Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.06.2023, Az.: 1 A 102/19

Anhörung; finanzielle Mindestausstattung; Gemeinde; Kreisumlage; Landkreis

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
21.06.2023
Aktenzeichen
1 A 102/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 29045
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2023:0621.1A102.19.00

Fundstelle

  • GK 2024, 73-87

Amtlicher Leitsatz

Der Landkreis ist nicht bereits von Amts wegen verpflichtet, sämtliche aus Sicht der betroffenen Gemeinden abwägungserheblichen Belange bei den Gemeinden, also in deren Verantwortungsbereich, zu ermitteln. Denn dann würde die formalisierte Beteiligung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 NFAG teilweise ihre Bedeutung verlieren (wie Nds. OVG, Urt. v. 07.07.2004 10 LB 4/02 -, juris). Aus dem verfassungsrechtlich angelegten Gleichrang des Finanzbedarfs der Kommunen ergibt sich die Verpflichtung des Landkreises, die finanziellen Interessen der Gemeinden zu berücksichtigen sowie die Obliegenheit der kreisangehörigen Gemeinden zur Erhebung substantiierter Einwendungen. Je substantiierter die kreisangehörigen Gemeinden im Rahmen der Anhörung, auch und vor allem anhand eigener Haushaltsdaten, Einwendungen vorbringen, desto stärker ist der Landkreis gehalten, diese in seine Überlegungen zum Umlagesatz einzubeziehen. Die finanzielle Mindestausstattung einer Gemeinde ist nur dann nicht mehr gewahrt, wenn ihr infolge einer unzureichenden Finanzausstattung durch die Kreisumlage die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsangelegenheiten unmöglich gemacht wird.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Kreisumlage für das Jahr 2018.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gemeinde im Gebiet des Beklagten, welche der Samtgemeinde F. angehört. Im Vorfeld der Festsetzung der Kreisumlage wurde der Haushaltsplanentwurf des Beklagten für das Jahr 2018 den kreisangehörigen Kommunen am 25. September 2017 per E-Mail übersandt. Außerdem erhielten die kreisangehörigen Gemeinden eine vorläufige Berechnung der Kreisumlage 2018 mit den von der Verwaltung vorgeschlagenen einheitlichen Hebesätzen in Höhe von 55,0 %. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 wurden die Städte, Samtgemeinden und Gemeinden im Landkreis I. zuvor zu einer Anhörung zur Festsetzung der Kreisumlage 2018 gemäß § 15 Abs. 3 des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich (NFAG) eingeladen. Am 26. Oktober 2017 fand die 4. Sitzung des Ausschusses für Finanzen und Konsolidierung statt. Der Haushaltsplanentwurf wurde vorgestellt, es folgte eine Diskussion. Am 2. November 2017 fand sodann die Anhörung der Städte, Samtgemeinden und Gemeinden nach dem NFAG statt. Seitens der Verwaltung wurde der Haushaltsentwurf mit Stand September 2017 vorgestellt und darauf hingewiesen, dass Maßgabe des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport als Kommunalaufsichtsbehörde auch weiterhin die Wiedererlangung der Handlungsfähigkeit des Landkreises I. sei. Denn der Beklagte wies für das Jahr 2017 eine Fehlbetragsquote von 2,94 % bzw. einen Fehlbetrag von 4.840.750 € auf (vgl. Bl. 173 Vv). Aufgrund der schlechten Haushaltslage besteht eine Stabilisierungsvereinbarung des Beklagten mit dem Land Niedersachsen, die beinhaltet, dass der Beklagte finanzielle Unterstützung vom Land erhält. Bereits im Vorfeld der Anhörung stellten die Gemeinden acht Fragen zum Haushalt 2018 an den Beklagten, welche schriftlich beantwortet und mit dem Protokoll der Anhörung versandt wurden. Dabei bezog sich die erste Frage darauf, wie die zusätzlichen Mehrerträge bei den Gemeindeanteilen an der Einkommens- und Umsatzsteuer, die zu einer Erhöhung der Kreisumlage führen würden, von dem Beklagten im Rahmen der Ergebnis- und Finanzplanung berücksichtigt würden. Zudem wurde um Mitteilung gebeten, wann aufgrund der seit Jahren wegen der steigenden Gemeindeanteile an der Einkommens- und Umsatzsteuer steigenden Kreisumlage eine Senkung der Kreisumlage zu erwarten wäre. Weiterhin wurde um Erläuterung gebeten, wie der Beklagte bei der Bemessung der Kreisumlage die individuelle Finanzlage der Kommunen bewertet habe. Im Rahmen der Anhörung wurde von den kreisangehörigen Gemeinden angemerkt, dass schriftliche Ausführungen zum Abwägungsprozess der Bedarfe wünschenswert gewesen wären. Dem Protokoll, welches den kreisangehörigen Kommunen sowie den Kreistagsabgeordneten am 9. November 2017 übersandt wurde, war die schriftliche Beantwortung der seitens der kreisangehörigen Gemeinden zum Haushalt gestellten Fragen sowie eine Übersicht über die Fehlbetragsquote der Kommunen im Landkreis I. beigefügt. Daraus ergab sich für die Klägerin für das Jahr 2017 eine Fehlbetragsquote von 38,72 % bzw. ein Fehlbetrag von 1.036.900 €. Der Beklagte antwortete auf die erste Frage, dass aufgrund der Kürze der Zeit die neuen Erkenntnisse hinsichtlich der höheren Gemeindeanteile an der Einkommens- und Umsatzsteuer im Rahmen der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung nicht berücksichtigt werden konnten. Eine Senkung der Kreisumlage komme erst in Betracht, wenn ein Haushaltsausgleich des Beklagten absehbar sei. Auf die Frage, wie die individuelle Finanzlage der Kommunen bewertet werde, erwiderte der Beklagte, dass ihm die Finanzlage bekannt sei. Am N.. November 2017 fand die 5. Sitzung des Ausschusses für Finanzen und Konsolidierung statt. Der Haushaltsplanentwurf sowie eine Änderungsliste mit Stand vom 9. November 2017 wurden diskutiert. Am O.. Dezember 2017 tagte der Kreisausschuss. In der 10. Sitzung des Kreisausschusses befassten sich die Mitglieder mit der Haushaltssatzung. Der Landrat führte aus, dass er aufgrund von Mehreinnahmen durch die Kreisumlage eine Senkung des Hebesatzes um einen Prozentpunkt auf 54,0 % vorschlage. Planerisch belasse man den Hebesatz für die kommenden Jahre bei 55,0 %, dennoch solle man flexibel bleiben. Es wurde eine Senkung des Hebesatzes um 2 % vorgeschlagen und darüber gesprochen, dass der Beklagte einen der höchsten Hebesätze in Niedersachsen habe. Außerdem kam der unausgeglichene Haushalt des Beklagten zur Sprache. In seiner Sitzung am P.. Dezember 2017 beschloss der Kreistag neben der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2018 auch die Senkung der Kreisumlage auf 54,0 %. Die Senkung erfolgte aufgrund der Mehreinnahmen. Der Landrat begründete seinen Vorschlag damit, dass er trotz der gegenüber dem Land bestehenden Verpflichtungen ein Signal an die kreisangehörigen Kommunen senden wolle. Es erfolgte ein Austausch der Argumente für und gegen eine Senkung der Kreisumlage, wobei auf die finanzielle Situation des Beklagten sowie der Kommunen verwiesen wurde. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Juni 2018 wurde die Kreisumlage in Höhe von 880.828,00 € für das Jahr 2018 festgesetzt.

