Sozialgericht Braunschweig
Urt. v. 20.11.2018, Az.: S 52 AS 1361/17

Kostenerstattungsanspruch für die Zeit des Aufenthaltes einer hilfebedürftigen Person im Frauenhaus hinsichtlich Zuständigkeit

Bibliographie

Gericht
SG Braunschweig
Datum
20.11.2018
Aktenzeichen
S 52 AS 1361/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 50452
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Berufung wird zugelassen. Der Streitwert wird endgültig auf 3.369,96 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 36a Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Die erwerbsfähige und hilfebedürftige Frau D. lebte im Zuständigkeitsbereich des beklagten Jobcenters und bezog dort gemeinsam mit ihrem Ehemann laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Am 13. Dezember 2013 trennte sie sich von ihrem Ehemann und begab sich am 14./15. Dezember 2013 in den Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Wolfsburg, einer gemeinsamen Einrichtung (gE) der Bundesagentur für Arbeit und der klagenden Stadt im Sinne von § 44b SGB II. Vom 16. Dezember 2013 bis zum 12. Mai 2014 hielt sie sich in einem Frauenhaus in Wolfsburg auf, dessen freier Träger der Wolfsburger Frauenhaus e.V. ist. Das Jobcenter Wolfsburg bewilligte Frau E. laufende Leistungen nach dem SGB II für den Regelbedarf inklusive Mehrbedarfe für die Zeit vom 16. Dezember 2013 bis 31. Mai 2014 (Bescheide vom 4. Januar und 11. Februar 2014). Mit Schreiben vom 28. Mai 2014 machte das Jobcenter Wolfsburg gegenüber dem Beklagten die Erstattung der für den Aufenthalt der Frau E. im Frauenhaus entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 5.061,60 EUR geltend. Dabei legte es einen Tagessatz von 34,20 EUR (11,43 EUR Unterkunfts- und 22,77 EUR Betreuungskosten) zugrunde. Der Beklagte zahlte im Dezember 2014 den Unterkunftskostenanteil (1.691,64 EUR). Hinsichtlich der Kosten der psychosozialen Betreuung bat der Beklagte um Übersendung der mit dem Frauenhaus getroffenen Leistungs- und Vergütungsvereinbarung im Sinne des § 17 Abs. 2 SGB II (Schreiben vom 1. Dezember 2014). In der Folgezeit teilte der Beklagte mit, dass er nicht zur Erstattung der Betreuungsleistungen verpflichtet sei, da eine Vereinbarung im Sinne von § 17 SGB II von der Klägerin nicht habe vorgelegt werden können (Schreiben vom 13. Dezember 2016).

Die Klägerin hat am 9. August 2017 Klage erhoben und begehrt die Zahlung des noch ausstehenden Betrages. Die von der Klägerin mit dem Frauenhaus 2007 getroffene Vergütungsvereinbarung sei auf Grundlage von § 75 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) geschlossen worden, aber auch auf der Grundlage von § 6 SGB II begründet. An die Vergütungsvereinbarung dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Mai 2015 - L 12 AS 1955/14 -). Der Beklagte erwidert, die Klägerin habe zwar eine umfassende Vereinbarung im Sinne von § 17 SGB II vorgelegt. Diese enthalte aber keine aussagekräftige Vergütungsvereinbarung. Es sei nicht erkennbar, wie sich die geltend gemachte Pauschale zusammensetze.

