Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 29.01.2014, Az.: L 2 EG 11/13
Einhalten der Frist beim Antrag auf Gewährung von Elterngeld
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 29.01.2014
- Aktenzeichen
- L 2 EG 11/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 27606
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2014:0129.L2EG11.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - AZ: S 32 EG 10/11
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 BEEG
- § 27 Abs. 2 S. 1 SGB X
Redaktioneller Leitsatz
Für die erforderliche Glaubhaftmachung reicht es nicht aus, allein theoretische Möglichkeiten aufzuzeigen, dass eventuell eine unverschuldete Fristversäumnis denkbar ist.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt für weitere Zeiträume Elterngeld für die Betreuung ihrer am 19. Januar 2009 geborenen Tochter I ...
Die 1966 geborene Klägerin hat BWL studiert. Anschließend legte sie die Prüfung zur Steuerberaterin ab. In der Folgezeit war sie von 1995 bis 2008 vollzeitig als angestellte Steuerberaterin tätig. Ab Oktober 2002 hat sie im Rahmen dieser Tätigkeit auch die Aufgabe einer Mitgeschäftsführerin der Steuerberatungsgesellschaft wahrgenommen.
Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge J., arbeitet als Geschäftsführer in K. und verfügt dort auch über eine Zweizimmerwohnung. Im Jahr 2009 hat er während der Arbeitstage in K. gearbeitet und gewohnt, wohingegen die Klägerin mit ihrer Tochter in L. gelebt hat. Die Wochenenden haben die Eheleute gemeinsam, und zwar überwiegend in L., verbracht.
Ende Dezember 2009 füllte die Klägerin einen Elterngeldantrag aus, den sie auf das Datum 30. März 2009 zurückdatierte. Diesen Antrag warf sie am Abend des 30. oder 31. Dezember 2009 in den Briefkasten der Elterngeldstelle der Beklagten am M. in L. ein.
Bei einer Vorsprache bei der Beklagten am 31. August 2010 erläuterte die Klägerin, dass sie bereits kurz nach der Geburt einen Antrag auf dem Postwege abgesandt habe. Da ihre Tochter nachfolgend erkrankt sei und da sie auch sonst irgendwie keine Ruhe bekommen habe, habe sie die Angelegenheit zunächst vergessen.
Mit Bescheid vom 1. September 2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld lediglich für den Zeitraum vom 19. September 2009 bis zum 18. März 2010, d.h. für den 9. bis 14. Lebensmonat des Kindes in Höhe des in Betracht kommenden Höchstbetrages von monatlich 1.800 EUR. Für die vorausgegangenen Monate lehnte sie eine Gewährung von Elterngeld hingegen mit der Begründung ab, dass Elterngeld nach § 7 Abs. 1 BEEG rückwirkend nur für die letzten drei Bezugsmonate vor Beginn des Antragseinganges gewährt werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 01. Oktober 2010 Widerspruch eingelegt. Diesen hat sie im November 2010 dahingehend begründet, dass ihr Schwager N. den Antrag am 3. April 2010 um 17 Uhr in den Briefkasten des Postamts O. 20 in L. eingeworfen habe. Nachfolgend wurde dieser Vortrag dahingehend berichtigt, dass nicht der Schwager, sondern ihr Ehemann den Brief eingeworfen habe.
Mit Bescheid vom 15. April 2011 wies die Beklagte diesen Widerspruch zurück. Die Klägerin habe für die ersten acht Lebensmonate des Kindes die Antragsfrist versäumt. Insoweit könne ihr auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Es sei schon ungewöhnlich, dass sich ein Bürger nach mehr als 18 Monaten noch an die genaue Uhrzeit eines alltäglichen Vorganges wie das Einwerfen eines Briefes erinnern können solle. Auch verwundere es, dass sich die Klägerin nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt nach dem Stand der Bearbeitung ihres angeblich im April 2009 abgesandten Antrages erkundigt habe.