Gegen den Festsetzungsbescheid legte die Klägerin am 18. Juni 2018 Widerspruch ein. Der Kreisumlagebescheid für das Haushaltsjahr 2018 sei rechtswidrig und verletze sie in ihrer ihr durch Art. 57 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung (NV) und Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) geschützten Selbstverwaltungsgarantie, von der die Finanzhoheit umfasst sei. Die Rechtswidrigkeit des Kreisumlagebescheides 2018 beruhe dabei auf der Unwirksamkeit des § 5 der Haushaltssatzung, der diesem als Ermächtigungsgrundlage zugrunde liege. § 5 der Haushaltssatzung sei unwirksam, weil es der Beklagte im Aufstellungsverfahren sowie bei der Beschlussfassung im Kreistag unterlassen habe, ihre finanzielle Situation zu berücksichtigen. Insbesondere bei der Aufstellung der Satzung wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die Kreisumlage sie empfindlich treffe. Dafür sei es nicht ausreichend, wenn in einem internen Vermerk vom 21. Dezember 2017 in Form einer Querschnittsbetrachtung ganz allgemein gehalten auf die finanzielle Situation der kreisangehörigen Gemeinden eingegangen werde. Die Nachrangigkeit der Kreisumlage als Finanzierungsinstrument ergebe sich aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 NFAG. Daraus leite sich für den Landkreis eine Tätigkeitspflicht ab. Er habe ihm zustehende andere Erträge geltend zu machen, indem er beispielsweise Ansprüche gegenüber Dritten realisiere. Das dem Landkreis die Konzeption der Kreisumlage als "Fehlbedarfsdeckungsabgabe" nicht bekannt sei, ergebe sich insbesondere aus dem Protokoll zur Anhörung der kreisangehörigen Städte, Gemeinden und Samtgemeinden zur Festsetzung der Kreisumlage 2018 gemäß § 15 Abs. 3 NFAG vom 9. November 2017, in dem die Verwaltung des Landkreises auf die Frage nach der Senkung der Kreisumlage seitens der Kommunen geantwortet habe: "Aus diesem Grund wird derzeit kein Raum für Geschenke an die kreisangehörigen Gemeinden gesehen." (Seite 2 des Protokolls). Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kreis nicht gegen das Land vorgehe, um eine angemessene Finanzausstattung zu erreichen. Weiterhin sei zu bemängeln, dass dem Kreistag, der die Abwägung vorzunehmen habe, das Abwägungsmaterial nicht zur Verfügung gestanden hätte. Die Haushaltslage der kreisangehörigen Kommunen sei schlecht, so dass die Kreisumlageerhebung sie empfindlich treffe. Ihre Leistungsfähigkeit zur Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben sei nicht mehr dauerhaft gegeben. Die liquiden Mittel würden seit Jahren kontinuierlich sinken, wobei sich der Gesamtfehlbetrag kontinuierlich erhöhe. Ihr hoher Schuldenstand resultiere vorwiegend aus der Aufnahme von Liquiditätskrediten.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2019 zurück und begründete die Zurückweisung des Widerspruchs insbesondere damit, dass die Satzungsbestimmung über die Festsetzung der Umlagesätze rechtmäßig sei. Insbesondere seien die kreisangehörigen Gemeinden und Samtgemeinden ordnungsgemäß gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 NFAG vor der Festsetzung der Kreisumlage angehört worden. Der Gesetzgeber verweise die Landkreise auf die von den Gemeinden aufzubringende Kreisumlage als wesentliches Finanzierungsmittel, da - mit Ausnahme der Jagdsteuer - eine andere Kreissteuer nicht erhoben werden könne. Demgegenüber seien den Landkreisen zunehmend kostenintensive Aufgaben des eigenen Wirkungskreises gesetzlich übertragen worden. In der nach Maßgabe des § 15 NFAG durchgeführten Anhörung hätten die Gemeinden Gelegenheit gehabt, ihre Bedarfssituation darzustellen. Eine Verpflichtung, sämtliche Haushaltsdaten bei den einzelnen Gemeinden abzufragen, ergebe sich weder aus der Anhörungspflicht gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 NFAG noch aus der Rechtsprechung des BVerwG oder des Niedersächsischen OVG. Im Rahmen des Abwägungsvorgangs seien die Interessen der kreisangehörigen Kommunen berücksichtigt worden, eine Verletzung der verfassungsgebotenen finanziellen Mindestausstattung sei nicht dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere sei eine Verletzung der finanziellen Mindestausstattung nicht bereits dann gegeben, wenn die Kreisumlage eine Kommune empfindlich treffe. Zudem müsse sich die Darlegung einer strukturellen Unterfinanzierung der betroffenen Gemeinden auf alle oder jedenfalls die Mehrzahl der kreisangehörigen Gemeinden beziehen und einen längeren, zumindest mehrjährigen Zeitraum abdecken. Gegen die Berechnung der Kreisumlage seien keine Einwände vorgetragen worden.