In der Folge hat die Klägerin verschiedene Unterlagen vorgelegt, aus denen sich die Berechnung der Betreuungspauschale ergeben soll (Vermerk der Klägerin vom 6. November 2003 "Wolfsburger Frauenhaus e.V. Berechnung und Anhebung des Tagessatzes auf 34,20 EUR", Vermerk der Klägerin vom 13. Juli 2005 "Wolfsburger Frauenhaus e.V. Kostenerstattung ab 01.08.2005", eMail/Vermerk der Klägerin vom 6. Juni 2006 zur Umsetzung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006, Vermerk der Klägerin vom 30. November 2007 "Wolfsburger Frauenhaus e.V. Kostenerstattung für auswärtige Unterbringung", Vermerk der Klägerin vom 26. Juli 2010 "Wolfsburger Frauenhaus e.V. Festlegung des Tagessatzes 2010", Vermerk der Klägerin vom 22. Mai 2014 "Überprüfung Tagessatzberechnung/Kosten der Unterkunft Stand 2013", Vermerk der Klägerin vom 18. Mai 2015 "Finanzierungsübersicht Frauenhaus - Stand 2014"). Wegen der Einzelheiten wird auf diese Bezug genommen. Die Beklagte trägt ergänzend vor, es würden durch das Frauenhaus verschiedene Leistungen zur psychischen Stabilisierung als unabdingbare Voraussetzung für eine Eingliederung in das Erwerbsleben erbracht werden (siehe im Einzelnen den Schriftsatz der Klägerin vom 8. August 2018). Eine Dokumentation und davon abgeleitete finanzielle Differenzierung der vielschichtigen und geleisteten Betreuungsleistungen sei aufgrund der hohen Datenschutzanforderungen und der besonderen Vertrauenssituation nicht möglich.

Nachdem die Klägerin bei Klagerhebung noch die Zahlung von Prozesszinsen auf die begehrte Forderung beantragt hatte, nahm sie diesen Antrag am 14. August 2018 zurück und beantragt nunmehr noch, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.369,96 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Neben der Gerichtsakte lagen die Verwaltungsvorgänge der Beteiligten vor und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden waren (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

I.

Die als echte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthafte Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Klägerin prozessführungsbefugt. Zwar liegt die Wahrnehmungszuständigkeit für die Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen nach § 36a SGB II beim jeweiligen Jobcenter (§ 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II i.d.F. des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011; BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 - B 14 AS 156/11 R - juris Rn. 13), was hier das Jobcenter Wolfsburg wäre. Es ist aber eine Rückübertragung der Zuständigkeit auf die Klägerin erfolgt (§ 44b Abs. 4 SGB II). Eine solche Übertragung kann sowohl durch Beschluss der Trägerversammlung (§ 44c Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB II) als auch bereits in der Gründungsvereinbarung bei Errichtung der gE (§ 44b Abs. 2 SGB II) erfolgen (Weißenberger in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 44b Rn. 28; Knapp in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 44b Rn. 101). Soweit die Gegenauffassung die Möglichkeit der Regelung einer Rückübertragung in der Gründungsvereinbarung ablehnt, weil die Vereinbarungsparteien nicht die Trägerversammlung im Sinne des § 44c Abs. 1 SGB II seien, und nur letztere die Rückübertragung beschließen könne (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Juli 2016 - L 7 AS 2261/14 - juris Rn. 22), überzeugt dies nicht. Die Trägerversammlung ist paritätisch mit Vertretern der Träger besetzt (§ 44c Abs. 1 Satz 2 SGB II). Sie ist für die Entscheidung nach § 44b Abs. 4 SGB II zuständig (§ 44c Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB II). Die Entscheidung ergeht durch Stimmenmehrheit (§ 44c Abs. 2 Satz 7 und 8 SGB II). Diese kann sie naturgemäß aber nur treffen, nachdem die gE errichtet worden ist, weil sie vorher nicht existiert. Bei dieser Sachlage ist gegen die Möglichkeit für die Träger im Rahmen der Gründungsvereinbarung (§ 44b Abs. 2 Satz 1 SGB II: "Die Träger bestimmen [ ...] die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung.") konsensual eine Übertragung einzelner Aufgaben auf die gE auszuschließen, nichts zu erinnern. Ob dies auch gilt, wenn die gE bereits errichtet worden ist, bedarf keiner Entscheidung. In diesem Fall ist nämlich durch die Träger des Jobcenters Wolfsburg in der Gründungsvereinbarung eine Nichtübertragung der Geltendmachung von bestrittenen Ansprüchen nach § 36a SGB II auf die gE geregelt worden. Insoweit ist festgehalten worden, dass das "bisherige Verfahren" bzgl. der Ansprüche nach § 36a SGB II fortgesetzt wird (§ 16 Abs. 5 der Vereinbarung über die Ausgestaltung einer gemeinsamen Einrichtung gemäß § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2010). In der Zeit vor dem 1. Januar 2011 war das Jobcenter aber nicht für die Geltendmachung der Kostenerstattungsansprüche nach § 36a SGB II zuständig. Nach § 44b Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB II (in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung insoweit unveränderten Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003) setzte die Wahrnehmungszuständigkeit der damaligen Arbeitsgemeinschaften (ARGE), deren Rechtsnachfolger die Jobcenter sind, für eigentlich den kommunalen Trägern obliegende Aufgaben einen entsprechenden individuellen Übertragungsakt voraus. Ein solcher ist hier aber nicht erfolgt. Aus dem zwischen den Trägern der ARGE Wolfsburg geschlossenen Vertrag über die Gründung und Ausgestaltung einer Arbeitsgemeinschaft gemäß § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 22. November 2004 ergibt sich ein solcher nicht, zumal die Regelung des § 36a SGB II erst zum 1. September 2005 in das SGB II eingefügt wurde. Weitere Vereinbarungen zwischen den Trägern bestehen nicht. Im Gegenteil ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Vermerken vom 13. Juli 2005 und 31. Mai 2006, dass im Streitfall die Ansprüche nach § 36a SGB II durch die Klägerin geltend gemacht werden sollen. Auch wenn diese keine Außenwirkung haben, belegen sie doch die von den Trägern und der ARGE beabsichtigte Beibehaltung der Wahrnehmungszuständigkeit für die Geltendmachung bestrittener Ansprüche nach § 36a SGB II bei der Klägerin.

