Oberlandesgericht Celle
v. 05.08.2004, Az.: 6 U 178/03
Zahlungsanspruch wegen der von einem Drittunternehmern durch die Benutzung von Baustellenversorgungseinrichtungen verursachten Kosten; Unwirksamkeit einer Klausel in der Leistungsbeschreibung eines Werkvertrages wegen Verstoßes gegen § 9 Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG); Anschein von zur Mehrfachverwendung entwickelten Vertragsklauseln; Möglichkeit einer Inhaltskontrolle reiner Entgeltabreden und Preisnebenabreden; Unangemessene Benachteiligung durch den Versuch der missbräuchlichen Durchsetzung eigener Interessen auf Kosten des Vertragspartners
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 05.08.2004
- Aktenzeichen
- 6 U 178/03
- Entscheidungsform
- Teilurteil
- Referenz
- WKRS 2004, 34995
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2004:0805.6U178.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 28.07.2003 - AZ: 8 O 173/01
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 AGBG
- § 8 AGBG
- § 9 AGBG
- § 631 Abs. 1 BGB
- § 632 Abs. 2 BGB
- § 513 Abs. 1 ZPO
- § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
- Art. 229 § 5 EGBGB
Fundstellen
- BauR 2004, 1832 (amtl. Leitsatz)
- BauR 2004, 1955-1957 (Volltext mit amtl. LS)
- BauRB 2005, XII Heft 1 (Kurzinformation)
- BauRB 2005, 36-37 (Volltext mit amtl. LS)
- BrBp 2005, 36
- FStBay 2006, 69-70
- IBR 2004, 555
- MDR 2006, 1150-1151 (Kurzinformation)
- OLGReport Gerichtsort 2004, 571-573
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Wird eine Klausel tatsächlich mehrfach verwendet, so spricht eine Vermutung dafür, dass sie für diese Fälle vorformuliert und dementsprechend als allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist. Dagegen spricht nicht, wenn von vornherein die Zahl der Verwendungsfälle feststand.
- 2.
Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG liegt vor, wenn der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen.
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Richter am Oberlandesgericht ...,
die Richterin am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Oberlandesgericht ...
auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2004
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28. Juli 2003 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden teilweise abgeändert. Die Klage wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, soweit die Klägerin über die vom Landgericht bereits zuerkannten Werklohnansprüche hinaus einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte wegen der von . Drittunternehmern verursachten Kosten der Benutzung von Baustellenversorgungseinrichtungen während der Ausführung der Bauarbeiten an dem Neubau der Grundschule S. in den Jahren 2000 und 2001 geltend macht.
Hinsichtlich der Klagforderung für das geänderte Schutzgeländer in Höhe von 2.727,77 EUR nebst anteiliger Zinsen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung ist teilweise begründet. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft einen Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen der von Drittunternehmern verursachten Kosten der Benutzung der von der Klägerin eingerichteten und vorgehaltenen Baustellenversorgungseinrichtungen verneint. Insoweit war die Klage unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären (I.).
Dagegen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von Werklohn in Höhe von 2.727',77 EUR für die Herstellung und das Vorhalten des geänderten Schutzgeländers. Die insoweit unbegründete Berufung war deshalb durch Teilurteil zurückzuweisen (II.).
I.
Dass das Landgericht den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch wegen der Baustellenkosten für Fremdbenutzer abgewiesen hat, beruht auf einem Rechtsfehler. Denn die Klausel in Punkt 1.4 der der Leistungsbeschreibung vorangestellten "Erläuterungen zum Bauvorhaben" in dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag, welche eine direkte Abrechnung zwischen der Klägerin und den übrigen am Bau beteiligten Unternehmern vorsieht, ist wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (das hier nach Art. 229 § 5 EGBGB weiter anwendbar ist) unwirksam. Deshalb schuldet die Beklagte als Bestellerin der Klägerin für die von dieser zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtung erbrachte Leistung selbst eine Vergütung, weshalb die Klage insoweit dem Grunde nach gerechtfertigt ist.
Im Einzelnen:
1.
Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag (Punkt 1.2 und 1.3 der der Leistungsbeschreibung vorangestellten "Erläuterungen zum Bauvorhaben") gehörte es zur vertraglichen Leistungspflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten, die Baustelle insgesamt mit Bauwasser, Baustrom und Sanitäranlagen zu versorgen und diese Einrichtungen allen am Bau beteiligten Auftragnehmern zur Mitbenutzung zu überlassen. Aus Punkt 1.5 der "Erläuterungen" ergibt sich, dass für die Mitbenutzung durch Drittunternehmer der Klägerin ein Entgelt zustehen sollte. Sie hatte die der Beklagten geschuldete Leistung demnach nicht kostenlos zu erbringen. Allerdings sollte ihr nach Punkt 1.4 der "Erläuterungen" ein Vergütungsanspruch nicht, wie es § 631 Abs. 1 BGB vorsieht, gegen die Beklagte als Bestellerin zustehen. Vielmehr sollte die Klägerin direkt mit den übrigen am Bau beteiligten Unternehmern zu den in Punkt 1.5 vorgesehenen Preisen abrechnen. Zu diesem Zweck hat die Beklagte mit den übrigen von ihr mit Arbeiten an dem Bauvorhaben beauftragten Unternehmern jeweils gleich lautende Klauseln vereinbart. Aus den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 9. Juni 2004 (Bl. 508 ff. d.A.) vorgelegten "Weiteren zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB)", die nach Vorbringen der Beklagten in die Verträge mit 15 weiteren Unternehmern in identischer Fassung aufgenommen wurden, ergibt sich, dass dort die Klausel 1. 4 aus dem Vertrag mit der Klägerin unter Pos.-Nr. 38.4 mit exakt gleichem Wortlaut enthalten ist. Entsprechendes gilt für die mit dieser Klausel in inhaltlichem Zusammenhang stehenden, allerdings nur den Rohbauunternehmer verpflichtenden Klauseln Punkt 1.2 und 1.3 (= Pos.-Nrn. 38.2 und 38.3) sowie für die Klausel Punkt 1.5 (= Pos.-Nr. 38.5), welche die Vergütungshöhe regelt. Lediglich der letzte Satz aus Punkt 1.5 ("Alle übrigen Einrichtungen werden, soweit nichts anderes vereinbart, kostenfrei zu Verfügung gestellt.") ist in Pos.-Nr. 38.5 der ZVB nicht enthalten.
2.
Die zwischen den Parteien vereinbarte Klausel in Punkt 1.4 der "Erläuterungen" ist eine allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. AGB-Gesetzes. Zwar handelt es sich, worauf auch das Landgericht zur Begründung seiner Bedenken gegen die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes hingewiesen hat, um einen Vertrag für ein konkretes Bauvorhaben, der weit gehend individuell auf das zu errichtende Schulgebäude abgestellt ist. Auch in einem solchen Vertrag können aber einzelne Klauseln allgemeine Geschäftsbedingungen sein, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 AGBG erfüllen (BGH, NJW 1998, 2600 und 1997, 135; Wolf/Horn/Lindacher-Wolf, AGB-Gesetz, 4. Aufl., § 1 Rdn. 13). Das ist hierzu bejahen.