Am 10. Mai 2019 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung der Klage nimmt sie vollumfänglich auf die Widerspruchsbegründung vom 13. November 2018 Bezug und führt ergänzend im Wesentlichen aus, dass das BVerwG klargestellt habe, dass das Kriterium für die Überprüfung der Kreisumlageerhebung nicht allein die Verletzung der finanziellen Mindestausstattung der kreisangehörigen Gemeinden sei. Außerdem und nicht kumulativ müsse sich die Kreisumlageerhebung daran messen lassen, ob die finanziellen Interessen von Gemeinden und Kreis gleichermaßen berücksichtigt worden seien. Insbesondere müssten die Berücksichtigung des gemeindlichen Finanzbedarfs und die Abwägung des Kreises erkennbar seien. Während des Abwägungsprozesses seien die konkreten Auswirkungen der geplanten Kreisumlage nicht für jede einzelne Gemeinde gesondert prognostiziert worden. Es sei lediglich eine Querschnittsbetrachtung aller Gemeinden vorgenommen worden, was sich daraus ergebe, dass die Fehlbetragsquote für alle Gemeinden mit einem einheitlichen Wert beziffert werde (Bl. 721 Verwaltungsvorgang (Vv)). Der Beklagte verkenne, dass es nicht allein darum gehe, formellen Anforderungen Genüge zu leisten. Vielmehr gehe es darum, dass dem Kreis bei der Erarbeitung des Haushaltsentwurfs sowie dem Kreistag bei Beschlussfassung über den Haushaltsentwurf ausreichend Sachverhaltsinformationen zur Verfügung stünden, anhand derer sich die aktuelle Finanzlage der Gemeinden sowie deren Entwicklung in Vergangenheit und Zukunft beurteilen lasse. Der Beklagte verkenne den Fehlbedarfscharakter der Kreisumlage, welche nachrangig gegenüber anderen Finanzquellen sei. Bevor auf das Instrument der Kreisumlage, das seinem Wesen nach eine Fehlbedarfsdeckung darstelle, zurückgegriffen werden könne, sei der Beklagte gehalten, derartige Forderungen gegenüber dem Land Niedersachsen geltend zu machen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 13. Juni 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2019 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt des Heranziehungsbescheides vom 13. Juni 2018 sowie des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2019. Er trägt ergänzend insbesondere vor, dass der rechtmäßige Kreisumlagebescheid auf einer wirksamen Rechtsgrundlage basiere und weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden sei. Als überwiegend strukturschwacher Landkreis leide er in besonderem Maße an den Folgen des überschuldeten öffentlichen Haushalts und der demographischen Entwicklung. Aus diesem Grund habe er 2016 mit dem Land Niedersachsen eine Vereinbarung zur Haushaltsstabilisierung geschlossen (Stabilisierungsvereinbarung). Danach sei er verpflichtet, durch Konsolidierungsmaßnahmen eine dauerhafte Haushaltsverbesserung von rund Q. € zu erreichen. Der Fehlbedarf dürfe nicht größer als 6,1 Millionen € ausfallen. Im Gegenzug habe das Land Niedersachsen eine Stabilisierungshilfe in Höhe von R. € gewährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die als Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid, mit dem die Kreisumlage i. H. v. 880.828,00 € festgesetzt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der angegriffene Kreisumlagebescheid basiert auf einer wirksamen Rechtsgrundlage und ist in formeller und materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die Festsetzung der streitigen Kreisumlage ist § 15 NFAG in Verbindung mit § 5 der Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2018, beschlossen am P.. Dezember 2017.

Gemäß § 15 Abs. 1 NFAG ist eine Umlage von den kreisangehörigen Gemeinden, Samtgemeinden und gemeindefreien Gebieten zu erheben, soweit die anderen Erträge eines Landkreises seinen Bedarf nicht decken. Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 NFAG wird die Umlage in der Haushaltssatzung in Hundertsätzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesätzen) festgesetzt. Sie wird sodann gemäß § 111 Abs. 2 NKomVG i. V. m. § 20 Abs. 1 Satz 1 NFAG durch den Landkreis gegenüber den kreisangehörigen Gemeinden des Landeskreises festgesetzt. § 15 Abs. 3 Satz 3 NFAG regelt, dass die kreisangehörigen Gemeinden und Samtgemeinden rechtzeitig vor der Festsetzung der Umlage zu hören sind.

Der Kreisumlagebescheid erweist sich als formell rechtmäßig. Ob es einer Anhörung im Sinne des § 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) i. V. m. § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vor Erlass des Kreisumlagebescheides bedurft hätte oder die speziellere Regelung in § 15 Abs. 3 Satz 3 NFAG der allgemeinen Regelung des § 28 VwVfG vorgeht, kann vorliegend offengelassen werden. Denn der Umlagebescheid setzt rechnerisch lediglich die in der Haushaltssatzung bereits abschließend vorgenommene Festsetzung der Kreisumlage um und Anhaltspunkte für eine finanzielle Überforderung, die eine Einzelfallprüfung erforderlich machen würden, sind nicht ersichtlich (vgl. dazu Bay. VGH, Urt. v. 14.12.2018 - 4 BV 17.2488 -, BeckRS 2018, 32713 Rn. 8).

In materieller Hinsicht ist der Kreisumlagebescheid ebenfalls nicht zu beanstanden. Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Heranziehung des in der Haushaltssatzung festgesetzten Kreisumlagesatzes von 54,0 %, denn § 5 der Haushaltssatzung erweist sich als rechtmäßig und wirksam.

Die Haushaltssatzung des Beklagten ist wirksam. Die Satzungsbefugnis des Beklagten folgt aus § 112 Abs. 1 NKomVG. Zudem sind keine durchgreifenden Bedenken gegen die formelle und materielle Rechtmäßigkeit ersichtlich.

Es sind keine formellen Mängel beim Zustandekommen der Haushaltssatzung erkennbar.

