechneten Versorgungsbezüge überstiegen zusammen mit der BfA-Rente sowohl die amtsbezogene Mindestversorgung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG als auch die amtsunabhängige Mindestversorgung nach § 14 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG. Die BfA-Rente erhöhe die Gesamtversorgung des Klägers bis zu der in § 55 BeamtVG vorgesehenen Höchstgrenze. Die Einstellung sei auch binnen der Jahresfrist erfolgt, da die Frist erst zu laufen beginne, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage sei, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu entscheiden. Dies sei frühestens im August 2004 anlässlich einer Überprüfung des Versorgungsfalles gewesen. Denn erst zu diesem Zeitpunkt sei positiv festgestellt worden, dass dem Kläger weiterhin entgegen § 14 a Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG erhöhte Versorgungsbezüge gezahlt worden seien.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte 6 A 3807/05 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Die Einstellung der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14 a BeamtVG durch den Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

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Der angefochtene Bescheid ist ein sogenannter feststellender Verwaltungsakt, der die zwingende Rechtsfolge des § 14 a Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG, die auch als Nebenbestimmung in Form einer auflösenden Bedingung in den Bescheid des Beklagten vom 4. August 1998 aufgenommen worden war, im Fall des Klägers konkretisiert und den Ausgangspunkt der nachfolgenden Rückforderungsentscheidung bildet. Trotz des im Widerspruchsbescheid gelegentlich verwandten Begriffs „Rücknahme“ handelt es sich bei verständiger Auslegung nicht um eine Entscheidung nach § 48 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nds. VwVfG. Vielmehr weist der Beklagte zur Klarstellung und aus Gründen der Rechtssicherheit in dem Bescheid darauf hin, dass die in seinem Bescheid vom 4. August 1998 geregelte vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes mit Wirkung ab dem 1. August 1998 endet, weil dem Kläger rückwirkend ab dem 1. April 1998 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine (gesetzliche) Berufsunfähigkeitsrente gewährt wird, und damit nicht nur die gesetzliche Folge des § 14 a Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG, sondern auch die entsprechend formulierte auflösende Bedingung im Bescheid vom 4. August 1998 eingetreten ist.

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Entgegen der Auffassung des Klägers war der Beklagte bei Erlass dieses feststellenden Verwaltungsakts nicht gehalten, aus Gründen der Fürsorge oder anderen Erwägungen Überlegungen dazu anzustellen, ob § 14 a Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG im Wege einer teleologischen Reduktion mit dem Ziel angewandt werden könne, eine Unterschreitung der ihm durch § 14 a Abs. 1 BeamtVG zuvor vorübergehend geleisteten „Mindestversorgung“ zu verhindern.