Dass die Beklagte die Klausel vorformuliert und ohne individuelles Aushandeln in den Vertrag eingeführt, also als Verwenderin gestellt hat, wird von ihr nicht in Abrede gestellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten und ihres Streithelfers ist auch die Absicht der Mehrfachverwendung zu bejahen. Die Beklagte hat die Klausel in Punkt 1.4 der "Erläuterungen" aus dem Vertragswerk mit der Klägerin wortlautidentisch in 15 weitere Verträge eingeführt (sogar die Zeilenumbrüche finden sich jeweils an den gleichen Stellen im Text). Wird eine Klausel - wie es hier der Fall ist - tatsächlich mehrfach verwendet, so spricht eine Vermutung dafür, dass sie für diese vielen Fälle vorformuliert und dementsprechend als allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist (BGH, NJW 1997, 135; Wolf/Hom/Lindacher-Horn, a.a.O., Rdn. 13). Diese Vermutung wird auch durch die sonstigen Umstände des Falles gestützt. Dass die Beklagte schon bei der ersten Verwendung der Klausel in dem Vertrag mit der Klägerin beabsichtigte, sie auch in weitere Verträge einzubeziehen, folgt namentlich daraus, dass die mit der Klägerin als Rohbauunternehmerin vorgesehene Abwicklung der Baustellenversorgung voraussetzte, dass entsprechende Vereinbarungen auch mit den übrigen Unternehmern getroffen würden. Die hier tatsächlich erfolgte Mehrfachverwendung der Klausel in 16 Verträgen erscheint deswegen nicht etwa nur als Zufall, sondern objektiv als Ausdruck einseitiger Gestaltungsmacht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Klausel entgegen der Auffassung des Streithelfers der Beklagten im Verhältnis zu den Folgeunternehmern ebenfalls eine belastende Wirkung entfaltet. Denn wenn ein Auftragnehmer bereits bei Vertragsschluss verpflichtet wird, Verbrauchskosten an einen anderen Unternehmer statt an den Besteller als seinen Vertragspartner zu zahlen, ist ihm die Aufrechnungsmöglichkeit gegenüber seinem ihm Werklohn schuldenden Auftraggeber abgeschnitten (vgl. dazu näher die in der Berufungsbegründung zitierte Entscheidung des LG München I vom 25. November 1997 -80 12821/97). Es handelt sich also gerade nicht um eine in den Folgeverträgen als "neutral" zu bewertende Klausel. Der Umstand, dass alle Verträge dasselbe Bauvorhaben betreffen, ändert dabei an der Einordnung als allgemeine Geschäftsbedingung nichts. Denn dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 AGBG lässt sich keine dahingehende Einschränkung entnehmen; er spricht im Zusammenhang mit der Vorformulierung vielmehr nur von einer Vielzahl von Verträgen (vgl. BGH, BauR 2004, 674/675). Auch dass von vornherein die Zahl der Verwendungsfälle (durch die Anzahl der zu vergebenden Gewerke an dem Bauvorhaben) feststand, berührt die Eigenschaft der Klausel als allgemeine Geschäftsbedingung nicht (Wolf/Horn/Lindacher-Wolf, a.a.O., Rdn. 14 m.w.N.; Ingenstau/Korbion-Locher, VOB, 15. Aufl., Anh. 1 Rdn. 37).
Ein weiterer Beleg für die Absicht der Beklagten zur Mehrfachverwendung der einmal vorformulierten Vertragsbestimmungen ist der Umstand, dass auch solche Bestimmungen in die ZVB der Verträge mit den Nachunternehmern übernommen wurden, die ausschließlich Pflichten des Rohbauunternehmers betreffen und keinerlei Bezug zum Gewerk der Nachunternehmer aufweisen, wie es für Pos. 38.2.5 Abs. 2 der ZVB gilt (dort ist geregelt, dass die Beseitigung des bei der Ausführung der Rohbauarbeiten anfallenden Bauschutts durch den Rohbauunternehmer erfolgt und von diesem in die Einheitspreise seines Angebots einzurechnen ist). Das zeigt, dass die Klauseln in den Nachunternehmerverträgen nicht etwa erst nach dem Vertragsschluss mit der Klägerin unter Anpassung an die jeweilige individuelle Vertragssituation mit den einzelnen Unternehmern konzipiert worden sind.
Der Anschein von zur Mehrfachverwendung entwickelten Vertragsklauseln wird schließlich auch nicht dadurch widerlegt, dass in der die hier fragliche Klausel Punkt 1.4 ergänzenden Klausel Punkt 1.5 der "Erläuterungen" aus dem Vertrag mit der Klägerin von dieser in dafür vorgesehene Felder die Preise für die von ihr zu erbringenden Leistungen eingesetzt worden sind und diese Preise deshalb individuelle Vereinbarungen darstellen. Denn das berührt den Charakter der restlichen Klauselteile sowie anderer Klauseln als allgemeine Geschäftsbedingungen nicht (vgl. dazu BGH, NJW2004, 502 und NJW 1999, 3260).
