Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 30.10.2002, Az.: 7 U 48/97

Erbvertrag; Grundbucheintragung; grundbuchrechtliche Vollziehung; Grundstücksvermächtnis; Hofübergabevertrag; letztwillige Verfügung; Nachteil; Testament; Tod; Vermächtnisanspruch; Versterben; Veränderung; Übergeber

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
30.10.2002
Aktenzeichen
7 U 48/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43942
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 20.12.1996 - AZ: 2 O 275/95

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 20. Dezember 1996 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und unter Einbeziehung des Versäumnisurteils des Senats vom 5. Februar 1998 insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, eine Teilfläche des Grundstücks Gemarkung ..., Flur 13, Flurstück 17/9 (jetzt 17/11 und 17/12), eingetragen im Grundbuch von ... des Amtsgerichts ..., Band 74 Blatt 2217, zur Größe von 500 qm entsprechend der mit diesem Urteil verbundenen Anlage zum notariellen Testament vom 30. Oktober 1992 (rote Umrandung auf dem Lageplan) zu vermessen, abzuschreiben und die Teilung zu bewilligen sowie das hierdurch entstehende Teilstück nebst dem Grundstück Gemarkung ..., Flur 13, Flurstück 20/3, zur Größe von 597 qm, eingetragen im Grundbuch von ..., Band 74 Blatt 2217, an die Klägerin aufzulassen, und zwar Zug um Zug gegen Übernahme der im Grundbuch von ..., Band 74 Blatt 2217, in Abteilung III unter den laufenden Nummern 14 und 15 eingetragenen Grundschulden von 300.000 DM (zuzüglich Zinsen und Nebenleistung) und von 150.000 DM (zuzüglich Zinsen und Nebenleistung) sowie gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115.000 EUR wegen der im Erbvertrag vom 3. Februar 1993 vorgesehenen Freistellung des Beklagten von der als Folge der Eigentumsübertragung anfallenden Einkommensteuer.

Die Klage wird hinsichtlich des Klageantrags zu 11 abgewiesen.

Die Kostenentscheidung für die erste Instanz bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu einem Drittel die Klägerin und zu zwei Dritteln der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 135.000 EUR und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Parteien können die Sicherheit auch in Form einer schriftlichen, unwiderruflichen, unbedingten, unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volksbank oder Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, erbringen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschwer für die Klägerin: unter 20.000 EUR.

Beschwer für den Beklagten: über 20.000 EUR.

Gründe

1

Die Parteien sind Geschwister. Sie streiten sich über das Erbe nach ihrem am 25. Dezember 1994 verstorbenen Vater ... (Erblasser). Er war Eigentümer verschiedener Ländereien. Dazu gehörte zum einen der im Grundbuch von ... Blatt 2217 eingetragene Grundbesitz zur Größe von 12,8403 ha einschließlich der Hofstelle in ..., ..., von ca. 3.900 qm. In dem Eigentum des Erblassers standen zum anderen weitere Flächen, eingetragen in den Grundbüchern von ... Blatt 1641, 2218, 2412, von ... Blatt 96 und von ... Blatt 214.

2

Unstreitig bewirtschaftet der Beklagte seit Jahrzehnten von der Hofstelle in ... die einstmals im Eigentum des Erblassers gestandenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen.

3

Der Beklagte befürchtete zumindest seit 1985, in seiner Erberwartung hinsichtlich des Grundbesitzes durch Verfügungen des Erblassers zugunsten der Klägerin benachteiligt zu werden. In einem unter dem 30. August 1985 datierten Schriftstück (Bd. III Bl. 217 GA) erklärte der Erblasser deshalb, dass er sich verpflichte, zugunsten des Beklagten einen Erbvertrag über das Hofesvermögen zu machen; zugleich sprach die Klägerin ihren Verzicht auf Ansprüche nach §§ 12, 13 Höfeordnung aus. Zuvor hatte die Klägerin in einem handschriftlich verfassten Schriftstück vom 8. April 1983 (Bd. III Bl. 216 GA) erklärt, dass sie mit dem, was sie bis jetzt vom Hofe erhalten habe, abgefunden sei und auf Nachabfindungsansprüche verzichte.

4

In der notariellen Urkunde vom 10. Oktober 1985 (UR-Nr. 741/85 des Notars ...) (Bd. I Bl. 80 GA) erklärte die Klägerin, dass sie sowohl gegenüber dem Erblasser als auch gegenüber dem Beklagten auf alle ihr zustehenden Ansprüche aus §§ 12, 13 Höfeordnung oder sonstigen einschlägigen Rechtsvorschriften verzichtet, nachdem festgehalten worden war, dass der Beklagte durch Vertrag oder durch Erbfolge Rechtsnachfolger des Hofesvermögens des Erblassers werden wird und mit der zwischen den drei Beteiligten getroffenen Vereinbarung vom 10. Oktober 1985 klargestellt werden soll, dass die Klägerin keinerlei Abfindungs- oder Nachabfindungsansprüche gemäß §§ 12, 13 Höfeordnung oder sonstigen einschlägigen Rechtsvorschriften hat. In einer weiteren notariellen Urkunde vom 10. Oktober 1985 (UR-Nr. 740/85 des Notars ... (Bl. 33 der Beiakte 2 O 413/94 LG Hildesheim) hatte der Erblasser vor dem Hintergrund, dass der Beklagte "im Wege der verfrühten Erbfolge oder durch Erbfolge" Eigentümer seines Hofes nebst den Ländereien sein wird, zu dessen Gunsten die Eintragung einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch beantragt. Die Vormerkung wurde am 8. November 1985 im Grundbuch eingetragen.

5

Im Jahre 1986 errichtete der Erblasser auf dem Hofgrundstück in ... das Mehrfamilienhaus ..., zu dessen Finanzierung er Grundschulden von 300.000 DM und 150.000 DM aufnahm, die im Grundbuch von ... Blatt 2217 in Abteilung III unter den laufenden Nummern 14 und 15 eingetragen sind.

6

Am 2. Oktober 1992 unterzeichnete der Erblasser beim Notar ... (UR-Nr. 720/92) eine von diesem vorbereitete schriftliche Erklärung, nach der der Erblasser bestimmte, dass sein im Grundbuch von ... Blatt 2217 eingetragener landwirtschaftlicher Betrieb kein Hof mehr sein sollte (Bd. I Bl. 83 GA). Daraufhin veranlasste das Landwirtschaftsgericht ... die Löschung des Hofvermerks am 19. November 1992 im Grundbuch.

7

Mit notariellem Testament vom 30. Oktober 1992 (UR-Nr. 787/92 des Notars ... (Bl. I Bl. 84 GA) setzte der Erblasser den Beklagten zu seinem Erben und Hoferben ein und belastete ihn mit verschiedenen Vermächtnissen. Unter Ziffer II. 2 enthält das Testament ein Grundstücksvermächtnis zugunsten der Klägerin; danach sollte der Beklagte ihr das Mehrfamilienhaus ... mit einer Fläche von 597 qm und weiteren ca. 500 qm innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt des Erbfalls zu einem Kaufpreis von 500.000 DM lastenfrei verkaufen.

8

Im Dezember 1992 beantragte der Erblasser gegenüber dem Landwirtschaftsgericht ... in einer notariellen Urkunde die Wiedereintragung des Hofvermerks (Bd. I Bl. 62/63 GA). Daraufhin wurde der Hofvermerk am 18. Januar 1993 wieder im Grundbuch eingetragen (Bl. I Bl. 65 GA).