Den formellen Anforderungen des § 15 Abs. 3 Satz 3 NFAG ist genügt. Danach sind die kreisangehörigen Gemeinden und Samtgemeinden rechtzeitig vor der Festsetzung der Umlage zu hören. Die Anhörung wurde ordnungsgemäß durchgeführt, insbesondere wurde den kreisangehörigen Gemeinden die Gelegenheit eingeräumt ihre finanziellen Interessen vorzutragen. § 15 Abs. 3 Satz 3 NFAG hat den Zweck, den von der Festsetzung der Umlage betroffenen Gemeinden Gelegenheit zu geben, ihre Finanzinteressen vorzutragen, damit diese vom Beklagten bei der Entscheidung über die Höhe des Umlagesatzes berücksichtigt werden können. Diesem Zweck der Vorschrift wird nur dann entsprochen, wenn dem Anzuhörenden neben dem Gegenstand der zu treffenden Entscheidung unter anderem die Tatsachen, die der Entscheidung zu Grunde liegen, mitgeteilt werden. Bestandteil der Pflicht des Beklagten, die Gemeinden anzuhören, ist es demnach, die Gemeinden über die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen in Kenntnis zu setzen. Zu einer ordnungsgemäßen Anhörung ist jedoch nicht erforderlich, den Anzuhörenden alle dem Beklagten bekannten, für seine Entscheidung über die Festsetzung der Kreisumlage erheblichen Tatsachen unaufgefordert und von Amts wegen mitzuteilen. Auch eine Analyse der Haushaltssituation des Beklagten und eine Analyse der Haushaltssituation aller kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Gebiet des Beklagten ist nicht zwingend erforderlich. Denn der Kreis ist nicht gehalten, bei den einzelnen Gemeinden sämtliche Haushaltsdaten abzufragen und diese finanzwissenschaftlich untersuchen zu lassen. Die formalisierte Beteiligung nach § 15 Abs. 3 Satz 3 NFAG würde teilweise ihre Bedeutung verlieren, wenn der Landkreis bereits von Amts wegen verpflichtet wäre, sämtliche aus Sicht der betroffenen Gemeinden abwägungserheblichen Belange bei den Gemeinden, also in deren Verantwortungsbereich, zu ermitteln (Nds. OVG, Urt. v. 07.07.2004 - 10 LB 4/02 -, juris Rn. 30 ff. und Ls. 1).

Das Gericht vermag eine diesbezügliche Säumnis nicht festzustellen. Den kreisangehörigen Gemeinden wurde eine Übersicht über die von den Städten, Samtgemeinden und Gemeinden 2018 voraussichtlich zu zahlende Kreisumlage übersandt. Zudem war der Einladung zur Anhörung eine Übersicht zu dem Kreisumlagevergleich bzw. Gegenüberstellung des Kreisumlageaufkommens 2017 und 2018 nach den Umlagegrundlagen beigefügt. Die Einladung enthielt weiterhin einen Hinweis auf die Möglichkeit, schriftliche Stellungnahmen abzugeben (Bl. 194 ff. Vv). Im Rahmen der Anhörung am S.. November 2017 fand eine Vorstellung des Haushaltsentwurfs mit Stand September 2017 statt. Mit dem Haushaltsplanentwurf wurden die Bedarfe der kreisangehörigen Gemeinden zusammen mit dem Bedarf des Beklagten in einer Tabelle dargestellt (Bl. 173 Vv.). Der Beklagte hat die Daten der mittelfristigen Finanz- und Ergebnisplanung für die Prognose für das Haushaltsjahr 2018 herangezogen. Für die Samtgemeinde F. waren der Samtgemeindebürgermeister T. und sowie der Samtgemeindeoberamtsrat U. bei der Anhörung anwesend. Die Fragen des Bürgermeisters der Samtgemeinde F., die dieser auch im Namen der Mitgliedsgemeinden gestellt hatte, wurden schriftlich beantwortet und die Antworten dem Protokoll der Anhörung beigefügt (Bl. 223ff. Vv). Aus dem Protokoll ergibt sich, dass seitens der Samtgemeinde schriftliche Ausführungen zum Abwägungsprozess sowie eine Auseinandersetzung mit jeder einzelnen Gemeinde zur Bedarfsermittlung und Abwägung in schriftlicher Form gefordert wurden (Bl. 218f. Vv). Finanzinteressen der einzelnen Gemeinden, die aus Sicht der Klägerin von dem Beklagten bei der Entscheidung über die Höhe des Umlagesatzes berücksichtigt werden sollten, sind dagegen nicht vorgetragen worden.

Über die Regelung des § 15 Abs. 3 Satz 3 NFAG hinausgehende und Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zu entnehmende Beteiligungspflichten der Gemeinden sind zudem nicht verletzt. Bei der Festsetzung der Kreisumlage geht es nicht um einen rechtfertigungsbedürftigen staatlichen Eingriff in die Selbstverwaltungshoheit einzelner Gemeinden, sondern um die Entscheidung einer kommunalen Gebietskörperschaft über die Verteilung der finanziellen Mittel innerhalb des kommunalen Raums zwischen Gemeinden und Landkreis. Bei dieser Entscheidung können sich sowohl der Landkreis, der über die Mittelverteilung entscheidet, als auch die Gemeinden, denen Finanzmittel entzogen werden, auf die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und ihren daraus abgeleiteten Anspruch auf aufgabenadäquate Finanzierung aus Art. 28 Abs. 2 GG berufen. Die Festsetzung des Kreisumlagesatzes dient nicht dazu, dem kommunalen Raum Finanzmittel zu entziehen, sondern dem Ausgleich der im kommunalen Raum konkurrierenden finanziellen Interessen (BVerwG, Urt. v. 29.05.2019 - 10 C 6/18 -, juris Rn. 15 ff.).

Die Haushaltssatzung des Beklagten ist auch materiell rechtmäßig. Insbesondere hat der Beklagte seine Finanzinteressen nicht einseitig und rücksichtslos gegenüber denen der kreisangehörigen Gemeinden bevorzugt und das Recht auf eine finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden ist gewahrt.

Der Beklagte hat seine und die Bedarfe der kreisangehörigen Gemeinden ordnungsgemäß ermittelt.

