Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 20.04.2023, Az.: 5 W 15/23

Streitwert; Verweigerung Auflassung; geringfügige Gegenforderung; Bauträgervertrag; Streitwert für Auflassungsklage im Bauträgervertrag

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
20.04.2023
Aktenzeichen
5 W 15/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 16899
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2023:0420.5W15.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 03.02.2023 - AZ: 2 O 3/22

Fundstellen

  • IBR 2023, 386
  • JurBüro 2023, 366-367
  • MDR 2023, 977-978
  • NJW-RR 2023, 770-771
  • NJW-Spezial 2023, 366 "Gebührenstreitwert?"
  • NZBau 2023, 526-527

Amtlicher Leitsatz

Der Streitwert einer Klage auf Auflassung und Bewilligung der Eintragung ist in den Fällen, in denen nur noch eine im Verhältnis zum Kaufpreis geringe Restforderung streitig ist und allein das Bestehen oder Nichtbestehen dieser Restforderung über die Erfolgsaussichten der Klage entscheidet, auf den Wert der streitigen Forderung zu begrenzen

In der Beschwerdesache
W. M. GmbH, ...,
Beklagte und Beschwerdeführerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...,
gegen
W. H., ...,
Kläger und Beschwerdegegner,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro...,
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 20. April 2023 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 24. Februar 2023 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden - Einzelrichter - vom 3. Februar 2023 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 8. März 2023 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Auflassung eines Grundstücks an den Kläger und die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch.

Die Parteien schlossen einen notariellen Bauträgervertrag über den Kauf und die Herstellung einer Doppelhaushälfte. Es wurde zunächst ein Kaufpreis in Höhe von 259.000,00 € vereinbart, dieser reduzierte sich unstreitig auf 254.200,00 €. Hiervon zahlte der Kläger 96,5 % an die Beklagte, mithin 245.303,00 €.

Auf das Anerkenntnis der Klageforderung durch die Beklagte im Termin vom 3. Februar 2023 ist die Beklagte entsprechend zur Auflassung und Bewilligung der Eintragung durch Anerkenntnisurteil verurteilt worden. Die Kammer hat durch Beschluss vom 3. Februar 2023 den Wert des Streitgegenstandes auf 259.000,00 € festgesetzt. Der sofortigen Beschwerde der Beklagten vom 24. Februar 2023 hat die Kammer teilweise abgeholfen und den Streitwert auf 8.897,00 € festgesetzt.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat über die Abänderung des angefochtenen Beschlusses durch den Teilabhilfebeschluss des Landgerichts Verden hinaus keinen Erfolg.

1. Die Kammer hat den Wert zutreffend auf den Wert der noch streitigen Restforderung in Höhe von 8.897,00 € festgesetzt. Zwar wird zum Teil vertreten, der Verkehrswert des aufzulassenden Grundbesitzes sei auch dann maßgebend, wenn der Beklagte die Auflassung nur verweigert, weil er eine geringfügige Gegenforderung geltend macht (Zöller/Herget, ZPO, 34. Auflage, § 3 Rn. 16.22). Für diese Auffassung spricht, dass Einwendungen und Gegenrechte der Beklagtenseite bei der Wertberechnung ohne Einfluss zu bleiben haben (OLG Köln, Beschluss vom 20. September 2004, Az: 19 U 214/02, Rn. 2, zit. nach juris).

Vorzugswürdig ist allerdings die Auffassung, wonach zumindest in den Fällen, in welchen nur noch eine im Verhältnis zum Kaufpreis, bzw. zum Grundstückswert geringe Restforderung streitig ist und allein das Bestehen oder Nichtbestehen dieser Restforderung über die Erfolgsaussichten der Klage entscheidet, der Streitwert nach § 3 ZPO auf den Wert der streitigen Forderung zu begrenzen ist (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11. Juli 2017, Az: 6 W 56/17, Rn. 9; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Januar 2022, Az: 8 W 38/21, Rn. 4; OLG Stuttgart ZMR 2019, 465, Rn. 4; OLG Düsseldorf BauR 2015, 869, Rn. 12; OLG Hamm BauR 2013, 995, Rn. 4, jeweils zit. nach juris). Zwar gilt § 6 ZPO grundsätzlich auch für die Festsetzung des Gebührenstreitwerts. Doch ist in Fällen, in denen aufgrund der konkreten Umstände eindeutig zu erkennen ist, dass der wirtschaftliche Wert des Verfahrens für den Kläger weit unter dem sich aus § 6 ZPO ergebenden Streitwert liegt, schon von Verfassungs wegen die tatsächliche wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits für den Kläger bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016, Az: IX ZR 72/14, Rn. 1, zit. nach juris). Denn es ist zu berücksichtigen, dass der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf und es mit der Bedeutung des Justizgewährungsanspruchs nicht vereinbar ist, wenn einer Partei dabei Kosten entstehen, die außer Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert des Verfahrensgegenstandes stehen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Januar 2022, Az: 8 W 38/21, Rn. 5, zit. nach juris).

2. Dem steht nicht entgegen, dass die Restforderung der Beklagten nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen ist. Die Restforderung der Beklagten war streitig (vgl. Anlage K6, Bl. 102 d.A.). Ob allein das Bestehen oder Nichtbestehen dieser Restforderung über die Erfolgsaussichten der Klage entschieden hätte, ist nach dem Anerkenntnis der Beklagten offen. Jedoch ist auch hier aufgrund der konkreten Umstände eindeutig zu erkennen, dass der wirtschaftliche Wert des Verfahrens in Höhe der streitigen Restforderung zu beziffern ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.