Der Einwand der Beklagten, sie habe die fraglichen Klauseln nur für das streitgegenständliche Bauvorhaben benutzen wollen und benutzt, ist nach dem Vorgesagten unerheblich. Da die Beklagte somit den Anschein einer zur Mehrfachverwendung entworfenen Klausel nicht widerlegt hat, ist das AGB-Gesetz zu Lasten der Beklagten anwendbar.
3.
Eine Kontrolle der Klausel in Punkt 1.4 der "Erläuterungen" aus dem Vertrag mit der Klägerin ist nicht nach § 8 AGBG ausgeschlossen. Danach sind nur reine Entgeltabreden der Inhaltskontrolle entzogen, nicht dagegen sog. Preisnebenabreden, mit der die Modalitäten der Zahlung näher geregelt werden und an deren Stelle dispositives Gesetzesrecht tritt, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt. Um eine solche Klausel handelt es hier. Es wird die gesetzliche Regelung des § 631 BGB modifiziert, wonach sich der Vergütungsanspruch für eine vereinbarungsgemäß erbrachte Werkleistung gegen den Besteller richtet.
4.
Die Klausel führt zu einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG. Eine unangemessene Benachteiligung liegt vor, wenn der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen (BGH, NJW 1998, 2600 m.w.N.). Dabei ist ein genereller Prüfungsmaßstab, eine von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelöste, typisierende Betrachtungsweise zu Grunde zu legen (BGH, a.a.O.). Danach ist hier Folgendes zu berücksichtigen:
Dem Rohbauunternehmer wird auferlegt, seine Vergütung für eine dem Besteller geschuldete Leistung gegenüber Dritten geltend zu machen, die vom Besteller ohne seine Mitwirkung und ohne Einwirkungsmöglichkeit von seiner Seite ausgesucht sind. Nach der - für die Beurteilung zu Grunde zu legenden -ungünstigsten Auslegung der Klausel hat der Unternehmer das Ausfallrisiko allein zu tragen. Außerdem sieht er sich erheblichen Abrechnungsproblemen gegenüber, da er den anderen Unternehmern im Streitfall den Umfang der von ihnen in Anspruch genommenen Leistungen beweisen muss. Hierfür müsste er z.B. den Einbau von Zwischenzählern durch jeden einzelnen Unternehmer über den gesamten Zeitraum des Bauvorhabens hinweg ständig kontrollieren, und zwar auch dann, wenn sein eigenes Gewerk schon längst fertig gestellt ist und seine Mitarbeiter gar nicht mehr auf der Baustelle tätig sind. Ferner müsste er zur Abrechnung der Sanitäranlagen (die nach Person und Arbeitstagen erfolgen sollte) Arbeitsnachweise der anderen Unternehmer einfordern und eine Kontrolle der Nachweise auf Richtigkeit sicherstellen. Damit ist ein ganz erheblicher Aufwand verbunden, der mit der eigentlichen, der Bestellerin geschuldeten Leistung in keinem unmittelbaren Zusammenhang mehr steht. Schon damit ist der Unternehmer gegenüber dem Besteller bei der vorgesehenen Abrechnungsweise erheblich benachteiligt, denn der Besteller kann im Gegensatz zum (Rohbau-) Unternehmer selbst steuern und hat ohne weiteres Einblick, welcher der von ihr beauftragten weiteren Unternehmer sich jeweils zu bestimmten Zeiträumen auf der Baustelle befindet.
Hinzu kommt ein beträchtliches Kostenrisiko für den Rohbauunternehmer bei streitigen Abrechnungsfällen. Während der Besteller selbst ihm zustehende Kostenerstattungsansprüche gegen den Werklohnanspruch der betroffenen Auftragnehmer aufrechnen könnte, hat der Rohbauunternehmer solche Möglichkeiten nicht und ist deshalb stets auf eine klageweise Geltendmachung angewiesen.