Legt der Kreis selbst den Kreisumlagesatz fest, so ist er verpflichtet, den eigenen Finanzbedarf und denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form offen zu legen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 8 C 1.12 -, juris Rn. 14). Hat der Landkreis seiner Ermittlungspflicht entsprochen, trifft ihn zudem die Pflicht, die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe offenzulegen, die ihn zu seiner Entscheidung bewogen haben. Dabei obliegt es dem Landesgesetzgeber Regelungen zu dem Verfahren der Erhebung der Kreisumlage zu schaffen. Soweit derartige Regelungen fehlen, haben die Landkreise die Befugnis zur Gestaltung ihrer Vorgehensweise im Rahmen der verfassungsrechtlichen Anforderungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.05.2019 - 10 C 6/18 -, juris Rn. 13f.). Es wäre nicht ausreichend, wenn sich der Kreis allein auf einen landesweiten Orientierungswert stützen würde. Der kreiseigene Finanzbedarf wird von diesem konkret ermittelt. Für den gleichrangigen Bedarf der umlagepflichtigen Gemeinden kann nichts anderes gelten (BVerwG, Urt. v. 16.06.2015 - 10 C 13/14 -, juris Rn. 41). Wenn der Landkreis die kreisangehörigen Gemeinden anhört, sollte dieser davon ausgehen können, dadurch die für die Entscheidung über den Kreisumlagesatz maßgeblichen Informationen über den Finanzbedarf der Gemeinden vollständig ermittelt zu haben (VG Bayreuth, Urt. v. 19.01.2023 - B 9 K 19.271 -, juris Rn. 98). Dies entspricht auch der Einschätzung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, wonach der Beklagte nicht gehalten ist, bei den einzelnen Gemeinden sämtliche Haushaltsdaten abzufragen und diese finanzwissenschaftlich untersuchen zu lassen. Es ist dagegen Sache der Klägerin gewesen, im Rahmen der Anhörung weitere Informationen und Erläuterungen zu erfragen oder selbst Erklärungen abzugeben, sofern sie der Auffassung war, der Finanzbedarf sei mit den vom Beklagten im Vorfeld übermittelten Daten nicht hinreichend erfasst worden. Anderenfalls verlöre die durch § 15 Abs. 3 Satz 3 NFAG formalisierte Beteiligung zum Teil ihre Bedeutung, wenn der Beklagte bereits von Amts wegen gehalten wäre, sämtliche aus Sicht der betroffenen Gemeinden abwägungserheblichen Belange bei den Gemeinden, also in deren Verantwortungsbereich, zu ermitteln (Nds. OVG, Urt. v. 07.07.2004 - 10 LB 4/02 -, juris Rn. 35).

Eine Ermittlung des Bedarfs der kreisangehörigen Gemeinden ist erfolgt. Mit dem Haushaltsplanentwurf wurden die Bedarfe der kreisangehörigen Gemeinden zusammen mit dem Bedarf des Beklagten in einer Tabelle dargestellt (Bl. 173 Vv.). Der Beklagte hat die Daten der mittelfristigen Finanz- und Ergebnisplanung für die Prognose für das Haushaltsjahr 2018 herangezogen. Dabei hat er die Fehlbetragsquote nicht für alle Gemeinden mit einem einheitlichen Wert beziffert, sondern Fehlbetrag sowie Fehlbetragsquote 2018 tabellarisch für jede Kommune einzeln dargestellt.

Im Rahmen der Anhörung wurde der Haushaltsplanentwurf vorgestellt. Soweit der Samtgemeindebürgermeister T. schriftliche Fragen an den Beklagten gestellt hat, wurden diese schriftlich als Anlage zum Protokoll der Anhörung beantwortet. Von der Möglichkeit, eine darüberhinausgehende schriftliche Stellungnahme abzugeben, haben die kreisangehörigen Gemeinden keinen Gebrauch gemacht. Die Klägerin hat im Rahmen der Anhörung keine Erklärungen zu ihren Finanzinteressen abgegeben. Sie hat, wie alle betroffenen Gemeinden, die Möglichkeit erhalten, sich im Rahmen der Anhörung mündlich oder mit einer schriftlichen Stellungnahme zu äußern und auf besondere Belastungen oder ähnliches, welche der Beklagte zu berücksichtigen habe, aufmerksam zu machen. Durch die Einräumung der Möglichkeit zur Stellungnahme hat ein Kreisumlage erhebender Landkreis seine Ermittlungspflicht erfüllt. Eine hierüber hinausgehende Pflicht zur Ermittlung hierin nicht vorgetragener, aber eventuell dennoch bestehender Belange von Amts wegen besteht gerade nicht (VG Hannover, Urt. v. 13.11.2019 - 1 A 7938/17 -, V. n. b.). Eine Anhörung stellt typischerweise eine Gelegenheit zur Stellungnahme dar (Nds. OVG - Urt. v. 07.07.2004 - 10 LB 4/02 -, juris Rn. 30).

Der Beklagte hat eine Interessenabwägung vorgenommen und dabei die Interessen der kreisangehörigen Gemeinden berücksichtigt. Insbesondere hat er seine Belange nicht rücksichtslos bevorzugt, es liegt keine Verletzung des Grundsatzes des Gleichrangs der finanziellen Interessen der Landkreise und kreisangehörigen Gemeinden vor.

Aus dem verfassungsrechtlich angelegten Gleichrang des Finanzbedarfs der Kommunen folgt neben der Pflicht des Landkreises, die finanziellen Interessen der Gemeinden zu berücksichtigen auch die Obliegenheit der kreisangehörigen Gemeinden zur Erhebung substantiierter Einwendungen. Dies gilt insbesondere wegen der Wahrung der Selbstverwaltungsautonomie der kreisangehörigen Gemeinden und führt dazu, dass es als Aufgabe der Gemeinden anzusehen ist, ihre eigenen Belange substantiiert zu artikulieren und dies nicht durch kreisseitige Ermittlungen ersetzt werden kann (VG Bayreuth, Urt. v. 19.01.2023 - B 9 K 19.271 -, juris Rn. 98; Hennecke - Die Kreisumlage, Juli 2020, S. 222.). Der Kreistag muss sich mit den von den Gemeinden vorgebrachten Einwendungen auseinandersetzen, wobei die inhaltlichen Anforderungen mit dem Substantiierungsgrad der gemeindlichen Einwände korrespondieren (vgl. OVG Saarl., Urt. v. 12.11.2019 - 2 A 160/18 -, juris, Rn. 69; Hennecke - Die Kreisumlage, Juli 2020, S. 222.). Der Beklagte ist nicht verpflichtet, seiner Abwägung eine eingehende finanzwissenschaftliche Analyse der Haushaltslage sämtlicher kreisangehöriger Gemeinden zu Grunde legen. Er ist nicht von "Amts wegen" gehalten, eine nachvollziehbare und ausführliche finanzwissenschaftliche Analyse der Haushaltssituation sämtlicher kreisangehöriger Gemeinden fertigen zu lassen, an die die kreisangehörigen Gemeinden noch ergänzende Erläuterungen zu ihrem Haushaltsfehlbedarf anschließen können. Ebenso wenig obliegt ihm, bei den einzelnen Gemeinden sämtliche Haushaltsdaten abzufragen und diese finanzwissenschaftlich untersuchen zu lassen. Vielmehr wäre es Sache der kreisangehörigen Gemeinden, im Rahmen der Anhörung weitere Informationen und Erläuterungen zu erfragen oder selbst Erklärungen abzugeben (Nds. OVG, Urt. v. 07.07.2004 - 10 LB 4/02 -, juris Rn. 35).

