Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.10.2002, Az.: 2 W 75/02

Streitwertbeschwerde; Zuständigkeit des Einzelrichters; Klage auf Festsellung des Bestehens eines Mietverhältnisses

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.10.2002
Aktenzeichen
2 W 75/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 23938
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2002:1016.2W75.02.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 7 O 212/02 vom 09. 08. 2002

Fundstellen

  • AGS 2003, 171 (Volltext mit red. LS)
  • AIM 2003, 19
  • BRAGOreport 2003, 39
  • InVo 2003, 155-156 (Volltext mit amtl. LS)
  • KF 2003, 156-157
  • NJW 2003, 367-368 (Volltext mit amtl. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2003, 10-12
  • ZAP EN-Nr. 0/2003

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Für die Entscheidung über das Rechtsmittel ist der Einzelrichter des Beschwerdegerichts gemäß §§ 568 ZPO, 5 IV 5 und 25 III 1 2. Halbsatz GKG auch dann zuständig, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde und die Streitwertbeschwerde von einem Rechtsanwalt nach § 9 II 1 BRAGO aus eigenem Recht eingelegt worden ist.

  1. 2.

    Der Wert einer Klage auf Feststellung des Bestandes eines Mietverhältnisses ist gemäß § 16 I GKG nach dem ein einfachen Jahresmietwert auf der Basis des Nettomietzinses zzgl. einer ggf. zu zahlenden Umsatzsteuer ohne Berücksichtigung von Nebenforderungen zu bemessen; ein Abzug wegen des Charakters der Feststellungsklage ist nicht angebracht.

Tenor:

Der Beschluss des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 9. August 2002 wird teilweise dahin gehend geändert, dass der Kostenstreitwert für das erstinstanzliche Verfahren nicht 4. 982 EUR, sondern 5. 309, 18 EUR beträgt.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die gemäß §§ 9 II 1 BRAGO, 25 III 1 GKG zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

2

1.

Für die Entscheidung über das Rechtsmittel ist der Einzelrichter des Beschwerdegerichts gemäß §§ 568 ZPO, 5 IV 5 und 25 III 1 2. Halbsatz GKG zuständig, weil die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde und die Voraussetzungen für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat in seiner nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung nicht vorliegen (s. auch bereits Senat, Beschl. v. 25. 09. 2002 - 2 W 78/02). Dies gilt auch für das vorliegende Beschwerdeverfahren nach § 9 II BRAGO, das sich in demselben Rahmen bewegt, in dem der Auftraggeber des Rechtsanwaltes gegen eine gerichtliche Wertfestsetzung Rechtsmittel einlegen kann (s. Hartmann, Kostengesetze, 29. Aufl. , § 9 BRAGO Rz. 12). Maßgeblich für das Verfahren ist hier § 25 III GKG, denn der Prozessbevollmächtigte des Beklagten beschwert sich gegen eine Wertfestsetzung durch das Prozessgericht im Zivilprozess.

3

§ 25 III 1 2. Halbsatz GKG bestimmt, dass auf die Beschwerde gegen die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren auch die für das Beschwerderecht in dem Kostenansatzverfahren geltende Bestimmung des § 5 IV 5 GKG anzuwenden ist. Danach sind im übrigen, also soweit keine anderweitige Regelung in § 25 III GKG vorgesehen ist, die für die Beschwerde in der Hauptsache geltenden Vorschriften (§§ 567 ff. ZPO) anzuwenden, zu denen auch die Regelung über die Entscheidung durch den originären Einzelrichter gemäß § 568 ZPO gehört.

4

Der abweichende Auffassung von Schütt (vgl. ZPO-Reform - Fortgeltung des alten Beschwerdeverfahrens beim Kostenansatzverfahren, MDR 2002, 986, 987) kann nicht gefolgt werden. Zwar hat der Gesetzgeber sich in dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2002 (BGBl. I, 1887) darauf beschränkt, § 5 GKG, den § 25 III 1 GKG teilweise für anwendbar erklärt, nur in zwei Punkten zu ändern, nämlich bezüglich des Ausschlusses der Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes und hinsichtlich der Klarstellung, dass die Erinnerung gegen den Kostenansatz nicht fristgebunden ist (Art. 32 Ziff. 1 ZPO-RG). Indessen kann aus dem Schweigen des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber an der Zuständigkeit des Beschwerdegerichts in voller Besetzung für die Entscheidung über die Beschwerde festhalten wollte. Im Gegenteil hätte für den Gesetzgeber bei einer entsprechenden Absicht nicht nur Veranlassung bestanden, den Ausschluss der Einzelrichterzuständigkeit aus Anlass der Einführung des originären Einzelrichters im Beschwerdeverfahren nach der ZPO ausdrücklich in der Gesetzesbegründung zu erwähnen, sondern die Verweisung auf die für das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache geltenden Vorschriften im Gesetzestext des § 5 IV 5 GKG entsprechend einzuschränken. Da eine solche Einschränkung gerade nicht erfolgt ist, kann aus der fortdauernden Verweisung auf die Vorschriften des Hauptsacheverfahrens - hier die ZPO - nur entnommen werden, dass auch die Vorschriften über die Entscheidung durch den Einzelrichter anzuwenden sind, die durch die Verweisung automatisch erfasst werden. Hätte der Gesetzgeber ausgerechnet im Hinblick auf die ZPO in der Verweisung in § 5 IV 5 GKG an einer früheren Fassung festhalten wollen, wäre insoweit eine ausdrückliche Regelung erforderlich gewesen.

5

Außerdem bestand kein sachlich nachvollziehbarer Grund, dem für die Entscheidung über Beschwerden in der Hauptsache zuständigen Einzelrichter nicht auch die Zuständigkeit für die weniger bedeutsamen Entscheidungen über Beschwerden gegen den Kostenansatz und den Streitwert zuzuweisen. Eine solche Regelung würde den Grundsatz auf den Kopf stellen, dass ein Rechtsmittel, das einen Nebenpunkt betrifft, nicht weiter gehen soll, als die Rechtsmittel in der Hauptsache, über die im Zivilprozess bei der Entscheidung durch den originären Einzelrichter regelmäßig der Einzelrichter entscheidet (§ 568 I 1 ZPO). Dies gilt auch, wenn die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung durch einen Rechtsanwalt aus eigenem Recht eingelegt wird. Insoweit besteht keine eigenständige Verfahrensordnung, vielmehr muss im Zivilprozess auf das Verfahren nach § 25 III GKG zurückgegriffen werden, so dass eine abweichende Entscheidungspraxis nicht angezeigt ist.

6

2.

In der Sache ist das Rechtsmittel nur teilweise begründet.

7

Soweit es um die Festsetzung des Wertes der Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Mietverhältnisses ungeachtet der fristlosen Kündigung des Beklagten geht, hat das Landgericht diesen Wert zutreffend nach § 16 I GKG auf der Grundlage des einfachen Jahresmietwertes festgesetzt. Der Gebührenstreitwert ist insoweit ausschließlich nach dieser Vorschrift zu bestimmen. Der vom Beschwerdeführer für einschlägig gehaltene § 8 ZPO spielt dagegen nur für die Bestimmung des Zuständigkeits- und des Rechtsmittelwertes eine Rolle (vgl. Hartmann, a. a. O. , § 8 ZPO Rz. 1 m. w. H. ). Zwar hat der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 29. 07. 2002 noch die Festsetzung des dreinhalbfachen Jahresmietwertes nach § 9 ZPO für zutreffend gehalten. Insoweit hat er aber verkannt, dass die Kläger vorliegend nicht auf künftige Leistung, sondern nur auf Feststellung des Bestehens des Mietverhältnisses geklagt hat, so dass die Anwendung dieser Vorschrift von vornherein ausscheidet.

8

Allerdings ist der Wert des Jahresmietzinses entsprechend der ganz herrschenden Meinung (vgl. die Nachweise Hartmann, a. a. O. , § 16 GKG Rz. 21), der auch der Senat in ständiger Rechtsprechung folgt, nur anhand des Nettomietzinses zzgl. Umsatzsteuer ohne Nebenkosten zu bestimmen. Dies führt hier zu einem Jahresmietwert von 4. 416, 24 EUR und nicht 4. 982 EUR, wie vom Landgericht festgesetzt. Abschläge wegen des von der Klägerin geltend gemachten Feststellungsantrages sind von dem Wert von 4. 416, 24 EUR nicht mehr zu machen, weil § 16 I GKG bereits eine Deckelung des Wertes enthält, so dass eine weitere Herabsetzung im Hinblick auf den Feststellungscharakter nicht angebracht ist.

9

Unberücksichtigt gelassen hat das Landgericht ferner den Wert der Zahlungsklage, den die Klägerin mit 892, 94 EUR beziffert hat. Dieser Wert ist dem Wert des Feststellungsantrages aber hinzuzurechnen, weil eine objektive Klagenhäufung vorliegt, bei der die Werte zusammen zu rechnen sind.

10

Insgesamt ergibt sich damit ein Streitwert von 5. 309, 18 EUR.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 25 IV GKG.