9

Mit notariellem Erbvertrag vom 3. Februar 1993 (UR-Nr. 94/93 des Notars ...) (Bd. I Bl. 104 bzw. 107 GA) ergänzte der Erblasser das in seinem Testament vom 30. Oktober 1992 zugunsten der Klägerin o. g. ausgesetzte Vermächtnis dahingehend, dass die Klägerin bei Ankauf des Mehrfamilienhauses ... verpflichtet sein soll, "sowohl die auf dem Grundstück ruhenden Belastungen zu übernehmen als auch ihren Bruder von evtl. anfallender Einkommensteuer, die bei der Übertragung entstehen kann, freizustellen." Der Beklagte nahm in der notariellen Urkunde diese erbvertragliche Erklärung an. An diesem Beurkundungstermin, der im Hause des Erblassers stattfand, hatte auch der Notar ... teilgenommen, der einen anderslautenden Erbvertrag (Bd. III Bl. 218 GA) vorbereitet hatte. Von dem Erblasser war eine Unterzeichnung dieses Erbvertrages abgelehnt worden.

10

Schließlich wurde zwischen dem Erblasser und seiner Ehefrau einerseits und dem Beklagten andererseits am 30. April 1993 vor dem Notar ... ein Hofübergabevertrag (UR-Nr. 299/93) beurkundet (Bd. I Bl. 109 GA), in dem der Erblasser dem Beklagten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen sämtlichen Grundbesitz unter Übernahme der eingetragenen Belastungen und eines näher beschriebenen Altenteils übertrug. In § 11 des Vertrages wurde aufgenommen, dass der Beklagte der Klägerin keine Abfindung mehr zu zahlen hat, weil diese sich durch notarielle Urkunde vom 10. Oktober 1985 für abgefunden erklärt hatte. In § 12 des Vertrages wurde im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter der Klägerin das Recht eingeräumt, von dem Beklagten die Übertragung des Mehrfamilienhauses ... in einer Größe von 700 qm (bzw. 300 qm) zu verlangen. Als Kaufpreis sollte der Verkehrswert entrichtet werden, der von einem Gutachter ermittelt werden sollte. Das Grundstück sollte lastenfrei übertragen werden; sämtliche Kosten der Übertragung und auch die daraus entstehenden Steuern, die durch die Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen anfallen, sollte die Klägerin tragen.

11

Mit Anwaltsschreiben vom 11. Mai 1993 (Bd. I Bl. 90 GA) ließ der Erblasser die im Übergabevertrag vom 30. April 1993 abgegebenen Erklärungen wegen Irrtums und Täuschung anfechten. Für eine entsprechende Anfechtungsklage vor dem Landgericht Hildesheim wurde dem Erblasser durch Beschluss des Landgerichts vom 6. Dezember 1994 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung versagt (vgl. die Beiakte 2 O 413/94 LG Hildesheim).

12

Nach dem Tode des Erblassers am 25. Dezember 1994 wurde auf Betreiben des Beklagten der Übergabevertrag vom 30. April 1993 durch Beschluss des Landwirtschaftsgerichts ... vom 12. April 1995 genehmigt. Diese Entscheidung ist mit Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18. April 1996 rechtskräftig geworden. Der Beklagte ist am 11. Juli 1996 als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden (Bd. I Bl. 228 ff GA).

13

Die Klägerin ihrerseits hatte am 23. Juni 1995 zu Protokoll des Notars ... die Anfechtung der in den Verträgen vom 3. Februar und 30. April 1993 enthaltenen Willenserklärungen des Erblassers wegen Täuschung und Irrtums erklärt (Bd. I Bl. 125 GA). Diese Anfechtung wiederholte sie am 18. September 1995 vor dem Notar ..., wobei von ihr darüber hinaus auch die Erklärung des Erblassers vom Dezember 1992 auf Wiedereintragung des Hofvermerks angefochten wurde (Bd. I Bl. 98 GA).

14

Mit ihrer im hiesigen Verfahren im Juni 1995 beim Landgericht eingereichten Klage, die sie mit Schriftsatz vom 19. September 1995 erweitert hat, macht die Klägerin ihre vermeintlichen Rechte aus dem notariellen Testament vom 30. Oktober 1992 nach Maßgabe diverser Klageanträge geltend.

15

Der Beklagte seinerseits hatte im Oktober 1995 bei dem Landwirtschaftsgericht ... (2 Lw 19/95) seine Feststellung als Hoferbe beantragt. Im Hinblick hierauf hat das Landgericht den bei ihm anhängigen Rechtsstreit bis zur Vorlage einer rechtskräftigen Entscheidung in der Landwirtschaftssache ausgesetzt. Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Durch Beschluss des Senats vom 12. Juli 1996 ist der Aussetzungsbeschluss des Landgerichts teilweise insoweit aufgehoben worden, als die Entscheidung über die Klageanträge zu 1 bis 9 und 11 ausgesetzt worden ist; bezüglich der Klageanträge zu 10 und 12 ist es dagegen bei der Aussetzung verblieben.

16

Während es sich bei den Klageanträgen 4 bis 8 nicht um Sachanträge handelt, hat die Klägerin mit dem Klageantrag zu 9 die Feststellung begehrt, dass die Erklärung des Erblassers vom 18. Dezember 1992, bezogen auf die Wiedereintragung des Hofvermerks im Grundbuch, unwirksam sei und der Grundbesitz kein Hof im Sinne der Höfeordnung sei. Das Verfahren betreffend dieses Klageantrags hat das Landgericht durch Beschluss vom 7. August 1996 an das zuständige Landwirtschaftsgericht abgegeben.

17

Mit den Klageanträgen zu 1 bis 3 hat die Klägerin die Übertragung des Hausgrundstücks ... nach Maßgabe des notariellen Testaments vom 30. Oktober 1992 sowie mit dem Klageantrag zu 11 die Erfüllung eines weiteren im Testament angeordneten Vermächtnisses in Bezug auf ... -Aktien geltend gemacht.

18

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Verträge vom 3. Februar und 30. April 1993 infolge Anfechtung unwirksam seien.

19

Die Klägerin hat beantragt,

20

den Beklagten zu verurteilen,

21

1. eine Teilfläche des Flurstücks 17/9, eingetragen im Grundbuch von ... Band 74 Blatt 2217, zur Größe von ca. 500 qm  entsprechend der Anlage zum notariellen Testament vom 30. Oktober 1992 (rote Umrandung auf dem Lageplan) zu vermessen, abzuschreiben und die Teilung zu bewilligen,

22

2. das dadurch entstandene Teilstück sowie das Flurstück 20/3, eingetragen im Grundbuch von ... Band 74 Blatt 2217, an die Klägerin lastenfrei aufzulassen, Zug um Zug gegen Zahlung von 500.000 DM,

23

3. die Klägerin von dem auf dem vorbezeichneten Flurstücken ruhenden dinglichen Lasten freizustellen,

24

11. a) an die Klägerin 85 ... -Aktien aus dem Nachlass in Erfüllung des Vermächtnisses vom 30. Oktober 1992 herauszugeben und ihr zu übereignen,

25

b) dem Beklagten aufzugeben, die vorbezeichneten Aktien innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Rechtskraft des Urteils an die Klägerin herauszugeben und ihn für den Fall fruchtlosen Fristablaufs zu verurteilen, an die Klägerin 28.475,00 DM nebst 4 % Zinsen zu zahlen.

26

Der Beklagte hat beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Der Beklagte hat geltend gemacht, die in den Verträgen vom 3. Februar und 30. April 1993 enthaltenen Regelungen hätten dem Willen des Erblassers entsprochen.

29

Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 20. Dezember 1996 die Klage bezüglich der Anträge zu 1 bis 3 sowie 11 abgewiesen. Soweit es um die Herausgabe der Aktien gehe, sei die Klage mangels bestimmten Klageantrags unzulässig. Bezüglich der Klageanträge zu 1 bis 3 sei die Klage unbegründet. Denn die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übertragung des Hausgrundstücks ... nach Maßgabe des Testaments vom 30. Oktober 1992, sondern nur aufgrund der in § 12 des Übergabevertrages vom 30. April 1993 getroffenen Vereinbarung. Dies werde von der Klägerin aber abgelehnt. Nach Ansicht des Gerichts seien sowohl der Erbvertrag als auch der Übertragungsvertrag wirksam, da die erklärten Anfechtungen nicht durchgreifen würden.

