Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 13.05.2004, Az.: 1 A 1424/01
Bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Herstellung von Kraftfahrzeug-Stellplätzen; Ermessensreduzierung bei Unzumutbarkeit des Bauvorhabens; Verweisung auf den Zivilrechtsweg bezüglich Nutzungsrecht an einer Straße
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 13.05.2004
- Aktenzeichen
- 1 A 1424/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 14627
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2004:0513.1A1424.01.0A
Rechtsgrundlagen
- § 89 Abs. 1 S. 1 NBauO
- § 917 Abs. 1 S. 1 BGB
- Art. 14 Abs. 1 GG
Verfahrensgegenstand
Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten
Prozessgegner
Landkreis Stade
vertreten durch den Landrat, Am Sande 2, 21682 Stade, D.
Redaktioneller Leitsatz
Die bauordnungsrechtlichen Eingriffsbefugnisse dienen nicht dem Zweck, die gegenseitigen Rechte und Pflichten im nachbarlichen Verhältnis zu gestalten.
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 1. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2004
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Schmidt,
den Richter am Verwaltungsgericht Lassalle,
den Richter am Verwaltungsgericht Klinge
sowie die ehrenamtlichen Richter I. und J.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Hinweis: Verbundenes Verfahren
Verbundverfahren:
VG Stade - 13.05.2004 - AZ: 1 A 1425/01
Tatbestand
Die Kläger verlangen von dem Beklagten das bauaufsichtliche Einschreiten gegen die Herstellung von Kfz-Stellplätzen seitens der Beigeladenen.
Die Beigeladenen sind Eigentümer des Flurstücks 51/9 der Flur 20 Gemarkung K.. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des rechtsgültigen Bebauungsplans Nr. 7a der Gemeinde L. vom 4. Oktober 1984, der die Voraussetzungen für die Besiedlung des Geländes als M. geschaffen hat. Nach den Planungsabsichten sind Parzellen für die Errichtung von Ferienhäusern entstanden, während die Erschließung in Händen eines privaten Trägers verbleiben sollte, insbesondere für die Straßen des Plangebiets war keine Widmung nach öffentlichem Recht vorgesehen. Die Anliegergrundstücke wurden, von Ausnahmen abgesehen, ohne Sicherung der Zufahrt durch Baulast, Grunddienstbarkeit oder Miteigentum an den Verkehrsflächen mit Ferienhäusern bebaut. Dementsprechend weist der Bebauungsplan den Bereich, in dem das Grundstück der Beigeladenen belegen ist, als Sondergebiet zur Bebauung mit Ferienhäusern aus. Auf den privaten Verkehrsflächen sind zahlreiche Stellplätze zur Aufnahme des ruhenden Verkehrs festgesetzt. Die Anzahl der Stellplätze ist in dem Bebauungsplan nicht beschränkt worden. Eigentümer der Verkehrsflächen ist der Kläger zu 2., der die Wahrnehmung seiner Rechte, insbesondere die Verwalterbefugnisse der Klägerin zu 1. rechtsgeschäftlich übertragen hat. Die Benutzung der Straßen ist Gegenstand von Verwaltungsverträgen zwischen der Klägerin zu 1. und den Anliegern. Die Beigeladenen kündigten diesen Vertrag unter dem 6. März 1998.
Mit Genehmigung vom 26. November 1985 wurde auf dem Grundstück der Beigeladenen das Ferienhaus Nr. 73 errichtet. Die Genehmigung enthält unter laufender Nummer 10 die Nebenbestimmung, dass ein Einstellplatz für ein Kraftfahrzeug herzustellen ist. Ein solcher Stellplatz wurde zunächst nicht eingerichtet. Nach den Abmachungen zwischen den Rechtsvorgängern der Kläger und den Anliegern durften die Grundstücke bei An- und Abreise der Nutzer je einmal mit dem Kraftfahrzeug angefahren werden. Die Kraftfahrzeuge waren in der Zwischenzeit auf den nach Maßgabe des Bebauungsplans hergestellten freien Stellplätzen unterzubringen.
Im Juni 2000 richteten die Beigeladenen auf ihrem Grundstück mit Rasengittersteinen zwei Stellplätze ein. Am 20. Juni 2000 forderte die Klägerin zu 1. den Beklagten auf, dagegen bauaufsichtlich einzuschreiten. Die Baumaßnahme sei mangels notwendiger Erschließung bauordnungsrechtlich unzulässig. Ein abgesichertes Wegerecht zur regelmäßigen Anfahrt des Grundstücks sei nicht vorhanden. Das Eigentum an den Verkehrsflächen sei durch die beabsichtigte zusätzliche Nutzung beeinträchtigt.
Mit Bescheid vom 26. September 2000 lehnte der Beklagte ein bauordnungsrechtliches Vorgehen gegen die Beigeladenen ab. Die Anlage sei baugenehmigungsfrei. Ihr stehe der geltende Bebauungsplan nicht entgegen, da dessen Bestimmungen keine Beschränkungen für die Einrichtung weiterer als der festgesetzten Stellplätze enthielten. Ein Widerspruch zum öffentlichen Baurecht, der das bauaufsichtliche Einschreiten rechtfertigen könnte, lasse sich nicht feststellen. Dagegen legten die Kläger am 17. Oktober 2000 Widerspruch ein.
Die Bezirksregierung Lüneburg wies den Widerspruch mit Bescheid vom 25. September 2001 zurück. Die angefochtene Entscheidung sei rechtmäßig. Ein Anspruch der Kläger auf das verlangte Einschreiten bestehe nicht. Eine Ermessenreduzierung zu Gunsten der Kläger käme nur unter engen Voraussetzungen bei einer Verletzung nachbarschützender Vorschriften in Betracht. Ob die beanstandete Herstellung der Stellplätze objektiv rechtswidrig sei, könne offen bleiben; denn jedenfalls sei der Grad der Unzumutbarkeit für die Kläger nicht erreicht. Die Stellplätze seien baugenehmigungsfrei und auch nicht bauplanungsrechtlich unzulässig, da der Bebauungsplan sie nicht ausschließe. Über den möglichen Fortfall der Grundstückserschließung infolge der Kündigung des vertragsrechtlichen Zuganges über die privaten Straßenanlagen brauche nicht entschieden zu werden. Die bestehende Erschließungssituation sei nicht durch die Herstellung der Stellplätze geschaffen worden. An ihr würde durch eine Beseitigung der Stellplätze nichts geändert. Damit sei eine bauordnungsrechtliche Verfügung ungeeignet, baurechtmäßige Zustände herzustellen.
Dagegen richtet sich die am 23. Oktober 2001 bei Gericht eingegangene Klage. Mit ihr haben die Kläger ihren Anspruch auf Erlass einer Beseitigungsverfügung gegen die Beigeladenen zunächst weiterverfolgt, das Begehren nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung aber auf das Ziel, die Nutzungsuntersagung auszusprechen, beschränkt. Zur Begründung legen sie dar: Ohne Rücksicht auf die Genehmigungsbedürftigkeit des Vorhabens sei im vorliegenden Fall das behördliche Ermessen des Beklagten auf das nach den Umständen notwendige Einschreiten verengt. Die von den Beigeladenen teilweise auf ihrem eigenen, teilweise auf der Verkehrsfläche der Kläger hergestellten Stellplätze seien bauplanungsrechtlich unzulässig, weil der Bebauungsplan Nr. 7a die Stellplätze nach Ort und Zahl im Plangebiet abschließend festgesetzt und insbesondere auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht zugelassen habe. Aus dem Schreiben der Samtgemeinde Lühe vom 5.Juni 2002 ergebe sich, dass es Absicht der Planung gewesen sei, den ruhenden Verkehr auf den ausgewiesenen Stellplätzen zu konzentrieren. Dies sei auch heute noch die Ansicht der planenden Gemeinde und der Samtgemeinde. Auch bauordnungsrechtlich seien die Stellplätze nicht zulässig. Ihnen fehle die notwendige Voraussetzung der Erschließung, seitdem der Verwaltungsvertrag von den Beigeladenen im Jahre 1998 gekündigt worden sei. Die Beigeladenen verfügten weder über das Miteigentum noch über eine Grunddienstbarkeit an den Verkehrsflächen. Vielmehr nähmen sie bewusst Leistungen der Kläger durch Benutzung der Straßen in Anspruch und verweigerten seit dem Jahre 2001 die Zahlung des Nutzungsentgelts. Aus einschlägigen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Oldenburg und des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg in einem weitestgehend vergleichbaren Fall ergebe sich, dass die Kläger die Herstellung und Nutzung der Stellplätze nicht hinzunehmen brauchten. In jenen Entscheidungen sei entschieden worden, dass die rechtswidrige Genehmigung zusätzlicher Stellplätze in einem Ferienhauspark den Eigentümer der privaten Verkehrsfläche in seinen Rechten verletze und er deshalb die Baugenehmigungen anfechten könne. Diese Grundsätze müssten entsprechend dann angewendet werden, wenn die Einrichtung von Stellplätzen genehmigungsfrei, materiell-rechtlich aber rechtswidrig sei, und zwängen die Bauaufsichtsbehörde, zu Gunsten des in seinen Rechten Verletzten einzuschreiten. Das Ermessen sei darum nicht frei, sondern habe sich an dem Rang des Art. 14 GG zu orientieren. Die Beeinträchtigung der Kläger liege in dem Entstehen des zusätzlichen, durch die weiteren Stellplätze ausgelösten Zu- und Abgangsverkehrs, auch durch Besucher. Der unerwünschte Mehrverkehr bliebe unterbunden, wenn die Grundstücksnutzer und die Besucher nach wie vor darauf angewiesen wären, die zugelassenen Stellplätze in Anspruch zu nehmen und von dort aus die Grundstücke aufzusuchen. Soweit durch die für das Ferienhaus auf dem Grundstück der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung ein Notwegrecht entstanden sein sollte, erlaube dieses keine beliebigen An- und Abfahrten. Im Übrigen habe sich der Beklagte in dieser Frage selbst gebunden. Dies zeige ein Schreiben vom 22. Juli 2002 in einem Baugenehmigungsverfahren wegen Errichtung eines Ferienhauses, das vom Bauherrn ausdrücklich einen Stellplatznachweis fordere.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 26. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 25. September 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Nutzung der Stellplätze auf dem Flurstück 51/9 der Flur 20 Gemarkung Hollern-Twielenfleth zu untersagen,
hilfsweise,
den Antrag der Kläger vom 20. Juni 2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angefochtenen Bescheide und setzt sich mit dem Vorbringen der Kläger auseinander. Insbesondere sei kein öffentliches Interesse daran vorhanden, den Zu- und Abgangsverkehr auf den Flächen der Kläger zu verhindern. Die Kläger könnten ihre privaten Rechte vor den Zivilgerichten geltend machen.
Die Beigeladenen treten, ohne einen eigenen Antrag in der Sache zu stellen, der Ansicht des Beklagten bei und machen ergänzende Ausführungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist mit dem geänderten Antrag, der sich nur noch auf eine Nutzungsuntersagung richtet, zulässig. Für das ursprünglich an den Beklagten herangetragene Verlangen, den Beigeladenen die Beseitigung der Stellplätze auf ihrem Grundstück aufzugeben, fehlt den Klägern die nachbarliche Klagebefugnis. Das bloße Vorhandensein der Stellplätze ist von vornherein ungeeignet, Rechte der Kläger zu beeinträchtigen. Erst die beabsichtigte und bestimmungsgemäße Nutzung durch die Beigeladenen kann durch zusätzlichen An- und Abgangsverkehr die geltend gemachte übermäßige und unzumutbare Nutzung der benachbarten Straßenparzellen hervorrufen. Diese Beschwer würde schon durch eine Nutzungsuntersagung behoben werden. In einer darüber hinaus gehenden Beseitigungsverfügung läge für die Kläger keine mehr denkbare Besserstellung.
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kläger können die angefochtenen Bescheide rechtlich nicht beanstanden. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen den Beklagten, den Beigeladenen die Nutzung der Stellplätze auf dem Flurstück 51/9 der Flur 20 Gemarkung Hollern-Twielenfleth zu verbieten. Die Ablehnungsentscheidung leidet im Übrigen an keinen Ermessensfehlern zu Lasten der Kläger.
Gemäß § 89 Abs. 1 Satz 1 NBauO steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtsbehörde einzuschreiten, wenn die Nutzung baulicher Anlagen dem öffentlichen Baurecht widerspricht oder dies zu besorgen ist. Ein betroffener Nachbar hat hiernach regelmäßig nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. In Ausnahmefällen kann sich jedoch der der Bauaufsichtsbehörde eingeräumte Ermessensspielraum derart reduzieren, dass nur eine einzige ermessensfehlerfreie Entscheidung, nämlich die zum Einschreiten, denkbar ist (Ermessensschrumpfung auf Null) und allenfalls über die Art und Weise des Einschreitens der Behörde noch ein Ermessensspielraum verbleibt. Da der Nachbarschutz im Baurecht nicht auf den Schutz hochrangiger Rechtsgüter beschränkt ist, hat die Rechtsprechung den Anspruch auf Einschreiten auf die Fälle ausgedehnt, in denen der baurechtswidrige Zustand materielle Rechte des Nachbarn verletzt und ihn tatsächlich unzumutbar beeinträchtigt (vgl. Schmaltz in: Große-Suchsdorf/ Lindorf/ Schmaltz/Wiechert, NBauO, 7. Aufl. 2002, § 89, Rdnr 61 m.w.N.).
Eine Ermessensreduzierung, die dem Beklagten nur noch die Möglichkeit ließe, gegen die Stellplätze auf dem Grundstück der Beigeladenen zu Gunsten der Kläger einzuschreiten, ist im vorliegenden Streitfall nicht eingetreten. Die für den Ausgang des Verfahrens unerhebliche Frage, ob der von den Klägern angenommene baurechtswidrige Zustand tatsächlich vorhanden ist, muss auf sich beruhen. Jedenfalls sind die Kläger, wenn man die bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit der von den Beigeladenen geschaffenen Stellplätze unterstellt, dadurch nicht unzumutbar in ihren Rechten beeinträchtigt. Sie waren bisher schon verpflichtet, die Benutzung ihrer Straßenflächen mit Kraftfahrzeugen durch die Anlieger jedenfalls in einem bestimmten Umfang zu dulden. Es kann kein Ermessensfehler darin gesehen werden, dass der Beklagte von einem Einschreiten absieht und die Kläger zur verbindlichen Klärung der den Beigeladenen zustehenden Nutzungsrechte an den Straßen hinsichtlich ihres Inhalts und Umfangs auf den Zivilrechtsweg verweist. Die Kläger sind zur Wahrung ihrer Rechte als Eigentümer der Straßenflächen und zur Abwehr übermäßiger Benutzungen des Straßenkörpers nicht auf eine gegenüber den Beigeladenen verbindliche und vollziehbare bauaufsichtliche Entscheidung angewiesen.
Die Kläger stützen ihr Begehren maßgeblich auf das im Ausgangsfall vergleichbare Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 20. Februar 1996 - 1 A 2724/92 - und das Berufungsurteil des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 26. Januar 1998 - 6 L 3005/96 -, bestätigt durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Mai 1998 - 4 B 45.98 - (Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 152 = NJW-RR 1999, 165 [BVerwG 11.05.1998 - 4 B 45/98] = BRS 60 Nr. 182 [1998]).
Das Nds. Oberverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die einem Anlieger in einem Ferienhausgebiet erteilte Genehmigung zur Herrichtung eines Kfz-Einstellplatzes auf seinem Grundstück, zu dessen Gunsten keine durch Baulast oder Miteigentum gesicherte Erschließung über die privaten Straßenflächen besteht, rechtswidrig ist, weil sie den klagenden Eigentümer der Straßenflächen in seinen Rechten aus Art. 14 Abs. 1 GG oder aus dem Rücksichtnahmegebot nach § 15 Abs. 1 BauNVO verletzt. Der Kläger müsse dies nicht hinnehmen. Die Anlage eines Stellplatzes auf dem Anliegergrundstück führe zu einer wesentlichen Steigerung der Straßenbenutzung. Damit werde ein für das Ferienhaus bestehendes Notwegerecht nach seinem Umfang deutlich überschritten. Es unterliege der Beurteilung der Zivilgerichte, ob eine derartige Änderung der Benutzungsart ordnungsgemäß im Sinne des § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB sei. Die erteilte Baugenehmigung würde jedoch hinsichtlich der Zulässigkeit der Nutzung und der Erschließung kraft der ihr zukommenden Feststellungswirkung für die Beurteilung dieser Frage eine Bindung der Zivilgerichte bewirken und müsse deshalb von dem Kläger nicht hingenommen werden. Dem streitigen Vorhaben komme auch kein überwirkender Bestandsschutz zugute. Neben den gesetzlich geregelten Möglichkeiten gebe es keinen auf Bestandsschutz gegründeten Anspruch auf die Zulassung von Erweiterungen baulicher Anlagen. Abgesehen davon sei ein Stellplatz zur Nutzung des dort betroffenen Ferienhauses nicht erforderlich, weil an der privaten Haupterschließungsstraße ein Stellplatz dafür vorgesehen und das Konzept des Ferienhausgebietes darauf angelegt sei, die Grundstücke an den schmalen Stichwegen von Stellplätzen freizuhalten. Der Verstoß gegen § 5 Abs.2 Satz 1 NBauO (fehlende Erschließung) lasse sich daher über Art. 14 Abs.1 GG nicht überwinden. Da das Baugrundstück nur über Flächen zugänglich sei, die nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, müsse ihre Benutzung für diesen Zweck durch Baulast oder Miteigentum gesichert sein. Das Abwehrrecht des klagenden Straßeneigentümers bestehe im Hinblick auf das Notwegerecht unabhängig von der Frage, wie schwer und unerträglich ihn der Eingriff durch die Genehmigung des Stellplatzes treffe.
Soweit die Kläger des vorliegenden Verfahrens aus jener Entscheidung ihren Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die möglicherweise baurechtswidrige Schaffung der Stellplätze herleiten, übersehen sie die verfahrensrechtlich gänzlich unterschiedliche Ausgangslage des vorliegenden Rechtsstreits. Der Kläger des abgeschlossenen Vergleichsfalles konnte die dort streitige Baugenehmigung zur Schaffung von Stellplätzen nur deshalb erfolgreich anfechten, weil die Feststellungs- und Bindungswirkung der Genehmigungen den beigeladenen Bauherren nach § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB ein zusätzliches Notwegerecht verschafft hätte, dem der Kläger als Duldungspflichtiger sich zivilrechtlich nicht mehr hätte entziehen können.
Dies kommt mit besonderer Deutlichkeit in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Mai 1998 (a.a.O.) über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zum Ausdruck, wonach der Nachbar ein Abwehrrecht haben kann, wenn eine rechtswidrige Baugenehmigung dadurch in sein durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Eigentumsrecht eingreift, dass sie infolge Fehlens der Erschließung in Richtung auf die Duldung eines Notwegrechts nach § 917 Abs. 1 BGB eine unmittelbare Rechtsverschlechterung bewirkt. Die Baugenehmigung stelle verbindlich fest, dass das Vorhaben mit dem Baurecht übereinstimmt. Das wirke sich voraussetzungsgemäß gerade dann aus, wenn sie rechtswidrig ist. Auch in diesem Falle schneide sie dem Nachbarn, der sich im Zivilprozess gegen die Inanspruchnahme seines Grundstücks auf der Grundlage des § 917 Abs. 1 BGB zur Wehr setzt, den Vortrag ab, die Benutzung des Baugrundstücks sei schon deshalb nicht ordnungsmäßig, weil sie dem öffentlichen Baurecht widerspreche. Obwohl die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt werde, löse sie in Richtung auf die Entstehung eines Notwegrechts gleichsam eine Automatik aus. Deshalb habe sie aus der Sicht des betroffenen Nachbarn insoweit Eingriffsqualität.
Im Unterschied dazu liegt im vorliegenden Streit gerade keine Baugenehmigung vor, und damit verfügen die Beigeladenen auch nicht über einen öffentlich-rechtlichen Titel, kraft dessen sie die Kläger auf Duldung der Benutzung ihrer Straßen als Verbindung zum öffentlichen Straßennetz in Anspruch nehmen könnten. Soweit die nach Feststellung in den angefochtenen Bescheiden genehmigungsfreie Herstellung der Stellplätze baurechtlich unzulässig sein sollte, bleibt es den Klägern unbenommen, den Beigeladenen die Benutzung ihrer Straßen in dem mit dem zusätzlichen Verkehr verbundenen Umfang auf Grund ihrer eigentumsrechtlichen Abwehrposition zu verbieten. Im Streitfall steht ihnen der Zivilrechtsweg offen. Die Verweisung der Kläger auf diese Rechtsschutzmöglichkeiten ist nicht unzumutbar. Der Verkehr von und nach den Anliegergrundstücken findet seit langen Jahren statt. Erhebliche und unausgleichbare Einbußen erleiden die Kläger nicht dadurch, dass der Beklagte auf Grund seines behördlichen Ermessens vom Einschreiten absieht und die Kläger nur den Weg zu den Zivilgerichten beschreiten können, um das privat-wegerechtliche Verhältnis zu den Beigeladenen feststellen zu lassen. Demgegenüber dienen die bauordnungsrechtlichen Eingriffsbefugnisse nicht dem Zweck, die gegenseitigen Rechte und Pflichten im nachbarlichen Verhältnis zu gestalten.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der notwendig Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.