II.

Die Klage ist allerdings unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der 3.369,96 EUR.

1. Soweit eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht sucht, ist nach § 36a SGB II (i.d.F. des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011) der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten. Dem Grunde nach besteht dieser Erstattungsanspruch. Die hilfebedürftige Frau M, die in Dortmund ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt (§ 36 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I -) hatte, suchte ab dem 16. Dezember 2013 Zuflucht vor ihrem Ehemann im Wolfsburger Frauenhaus und begründete damit ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Klägerin bzw. des Jobcenters Wolfsburg. Damit ist der Beklagte zur Erstattung der Kosten für die Zeit des Aufenthalts verpflichtet.

2. Die von der Klägerin geltend gemachten Betreuungskosten sind zwar grundsätzlich und so auch hier dem Grunde nach erstattungsfähige Kosten im Sinne des § 36a SGB II (dazu a.). Im hier zu beurteilenden Fall sind sie aber gleichwohl nicht erstattungsfähig, weil die Berechnung der Höhe dieser Kosten weder plausibel noch nachvollziehbar ist (dazu b. und c.)

a. Zu den Aufenthaltskosten gehören alle nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II rechtmäßig erbrachten Leistungen, solange diese Leistungen im Zusammenhang mit der Zuflucht im Frauenhaus stehen (Böttiger in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 36a Rn. 43 m.w.N.). Hierzu zählen unter anderem die Kosten für Unterkunft und Heizung sowie die Kosten für die psychosoziale Betreuung der Zuflucht suchenden Person (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 22 SGB II und § 16a Nr. 3 SGB II). Die hier noch im Streit stehenden Betreuungskosten sind nur erstattungsfähig, soweit die Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit erforderlich waren, wobei der Begriff der psychosozialen Betreuung weit zu verstehen ist und alle Maßnahmen erfasst, die zur psychischen und sozialen Stabilisierung der Betroffenen zu dienen bestimmt sind (BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 - B 14 AS 190/11 R -; Böttiger, aaO. Rn. 52).

