Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 20.06.2008, Az.: 1 A 341/06
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 20.06.2008
- Aktenzeichen
- 1 A 341/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 45352
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2008:0620.1A341.06.0A
Fundstellen
- GK 2008, 365-367
- RdW 2008, VI Heft 16 (Kurzinformation)
In der Verwaltungsrechtssache
...
Streitgegenstand: Feuerwehrgebühren
(Transport eines Hundes zum Tierheim)
hat das Verwaltungsgericht Göttingen - 1. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2008 durch den Richter am Verwaltungsgericht D. als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen einen Bescheid der Beklagten, durch den ihm eine Gebühr für das Verbringen seines Hundes in ein Tierheim durch die Feuerwehr auferlegt worden ist.
Am 23.6.2006 gegen 16.00 Uhr wurde die Berufsfeuerwehr der Beklagten telefonisch darüber informiert, dass im E. im Ortsteil F. der Beklagten ein freilaufender Hund vorgefunden worden sei. Daraufhin rückten zwei Mitarbeiter der Feuerwehr um 16.08 Uhr mit einem Fahrzeug aus, nahmen den Hund um 16.24 Uhr auf und brachten ihn in das Tierheim "G." in Göttingen. Um 17.20 Uhr war der Einsatz der Feuerwehr beendet. In der Folgezeit wurde der Kläger als Eigentümer des Hundes ermittelt.
Durch Gebührenbescheid vom 25.7.2006 erhob die Beklagte gegenüber dem Kläger für den Einsatz der Feuerwehr eine Gebühr von 179,10 Euro (Personalkosten für eine Person: 57,00 Euro; Kosten für einen Gerätewagen einschließlich Kraftstoffpauschale: 122,10 Euro).
Am 23.8.2006 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben. Er trägt vor, er habe seinen Hund am Vormittag des 23.6.2006 auf seinem eigenen Grundstück an einer langen Leine angebunden gehabt, weil er gewusst habe, dass im kaum mehr als 200 Meter entfernten E. eine Hündin läufig gewesen sei. Dem Hund sei es gelungen sich zu befreien. Er selbst sei zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend gewesen. Sein Sohn habe bemerkt, dass der Hund entlaufen sei, habe jedoch am falschen Ort gesucht. Der Hund habe ein Halsband getragen, auf dessen Innenseite eine Telefonnummer notiert gewesen sei. An diesem Halsband habe sich noch ein Stück Hundeleine befunden, so dass es möglich gewesen wäre, den Hund an einem Zaun anzubinden. Das Tier sei erkennbar nicht herrenlos gewesen. Es habe unter keinem Gesichtspunkt eine Gefahrensituation bestanden, denn der Hund sei weder gefährlich noch selbst gefährdet gewesen. Im Ortsteil F. sei es nicht ungewöhnlich, dass ein Hund frei herumlaufe. Die Wegnahme durch die Feuerwehr sei überzogen und unverhältnismäßig gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25.7.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, freilaufende Haustiere stellten eine Gefahr für Teilnehmer am Straßenverkehr dar. Dem Kläger sei fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen; er hätte seinen Hund besser sichern müssen. Das Vorhandensein einer Telefonnummer sei nicht erkennbar gewesen. Im Übrigen sei es den Mitarbeitern der Feuerwehr nicht zuzumuten, eingefangene Hunde zu untersuchen, um Anhaltspunkte für die Identität des Eigentümers zu gewinnen, bzw. einen Hund vor Ort so lange festzuhalten, bis evtl. der Eigentümer erscheine. Es sei auch nicht vertretbar gewesen, den Hund anzubinden, weil für die Feuerwehr nicht ersichtlich gewesen sei, dass das Tier von seinem Eigentümer abgeholt werden würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Gebührenbescheid der Beklagten ist rechtmäßig.
Die Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheides findet sich in der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Kostenersatz und Gebühren für Dienst- und Sachleistungen ihrer Feuerwehr außerhalb der unentgeltlich zu erfüllenden Pflichtaufgaben vom 16.12.2005, die auf der Grundlage von § 6 der Nds. Gemeindeordnung bzw. des § 26 Abs. 2 S. 1 des Nds. Brandschutzgesetzes erlassen worden und am 13.1.2006 in Kraft getreten ist.
Gemäß § 1 der Satzung werden für Leistungen, die durch die Feuerwehr außerhalb ihrer Pflichtaufgaben freiwillig auf Antrag erbracht werden, Gebühren erhoben. Eine freiwillige Leistung in diesem Sinne ist gemäß § 3 S. 3 Lit. d der Satzung der Transport von Tieren. Gemäß § 5 Abs. 1 der Satzung werden Gebühren nach Maßgabe des als Anlage beigefügten Kosten- und Gebührentarifs erhoben.