Dem Entwurf der Haushaltssatzung war eine tabellarische Übersicht über die Bedarfe des Beklagten sowie der kreisangehörigen Gemeinden beigefügt. Zudem wurden die jeweiligen Interessen gegenübergestellt (Bl. 174 Vv). Eine politische Diskussion der Kreisumlage hat stattgefunden. In den Sitzungen des Ausschusses für Finanzen und Konsolidierung des Beklagten am V.. Oktober und am N.. November 2017 wurde der Haushaltsplanentwurf und damit auch die Kreisumlage sowohl vor als auch nach der Anhörung der kreisangehörigen Gemeinden thematisiert. Der zuvor versandte Entwurf wurde zusammen mit einer Liste der Änderungen vorgestellt. Zudem wurden die von der CDU-Kreistagsfraktion gestellten Fragen zum Haushalt 2018 schriftlich beantwortet und mit beigefügten Übersichten an alle Kreistagsabgeordneten versandt. Aus dem Protokoll wird ersichtlich, dass sich der Ausschuss mit der finanziellen Situation des Beklagten, beispielsweise bei dem Thema der kostenlosen Schülerbeförderung, auseinandergesetzt hat und die Bedarfe des Beklagten ermittelt worden sind. In der Sitzung des Kreisausschusses am O.. Dezember 2017 wurde die Haushaltssatzung erörtert. In der Sitzung des Kreistages vom P.. Dezember 2017, an deren Ende die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2018 beschlossen wurde, wurde die Haushaltssituation des Beklagten sowie der Kommunen diskutiert (Bl. 138ff. Vv). Aus dem Protokoll ergibt sich, dass die Anfang November bekannt gewordenen höheren Steuereinnahmen der kreisangehörigen Kommunen thematisiert worden sind. Unter Berücksichtigung der höheren Steuereinnahmen ging der Beklagte zu diesem Zeitpunkt von Mehreinnahmen i. H. v. 3,4 Mio. Euro aus. Obwohl ein Haushaltsausgleich bei dem Beklagten nicht erreicht werden kann, wurde die Senkung der Kreisumlage um 1 % beschlossen. Daraus ergibt sich, dass die aktuellen Daten zu den Mehreinnahmen der Gemeinden, die eine in absoluten Beträgen höhere Kreisumlage nach sich ziehen, Berücksichtigung gefunden haben.

Zudem ist davon auszugehen, dass die Willensbildung zu einem großen Teil auch innerhalb der Fraktionen bzw. Gruppen stattfindet. Ausweislich des Protokolls über die 10. Sitzung des Kreisausschusses am O.. Dezember 2017 haben die Kreistagsmitglieder in ihren Fraktionen bzw. Gruppen über die Kreisumlage beraten (Bl. 136f. Vv). In dem Vermerk des Beklagten vom 21. Dezember 2017 wurde die finanzielle Situation des Beklagten sowie der kreisangehörigen Städte, Gemeinden und Samtgemeinden beleuchtet und im Rahmen einer Abwägung dargestellt, warum sich für eine Absenkung des Kreisumlagehebesatzes um einen Prozentpunkt entschieden wurde (Bl. 143ff. Vv). Daraus wird ersichtlich, dass der Beklagte die schlechte finanzielle Situation der Gemeinden im Rahmen der Beschlussfassung berücksichtigt hat. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Hebesatz in den Vorjahren 55,00 % betragen hat.

Den Gemeinden ist über die rechtlich institutionalisierte Anhörung die Möglichkeit gegeben, mit eigenen Einwänden auf die Festsetzung und die Erläuterung der wesentlichen Entscheidungsgründe durch den Landkreis zu reagieren. Je substantiierter die kreisangehörigen Gemeinden im Rahmen der Anhörung, auch und vor allem anhand eigener Haushaltsdaten, etwaige Verstöße des Landkreises gegen die genannten Prinzipien darlegen können, desto stärker ist der Landkreis gehalten, diese mit eigenen Analysen zu ergänzen und in seine Überlegungen zum Umlagesatz einzubeziehen (Schmoling/ Mensen - Die Kreisumlage - Ein Instrument des kommunalen Finanzausgleichs. Möglichkeiten und aktuelle Entwicklungen, IV. 2.). Die Klägerin hat im Rahmen der Anhörung versäumt ihre etwaigen Einwendungen gegen die Höhe des Hebesatzes sowie ihre finanziellen Interessen, die der Beklagte ihrer Ansicht nach nicht ausreichend berücksichtigt hat, vorzubringen. Die Klägerin macht auch im Klageverfahren nicht geltend, welche konkreten Belange der Beklagte im Rahmen der Abwägung nicht bzw. unzureichend berücksichtigt hat. Auch hat sie nicht dargelegt, welche abwägungserheblichen Belange einer umfassenden finanzwissenschaftlichen Untersuchung zu entnehmen sein könnten, die Einfluss auf das Abwägungsergebnis des Beklagten hätten nehmen können.