Davon, dass entsprechende Maßnahmen, wie sie von der Klägerin im Schriftsatz vom 8. August 2018 allgemein umrissen worden sind, gegenüber Frau E. unter anderem mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit erbracht worden sind, geht die Kammer mangels gegenteiliger Anhaltspunkte aus. Dies hat der Beklagte auch nicht in Abrede gestellt. Im Übrigen ist ein Nachweis des konkreten Bezuges von jeder erbrachten Betreuungsleistung zur Eingliederung in das Arbeitsleben nicht zu fordern. Aus dem Vergleich zu anderen in § 16a SGB II genannten Leistungen - Schuldner- und Suchtberatung - ergibt sich, dass der Gesetzgeber pauschalierend davon ausgeht, dass solche Leistungen generell geeignet sind, die Integration in das Erwerbsleben zu erleichtern (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Februar 2017 - L 7 AS 1299/15 - juris Rn. 29 m.w.N.).

b. Wenn sich aber wie hier der kommunale Träger einer Leistungserbringung durch Dritte (dem Wolfsburger Frauenhaus e.V.) bedient, setzt eine rechtmäßige Leistungserbringung das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne des § 17 Abs. 2 SGB II voraus (LSG Nordrhein-Westfalen, aaO.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Mai 2015 - L 12 AS 1955/14 -; SG Osnabrück, Urteil vom 28. Januar 2015 - S 33 AS 320/13 -, bestätigt durch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. August 2017 - L 13 AS 66/15 -; SG Osnabrück, Urteil vom 28. Mai 2014 - S 24 AS 28/12 -, bestätigt durch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. August 2017 - L 15 AS 199/14 -). Es muss nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB II mit dem Dritten eine Vereinbarung insbesondere über den Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Satz 1 Nr. 1) sowie die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzen kann (Satz 1 Nr. 2), und die Prüfung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen geschlossen werden (Satz 1 Nr. 3). Die Vereinbarung muss schließlich den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Gleichwohl dürfen keine zu hohen Anforderungen an die Vereinbarung gestellt werden, wie sich im Vergleich zu der Parallelregelung in § 75 Abs. 3 SGB XII zeigt, deren Voraussetzungen vom Gesetzgeber deutlich konkreter formuliert worden, siehe § 76 SGB XII (LSG Baden-Württemberg, aaO., Rn. 74). Erst bei Vorliegen einer diesen Anforderungen genügenden Vereinbarung, besteht eine Vergütungspflicht (Weißenberger, aaO., § 17 Rn. 11).

Die Klägerin hat mit dem Wolfsburger Frauenhaus e.V. am 17. April 2007 eine "Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen und über Betriebsführung und Förderung des Wolfsburger Frauenhauses" geschlossen. Diese Vereinbarung erfüllt die Voraussetzungen von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3, Satz 2 SGB II. In Ziff. 1.2 finden sich Regelungen zur Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen. Es finden sich Regelungen zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit (Ziff. 2.1 und 2.4) und der Qualität (Ziff. 2.3). Fraglich ist allerdings, inwieweit eine Vergütungsregelung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II vorliegt. Nach Ziff. 2.7 Satz 1 und 2 der Vereinbarung verpflichtet sich die Klägerin lediglich, ein "kostendeckendes Entgelt/Tagessatz für den Aufenthalt im Frauenhaus" festzusetzen, wobei für auswärtige Frauen und Kinder "der zuständige Träger für den Lebensunterhalt bei den Herkunftskommunen die gesetzlich vorgesehene Erstattung des Tagessatzes" beantragt (Ziff. 2.7 Satz 1 und 2). Im Übrigen finden sich verschiedene Entgeltbestimmungen für nicht hilfebedürftige Zuflucht suchende Personen (Ziff. 2.7 Nr. 1 und 2) und schließlich die Bestimmung, dass für Wolfsburger Frauen und Kinder, die in Wolfsburg Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende erhalten, ab Einzug bzw. Hilfebedürftigkeit für jede Person ein Unterkunftskostenanteil analog der angemessenen Unterkunftskosten (Miete/Heizung) bei der Vorsprache beim Sozialleistungsträger geltend gemacht und direkt von der Klägerin verrechnet/gezahlt werde (Ziff. 2.7 Nr. 3). Dieser Tagessatz (zu dessen Berechnung sogleich) hat aber keinen Einfluss auf die Vergütung der vom Frauenhaus erbrachten Leistungen. Nach der Vereinbarung fördert nämlich die Klägerin das Frauenhaus jährlich mit einem Festbetrag von 163.200 EUR vorbehaltlich des Haushaltsbeschlusses des Rates der Stadt (Ziff. 2.1). Weitere Zahlungen von der Klägerin sind neben dieser so bezeichneten "institutionellen Förderung" grundsätzlich nicht vorgesehen. Zweifelhaft ist, ob dies überhaupt eine Vergütungspauschale im Sinne der gesetzlichen Regelung ist oder ob nicht viel mehr bloß eine reine Finanzierungsregelung vorliegt (siehe allgemein zur Problematik des Leistungserbringerrechts im SGB II: Münder in Münder, SGB II, 6. Aufl. 2017, § 17 Rn. 21 ff. und 34 ff.). Dies braucht die Kammer aber nicht zu entscheiden. Selbst wenn diese Regelung die Anforderungen erfüllt, besteht keine Erstattungspflicht des Beklagten für die Betreuungskosten.