Zur Begründung der am 17. Mai 2011 erhobenen Klage hat die Klägerin insbesondere geltend gemacht, dass sie über eine fehlende Rückmeldung von Seiten der Beklagten nach der Absendung des Antrages im April 2009 zunächst überhaupt nicht nachgedacht habe. Das Geld sei ohnehin nicht für den laufenden Lebensunterhalt, sondern für ein sog. "Notfallkonto" vorgesehen gewesen, um für eventuelle Notfälle gewappnet zu sein oder um später das Geld dem Kind zuwenden zu können.
Sie habe im Dezember 2009 bei der Beklagten nachgefragt, nachdem ihr im Zuge der Zusammenstellung der Einkommensteuerunterlagen für das Jahr 2009 das Fehlen eines Bewilligungsbescheides aufgefallen sei. Sie habe daraufhin Ende Dezember 2009 anhand der bei ihr verbliebenen Kopie des ursprünglichen Anfang April 2009 zur Post gegebenen Antrages ein neues Antragsformular mit dem Datum 30.03.2009 ausgefüllt und in den Briefkasten der Elterngeldstelle eingeworfen.
Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Klägerin und Vernehmung ihres Ehemanns als Zeugen mit Urteil vom 30. August 2013, der Klägerin zugestellt am 13. September 2013, abgewiesen. Die Klägerin habe den Wiedereinsetzungsantrag erst am 31. August 2009 (gemeint nach dem Sachzusammenhang offenbar: 31. August 2010) im Rahmen ihrer persönlichen Vorsprache bei der Elterngeldstelle sinngemäß gestellt und damit die Zweiwochenfrist des § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X versäumt.
Mit der am 01. Oktober 2013 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, dass sie erst im Rahmen ihrer persönlichen Vorsprache am 31. August 2010 erfahren habe, dass der ursprüngliche Antrag verloren gegangen sei. Mit den Elterngeldzahlungen habe sie ihre Ersparnisse vermehren wollen, um insbesondere für den möglichen Fall einer künftigen Selbständigkeit ein ausreichendes Startkapital zu haben.
Sie beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. August 2013 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 1. September 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2011 zu ändern und
- 2.
die Beklagte zur Gewährung von Elterngeld für weitere sechs Bezugsmonate (unter Einschluss der Monate mit Bezug von Mutterschaftsgeld) im Zeitraum 19. Januar bis 18. September 2009 zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat durch seinen im vorliegenden Verfahren auch die Aufgaben eines Berichterstatters wahrnehmenden Vorsitzenden die Klägerin persönlich gehört und ihren Ehemann als Zeugen vernommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung, über die der Senat mit dem von beiden Beteiligten im Erörterungstermin erklärten Einverständnis ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Für den streitbetroffenen Zeitraum kann die Klägerin keine Elterngeldzahlungen beanspruchen, da sie diesbezüglich die Antragsfrist des § 7 Abs. 1 Satz 2 BEEG versäumt hat. Ein Antrag der Klägerin auf Gewährung von Elterngeld ist frühestens am Abend des 30. Dezember 2009 der Beklagten zugegangen und vermochte daher für Bezugsmonate vor dem 19. September 2009, d.h. vor dem 9. Lebensmonat der Tochter, die dreimonatige Antragsfrist nicht zu wahren. Diesbezüglich kommt auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Maßgabe des § 27 SGB X (vgl. zur grundsätzlichen Möglichkeit einer Wiedereinsetzung BSG, U.v. 23. Januar 2008 - B 10 EG 6/07 R - SozR 4-7833 § 4 Nr 1) in Betracht, da die Klägerin eine unverschuldete Versäumung der Antragsfrist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht glaubhaft gemacht hat. Sie hat insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Elterngeldantrag an die Beklagte abgesandt worden ist.