30

Gegen dieses Teilurteil des Landgerichts hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt hat.

31

Zwischenzeitlich ist dem Feststellungsantrag des Beklagten (2 Lw 19/95 AG ...) von dem Landwirtschaftsgericht durch Beschluss vom 28. November 1996 entsprochen worden. Hiergegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt, die erfolglos blieb. Durch Beschluss des Senats vom 15. September 1997 (7 W (L) 3/97) ist festgestellt worden, dass der Grundbesitz des Erblassers (mit Ausnahme der im Grundbuch von ... Blatt 2412 eingetragenen Hoffläche von 1820 qm) ein Hof im Sinne der Höfeordnung ist und der Beklagte sein Hoferbe geworden ist. Die von der Klägerin hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde ist von dem Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 19. März 1998 (BLw 49/97) als unzulässig verworfen worden.

32

Anlässlich dieses Verfahrens betreffend die Feststellung der Hofeigenschaft und der Hoferbfolge (7 W (L) 3/97) hat der Senat im hiesigen Berufungsverfahren am 17. September 1997 den Hinweis erteilt, dass die letztwilligen Verfügungen des Erblassers vom 30. Oktober 1992/3. Februar 1993 wegen des darin enthaltenen Grundstücksvermächtnisses der landwirtschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 16 Abs. 1 HöfeO bedürfen. Daraufhin hat die Klägerin im November 1997 beim Landwirtschaftsgericht (2 Lw 32/97 AG ...) einen Antrag auf landwirtschaftgerichtliche Genehmigung des zu ihren Gunsten im Testament vom 30. Oktober 1992 enthaltenen Vermächtnisses gestellt. Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 24. April 2001 zurückgewiesen, nachdem ein eingeholtes Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis gelangt ist, dass eine Vermächtniserfüllung den landwirtschaftlichen Betrieb des Beklagten derart wirtschaftlich belasten werde, dass dieser dem Beklagten kein angemessenes Einkommen mehr bieten werde. Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin sofortige Beschwerde erhoben. Aufgrund dieser Beschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 15. April 2002 (7 W (L) 41/01) unter Abänderung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts die zugunsten der Klägerin in dem notariellen Testament vom 30. Oktober 1992 angeordneten Vermächtnisse in der Fassung des notariellen Erbvertrages vom 3. Februar 1993 landwirtschaftsgerichtlich genehmigt. Der Senat hat in seinem Beschluss im einzelnen ausgeführt, dass in dem Genehmigungsverfahren auf das Grundstückvermächtnis in der Fassung des Erbvertrages vom 3. Februar 1993 abzustellen gewesen ist, welches nicht wirksam durch den Übergabevertrag vom 30. April 1993 aufgehoben worden ist, und dass vorliegend weder Versagungsgründe nach § 9 GrdstVG, die einer Genehmigung des Grundstücksvermächtnisses nach § 16 Abs. 1 HöfeO entgegen stehen könnten, noch Versagungsgründe nach der Höfeordnung gegeben sind.

33

In dem hiesigen Berufungsverfahren hat die Klägerin zunächst geltend gemacht, die Regelung in § 12 des Hofübergabevertrages stehe einer Erfüllung des Grundstücksvermächtnisses nicht entgegen, weil der Erblasser hierdurch seine letztwilligen Verfügungen nicht geändert habe. Der Beklagte sei deshalb zumindest verpflichtet, das Vermächtnis aus dem Erbvertrag vom 3. Februar 1993 zu erfüllen. Dem werde durch den in der Berufungsbegründung angekündigten Hilfsantrag Rechnung getragen, der sich auf die Übertragung des Hausgrundstücks nach Maßgabe des Erbvertrages beziehe. Der Hilfsantrag werde aber nicht zum Tragen kommen, weil der Erbvertrag unwirksam sei und es deshalb auf das Testament vom 30. Oktober 1992 ankomme. Der Erblasser sei zwar seinerzeit geschäftsfähig gewesen. Bei der gegebenen Situation am 3. Februar 1993 sei er aber nicht in der Lage gewesen, die Bedeutung des Erbvertrages zu erfassen, so dass seine Erklärung nach § 105 BGB nichtig sei. Zudem sei der Erbvertrag wirksam von der Klägerin angefochten worden.

34

Durch rechtskräftig gewordenes Versäumnisteilurteil des Senats vom 5. Februar 1998 ist die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Landgerichts zurückgewiesen worden, soweit sie von dem Beklagten die Herausgabe von 85 ...-Aktien,

35

hilfsweise die Zahlung von 26.775 DM nebst Zinsen verlangt hat (Ziffer 11 der Klageanträge erster Instanz).

36

Nachdem die landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung des Grundstücksvermächtnisses erteilt worden ist, macht die Klägerin nunmehr geltend, es habe nicht dem Willen des Erblassers entsprochen, mit Abschluss des Übergabevertrages vom 30. April 1993 den Erbvertrag vom 3. Februar 1993 aufzuheben. Es sei der Wunsch des Erblassers gewesen, das Mehrfamilienhaus der Klägerin zukommen zu lassen. Hintergrund des Erbvertrages sei gewesen, die im Testament offengebliebene Steuerfrage zu regeln. Dies ergebe sich aus dem Schreiben des Notars ... vom 14. Dezember 1992 (Bd. III Bl. 241 GA).

37

Die Klägerin beantragt unter Rücknahme der weitergehenden Berufung,

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1. unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts den Beklagten zu verurteilen,

39

a) eine Teilfläche des Flurstücks 17/9, eingetragen im Grundbuch von ... Band 74 Blatt 2217, zur Größe von ca. 500 qm entsprechend der Anlage zum notariellen Testament vom 30. Oktober 1992 (rote Umrandung auf dem Lageplan) zu vermessen, abzuschreiben und die Teilung zu bewilligen,

40

b) das dadurch entstandene Teilstück sowie das Flurstück 20/3, eingetragen im Grundbuch von ... Band 74 Blatt 2217, an die Klägerin aufzulassen, Zug um Zug gegen Übernahme der auf dem Grundstück ruhenden Grundschulden laufende Nr. 14 (300.000 DM zzgl. Zinsen) und Nr. 15 (150.000 DM zzgl. Zinsen) durch die Klägerin und Freistellung des Beklagten von der als Folge der Übertragung anfallenden Einkommensteuer,

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2. für den Fall einer Maßnahme nach § 711 ZPO anzuordnen, dass die Sicherheitsleistung auch durch eine schriftliche, unbefristete, unwiderrufliche, unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank, öffentlichen Sparkasse oder Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, geleistet werden darf.

42

Der Beklagte beantragt,

43

die verbliebene Berufung zurückzuweisen.

44

Er macht geltend, der Erblasser sei auch im Jahre 1993 geschäftsfähig gewesen. Der Inhalt der notariellen Verträge habe dem Willen des Erblassers entsprochen.

