Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 03.06.2008, Az.: 2 B 103/08
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 03.06.2008
- Aktenzeichen
- 2 B 103/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 45326
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2008:0603.2B103.08.0A
Rechtsgrundlagen
- 5 BJagG
- 7 I NJagG
- 7 III NJagG
Gründe
Der Antrag der Antragstellerin,
die aufschiebende Wirkung ihrer am 7. April 2008 erhobenen Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 3. März 2008 wiederherzustellen,
hat Erfolg.
Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da der Antragsgegner für seinen Bescheid vom 3. März 2008, mit dem er einige im D. gelegene Flurstücke dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk der Antragstellerin angegliedert hat, die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Gegen diesen, am 6. März 2008 zugestellten, Bescheid hat die Antragstellerin am 7. April 2008 (Montag) Klage erhoben.
Der auch sonst zulässige Antrag ist begründet. Die vom Gericht im Rahmen eines solchen Antrags zu treffende Ermessensentscheidung geht zugunsten der Antragstellerin aus, da ihre Interessen, einstweilen vom Vollzug der Angliederungsentscheidung des Antragsgegners verschont zu bleiben, dessen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides überwiegen. Die Abwägungsentscheidung fällt zugunsten der Antragstellerin aus, weil der angefochtene Bescheid vom 3. März 2008 voraussichtlich rechtswidrig ist und an der sofortigen Vollziehung rechtswidriger Bescheide ein öffentliches Interesse nicht besteht.
Der mit der angefochtenen Verfügung des Antragsgegners ausgesprochenen Angliederung der Flurstücke ..., ..., ..., ... und ... der Flur ... in der Gemarkung E. -F. an den gemeinschaftlichen Jagdbezirk der Antragstellerin fehlt voraussichtlich die Rechtsgrundlage. Die vom Antragsgegner herangezogenen Vorschriften der §§ 7 Abs. 1 und 12 Abs. 3 Nds. Jagdgesetz -NJagdG- vom 16. März 2001 (Nds. GVBl S. 100), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung jagrechtlicher Vorschriften vom 13. Dezember 2007 (Nds. GVBl S. 708), tragen die angefochtene Entscheidung nach der in diesem Verfahrens gebotenen summarischen Rechtmäßigkeitsprüfung nicht.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 NJagdG erfolgt eine Abrundung von Jagdbezirken (§ 5 Abs. 1 BJagdG) durch Vertrag oder durch Verfügung der Jagdbehörde. Wie sich aus § 5 Abs. 1 BJagdG ergibt, ist die ausgesprochene Angliederung eine solche Abrundung. Wie sich weiter aus dieser Vorschrift ergibt, können Jagdbezirke abgerundet werden, wenn dies aus Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung notwendig ist. Eine solche jagdliche Notwendigkeit hat der Antragsgegner hier unter Berufung auf § 12 Abs. 3 NJagdG gesehen, weil die streitbefangenen Flächen mit einer Größe von ca. 14 ha nach (vermeintlicher) Kündigung des Angliederungsvertrages zwischen dem Land Niedersachsen und der Jagdgenossenschaft E. -F. vom 5./19. Januar 1962 durch Kündigungsschreiben der Nds. Landesforsten vom 9. August 2007 mit Wirkung vom 31. März 2008 nicht mehr die erforderlichen Mindestgrößen nach § 12 Abs. 1 NJagdG gehabt hätten und eine ordnungsgemäße Jagdausübung sichergestellt werden müsse. Damit verkennt der Antragsgegner, wie übrigens auch die Landesforsten selbst, die Bedeutung des Kündigungsschreibens vom 9. August 2007 und insbesondere der gekündigten Vereinbarung vom Januar 1962.
Wie sich aus dieser Vereinbarung ergibt, hat sie nicht die Angliederung eines Jagdbezirks zum Gegenstand, sondern regelt - eine entsprechende Angliederung voraussetzend - ausschließlich eine Pflicht der Jagdpächter des Staatlichen Forstamtes G. zur Zahlung einer Entschädigung nach Art. 2 Abs. 3 Landesjagdgesetz a.F. an die Jagdgenossenschaft E. -F.. Hintergrund dieser Entschädigung ist ausweislich § 1 des Vertrages eine durch - nicht mehr auffindbare - Verfügung des Kreisjägermeisters C. unter dem 29. Mai 1935 ausgesprochene Ausgliederung der streitbefangenen Flächen aus der Jagd der Fleckengemeinde E. -F. unter gleichzeitiger Angliederung dieser Flächen zum Eigenjagdbezirk des Staatlichen Forstamtes G.. Dass nur die Entschädigung, nicht aber eine Angliederung geregelt werden sollte, ergibt sich mit Deutlichkeit aus der Formulierung in § 4 des Vertrages, wonach diese Vereinbarung hinfällig werde, wenn die Angliederung aufgehoben werde.
Daraus folgt, dass die von den Niedersächsischen Landesforsten ausgesprochene Kündigung nur die Entschädigungszahlungspflicht des Pächters, nicht aber die Angliederung der streitbefangenen Flächen zur Staatsforst betreffen kann. Diese, 1935 ausgesprochene Angliederung hat vielmehr nach Inkrafttreten des NJagdG fort gegolten und gilt solange fort, bis sie aufgehoben oder geändert wird (vgl. AB-LJagdG: 2. Gestaltung der Jagdbezirke Abs. 1 Satz 3, zitiert nach Tesmer/Rose, Jagdrecht in Niedersachsen, 21. Aufl. zu § 5 BJagdG; Lorz/Metzger/Stöckel, Jagdrecht/Fischereirecht, 3. Aufl., § 5 Rn. 7). Eine Aufhebung oder Änderung dieser Angliederung ist zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen worden, so dass sie nach wie vor rechtsgültig ist. Dass die Verfügung vom 29. Mai 1935 nicht mehr auffindbar ist, spielt keine Rolle. Die Beteiligten gingen, wie der Vertrag von 1962 zeigt, und gehen offenbar nach wie vor von deren Existenz aus; so tut es auch das Gericht.
Da die streitbefangenen Flächen jagdrechtlich damit weiterhin zur Landesforst gehören, sind sie nicht jagdbezirksfrei und unterschreiten die gesetzlichen Mindestgrößen des § 12 Abs. 1 NJagdG nicht. Eine jagdliche Notwendigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 NJagdG, sie dem Jagdbezirk der Antragstellerin anzugliedern, besteht mithin nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Streitwertbeschluss:
Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer orientiert sich bei der Festsetzung an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ( NVwZ 2004, 1327, Tz. 20.1)