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Eine solche Überlegung ist schon dogmatisch fernliegend. § 14 a Abs. 1 BeamtVG gewährleistet nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck schon keine (vorübergehende) Mindestversorgung für wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzter Beamten bis zur Erreichung der Altersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahrs), die gegebenenfalls zur Aufstockung einer nicht das vorgesehene Niveau erreichenden (vorrangigen) gesetzlichen Rente herangezogen werden könnte. Vielmehr handelt es sich um einen verfassungsrechtlich nicht gebotenen Ausgleich von Härten, die sich dadurch ergeben können, dass neben den Versorgungsbezügen bestehende Ansprüche auf gesetzliche Rente vor Erreichung der Altersgrenze nicht realisiert werden können (vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, § 14 a BeamtVG, Rn. 10 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 6. April 2000 - 2 C 25.99 - BVerwGE 111, 93, das Art. 33 Abs. 5 GG nicht als Maßstab erwägt). Dieser Ausgleich ist, wie die Bemessung der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes in § 14 a Abs. 2 BeamtVG oder die Tatbestände für den Wegfall der Erhöhung in § 14 a Abs. 3 BeamtVG zeigen, pauschalisiert und typisiert ausgestaltet, ohne das erkennbar wird, dass der Gesetzgeber dem betroffenen Ruhestandsbeamten in jedem Fall ein (vorübergehendes) Mindestversorgungsniveau zubilligen wollte. Verfassungsrechtlich ist der Gesetzgeber insoweit nur gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gefordert, den Ausgleich gleichförmig zu gewähren (Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, § 14 a BeamtVG, Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 6. April 2000 - 2 C 25.99 - BVerwGE 111, 93). Unter Berücksichtung seiner Befugnis, bei der Leistungsgewährung im Versorgungsrecht in Masseverfahren auch Pauschalisierungen und Typisierungen vornehmen zu dürfen (BVerfG, Beschluss vom 10. April 1997 - 2 BvL 77/92 - BVerfGE 96, 1, 6), ist insoweit nicht zu beanstanden, dass die Erhöhung nach § 14 a Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG pauschal mit dem Bezug einer Versichertenrente der gesetzlichen Rentenversicherung endet, ohne dass es auf die Höhe dieser Rente ankommt. Denn der Gesetzgeber durfte aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität in all diesen Fällen davon ausgehen, dass es ab Gewährung einer gesetzlichen Rente keines versorgungsrechtlichen Ausgleichs mehr bedarf, sondern das Versorgungsniveau des Betroffenen auf andere Weise, nämlich durch die Ausgestaltung der gesetzlichen Rente sichergestellt ist. Es wäre auch unstimmig, wenn dem vorzeitig zurruhgesetzten Versorgungsempfänger über eine solche „Aufstockung“ bis zur Erreichung der Altersgrenze vorübergehend höhere Leistungen gewährt werden müssten als er nach Vollendung des 65. Lebensjahres dauerhaft beanspruchen könnte, zumal die Erhöhung nach § 14 a Abs. 3 Satz 1 BeamtVG spätestens mit Erreichen der Altersgrenze endet.

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Zutreffend weist der Beklagte in diesem Zusammenhang ferner darauf hin, dass der Gesetzgeber die Mindestversorgung anderenorts geregelt hat und im Fall des Klägers dieses Niveau nicht ansatzweise unterschritten wird. Denn die ihm auf der Grundlage des (nicht erhöhten) Ruhegehaltssatzes von 63,58 v.H. und der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge der Besoldungsgruppe A 15 BBesO berechneten Versorgungsbezüge übersteigen zusammen mit der BfA-Rente sowohl die amtsbezogene Mindestversorgung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG (35 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge) als auch die amtsunabhängige Mindestversorgung nach § 14 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG (65 v.H. der jeweils ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4 BBesO). Außerdem erhöht die BfA-Rente seine Gesamtversorgung in einer Weise, dass die in der Ruhensvorschrift des § 55 BeamtVG vorgesehene Höchstgrenze überschritten wird. Dementsprechend werden Teile seiner Versorgungsbezüge zur Vermeidung einer Doppelversorgung aus öffentlichen Kassen zum Ruhen gebracht. Auch dies zeigt, dass er nicht unter eine vom Gesetzgeber als bedenklich angesehene Mindestversorgung fällt.

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Im Übrigen ergeben sich - ausgehend von der Höhe der dem Kläger gewährten BfA-Rente - keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mit dem nach § 55 BeamtVG gekürzten Ruhegehalt und der BfA-Rente das vorübergehende Versorgungsniveau unterschreitet, das ihm zuvor der Ausgleich nach § 14 a Abs. 1 BeamtVG ermöglicht hatte. Beispielsweise übersteigen die ihm im August 1998 bei einem Ruhegehaltssatz von 63,58 v.H. gewährten Bruttoversorgungsbezüge (5.581,69 DM) und die nachträglich bewilligte BfA-Rente in Höhe von seinerzeit 609,45 DM mit einem Gesamtbetrag von 6.191,14 DM die ihm unter Zugrundelegung eines Ruhegehaltssatzes von 69,58 v.H. gewährten vorübergehend erhöhten Versorgungsbezüge (6.108,43 DM im August 1998). Es ist nicht ansatzweise dargetan oder ersichtlich, dass sich dieses Verhältnis in späteren Zeiträumen bedeutsam verändert hat.