Insgesamt wird durch die beanstandete Klausel das vertragliche Leistungsgefüge im Verhältnis zwischen Klägerin und Beklagter einseitig und erheblich zu Lasten der Klägerin verschoben. Die nach § 9 Abs. 1 AGBG gebotene Abwägung der beiderseitigen Interessen führt somit zu dem Ergebnis, dass die Bestellerin mit Hilfe der fraglichen Klausel ihr verständliches Interesse an Vereinfachung und Wirtschaftlichkeit über Gebühr durchsetzt und den berechtigten Belangen des Unternehmers nicht hinreichend Rechnung trägt.
Die Klausel in Punkt 1.4 der "Erläuterungen", die die Klägerin zur Abrechnung der von ihr erbrachten Leistungen zur Baustellenversorgung gegenüber Drittunternehmern verpflichtet, ist deshalb unwirksam.
Die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht nach Treu und Glauben gehindert, sich auf die Unwirksamkeit der Klausel zu berufen.
Bereits im Grundsatz erscheint es fraglich, ob es treuwidrig sein kann, wenn eine Partei, zu deren Schutz die Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen dienen, die sich daraus ergebende Unwirksamkeit auch geltend macht. Das bedarf hier jedoch keiner Entscheidung. Denn jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Unwirksamkeit einer AGB-Klausel gerade auf solchen Umständen beruht, die dem Betroffenen erst bei ihrer Anwendung in ihrem vollen Ausmaß deutlich werden (hier: erhebliche Abrechnungs- und Einziehungsprobleme), widerspräche es dem Schutzzweck des AGB-Gesetzes, dem Geschützten die Berufung auf die Unwirksamkeit der ihn unangemessen benachteiligenden Klausel zu versagen.
Die Beklagte schuldet mithin der Klägerin für die von dieser zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtung erbrachte Leistung selbst eine Vergütung. Die Verrechnungssätze in Punkt 1.5 der "Erläuterungen" gelten nach dem Wortlaut dieser Regelung nur gegenüber den anderen am Bau beteiligten Firmen. Sie sind im Verhältnis zwischen Klägerin und Beklagter auch nicht entsprechend anwendbar, weil der Klägerin aus den vorgenannten Gründen die Darlegung der danach berechneten Anspruchshöhe nicht zumutbar wäre. Statt dessen schuldet die Beklagte mangels wirksamer vertraglicher Regelung der Vergütungshöhe gemäß § 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung. Hinsichtlich deren Höhe ist der Rechtsstreit wegen des zwischen den Parteien umstrittenen Eigenanteils der Klägerin (Behauptung der Beklagten: 90 %) an den tatsächlich für die Baustellenversorgung entstandenen Kosten, nach denen die geschuldete übliche Vergütung zu bemessen ist, jedoch bislang nicht zur Entscheidung reif, sodass eine abschließende Sachentscheidung nicht in Betracht kam. Die Entscheidung über den Betrag des Anspruchs bleibt deshalb dem Schlussurteil vorbehalten.
Hinsichtlich des vom Landgericht aberkannten Anspruchs auf Zahlung von Werklohn in Höhe von 2.127,11 EUR für die Herstellung und das Vorhalten eines partiell demontierbaren Schutzgeländers ist die Berufung unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht insoweit weder auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 Fall 1 ZPO), noch begründen konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen (§ 513 Abs. 1 Fall 2, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung weiterer Vergütung für das ausgetauschte Schutzgeländer abgelehnt, da diese Arbeiten von dem für Position 01.01.20 des Leistungsverzeichnisses vereinbarten Pauschalpreis umfasst sind.
1.
Absatz 1 dieser Position legt fest, dass die Baustelle vom Rohbauunternehmer in dem für die Ausführung der ausgeschriebenen Arbeiten des Gewerks erforderlichen Umfang mit Geländern, Umwehrungen und Schutzeinrichtungen zu versehen ist. In Absatz 4 heißt es sodann ausdrücklich: "Das Herstellen, Vorhalten und Beseitigen aller Umwehrungen bis zur Herstellung der endgültigen Schutzmaßnahmen sind einzukalkulieren."
Daraus ergibt sich, dass zur Absicherung der von der Klägerin erstellten Rohbaugewerke erforderliche Umwehrungen bis zur Anbringung der endgültigen Geländer durch den zuständigen Nachunternehmer im Gebäude zu verbleiben hatten. Das gilt unabhängig davon, dass die Umwehrungen nach Beendigung der Rohbauarbeiten zur Absicherung der eigenen Mitarbeiter der Klägerin nicht mehr erforderlich waren. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Punkt 1.9 Absatz 1 der dem Leistungsverzeichnis vorangestellten "Erläuterungen zum Bauvorhaben". Zwar hat danach der Auftragnehmer alle für die Verkehrssicherheit im Bereich der Baustelle erforderlichen Maßnahmen (nur) durchzuführen, "soweit sie mit seiner Tätigkeit in Verbindung stehen". Dieser allgemeinen Regelung geht aber die detaillierte und individuelle Vorgabe des Leistungsverzeichnisses in Position 01.01.20 als speziellere Regelung vor. Während Punkt 1.9 Absatz 1 der "Erläuterungen" nach seinem Wortlaut für alle "Auftragnehmer" gilt, verpflichtet Position 01.01.20 konkret den Rohbauunternehmer und bürdet diesem eine über die vorangestellte generelle Regelung in Punkt 1.9 Absatz 1 hinausgehende Sonderpflicht auf.
Die dahingehende Auslegung des Landgerichts entspricht dem allgemeinen Grundsatz des Vorrangs spezieller vor generellen Regelungen, wie er auch in § 1 Nr. 2 VOB/B zum Ausdruck kommt, und lässt keinen Verstoß gegen zwingende Auslegungsregeln oder sonstige Rechtsfehler erkennen. Insbesondere ergibt sich keine Widersprüchlichkeit der Vertragsbedingungen. Eine besonders zu vergütende Zusatzleistung der Klägerin liegt mithin nicht vor.
2.
Das gilt auch dann, wenn der Vortrag der Klägerin zu Grunde gelegt wird, dass der Austausch der Umwehrungen auf Verlangen des bauleitenden Architekten der Beklagten erfolgt sei (was die Beklagte erstinstanzlich ausdrücklich bestritten hat; vgl. Schriftsatz vom 9. Juli 2001, S. 4 und vom 26. August 2002, S. 5; Bl. 35, 165 d.A.; in der Berufungsinstanz wird von ihr geltend gemacht, dass es die behauptete Absprache über die "Zwingenlösung" nicht gegeben habe). Denn der Bauleiter hat dann jedenfalls keine nicht von der Beklagten ohnehin geschuldete Leistung gefordert. Die Position 01.01.20 des Leistungsverzeichnisses ist nämlich dahingehend auszulegen, dass die Klägerin solche Umwehrungen schuldete, die entsprechend ihrer im Vertrag vorgesehenen Zweckbestimmung auch dazu geeignet waren, bis zur Herstellung der endgültigen Schutzmaßnahmen im Gebäude zu verbleiben. Daran fehlte es indessen schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin.
3.
Auch dem - bestrittenen - Vorbringen der Klägerin, der bauleitende Architekt E. habe während einer Baubesprechung anerkannt, dass es sich um eine Vergütungspflichtige Zusatzleistung der Klägerin handele, musste nicht weiter nachgegangen werden. Dieser Vortrag ist nicht hinreichend substantiiert, weil jede nähere Erläuterung dazu fehlt, wann und in welchem konkreten Zusammenhang der Bauleiter diese Äußerung gemacht haben soll. Zudem steht das Vorbringen in Widerspruch zum ursprünglichen Klagevortrag (vgl. S. 12 der Klageschrift; Bl. 12 f. d.A.). Danach habe der Architekt E. den zunächst über die Austauscharbeiten vorgelegten Stundenlohnbericht nicht anerkannt mit dem Bemerken, diese Leistungen müssten von der Klägerin gemäß Punkt 1.9 der "Erläuterungen zum Bauvorhaben" unentgeltlich erstellt werden; er habe (lediglich) der Klägerin anheim gestellt, über die Leistungen ein Nachtragsangebot vorzulegen. Dieser Vortrag aus der Klage ist auch urkundlich belegt durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Stundenzettel (vgl. Anlage K 16, Bl. 264 des Anlagenhefters ohne Aktendeckel). Mit Schreiben vom 2. Januar 2001 ist seitens der Beklagten mit der gleichen Begründung auch das Nachtragsangebot abgelehnt worden (vgl. Anlage B 6; Bl. 65 f. d.A.). Bei dieser Sachlage hätte die Klägerin zumindest näher erläutern müssen, wann und warum der Architekt E. seine ursprüngliche Ansicht später doch noch geändert haben soll.