Der Beklagte hat im Rahmen der Abwägung die Interessen der Kommunen, ihre aufgelaufenen Fehlbeträge abzubauen, berücksichtigt. Zudem hat der Beklagte nicht verkannt, dass die finanzielle Lage der kreisangehörigen Gemeinden mit einer Gesamtfehlbetragsquote von 49,38 % schlechter ist als die eigene mit einer Gesamtfehlbetragsquote von 22,18% (Bl. 174 Vv). Der Beklagte hat die langfristige Verbesserung der finanziellen Situation der kreisangehörigen Kommunen in seine Abwägung mit einbezogen und Maßnahmen ergriffen mit dem Ziel einer Förderung der Wirtschaft und des Bevölkerungswachstums, was wiederum zu steigenden Steuereinnahmen führen würde. Der Beklagte hat bei der Abwägung die Tatsache berücksichtigt, dass es sich bei der Kreisumlage um die bedeutendste Ertragsquelle eines Landkreises handelt. Die Kreisumlage darf zwar nur erhoben werden, soweit der Finanzbedarf des Kreises nicht durch die sonstigen Einnahmen und Erträge gedeckt werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Kreise vor der Erhebung von Kreisumlagen alle sonst irgendwie erschließbaren Einnahmemöglichkeiten ausgeschöpft haben müssen. Es besagt vielmehr vor allem, dass die Kreise die sonstigen Einnahmen, die ihnen aufgrund der erschlossenen Einnahmemöglichkeiten zufließen, vor der Erhebung einer Umlage zur Deckung der Ausgaben zu verwenden haben. Allerdings wäre es mit der gesetzlichen Rangordnung der Einnahmequellen auch unvereinbar, wenn Kreise die gesetzlich angelegte Rangordnung dadurch unterliefen, dass die von ihnen eigenverantwortlich bestimmbaren Einnahmequellen bewusst zulasten der Kreisumlage verschont bzw. fehlerhaft veranschlagt werden. Insoweit hat die Kreisumlage neben der vorrangigen Finanzierung der Kreise aus Steuern, Gebühren, Beiträgen, Finanzausgleichsleistungen und anderen Einnahmequellen einen grundsätzlich subsidiären Charakter. Da die sonstigen Einnahmequellen bei weitem nicht zur Finanzierung der Kreisaufgaben ausreichen, hat sich die Umlage zu dem wichtigsten Finanzierungsinstrument der Kreise entwickelt (Lange, in: Kommunalrecht, Stand: 2013, S. 1255, Rn. 103). Zudem trifft ihn gemäß § 110 Abs. 4 NKomVG das Gebot des Haushaltsausgleichs. Die Sollvorschrift ist dabei als Regelfall zu verstehen. Der Haushalt hat in Planung und Rechnung ausgeglichen zu sein (Bertram/Hansmann, in: Dietlein/Mehde BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen, Stand: April 2023, § 110 NKomVG, Rn. 27). Der Beklagte hat mit dem Land eine Stabilisierungsvereinbarung abgeschlossen, wonach er verpflichtet ist durch Konsolidierungsmaßnahmen eine dauerhafte Haushaltsverbesserung von rund W. € zu erreichen. Gemäß § 2 Abs. 5 der Stabilisierungsvereinbarung hat die Einnahmen- und Ertragserhebung allerdings insgesamt vollständig und in rechtlich zulässiger Höhe zu erfolgen. In der Präambel hießt es: "Die Auswahl der Maßnahmen zur Erreichung des Konsolidierungsziels obliegen - im Rahmen des verfassungsrechtlich garantierten Rechts auf kommunale Selbstverwaltung - ausschließlich den zuständigen Organen der Kommune. Der Landkreis I. stellt dabei in eigener Verantwortung sicher, dass die einzelnen Konsolidierungsmaßnahmen rechtlich und tatsächlich möglich sind und kassenwirksam werden." Aus der Präambel und § 2 Abs. 5 der Stabilisierungsvereinbarung ergibt sich demnach, dass Konsolidierungsmaßnahmen nur im Rahmen des rechtlich zulässigen möglich sind. Daraus folgt, dass die Festsetzung der Kreisumlage rechtmäßig zu erfolgen hat. Dass die Stabilisierungsvereinbarung im Rahmen der Abwägung Berücksichtigung findet, ist zulässig und führt nicht zu einem Abwägungsausfall. Aufgrund der dem Landkreis gewährleisteten Selbstverwaltung - der das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden gegenübersteht - wird dem Kreis ein bedeutender Spielraum bei der gebotenen Abwägung zugebilligt. Im Ergebnis verfügt er bei der Festsetzung der Kreisumlage daher über eine erhebliche Gestaltungsfreiheit (vgl. Lange, in: Kommunalrecht, Stand: 2013, S. 1258f., Rn. 107; Nds. OVG, Urt. v. 27.01.1999 - 10 L 6960/95 -, juris Rn. 10). Dass der Beklagte trotz der mit dem Land Niedersachsen abgeschlossenen Stabilisierungsvereinbarung nicht allein seine eigenen finanziellen Belange im Blick hatte, sondern auch die der betroffenen Gemeinden, ergibt sich insbesondere daraus, dass er zum Zeitpunkt des Beschlusses der Haushaltssatzung befürchten musste, eine Absenkung des Kreisumlagehebesatzes unter das Niveau des Vorjahres von 55,00 % werde vom Nds. Innenministerium nicht genehmigt werden, sich aber dennoch für die Absenkung entschieden hat (vgl. dazu Vermerk vom 13.10.2017, Bl. 192f. Vv).

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 27. September 2021 (8 C 30/20 -, juris Rn. 25) darauf hingewiesen, dass die Pflicht aus Art. 28 Abs. 1 GG, den Finanzbedarf der Gemeinden gleichrangig mit dem des Kreises zu berücksichtigen, keine Abwägungsentscheidung verlangt, wie sie aus dem Planungsrecht bekannt ist und dort den Maßgaben der Abwägungsfehlerlehre unterliegt.