Die Berufsfeuerwehr der Beklagten hat am 23.6.2006 eine derartige freiwillige Leistung erbracht, indem sie den frei herumlaufenden Hund des Klägers aufnahm und in das Göttinger Tierheim brachte. Der Kläger ist hinsichtlich der im Rahmen dieses Einsatzes entstandenen Gebühren gemäß § 4 Abs. 2 der Satzung Gebührenschuldner, denn er hat die Leistung veranlasst und sie wurde in seinem Interesse erbracht. Der Kläger hat seinen Hund am fraglichen Tag auf seinem Grundstück nicht ordnungsgemäß angeleint, denn es war dem Tier möglich, sich zu befreien und das Grundstück zu verlassen. Durch sein Verhalten hat der Kläger die Ursache dafür gesetzt, dass sich der Hund sodann unbeaufsichtigt im öffentlichen Straßenverkehr bewegen konnte. Es wäre seine Pflicht gewesen, dies zu verhindern; dies gilt umso mehr, als ihm bewusst war, dass sich in der Nähe eine läufige Hündin befand und es deshalb nahe lag, dass sein Hund besondere Anstrengungen unternehmen würde, sich zu befreien. Entgegen der vom Kläger geäußerten Auffassung liegt es auf der Hand, dass ein mittelgroßer Jagdhund, der sich frei im öffentlichen Verkehrsraum bewegen kann, eine Gefahr für den öffentlichen Straßenverkehr darstellt, denn es besteht jederzeit die Möglichkeit, dass der Hund plötzlich den Gehweg verlässt, auf die Straße läuft und dabei einen Unfall verursacht und andere Verkehrsteilnehmer schädigt. Die Gefahr eines unkontrollierten Verhaltens des Hundes bestand am fraglichen Tag in erhöhtem Maße, weil das Tier sich - wie es der Kläger formuliert hat - auf "Brautschau" befand und entsprechend aufgeregt gewesen sein dürfte. Der Einsatz der Feuerwehr hatte den Zweck, den Eintritt eines Schadens zu verhindern. Er lag ersichtlich im Interesse des Klägers, der im Fall des Schadenseintritts hätte befürchten müssen, als Tierhalter gemäß § 833 BGB auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Kläger für derartige Fälle eine Versicherung abgeschlossen hat. Im Übrigen hätte im Fall eines Verkehrsunfalls auch sein Hund verletzt oder getötet werden können.
Das Gericht teilt nicht die Auffassung des Klägers, der Einsatz der Feuerwehr sei unverhältnismäßig gewesen. Ein milderes Mittel, um die von dem Hund des Klägers ausgehende bzw. die ihm drohende Gefährdung abzuwenden, bestand nicht. Der Kläger offenbart eine bemerkenswerte Einstellung zu seinem Tier, indem er ernsthaft vertritt, es hätte ausgereicht, den Hund an einem Zaun anzubinden. Weder die Anwohner des E. es noch die Bediensteten der Feuerwehr hatten Kenntnis davon, woher der Hund stammte und ob und ggf. in welchem Zeitraum der Eigentümer unter Umständen nach ihm suchen würde. Das bloße Anbinden des Hundes an einem Zaun an einem Sommertag hätte die handelnde Person gezwungen, diesem Hund ausreichend Wasser zur Verfügung zu stellen und in Abständen immer wieder nach dem Tier zu sehen. Es ist offensichtlich und sollte auch dem Kläger einleuchten, dass dies weder den Anwohnern noch den Mitarbeitern der Feuerwehr zumutbar gewesen wäre. Der Kläger kann nicht verlangen, dass andere Personen für sein eigenes Fehlverhalten - nämlich die unzulängliche Sicherung des Hundes auf seinem Grundstück - einstehen.
Auch mit seinem Vortrag, auf der Innenseite des Halsbandes des Hundes sei eine Telefonnummer notiert gewesen, so dass man ihn hätte anrufen können, dringt der Kläger nicht durch. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Bediensteten der Feuerwehr das Vorhandensein einer Telefonnummer nicht von außen erkennen konnten. Sie mussten auch nicht ahnen, dass die Telefonnummer auf der Innenseite des Halsbandes notiert war. Im Übrigen sieht man es einem Hund nicht immer an, ob er freundlich ist oder - insbesondere bei näherem Kontakt - aggressiv reagiert, so dass es der Feuerwehr nicht vorzuwerfen ist, wenn sie bei der Aufnahme unbeaufsichtigter Hunde den Kontakt mit den Tieren auf das unbedingt Notwendige beschränkt und von einem Abnehmen des Halsbandes absieht. Abgesehen davon folgt das Gericht der Auffassung der Beklagten, es sei Mitarbeitern der Feuerwehr, deren Aufgabe in erster Linie der Brandschutz und die Hilfeleistung sei, nicht zuzumuten, zunächst zu telefonieren und dann möglicherweise längere Zeit auf das Eintreffen des Eigentümers des Hundes zu warten.
Die Höhe der in Rechnung gestellten Gebühren, die der Kläger nicht gerügt hat, begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Obwohl zwei Feuerwehrleute im Einsatz waren, hat die Beklagte Personalkosten nur für einen Mitarbeiter berechnet. Die Höhe des insoweit in Rechnung gestellten Stundensatzes von 38,00 Euro sowie des Stundensatzes für einen Gerätewagen in Höhe von 74,00 Euro erscheint angemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.