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Entgegen der Auffassung der Beteiligten findet die für Rücknahme und Widerruf bestandskräftiger Verwaltungsakte geltende Jahresfrist aus § 48 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG (ab Kenntnisnahme der die Rücknahme/den Widerruf rechtfertigenden Tatsachen) keine Anwendung auf den Erlass feststellender Verwaltungsakte dieser Art. Vielmehr kann der Beklagte bis zur Grenze der Verwirkung zu jedem Zeitpunkt die Feststellung treffen, dass die gesetzliche Folge des § 14 a Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG bzw. die entsprechende auflösende Bedingung in dem Erhöhungsbescheid in einem konkreten Versorgungsfall ab einem bestimmten Zeitpunkt eingetreten ist. Folglich mag dahinstehen, ob hier die Jahresfrist noch gewahrt ist, obwohl dem Beklagten bereits im Herbst 2000 der Bezug der gesetzlichen Rente bekannt geworden ist.

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Der Vertrauensschutz in diesen Fällen ist grundlegend anders konzipiert als durch § 48 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG in Rücknahme-/Widerrufsfällen. Durch die gesetzliche Vorschrift des § 14 a Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG und insbesondere die entsprechende Nebenbestimmung in dem Erhöhungsbescheid (hier vom 4. August 1998) ist das Vertrauen des Ruhestandsbeamten in den Bestand des Erhöhungsbescheid von vornherein kaum schützenswert, da ihm die Regelungszusammenhänge und insbesondere der mögliche Wegfall der vorübergehenden Erhöhung der Versorgung bekannt gemacht wurden. Im Einzelfall gleichwohl gebotener Vertrauensschutz ist einerseits nach den Regeln der Verwirkung sichergestellt. Für eine Verwirkung im Fall des Klägers bestehen allerdings keine Anhaltspunkte, zumal er angesichts der klaren gesetzlichen Regelung und der entsprechenden Nebenbestimmungen im Bescheid vom 4. August 1998 - trotz einer unterbliebenen Einstellung der Erhöhung des Ruhegehaltssatzes anlässlich der Ruhensberechnung des Beklagten im November 2000 - auch im Jahr 2004 (also weitere vier Jahre später) noch nicht damit rechnen durfte, eine derartige Einstellung werde dauerhaft unterbleiben. Jedenfalls bis zum Ablauf des Monats der Vollendung seines 65. Lebensjahrs (31. Oktober 2005) musste er angesichts der klaren Nebenbestimmung im Bescheid vom 4. August 1998 damit rechnen, dass die vorübergehende Erhöhung nochmals einer eingehenden Prüfung unterzogen wird.

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Zum anderen bieten die speziellen Rückforderungsvorschriften für überzahlte Versorgungsbezüge in § 52 Abs. 2 BeamtVG und dort insbesondere die Billigkeitsentscheidung in Satz 3 hinreichende Möglichkeiten, im Einzelfall schützenswertes Vertrauen in den Bestand der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehalts zu berücksichtigen. Demgegenüber wäre es nicht gerechtfertigt, den Versorgungsempfänger über eine entsprechende Anwendung der Jahresfrist pauschal zu begünstigen. Schließlich ist der Versorgungsempfänger in Fällen wie diesen auch durch das neue Verjährungsrecht vor unbilligen Ergebnissen geschützt. Denn nach neuem Recht und in den meisten übergeleiteten Fällen verjährt ein nachfolgender Rückforderungsanspruch drei Jahre nach Entstehung des Rückforderungsanspruchs und Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis der den Anspruch begründenden Umstände (vgl. Ausführungen in dem Parallelurteil 6 A 3172/05), was allerdings dem Kläger wegen der noch rechtzeitigen Geltendmachung der Rückforderungsansprüche hier nichts hilft.