Ein Anerkenntnis der Forderung durch die Beklagte ist somit nicht schlüssig vorgetragen.
4.
Auf eine Unwirksamkeit der Vereinbarung in Position 01.01.20 des Leistungsverzeichnisses nach § 9 AGBG hat sich die Klägerin nicht berufen. Eine solche ist auch nicht anzunehmen. Denn Absatz 4 der Position 01.01.20 sieht vor, dass das verlängerte Vorhalten der Umwehrungen in die Einheitspreise einzukalkulieren ist. Diese Leistung erfolgt mithin nicht ohne Vergütung, sodass die Klägerin nicht unangemessen benachteiligt wird (vgl. dazu OLG Hamm, NJW-RR 1994, 531 [OLG Hamm 23.03.1993 - 21 U 237/91]).
5.
Da dieser Teil der den Gegenstand des Berufungsverfahrens bildenden Ansprüche zur Endentscheidung reif und von der Entscheidung über den Rest unabhängig ist, konnte der Senat insoweit die Berufung durch Teilurteil (§ 301 ZPO) zurückweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO und erfolgt im Hinblick darauf, dass die Kostenentscheidung des Landgerichts durch die teilweise Abänderung des angefochtenen Urteils gegenstandslos geworden ist.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO) nicht vorliegen.
Soweit der Senat das Vorliegen von allgemeinen Geschäftsbedingungen bejaht hat, weicht er entgegen der Auffassung des Streithelfers nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab. Insbesondere wird von der Mehrfachverwendungsabsicht der konkreten Verwenderin - hier der Beklagten - ausgegangen.
Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die aus der Verwendung wortlautidentischer Klauseln in den Verträgen mit Folgeunternehmern abgeleitete Mehrfachverwendungsabsicht und den bejahten Verstoß der Klausel in Punkt 1.4 der "Erläuterungen zum Bauvorhaben" gegen § 9 AGBG liegt nicht vor. Dafür wäre Voraussetzung, dass die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (ständige Rechtsprechung ;vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 319/02 - zitiert nach JURIS). Hier fehlt es indessen am Merkmal der Klärungsbedürftigkeit, weil aus der dem Senat zugänglichen Rechtsprechung und Literatur nicht ersichtlich ist, dass die Heranziehung anderer Verträge, in denen die Klausel ebenfalls unter Entfaltung belastender Wirkung verwendet worden ist, sowie die Vereinbarkeit entsprechender Klauseln mit § 9 AGBG (bzw. mit § 307 BGB n.F.) über den konkreten Rechtsstreit hinaus in Rechtsprechung und Rechtslehre umstritten und in ihren tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen nicht nur für die Parteien, sondern auch für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung ist, Soweit sich die Rechtsprechung mit ähnlichen Klauseln bereits befasst hat, stand lediglich die Frage des Verstoßes gegen § 9 AGBG im Streit und ist bejaht worden (vgl. dazu die in der Berufungsbegründung zitierten Urteile des LG München I). Es ist ferner nicht ersichtlich, dass entsprechende Klauseln in der Bauwirtschaft von Bestellern häufig verwandt und als wirksam erachtet werden. Vielmehr hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit stets darauf verwiesen, die Klausel konkret für das hier in Rede stehende Bauvorhaben konzipiert zu haben.
Auch die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts liegen nicht vor, weil der vorliegende Fall keine Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von § 9 AGBG bzw. § 307 BGB n.F. aufzuzeigen.