45

Der Beklagte führt weiter aus, in der notariellen Urkunde vom 10. Oktober 1985 (UR-Nr. 741/85) habe der Erblasser ihn, den Beklagten, verbindlich zu seinem Hoferben eingesetzt, wobei die Klägerin gleichzeitig auf etwaige Ansprüche auf das Hofvermögen einschließlich Nachabfindungsansprüche verzichtet habe. An diese Vereinbarung sei der Erblasser gebunden gewesen; er habe sie nicht einseitig abändern können. Das in dem Testament und Erbvertrag angeordnete Grundstücksvermächtnis sei deshalb unwirksam. Im übrigen sei der Erbvertrag durch den Hofübergabevertrag aufgehoben geworden. Der Wille des Beklagten und des Erblassers sei dahin gegangen, dass es sich bei dem Erbvertrag nur um eine vorübergehende Regelung bis zum Abschluss des Übergabevertrages habe handeln sollen. Denn der Erbvertrag sei lediglich für den Fall zustande gekommen, dass dem Erblasser vor Abschluss des Hofübergabevertrages etwas passiere. Inhalt der vorübergehenden Vereinbarung sei gewesen, dass die Klägerin das Hausgrundstück ... im Wege des Vermächtnisses habe erhalten sollen, allerdings nur gegen Zahlung eines Kaufpreises von 500.000 DM und gegen Übernahme der dinglichen Belastungen und der infolge des Vermächtnisses anfallenden Steuerlast. Am 20. Dezember 1994 unmittelbar vor Eintritt des Erbfalls hätten sich die Verbindlichkeiten aus dem Kontokorrentkredit für das Hausgrundstück auf 558.976,83 DM belaufen. Ferner sei seinerzeit das Mietkonto mit 47.045,37 DM belastet gewesen, was die Klägerin ebenfalls zu übernehmen habe. Sie sei ferner verpflichtet, die mit der Übertragung des Grundstücks verbundenen steuerlichen Belastungen zu tragen, die in Höhe von 215.900 DM anfallen werden. Zur Absicherung seines Freistellungsanspruchs könne er von der Klägerin die Vorlage einer Bankbürgschaft über 220.000 DM verlangen; insoweit mache er ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Schließlich sei die Klägerin verpflichtet, die bezüglich des Grundstücks anfallenden Ausgleichsbeträge zu übernehmen. Die Stadt ... habe mit Bescheid vom 7. Oktober 1998 von ihm, dem Beklagten, die Vorauszahlung auf Ausgleichsbeträge von 149.450 DM und 82.440 DM begehrt. Gegen die beiden Bescheide habe er, der Beklagte, zwar Widerspruch erhoben. Für den Fall, dass die Bescheide Bestand hätten, müsse die Klägerin die Kosten, bezogen auf das Hausgrundstück, tragen. Auch insoweit werde von dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht wegen seines Freistellungsanspruchs erhoben.

46

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

47

Die Berufung der Klägerin hat aus dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

48

Der Klägerin steht gemäß § 2174 BGB gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums an den im Urteilstenor genannten Grundstücken in ... zu, Zug um Zug gegen Übernahme der auf den Grundstücken ruhenden Grundschulden in Höhe von insgesamt 450.000 DM und Leistung einer Sicherheit in Höhe von 115.000 EUR wegen der im Erbvertrag vorgesehenen Freistellung des Beklagten von der als Folge der Übertragung anfallenden Einkommensteuer.

49

1. Die Klägerin kann von dem Beklagten die Erfüllung des in dem notariellen Testament vom 30. Oktober 1992 zu ihren Gunsten angeordneten Grundstücksvermächtnisses in der Fassung des notariellen Erbvertrages vom 3. Februar 1993 verlangen. Denn der Vermächtnisanspruch der Klägerin ist wirksam entstanden und nicht untergegangen. Zudem ist das Grundstücksvermächtnis durch Beschluss des Senats vom 15. April 2002 (7 W (L) 41/01) landwirtschaftsgerichtlich genehmigt worden.

50

a) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das notarielle Testament vom 30. Oktober 1992 nebst Erbvertrag vom 3. Februar 1993 nicht im Hinblick auf die notarielle Urkunde vom 10. Oktober 1985 (UR-Nr. 741/85 des Notars ...) unwirksam. Die notarielle Urkunde vom 10. Oktober 1985 enthält nach dem eindeutigen Wortlaut des Schriftstücks ausschließlich eine Verzichtsvereinbarung zwischen dem Erblasser und dem Beklagten einerseits und der Klägerin andererseits, nicht dagegen auch einen Erbvertrag mit Hoferbenbestimmung, so dass diese Vereinbarung nicht im Widerspruch zu dem Testament vom 30. Oktober 1992/Erbvertrag vom 3. Februar 1993 stehen kann. Bereits im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 10. Oktober 1985 war der Beklagte gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO der gesetzliche Hoferbe in Bezug auf das Hofvermögen des Erblassers, weil ihm schon vor Jahren unstreitig die Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer übertragen worden war. Die Tatsache, dass der Beklagte der Rechtsnachfolger des Erblassers sein wird, ist von den Parteien und dem Erblasser in der gemeinsamen Erklärung unter Ziffer I der Vereinbarung festgehalten worden, wobei klargestellt worden ist, dass die Rechtsnachfolge nicht nur aufgrund der (gesetzlichen) Erbfolge, sondern auch durch einen Übergabevertrag (vorweggenommene Erbfolge) eintreten kann. Weiter haben die Beteiligten einvernehmlich festgehalten, dass mit der Vereinbarung vom 10. Oktober 1985 klargestellt werden soll, dass der Klägerin keine Abfindungs- oder Nachabfindungsansprüche nach §§ 12, 13 HöfeO bei Eintritt des Erbfalls zustehen. Aufgrund dieser gemeinsamen Äußerungen hat die Klägerin dann unter Ziffer II der notariellen Urkunde ihren Verzicht auf Ansprüche nach §§ 12, 13 HöfeO erklärt. Diese Ausgestaltung der Vertragsurkunde macht hinreichend deutlich, dass der Erblasser selbst keine Erklärungen gegenüber dem Beklagten abgegeben hat, insbesondere keine Hoferbeinsetzung im Wege des Erbvertrages nach § 1941 BGB vorgenommen hat. Durch die gemeinsame Erklärung ist allenfalls nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO bekräftigt worden, dass dem Beklagten die Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer im Hinblick auf seine Rechtsnachfolge übertragen worden war.

51

Die weitere notarielle Urkunde vom 10. Oktober 1985 (UR-Nr. 740/85 des Notars ...) enthält ebenfalls keine Erbeinsetzung des Beklagten nach § 7 Abs. 1 HöfeO. Nach dieser Regelung kann der Hofeigentümer den Hoferben durch Verfügung von Todes wegen frei bestimmen oder ihm den Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge (Übergabevertrag) übergeben. Auch die zweite notarielle Urkunde weist ersichtlich keine derartige Hoferbenbestimmung auf. Der Erblasser hat vielmehr vor dem Hintergrund, dass der Beklagte im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder durch (gesetzliche) Erbfolge Eigentümer des Hofes werden wird, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch bewilligt. Dagegen hat der Erblasser keine letztwillige Verfügung dahingehend getroffen, dass der Beklagte, der bereits seinerzeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO der gesetzliche Hoferbe gewesen ist, auch Erbe aufgrund einer Verfügung von Todes wegen sein soll. Die schriftliche Vertragsurkunde, die die Abgabe einer Bewilligungserklärung zum Gegenstand hat, lässt nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine dahingehende Auslegung nicht zu.

52

Unerheblich ist, dass aufgrund der Bewilligungserklärung vom 10. Oktober 1985 zugunsten des Beklagten im November 1985 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden ist, weil dies keine Auswirkung auf die Verfügungsbefugnis des Erblassers hatte. Im übrigen ist ohnehin zweifelhaft, ob die Auflassungsvormerkung überhaupt in das Grundbuch hätte eingetragen werden dürfen. Ein Anspruch auf Übereignung des Grundbesitzes des Erblassers aufgrund eines Übergabevertrages existierte nicht. Der Beklagte konnte sich seinerzeit nur auf Ansprüche aufgrund seiner Erbenstellung berufen. Nach allgemeiner Ansicht sind aber erbrechtliche Ansprüche durch eine Vormerkung nicht sicherbar (vgl. Palandt, BGB, 60. Auflage, zu § 883 Rdnr. 19).

53

Festzuhalten ist damit, dass der Beklagte zwar nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO zum Hoferben bestimmt gewesen ist, was gemäß § 7 Abs. 2 HöfeO die Bestimmung eines anderen zum Hoferben unwirksam gemacht hätte. Dagegen schließt § 7 Abs. 2 HöfeO nicht aus, dass der Hofeigentümer in letztwilligen Verfügungen Vermächtnisse und Auflagen anordnet, sofern hierdurch nicht die Hoferbfolge ausgehöhlt wird. Wie sich aus dem Beschluss des Senats vom 15. April 2002 (7 W (L) 41/01) ergibt, ist dies vorliegend nicht der Fall. Mithin war der Erblasser, zumal er sich gerade nicht durch einen Erbvertrag gegenüber dem Beklagten gebunden hatte, nicht daran gehindert, in dem Testament vom 30. Oktober 1992/Erbvertrag vom 3. Februar 1993 das Grundstücksvermächtnis zugunsten der Klägerin anzuordnen.

54

Demgegenüber hat zwar die Klägerin in der notariellen Urkunde vom 10. Oktober 1985 (UR-Nr. 741/85 des Notars ...) eine bindende Erklärung gegenüber dem Beklagten abgegeben. Diese steht aber einer Geltendmachung des Vermächtnisanspruchs durch die Klägerin nicht entgegen. Die in der notariellen Urkunde vom 10. Oktober 1985 enthaltene Verzichtserklärung erstreckt sich nur auf Abfindungsansprüche nach §§ 12, 13 HöfeO. Dagegen werden von der Verzichtserklärung nicht Ansprüche der Beklagten als Vermächtnisnehmerin erfasst. Denn die Verzichtsvereinbarung bezieht sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur auf Ansprüche der Beklagten als weichende Erbin, was durch den in der Vertragsurkunde aufgenommenen Hinweis auf "Abfindungs- und Nachabfindungsansprüche" deutlich hervorgehoben worden ist.

55

Während die Klägerin in ihrer insoweit eindeutigen Erklärung vom 30. August 1985 ebenfalls nur einen Verzicht auf Ansprüche nach §§ 12, 13 HöfeO ausgesprochen hat, bleibt dagegen zwar unklar, auf welche Ansprüche die Klägerin mit ihrer Erklärung vom 8. April 1983 verzichten wollte. Eine Auslegung dieser Erklärung konnte vorliegend aber dahinstehen, weil die abgegebene Verzichtserklärung wegen Formverstoßes nach § 2348 BGB unwirksam ist (§ 125 BGB).

56

b) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das im Testament vom 30. Oktober 1992 angeordnete Grundstücksvermächtnis in der Fassung des Erbvertrages vom 3. Februar 1993 nicht wirksam durch den Hofübergabevertrag vom 30. April 1993 aufgehoben worden.

57

Der Erblasser hat zwar mit dem Beklagten am 30. April 1993 einen Hofübergabevertrag nach § 17 HöfeO abgeschlossen, nach dem er diesem seinen gesamten Grundbesitz übertragen wollte. Hierdurch ist das Testament vom 30. Oktober 1992 nebst Erbvertrag vom 3. Februar 1993 aber nicht hinfällig geworden. Bei einem Hofübergabevertrag handelt es sich um ein Rechtsgeschäft unter Lebenden und nicht um eine letztwillige Verfügung, die frühere letztwillige Verfügungen des Erblassers unwirksam macht (§§ 2258 Abs. 1, § 2289 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zwar steht der Hofübergabevertrag einer Verfügung von Todes wegen nahe, weil er im Hinblick auf die angestrebte vorweggenommene Erbfolge eine Bestimmung des Hoferben nach § 7 Abs. 1 HöfeO enthält. Dies hat zur Folge, dass der Übergabevertrag hinsichtlich der Bestimmung des Hofnachfolgers nicht zu einem früheren Erbvertrag, bindend gewordenen gemeinschaftlichen Testament oder bereits abgeschlossenen Übergabevertrag in Widerspruch stehen darf, weil der Erblasser in entsprechender Anwendung des § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB an die erste Hoferbenbestimmung gebunden ist, (vgl. Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 6. Auflage, zu § 17 HöfeO, Rdnr. 30 m. w. N.). Da der Übergabevertrag die Hoferbfolge vorwegnehmen soll, kann der Erblasser in dem Vertrag auch Abfindungsansprüche der weichenden Erben nach §§ 12, 13 HöfeO mit regeln und hierdurch frühere entgegenstehende testamentarische Bestimmungen abändern, zumal bezüglich der Ansprüche der Miterben der Erbfall hinsichtlich des Hofes mit dem Zeitpunkt seiner Übertragung auf den Übernehmer als eingetreten gilt (§ 17 Abs. 2 HöfeO). Dennoch ist der Hofübergabevertrag ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, wenn auch mit erbrechtlichen Wirkungen. Denn der Übernehmer wird erst mit seiner Eintragung im Grundbuch und nicht schon mit Abschluss des Übergabevertrages nebst Auflassung Hofeigentümer (vgl. BGH, RdL 1963, 45/46). Als Rechtsgeschäft unter Lebenden kann der Hofübergabevertrag als solcher durch letztwillige Verfügungen angeordnete Vermächtnisse nicht schlicht beseitigen. So haftet der durch Verfügung von Todes wegen eingesetzte Hoferbe für ein Vermächtnis auch dann, wenn er den Hof nicht durch den Erbfall, sondern vorab im Wege eines Hofübergabevertrages erhalten hat; denn das Vermächtnis bleibt durch den Hofübergabevertrag, der ihn nicht erwähnt, unberührt (BGHZ 37, 192, 193).

58

Auch vorliegend ist das in dem Testament vom 30. Oktober 1992 angeordnete Grundstücksvermächtnis, welches durch den Erbvertrag vom 3. Februar 1993 modifiziert worden ist, nicht weggefallen. Ein Erbvertrag bzw. seine einzelne vertragsgemäße Verfügung kann gemäß § 2290 Abs. 1 BGB zwar jederzeit von den Vertragsparteien aufgehoben werden. Vorliegend beschäftigt sich § 12 des Übergabevertrages auch mit dem Grundstück, welches Gegenstand des Grundstücksvermächtnisses ist. Danach ist der Klägerin im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter das Recht eingeräumt worden, von dem Beklagten die Übertragung des betroffenen Hausgrundstücks unter bestimmten Voraussetzungen zu fordern. Der Erbvertrag mit dem Grundstücksvermächtnis wurde allerdings in dem Übergabevertrag von dem Erblasser und dem Beklagten mit keinem Wort erwähnt. Dennoch mag der Wille der Vertragsparteien des Erb- und Übergabevertrages dahin gegangen sein, dass im Falle der Umsetzung des Übergabevertrages das Grundstückvermächtnis durch § 12 des Übergabevertrages ersetzt werden sollte, was jedoch nicht zum Tragen gekommen ist.

59

Nach § 17 Abs. 2 HöfeO gilt bei einer Hofübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, dass der Erbfall hinsichtlich des Hofes (erst) mit dem Zeitpunkt der Übertragung als eingetreten gilt. Eine wirksame Übertragung des Hofes erfordert neben der landwirtschaftsgerichtlichen Genehmigung des Übergabevertrages die Umschreibung im Grundbuch. Denn der Übernehmer wird erst mit seiner Eintragung im Grundbuch Hofeigentümer (vgl. BGH, RdL 1963, 45/46). Soweit hier von den Vertragsparteien (Erblasser und Beklagter) seinerzeit beabsichtigt war, dass das Grundstücksvermächtnis in der Fassung des Erbvertrages als Übergangsregelung infolge des § 12 des Übergabevertrages, der die Übertragung des Hausgrundstücks auf die Klägerin neu regelt, gegenstandslos werden sollte, kann ihr Wille bei verständiger Auslegung an sich nur darauf gerichtet gewesen sein, dass der Erbvertrag erst zum Zeitpunkt der Übertragung des Hofes im Sinne des § 17 Abs. 2 HöfeO aufgehoben werden sollte. Dies gilt um so mehr, als dass die Vertragsparteien in dem Übergabevertrag den Erbvertrag mit dem Grundstücksvermächtnis nicht erwähnt haben, was dafür spricht, dass sie es als selbstverständlich ansahen, dass der Erbvertrag durch § 12 des Übergabevertrages im Falle der wirksamen Umsetzung dieses Vertrages abgelöst werden sollte. Zudem lässt es sich mit dem Willen des Erblassers an sich nicht in Einklang bringen, der ausweislich des Schreibens des Notars ... vom 14. Dezember 1992 (Bl. III Bl. 241) das Hausgrundstück der Klägerin vermachen wollte, dass der Erbvertrag bereits mit Abschluss des Übergabevertrages und damit unabhängig von dessen Schicksal hinfällig werden sollte mit der Folge, dass bis zur Genehmigung des Übergabevertrages und anschließenden Grundbuchumschreibung keine Regelung bezüglich des Hausgrundstücks zugunsten der Klägerin mehr bestand.

