Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.06.1989, Az.: 13 L 9/89

Öffentlich rechtliche Streitigkeit ; Rechtsweg; Sonderrechtstheorie; Subjektstheorie; Wohlfahrtseinrichtung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.06.1989
Aktenzeichen
13 L 9/89
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1989, 12797
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1989:0619.13L9.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 13.09.1988 - AZ: 3 VG A 66/88
nachfolgend
BVerwG - 06.03.1990 - AZ: BVerwG 7 B 120/89

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 3. Kammer - vom 13. September 1988 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin; insoweit ist der Beschluß vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die zulässige Berufung der Klägerin wird aufgrund des Art. 2 § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl I S. 446) in der Fassung des Gesetzes vom 4. Juli 1985 (BGBl I S. 1274) - EntlG - zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten Gelegenheit gehabt haben, sich dazu zu äußern (Art. 2 § 5 Abs. 1 Satz 3 EntlG). Der Senat hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Zur Begründung wird gemäß Art. 2 § 7 Abs. 1 EntlG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Darin hat das Verwaltungsgericht im einzelnen ausgeführt, daß im vorliegenden Fall keine öffentlich rechtliche Streitigkeit i.S. von § 40 Abs. 1 VwGO, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, vorliegt. Dem tritt der Senat bei. Daran vermag auch das Berufungsvorbringen nichts zu ändern.

2

Die Klägerin beruft sich ohne Erfolg darauf, daß ihre Rechtsbeziehungen zur Beklagten nach der sog. Sonderrechtstheorie dem öffentlichen Recht zuzurechnen seien, weil der Schutz ungeborenen Lebens eine hoheitliche Aufgabe sei. Die sog. Sonderrechtstheorie oder Subjektstheorie (vgl. Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., S. 18) kennzeichnet das öffentliche Recht dahin, daß sie es als "Amtsrecht" der Träger hoheitlicher Gewalt und ihrer Organe faßt, "durch das nicht jedermann, sondern notwendig eben nur ein Träger oder (meist) ein bestimmtes Organ hoheitlicher Gewalt berechtigt und verpflichtet wird" (Erichsen/Martens, aaO m.Nachw.). Bestimmungen, die eine Organisation zur Bereitstellung von finanziellen Leistungen zum Schutz ungeborenen Lebens oder anderer sozial bedeutsamer Anliegen ermächtigen oder verpflichten, müssen sich jedoch nicht notwendigerweise an ein Subjekt des öffentlichen Rechts richten. Auch eine Stiftung des Privatrechts wie die Beklagte oder beispielsweise auch ein privater Verein können es sich satzungsrechtlich zur Aufgabe machen, derartige Leistungen zu gewähren. Dies auch dann, wenn die privatrechtlich tätige Organisation wie hier ganz oder teilweise von der öffentlichen Hand finanziert wird. Solche staatlichen Zuwendungen an privatrechtlich organisierte Wohlfahrtseinrichtungen rechtfertigen es, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht, auch die Rechtsbeziehungen zwischen der karitativ tätigen Organisation und dem einzelnen Leistungsempfänger dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Auch Gründe des Rechtsschutzes, insbesondere des Grundrechtsschutzes gebieten dies nicht; denn Grundrechtsbindungen bestehen auch in dem Bereich, in dem öffentliche Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrgenommen werden (vgl. Erichsen/Martens, aaO, S. 53 m. Nachw.).

3

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 10 ZPO.

4

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 VwGO gegeben ist.

5

Dr. Dembowski

6

Dr. Hamann

7

Ladwig