c. Da nach § 36a SGB II nur rechtmäßig erbrachte Leistungen zu erstatten sind, können nur die tatsächlichen Kosten erstattet verlangt werden (Böttiger, aaO. Rn. 37, 56, 60). Die tatsächlichen Kosten können pauschaliert werden, was das Gesetz in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II selbst vorsieht. In welchem Umfang eine solche Pauschale im Anwendungsbereich des § 17 SGB II der (gerichtlichen) Prüfung unterliegt, ist im Einzelnen soweit ersichtlich in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht näher erörtert worden. Zumindest muss die Pauschale aber plausibel bzw. nachvollziehbar ermittelt worden sein (auf die Nachvollziehbarkeit abstellend: SG München, Urteil vom 22. Juni 2016 - S 52 AS 583/13 -; Böttiger, aaO. Rn. 61; vgl. zu Vergütungsvereinbarungen im SGB XII: Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 76 Rn. 23 ff. m.w.N.). Ein entsprechender Prüfungsmaßstab wird regelmäßig in anderen Bereichen des Sozialrechts verwandt (vgl. etwa zu Pauschalen bei Erstausstattungsansprüchen im SGB II: BSG; Urteil vom 20. August 2009 - B 14 AS 45/08 R -).

Dies zugrunde gelegt, ist der von der Klägerin festgelegte pauschale Tagessatz von 34,20 EUR (11,43 EUR für Kosten der Unterkunft und 22,77 EUR für Betreuungskosten) jedenfalls bezogen auf den streitigen Teil für Betreuungskosten nicht nachvollziehbar. Die Klägerin hat verschiedene interne Vermerke zur Berechnung des Tagessatzes vorgelegt. Ausweislich des grundlegenden Vermerkes vom 6. November 2003 (Bl. 15 d.A.), mithin vor Inkrafttreten des SGB II, wurde der Tagessatz ermittelt, indem die tatsächlichen Gesamtausgaben der Klägerin für das Frauenhaus für das Jahr 2003 (Zuschuss Betriebskosten, Zuschuss jährliches Inventar, Abschreibungen Renovierungen) ins Verhältnis zur durchschnittlichen tatsächlichen Auslastung des Frauenhauses im Vorjahr gesetzt wurden. Dies ergab den Betrag von 34,20 EUR. Mit weiteren Vermerk vom 30. November 2007 (Bl. 17 d.A.) wurde der Unterkunftskostenanteil in diesem Wert anhand der "angemessenen" Miete von 308 EUR pro Person zzgl. 35 EUR für Heizung ermittelt (11,43 EUR pro Tag). Der Rest entfalle daher auf die Betreuungskosten. Dieser Berechnungsmodus wurde über die Jahre beibehalten (siehe Vermerke vom 26. Juli 2010 und 22. Mai 2014, Bl. 31 f. d.A.). Mithin ist überhaupt keine Erhebung der durchschnittlichen Höhe der Betreuungskosten für eine Zuflucht suchende Person erfolgt. Der Betrag von 22,77 EUR ist lediglich Ergebnis der Festlegung, dass in dem gesamten Tagessatz ein Betrag von 11,43 EUR für Kosten der Unterkunft und Heizung enthalten sei. Der festgesetzte Betrag für die Unterkunftskosten ist allerdings eine Fiktion, weil er auf eine wie auch immer ermittelte Angemessenheitsgrenze abstellt. Damit setzt sich die Klägerin im Übrigen in Widerspruch zur gesetzlichen Vorgabe, dass nur die tatsächlichen Unterkunftskosten im SGB II berücksichtigungsfähig sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Welche Aufwendungen für Unterkunftskosten im Frauenhaus tatsächlich anfallen, ist nicht festgestellt worden. Die