Die finanzielle Mindestausstattung der Klägerin als kreisangehörige Gemeinde ist gewahrt. Aus Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 GG ergibt sich, dass der anerkannte "Kernbereich" der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG auf die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung zu erstrecken ist. Der Gesetzgeber muss die öffentliche Verwaltung also so organisieren, dass unterhalb der (staatlichen) Landesebene eine kommunale Verwaltungsebene eingerichtet wird, der ein eigenständiges, eigenverantwortliches Verwaltungshandeln grundsätzlich ermöglicht wird. Dieser kommunale Bereich darf nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern muss auch finanziell ermöglicht werden. Der Kerngehalt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie wäre mithin (auch) dann verletzt, wenn von einer kommunalen Selbstverwaltung nicht mehr die Rede sein könnte, weil den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften die hierzu erforderlichen finanziellen Mittel fehlen. Hinzu kommt die Garantie aus Art. 106 GG (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 8 C 1/12 -, juris Rn. 20f.). Die Gemeinden müssen mindestens über so große Finanzmittel verfügen, dass sie ihre pflichtigen (Fremd- wie Selbstverwaltungs-) Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme erfüllen können und darüber hinaus noch über eine "freie Spitze" verfügen, um zusätzlich freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber doch merklichen Umfang wahrzunehmen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 8 C 1/12 -, juris Rn. 19). Weil die Festsetzungsbefugnis des Beklagten maßgeblich geprägt ist durch eine komplexe Prognose in Bezug auf die Finanzlage der von der Kreisumlage betroffenen Gemeinden hat der Beklagte eine Einschätzungsprärogative, die nur insoweit eine gerichtliche Überprüfung zulässt, ob der Beklagte bei seiner Wertung alle im Rahmen der Anhörung der Gemeinden bekannt gewordenen oder sonst bekannten und erkennbaren Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob das Entscheidungsergebnis nicht offensichtlich fehlerhaft ist (Nds. OVG, Urt. v. 07.07.2004 - 10 LB 4/02 -, juris, Rn. 62).

An die Darlegung einer Verletzung der finanziellen Mindestausstattung werden jedoch hohe Substantiierungsanforderungen gestellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.03.2007 - 2 BvR 2215/01 -, BVerfGK 10, 365-373 -, juris). Eine Verletzung der verfassungsrechtlichen Garantie der finanziellen Mindestausstattung der Gemeinde im Einzelfall würde die Darlegung voraussetzen, dass alle oder zumindest die Mehrzahl der kreisangehörigen Gemeinden strukturell und auf Dauer, d.h. zumindest über einen mehrjährigen Zeitraum außerstande ist, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen (Bay. VGH, Beschl. V. 14.12.2018 - 4 BV 17.2488 -, BeckRS 2018, 32713, Rn. 19; VG Bayreuth, Urt. v. 19.01.2023 - B 9 K 19.271 -, juris Rn. 111). Der beklagte Landkreis besteht aus X. Kommunen, von denen Y. Samtgemeinden sind. Die Samtgemeinden bestehen insgesamt wiederum aus Z. Mitgliedsgemeinden. Die klagenden fünf Kommunen sind nach ihrem eigenen Vortrag in der jeweiligen Widerspruchsbegründung in der Lage freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen. In der klagenden Gemeinde sowie der Gemeinde AA. ist dies zwar nur in einem geringen Umfang möglich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Aufgabenerfüllung in einem bescheidenen Umfang jedoch ausreichend (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 8 C 1/12 -, juris Rn. 19). Das Niedersächsische OVG geht davon aus, dass die finanzielle Mindestausstattung nur dann nicht mehr vorliegt, wenn der Gemeinde infolge einer unzureichenden Finanzausstattung durch die Kreisumlage die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsangelegenheiten unmöglich gemacht wird (Nds. OVG, Urt. v. 07.07.2004 - 10 LB 4/02 -, juris, Rn. 62). Die Gemeinden AB. und AC. konnten in den Jahren 2017 bzw. 2018 ungefähr 327.000 € bzw. 101.000 € für freiwillige Leistungen aufwenden. Obwohl dies keinen Regelfall darstellen mag, verdeutlicht es jedoch, dass ihnen hinsichtlich der freiwilligen Leistungen nicht die Möglichkeit zu einem eigenständigen und eigenverantwortlichen Handeln genommen wurde. Dass das Volumen der Gemeinde AB. für freiwillige Leistungen im Jahr 2018 einen negativen Wert aufwies, ergibt sich aus der hohen Investition in die Sanierung der Mehrzweckhalle im Vorjahr. Zudem wäre ein einmaliger Negativwert nicht ausreichend, um davon auszugehen, dass die Gemeinde AB. dauerhaft und strukturell nicht mehr in der Lage ist, freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Die Samtgemeinde F. hat in den Jahren 2017 und 2018 freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben mit einem Volumen von ungefähr 236.000 € und 260.000 € wahrgenommen, so dass auch dies gegen eine Verletzung der finanziellen Mindestausstattung spricht. Der Anteil der Mittel für die freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben beläuft sich nach den Angaben in der Widerspruchsbegründung - mit Ausnahme der Gemeinde AB. - zwischen 1% und 7,5% der zur Verfügung stehenden Mittel. Das Niedersächsische OVG hat einen Anteil von 2,2 % des Verwaltungshaushalts für die Erfüllung von freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben für ausreichend erachtet (Nds. OVG, Urt. v. 07.07.2004 - 10 LB 4/02 -, juris, Rn. 63).

Die Gemeinde trifft eine Obliegenheit, die Einschränkung ihrer Handlungsfähigkeit im Anhörungsverfahren anzuzeigen (Thür. OVG, Urt. v. 07.10.2016 - 3 KO 94/12 -, juris Rn. 73). Die Klägerin hat eine solche Verletzung ihrer finanziellen Mindestausstattung nicht dargelegt. Insbesondere wurde eine solche Verletzung nicht im Rahmen der Anhörung dargelegt, sondern die Ausführungen zu den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben erfolgten erstmals im Widerspruchsverfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt in der Festsetzung des Kreisumlagesatzes gerade kein Eingriff in Selbstverwaltungsrechte der kreisangehörigen Gemeinden, sondern ein Ausgleich der im kommunalen Raum konkurrierenden finanziellen Interessen (BVerwG, Urt. v. 29.05.2019 - 10 C 6.18 -, juris Rn. 17). Es ist demnach davon auszugehen, dass zwischen dem Beklagten und den kreisangehörigen Gemeinden kein Subordinations-, sondern ein gleichrangiges Verhältnis vorliegt, welches auf wechselseitigem Vertrauen in die Tätigkeit des Gegenübers gründet. Danach muss auch ein Vertrauen in die Richtigkeit und Vollständigkeit der jeweiligen Angaben vorhanden sein. Es erschiene demnach treuwidrig seitens der Klägerin, bestimmte Belange hinsichtlich ihrer eigenen Finanzlage im Rahmen des Anhörungsverfahrens nicht vorzubringen, gleichzeitig aber deren Berücksichtigung in einer Abwägung des Beklagten einzufordern (vgl. VG Hannover, Urt. v. 13.11.2019 - 1 A 7938/17).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 167 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).