60

Von dem Beklagten wird hierzu zwar eingewandt, dass es sich bei dem Erbvertrag vom 3. Februar 1993 nach dem Willen der Vertragsschließenden nur um eine vor-übergehende Regelung habe handeln sollen, die mit Abschluss des Übergabevertrages nicht mehr habe gelten sollen. Dieses Vorbringen erweist sich aber als unbeachtlich. Sollte tatsächlich nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien der Erbvertrag bereits mit Abschluss des schwebend unwirksamen Übergabevertrages vom 30. April 1993 aufgehoben werden, hätte eine derartige Absprache ausdrücklich in der notariellen Urkunde festgehalten werden müssen. Denn nach § 2290 Abs. 4 BGB bedarf die Aufhebung eines Erbvertrages der notariellen Form. Da sich sowohl der Erbvertrag als auch der notarielle Übergabevertrag mit der Übertragung des Hausgrundstücks auf die Klägerin befassen, ist zwar die Ersetzung des Erbvertrages durch § 12 des Übergabevertrages, bezogen auf den Zeitpunkt der Übertragung des Hofes im Sinne des § 17 Abs. 2 HöfeO, von dem notariellen Übergabevertrag mitumfasst, so dass insoweit die Formvorschrift gewahrt worden ist. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der Erbvertrag unabhängig vom Schicksal (Genehmigung) des Übergabevertrages bereits mit dessen Abschluss aufgehoben werden sollte. Denn insoweit liegt keine Ablösung der Regelung des Erbvertrages durch § 12 des Übergabevertrages vor, sondern eine vorzeitige Aufhebung des Erbvertrages, bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des schwebend unwirksamen Übergabevertrages. Da eine Regelung dahingehend, dass der Erbvertrag unabhängig von dem Wirksamwerden des Übergabevertrages nicht mehr gelten sollte, in diesem Vertrag nicht mit enthalten ist, weil dies nicht einmal ansatzweise in der Vertragsurkunde zum Ausdruck kommt, ist das Schriftformerfordernis des § 2290 Abs. 4 BGB hier nicht eingehalten worden. Die von dem Beklagten behauptete Absprache der Vertragsparteien, dass der Erbvertrag bereits zum 30. April 1993 aufgehoben werden sei, ist deshalb wegen Formverstoßes unwirksam (§ 125 BGB) und damit unerheblich.

61

Ungeachtet dessen lässt sich dem notariellen Übergabevertrag zugunsten der Vertragsparteien entnehmen, dass von ihnen zumindest eine Aufhebung des Erbvertrages im Falle der Genehmigung des Übergabevertrages und anschließenden Grundbuchumschreibung gewollt gewesen ist. Dieser Wille hat sich jedoch nicht mehr verwirklicht. Denn dadurch, dass der tatsächliche Erbfall mit dem Tod des Vaters schon vor Genehmigung des Übergabevertrages und vor dem Zeitpunkt des fiktiven Erbfalles nach § 17 II HöfeO (Umschreibung im Grundbuch) eingetreten ist und den Anfall des Vermächtnisses zugunsten der Klägerin ausgelöst hat, konnte es nicht mehr wirksam zur Aufhebung des Grundstücksvermächtnisses durch die Regelung in § 12 des Übergabevertrages kommen.

62

Denn die Klägerin hat bereits mit dem Erbfall den Anspruch aus dem fortbestandenen Vermächtnis aus dem Erbvertrag gemäß § 2176 BGB wirksam erworben. Dem steht nicht entgegen, dass das angeordnete Grundstücksvermächtnis bis zu seiner landwirtschaftsgerichtlichen Genehmigung schwebend unwirksam gewesen ist (vgl. BGHZ 37, 233, 235). Denn das Grundstücksvermächtnis und damit die letztwilligen Verfügungen des Erblassers insgesamt haben mit der erteilten Genehmigung rückwirkend ihre Wirksamkeit (entsprechend § 184 BGB) erlangt, so dass der Vermächtnisanspruch der Klägerin endgültig mit dem tatsächlichen Erbfall (25. Dezember 1994) und damit vor der Genehmigung des Übergabevertrages (18. April 1996) und vor Umschreibung im Grundbuch (11. Juli 1996) entstanden ist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Genehmigung des Übergabevertrages ebenfalls und zwar auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (30. April 1993) zurückgewirkt hat. Denn die Rückwirkung der Genehmigung des Übergabevertrages bewirkt nicht, wie aus dem Rechtsgedanken des § 184 Abs. 2 BGB folgt, dass die aufgrund des Erbfalls zwischenzeitlich kraft Gesetzes eingetretenen Rechtsänderungen unwirksam werden, und dass der Zeitpunkt des fiktiven Erbfalls nach § 17 II HöfeO zurückverlegt wird. Im Übrigen hat sich die landwirtschaftgerichtliche Genehmigung des Übergabevertrages ohnehin weder auf die im Vertrag vorgesehene Übertragung des Grundbesitzes noch auf die Regelung in § 12 des Vertrages erstreckt.

63

Ebenso wie der Anfall des Vermächtnisses zugunsten der Klägerin nach § 2176 BGB ist der Eigentumsübergang auf den Beklagten kraft Gesetzes erfolgt. Dass der Beklagte, nachdem der Übergabevertrag rechtskräftig gerichtlich genehmigt war, am 11. Juli 1996 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden ist, ist insoweit unbeachtlich. Denn die Grundbucheintragung hat hier nur deklaratorische Bedeutung. Der Beklagte hat das Eigentum am Grundbesitz des Erblassers nicht erst aufgrund des Übergabevertrages mit erfolgter Grundbucheintragung erworben. Dieses ist vielmehr ohne weiteres mit Eintritt des Erbfalls am 25. Dezember 1994 auf den Beklagten, der in dem Testament vom 30. Oktober 1992 zum Allein- und Hoferben bestimmt worden ist, übergegangen. Der Senat hatte in seinem Beschluss vom 15. September 1997 (7 W (L) 3/97) seinerzeit noch offengelassen, ob der Beklagte aufgrund einer letztwilligen Verfügung oder kraft Gesetzes Hoferbe geworden ist. Tatsächlich ist das Testament vom 30. Oktober 1992, welches die Erbeinsetzung des Beklagten enthält, infolge der Genehmigung des Grundstücksvermächtnisses in der Fassung des Erbvertrages insgesamt wirksam.

64

Ist, wie vorliegend, der Übergeber vor Genehmigung des Übergabevertrages verstorben und der Übernehmer zugleich der gesetzliche oder durch Testament bestimmte Hoferbe, ist eine Genehmigung der Übertragung des Hofes nicht mehr möglich, weil der Hoferbe bereits das Eigentum am Hof aufgrund des Erbfalls erlangt hat. Einer dennoch erteilten Genehmigung kommt diesbezüglich keine rechtliche Bedeutung mehr zu (vgl. BGH, RdL 1961, 264, 266; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, Höfeordnung, 9. Auflage, zu § 17 Rdnr. 119 m. w. N.). Vorliegend konnte indes nicht nur die im Übergabevertrag enthaltene Auflassung nicht mehr genehmigt werden. Auch der durch § 12 des Vertrages eingeräumte Anspruch der Klägerin auf Übertragung des Mehrfamilienhauses ist gegenstandslos geworden, nachdem dieser ebenfalls bereits durch den Erbfall begründet worden ist. Damit ist zugleich die erfolgte Genehmigung des Übergabevertrages auch in Bezug auf seinen § 12 ohne Wirkung geblieben.

65

Nach alledem ist es hier nicht zur Ersetzung des Grundstücksvermächtnisses durch § 12 des Übergabevertrages gekommen, so dass die Klägerin von dem Beklagten gemäß § 2174 BGB die Erfüllung des Vermächtnisses verlangen kann, welches gemäß § 2176 BGB mit dem Erbfall angefallen ist.

66

c) Denn auch ansonsten bestehen gegen den Vermächtnisanspruch der Klägerin keine Bedenken.

67

Während die Klägerin in ihrer Berufungsschrift noch in erster Linie die Rechte aus dem Grundstücksvermächtnis nach Maßgabe des Testaments vom 30. Oktober 1992 geltend gemacht hat, hat sie mit Schriftsatz vom 6. September 2002 ihren Klageantrag auf das Grundstücksvermächtnis nach Maßgabe des Erbvertrages beschränkt, nachdem der Senat mit Beschluss vom 15. April 2002 dieses Vermächtnis landwirtschaftsgerichtlich genehmigt hat.

68

In ihrer Berufungsschrift hat die Klägerin zwar die Unwirksamkeit des Erbvertrages nach den allgemeinen Vorschriften des BGB eingewandt. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin, die ihren Klageanspruch nunmehr ausschließlich aus dem Erbvertrag herleitet, ihren bisherigen Vortrag in der Berufungsschrift aufrechterhalten will. Denn ihr Vorbringen erweist sich ohnehin als unbeachtlich.

69

Der Erbvertrag ist nicht infolge Unwirksamkeit der Willenserklärung des Erblassers nach § 105 Abs. 1 BGB nichtig, weil mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von der Geschäftsfähigkeit des Erblassers, auf die es gemäß § 2275 Abs. 1 BGB ankommt, ausgegangen werden muss. Von der Klägerin wird selbst eingeräumt, dass der Erblasser seinerzeit geschäftsfähig gewesen war.

70

Auch eine Nichtigkeit der von dem Erblasser abgegebenen Willenserklärung nach § 105 Abs. 2 BGB ist vorliegend nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift ist eine Willenserklärung nichtig, wenn sie im Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit erklärt wird. Die Klägerin hat hierzu zwar vorgebracht, der Abschluss des Erbvertrages am 3. Februar 1993 sei für den Erblasser völlig überraschend gewesen; nachdem die anwesenden Notare ... und ... den Erblasser nicht von der Beurkundung eines Hofübergabevertrages hätten überzeugen können, sei der Erbvertrag aufgenommen worden, ohne dass der Vertragstext vorerörtert oder vorher erläutert worden sei. Hieraus schließt die Klägerin, dass der Erblasser aufgrund seines Alters (93 Jahre) und seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Hör- und Sehbehinderung, Altersbeschwerden) bei Abschluss des Erbvertrages überfordert gewesen sei und die Bedeutung dieses Vertrages nicht erkannt habe. Die von der Klägerin vorgetragenen Umstände, aus denen auf den Ausschluss der freien Willensbestimmung des Erblassers geschlossen werden soll, stehen aber im Widerspruch zu dem nachfolgenden unstreitigen Sachverhalt und der in einem Berichterstattervermerk wiedergegebenen Zeugenaussage des Notars ... in dem Verfahren 7 W (L) 3/97 (Bd. II Bl. 128), die durch die gerichtliche Verfügung vom 17. September 1997 (Bd. II Bl. 101) in den hiesigen Rechtsstreit eingeführt worden ist. Wie sich aus dem von der Klägerin eingereichten Schreiben des Notars ... vom 14. Dezember 1992 (Bd. III Bl. 241) ergibt, hatte dieser bis zu diesem Zeitpunkt mehrmals mit dem Erblasser erörtert, dass bei einer Entnahme des Hausgrundstücks aus dem landwirtschaftlichen Betrieb Steuern anfallen würden und dieser Gesichtspunkt im Testament übersehen worden sei, wobei es dem Wunsch des Erblassers entsprochen habe, dass die Klägerin, die das Hausgrundstück habe erhalten solle, auch die Steuern zu tragen habe. Der von dem Notar ... für den Beurkundungstermin vom 3. Februar 1993 vorbereitete Erbvertrag (Bd. III Bl. 218) sah dagegen vor, dass der Klägerin nur das Recht zustehen sollte, von dem Beklagten lediglich eine Wohnung des Mehrfamilienhauses zum Verkehrswert anzukaufen. Wie aus der Aussage des Notars ... in dem Verfahren 7 W (L) 3/97 weiter folgt (Bd. II Bl. 128), gab der Erblasser am 3. Februar 1993 nicht seine Zustimmung zu dem vorbereiteten Erbvertrag; deshalb wurde, nachdem zwischenzeitlich die Frage eines Hofübergabevertrages angesprochen worden war, der Erbvertrag in modifizierter Form aufgesetzt. Dabei hatte der Notar ... den Eindruck, dass der Erblasser alles, was erörtert wurde, auch verstanden hatte. Vor diesem Hintergrund kann nicht mit der Klägerin angenommen werden, dass der Erblasser bei Abschluss des Erbvertrages überfordert gewesen sei. Vielmehr zeigt die Tatsache, dass der Erblasser eine Unterzeichnung des vorbereiteten Vertrages abgelehnt hatte und stattdessen einen Erbvertrag abschloss, der inhaltlich dem vorab mit Notar ... Besprochenen entsprach, deutlich, dass der Erblasser durchaus in der Lage gewesen sein muss, das Geschehen zu überblicken und eine eigenverantwortliche Erklärung abzugeben, so dass § 105 Abs. 2 BGB hier nicht einschlägig ist. Unter den gegebenen Umständen ist der Erbvertrag auch nicht gemäß § 138 BGB unter Verstoß gegen die guten Sitten zustande gekommen und deshalb nichtig.

71

Der Erbvertrag vom 3. Februar 1993 ist schließlich nicht infolge der von der Klägerin erklärten Anfechtung nach §§ 2080, 2078 BGB unwirksam. Denn die von der Klägerin abgegebenen Anfechtungserklärungen vom Juni 1995 und September 1995 sind unbeachtlich. Während sich die Anfechtungserklärung des Erblassers vom 11. Mai 1993 lediglich auf den Übergabevertrag vom 30. April 1993 beschränkte, beziehen sich die Anfechtungserklärungen der Klägerin zwar auch auf den Erbvertrag. Der Klägerin war aber im Jahre 1995 eine Anfechtung der Erklärung des Erblassers, die nur nach den erbrechtlichen Anfechtungsvorschriften hätte erfolgen können, nicht mehr möglich. Nach § 2285 BGB können Dritte den Erbvertrag aufgrund des § 2078 BGB (Irrtumsanfechtung) nicht mehr anfechten, wenn das Anfechtungsrecht des Erblassers nach § 2281 BGB zur Zeit des Erbfalls erloschen gewesen ist. Dies ist vorliegend der Fall. Nach § 2283 BGB kann die Anfechtung durch den Erblasser nur binnen Jahresfrist erfolgen, wobei die Frist mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass der Erblasser von den maßgeblichen Umständen, die ihn ggfl. zu einer Anfechtung wegen Irrtums hätten berechtigen können, spätestens bei Abgabe seiner eigenen Anfechtungserklärung vom 11. Mai 1993 Kenntnis hatte, die er in Bezug auf den Übergabevertrag erklärt hatte. Dies ist von der Klägerin in ihrer Berufungsschrift nicht angegriffen worden. Soweit sie einwendet, dass der Erblasser keine Abschrift des Erbvertrages erhalten habe, ist dies unerheblich. Der Erblasser wusste, dass er im Februar 1993 einen Erbvertrag unterzeichnet hatte, der das Grundstücksvermächtnis zugunsten der Klägerin zum Inhalt hatte. Spätestens bei Abgabe seiner Anfechtungserklärung musste dem Erblasser bewusst gewesen sein, dass nach seinen Erklärungen nicht mehr die Modalitäten des Testaments bezüglich der Übertragung des Hausgrundstücks auf die Klägerin maßgeblich waren. Die Klägerin beruft sich in diesem Zusammenhang zwar noch auf die Vorschrift des § 206 BGB, die die Hemmung von Fristen bei nicht voll Geschäftsfähigen zum Gegenstand hat. § 206 BGB ist hier aber nicht einschlägig, weil der Erblasser nicht geschäftsunfähig war. Demzufolge hat es bei der Feststellung des Landgerichts zu verbleiben, wonach die einjährige Anfechtungsfrist des § 2283 BGB im Mai 1994 abgelaufen war, so dass im Zeitpunkt des Erbfalls im Dezember 1994 kein Anfechtungsrecht des Erblassers mehr bestand.

72

2. Der Vermächtnisanspruch der Klägerin ist auf Übertragung des Eigentums an den im Testament vom 30. Oktober 1992 näher bezeichneten Grundstücken des Beklagten nach Maßgabe des Erbvertrages vom 3. Februar 1993 gerichtet. Soweit die Klägerin mit ihren ursprünglichen Klageanträgen zu 1 bis 3 eine Eigentumsverschaffung auf der Grundlage des Testaments vom 30. Oktober 1992 beansprucht hat, hat sie ihre Berufung insoweit zurückgenommen.

73

Zwecks Erfüllung des Grundstücksvermächtnisses kann die Klägerin von dem Beklagten verlangen, dass eine Teilfläche von 500 qm des Grundstücks Gemarkung ..., Flur 13, Flurstück 17/9 (jetzt 17/11 und 17/12), vermessen, abgeschrieben sowie die Teilung bewilligt wird und dass dieses Teilstück sowie das Grundstück Gemarkung ..., Flur 13, Flurstück 20/3, ihr auflassen wird. Nach dem Erbvertrag hat die Klägerin als Gegenleistung die auf dem Grundstück ruhenden dinglichen Belastungen zu übernehmen, wobei es sich um die im Grundbuch in Abteilung III unter den laufenden Nummern 14, 15 eingetragenen Grundschulden von 300.000 DM und 150.000 DM (nebst Zinsen und Nebenleistung) handelt, sowie den Beklagten von der als Folge der Übertragung anfallenden Einkommensteuer freizustellen.

74

Der Beklagte verlangt im Hinblick auf seinen Freistellungsanspruch, dass die Klägerin eine Sicherheit in Höhe von 220.000 DM leistet, und macht insoweit ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Dieses Anliegen des Beklagten ist berechtigt. Die Klägerin wird den Freistellungsanspruch des Beklagten bis zur Eigentumsübertragung nicht erfüllen können, weil die Festsetzung der Einkommensteuer durch das zuständige Finanzamt erst nach Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen des Beklagten erfolgen wird. Nach § 257 Satz 2 BGB hat der Verpflichtete, wenn die Verbindlichkeit, um dessen Freistellung es geht, noch nicht fällig ist, Sicherheit zu leisten. Da § 257 Satz 2 BGB Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens ist, ist er auch auf nicht unter § 257 BGB fallende Befreiungsansprüche anzuwenden (vgl. Palandt, BGB, 60. Auflage, zu § 257 Rdnr. 3). Demzufolge hat die Klägerin hier auf Verlangen des Beklagten zur Absicherung des Freistellungsanspruchs eine Sicherheit zu erbringen. Dabei bleibt es ihr allerdings überlassen, ob sie Sicherheit durch Hinterlegung oder Bankbürgschaft stellen wird, da ihr insoweit ein Wahlrecht zusteht. Bezüglich der Höhe der Sicherheitsleistung kann auf den vom Beklagten genannten Betrag von 220.000 DM abgestellt werden. Wie dem Senat aus dem Genehmigungsverfahren 7 W (L) 41/01 bekannt geworden ist, wird durch die Entnahme des Hausgrundstücks aus dem landwirtschaftlichen Betrieb seitens des Beklagten eine zusätzliche Steuerlast von voraussichtlich nicht unter 220.000 DM bzw. 115.000 EUR anfallen. Mithin hat hier die Eigentumsübertragung an dem Hausgrundstück Zug um Zug gegen Übernahme der Grundschulden von insgesamt 450.000 DM und Leistung einer Sicherheit von 115.000 EUR zu erfolgen.

75

Dagegen greifen die von dem Beklagten ferner geltend gemachten Zurückbehaltungsrechte nicht durch. Entgegen seiner Auffassung ist die Klägerin nicht verpflichtet, eine weitere Gegenleistung in Höhe von 500.000 DM als Kaufpreis zu erbringen. In seiner Berufungsantwort vom 1. September 1997 (dort Seite 6/7, Bd. II Bl. 89/90) hat er selbst vorgebracht, dass es dem Willen des Erblassers entsprochen habe, dass die Klägerin bei Übernahme des Mehrfamilienhauses die auf dem Grundstück ruhenden Belastungen sowie die mit der Übertragung verbundenen steuerlichen Belastungen übernehmen sollte. Dies entspricht auch dem vorgelegten Schreiben des Notars ... vom 14. Dezember 1992 (Bd. III Bl. 241). Soweit der Beklagte nunmehr vorträgt, dass der Inhalt des Erbvertrages darauf gerichtet sei, dass die Klägerin zusätzlich den im Testament vom 30. Oktober 1992 genannten Kaufpreis von 500.000 DM aufzubringen habe, setzt er sich nicht nur im Widerspruch zu seiner Berufungsantwort. Diese Einschätzung des Beklagten widerspricht auch eindeutig dem Wortlaut des Erbvertrages vom 3. Februar 1993. Danach ist das Grundstücksvermächtnis aus dem Testament gerade dahin modifiziert worden, dass die Klägerin anstelle des Kaufpreises von 500.000 DM als Gegenleistung nunmehr die auf dem Grundstück ruhenden dinglichen Belastungen sowie die infolge der Vermächtniserfüllung anfallende Einkommensteuer zu übernehmen hat.

76

Entgegen dem Vortrag des Beklagten ist die Klägerin auch nicht verpflichtet, als Ausgleich für die dinglichen Belastungen Zahlungen in Höhe der am 20. Dezember 1994 bestandenen Darlehensverbindlichkeiten von 558.976,83 DM sowie von weiteren 47.045,37 DM, um die seinerzeit das Mietkonto belastet war, zu leisten. Denn die Klägerin hat ausweislich des Erbvertrages nur die im Grundbuch eingetragenen dinglichen Belastungen zu übernehmen, die auf dem Grundstück im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs ruhen. Dagegen ist es unerheblich, in welchem Umfang im Zeitpunkt des Erbfalls Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Mehrfamilienhaus bestanden haben. Denn die bis zur Eigentumsumschreibung angefallenen Darlehenszahlungen und sonstigen Aufwendungen für das Hausgrundstück sind allein von dem Beklagten zu tragen, der seit Ende 1994 die Mieteinnahmen vereinnahmt hat. Demzufolge kann der Beklagte von der Klägerin auch nicht verlangen, dass diese sich an den von der Stadt ... im Jahre 1997 geforderten Ausgleichsbeträge zu beteiligen hat. Da diese Belastung während der Zeit, in der der Beklagte Eigentümer des Grundstücks ist, begründet worden ist, ist sie von dem Beklagten selbst zu tragen. Zudem steht derzeit nicht fest, gegen wen die Stadt ... den Ausgleichsbetrag, den sie noch nicht endgültig festgesetzt hat, im Falle des Eigentumsübergangs erheben wird.

77

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO a. F.. Die sonstigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108, 543 Abs. 1 ZPO n. F. i. V. m. § 26 EGZPO n. F.. Ausreichend Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO n. F. liegen nicht vor.

78

4. Der Streitwert wird auf 264.000 DM festgesetzt (Verkehrswert abzüglich Belastungen).