Gewährung von fiktiven Unterkunftskosten ist allerdings im Anwendungsbereich des SGB II rechtswidrig. Darüber hinaus bietet die Berechnungsmethode des Gesamttagessatzes nicht hinreichende Gewähr dafür, dass nur nach § 36a SGB II erstattungsfähige Kosten in dessen Berechnung einbezogen werden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Hinweises der Klägerin, dass die Gesamtausgaben des Frauenhauses (im Jahr 2017: 305.000 EUR) deutlicher höher als der kommunale Förderungsbetrag sind. Grundlage für die Berechnung des Tagessatzes durch die Klägerin sind deren Gesamtaufwendungen für das Frauenhaus. Der größte Teil dieser Aufwendungen ist der pauschal gewährte Jahreszuschuss (siehe Ziff. 2.1 der Vereinbarung mit dem Wolfsburger Frauenhaus e.V.), der mithin keinen konkreten Verwendungszweck hat, sondern vom Frauenhaus eigenverantwortlich und mithin auch für nach § 36a SGB II nicht erstattungsfähige Kosten (etwa Öffentlichkeitsarbeit, allgemeine Verwaltungskosten, Fortbildungskosten, vgl. die Aufstellung möglicher Ausgaben in Ziff. 2.1 der Vereinbarung) eingesetzt werden kann. Die weiteren Positionen in der grundlegenden Berechnung im Vermerk vom 6. November 2003 bestätigen dies. Deren Erstattungsfähigkeit nach § 36a SGB II ist entweder zumindest zweifelhaft (Zuschuss für Inventarbeschaffung) oder nicht gegeben (Abschreibungen für Renovierungen). Die sinngemäß geäußerte Annahme der Klägerin, das deutliche Unterschreiten des klägerischen Zuschusses der Gesamtaufwendungen des Frauenhauses biete eine hinreichende Gewähr dafür, dass der unter Inbezugnahme der tatsächlichen Belegungsquote ermittelte Tagessatz die insbesondere auch für Betreuung anfallenden Kosten nicht unterschätzt, ist zwar nicht unplausibel. Letztlich ist sie aber eine bloße Vermutung, die nicht belegt wurde, weil überhaupt keine Feststellungen zur Höhe der üblicherweise für die Betreuung von Zuflucht suchenden Personen anfallenden Betreuungskosten getroffen worden. Denkbar wäre z.B. die Prüfung, welcher Personaleinsatz für einen "durchschnittlichen" Betreuungsfall erforderlich ist, zumal die Personalkosten im Zweifel den größten Anteil der Betreuungskosten ausmachen dürften. Soweit die Klägerin ohne nähere Erläuterung ausführt, dass "hohe Datenschutzanforderungen" die finanzielle Differenzierung der geleisteten Betreuungsleistungen nicht möglich mache, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Inwieweit solche Anforderungen der Erhebung des (ungefähren) Aufwands für einen "durchschnittlichen" Betreuungsfall durch das über diese Informationen verfügende Frauenhaus entgegenstehen, erschließt sich nicht. Dritten (etwa dem Gericht) nicht anonymisierte Unterlagen über einzelne Zuflucht suchende Frauen zur Verfügung zu stellen, ist in diesem Zusammenhang weder geboten noch notwendig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 10.000 EUR nicht übersteigt. Sie war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Der Streitwert war entsprechend der Höhe der Klageforderung festzusetzen (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz).