Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 16.02.2005, Az.: 4 U 57/04
Erlangung eines Gläubigerrechts durch den Empfänger einer Vorausabtretung erst im Augenblick der Forderungsentstehung bei der Abtretung künftiger Forderungen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 16.02.2005
- Aktenzeichen
- 4 U 57/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 36390
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2005:0216.4U57.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 06.08.2004 - AZ: 2 O 935/04
- LG Oldenburg - 01.10.2004 - AZ: 2 O 935/04
- nachfolgend
- OLG Oldenburg - 16.02.2005 - AZ: 4 U 37/04
- BGH - 26.06.2008 - AZ: IX ZR 47/05
Rechtsgrundlage
- § 91 InsO
In dem Rechtsstreit
...
hat der 4. Zivilsenat
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2005
unter Mitwirkung
der Richter am Oberlandesgericht..., ...und
...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 1. Oktober 2004 verkündete Schlussurteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.550 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. März 2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits werden dem Kläger zu 97/100 und der Beklagten zu 3/100 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
Der Senat nimmt Bezug auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Zusätzlich ist festgestellt worden, dass die Beklagte der Auffassung des Senats, dass die vom Kläger dargelegten Arbeiten am Kran nach Insolvenzeröffnung durch Vorlage der Stundenzettel hinreichend nachgewiesen seien, nicht mehr entgegengetreten ist.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg.
Der Kläger kann den begehrten Betrag nur beanspruchen, wenn er der Beklagten wegen der Sperrwirkung des § 91 InsO nicht zugestanden hat. Danach können Rechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ( von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen ) nicht erworben werden. Dazu ist allgemein anerkannt, dass es für den Eintritt der Sperrwirkung darauf ankommt, ob die Forderung der Gemeinschuldnerin gegen den Käufer bzw. Besteller vor der Insolvenzeröffnung entstanden ist oder nicht, wobei die Vorschrift des § 91 InsO für die Zeit von der Anordnung der vorläufigen Verwaltung bis zum Eröffnungsbeschluss keine Anwendung findet.
Vorliegend hat die Beklagte das Recht aber zum ganz überwiegenden Teil vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben, nämlich durch die Globalzession vom 15. Januar 2002 und den Sicherungsübereignungsvertrag von 26. September 2001.
Soweit der Kläger sowohl die Zession als auch die Sicherungsübereignung wegen aus seiner Sicht intransparenter Bestimmungen für unwirksam hält, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Beide genügen den Grundsätzen der Bestimmtheit und Bestimmbarkeit.
Im Falle der Abtretung künftiger Forderungen kann der Empfänger einer Vorausabtretung erst im Augenblick der Forderungsentstehung das Gläubigerrecht erlangen; liegt dieser Zeitpunkt nach der Verfahrenseröffnung, steht § 91 InsO dem Erwerb entgegen ( Uhlenbrock, InsO, 12. Auflage 2002, Rdn 17 zu § 91 ).
Die dem Schlussurteil zu Grunde liegende Forderung ist bis auf einen Teilbetrag von 3.550 EUR vor Insolvenzeröffnung, nämlich mit der Auftragsbestätigung vom 30. September 2003 entstanden. Zwar stammen die Rechnung und deren Bezahlung aus der Zeit nach dem 2. Januar 2004. Bei teilbaren Leistungen ist jedoch darauf abzustellen, welche Leistungen vor und nach der Insolvenzeröffnung erbracht worden sind ( BGH WM 2001,1470 ff., NJW 2002,2783 ff. ). Von einer teilbaren Leistung ist hier auszugehen. Der im Rahmen eines Werklieferungsvertrages von der Gemeinschuldnerin herzustellende Kran war bis auf Restarbeiten fertiggestellt. Es fehlte im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nur noch die Erfüllung der Montageverpflichtung, nämlich den insoweit vollständig hergestellten Kran auf den Lkw der Bestellerin zu montieren. Diese Arbeiten wurden von der Gemeinschuldnerin in der Zeit vom 5. - 8. Januar 2004 in 35,5 Arbeitsstunden erbracht. Den Wert dieser Restarbeiten setzt der Senat in Anwendung von § 287 ZPO mit 100 EUR pro Arbeitsstunde an. Grundlage dieser Schätzung ist der Wert des Gesamtauftrages mit
62.292 EUR im Verhältnis zum Wert der Restarbeiten bei Ansatz eines üblichen Stundenlohnes im Rahmen einer Gesamtkalkulation bei Herstellung eines Kranes zum Festpreis in einer Maschinenfabrik von der Größenordnung der Gemeinschuldnerin.
Im Ergebnis besteht daher nur eine Auskehrungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte in Höhe von 3.550 EUR nebst Zinsen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 97; 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision ( § 543 ZPO ) ist nicht geboten.