Glaubhaftmachung bedeutet, dass nicht die beim "Vollbeweis" geforderte an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gegeben sein muss, sondern dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht (BSG, Beschluss vom 11. November 2003 - B 2 U 293/03 B -, [...] mwN). Eine solche Wahrscheinlichkeit muss allerdings zur richterlichen Überzeugung festzustellen sein. Hingegen genügt es für die erforderliche Glaubhaftmachung nicht, allein theoretische Möglichkeiten aufzuzeigen, dass eventuell eine unverschuldete Fristversäumnis denkbar sei. Erforderlich ist vielmehr, dass im Gesamtergebnis den für die Richtigkeit eines entsprechenden Vortrages sprechenden Gesichtspunkten Vorrang gegenüber den dagegen sprechenden Zweifelspunkten beizumessen ist.
Im vorliegenden Fall überwiegen jedoch auch unter Berücksichtigung der weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren die gegen die Richtigkeit der Angaben der Klägerin zu einer früheren Absendung eines Elterngeldantrages sprechenden Zweifel. Im Ergebnis vermag der Senat nicht einmal eine Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit dieser Angaben zu erkennen. Er sieht insbesondere es nicht als wahrscheinlich an, dass überhaupt Anfang April 2009 ein erster Elterngeldantrag zur Post gegeben worden ist.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens verbleiben auch unter Berücksichtigung der weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren durchgreifende Ungereimtheiten und Unklarheiten. Auch wenn jeder der betroffenen Zweifelspunkte für sich allein genommen noch kein ausschlaggebendes Gewicht aufweisen und bei isolierter Betrachtung auch noch als überwindbar erscheinen mag, so steht doch in der maßgeblichen Gesamtbetrachtung die Vielzahl der zweifelhaften Punkte einer Bewertung des Vortrages der Klägerin als wahrscheinlich gemacht entgegen. Der Senat vermag ihn daher nicht als glaubhaft gemacht zu qualifizieren.
Es fällt bereits auf, worauf auch die Beklagte zutreffend im Widerspruchsbescheid abgestellt hat, dass es wenig einzuleuchten vermag, wenn die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 9. November 2010 ausdrücklich (wenngleich - nicht ganz unbezeichnend - ohne Glaubhaftmachung) vorgetragen hat, dass ihr Schwager (wobei es sich auch noch um eine irrtümliche Falschbezeichnung gehandelt haben soll, gemeint war nach Maßgabe ihres nachfolgenden Vortrages ihr Ehemann) den Brief mit dem ursprünglichen Antrag am "03.04.2010 um 17.00 Uhr" in den Briefkasten des Postamtes O. in L. eingeworfen habe. Abgesehen davon, dass es sich nur um den 3. April 2009 gehandelt haben könnte, ist überhaupt nicht nachvollziehbar, wie sich seinerzeit die Klägerin bzw. ihr Ehemann noch nach vielen Monaten an die exakte Uhrzeit eines so alltäglichen Ereignisses wie den Einwurf eines Briefes erinnert haben sollten. Im Ergebnis hat die Klägerin die diesbezüglich von der Beklagten aufgezeigten Bedenken auch zum Anlass genommen, im weiteren Verlauf (vgl. insbesondere Schriftsatz vom 1. August 2011) diesen Vortrag dahingehend zu modifizieren, dass sie sich an den genauen Zeitpunkt des Briefeinwurfes nicht mehr erinnern könne. Letztlich wird nur noch vorgetragen, dass der Ehemann nachmittags von K. kommend in L. eingetroffen und nach einer Pause in der Wohnung in der Klägerin sich auf eine Wochenendeinkaufsfahrt begeben habe, in deren Verlauf der Umschlag eingeworfen worden sein soll.
Überdies fällt ohnehin die sehr späte Geltendmachung dieses Vortrages zu einem Briefeinwurf am 3. April 2009 auf. Die Klägerin selbst hat im Erörterungstermin im Berufungsverfahren erläutert, dass sie im Dezember 2009 bei der Elterngeldstelle der Beklagten angerufen und dabei die Mitteilung erhalten habe, dass dort ihr Name nicht bekannt sei. Sie hat ferner vorgetragen, dass sie bereits in diesem Telefonat darauf hingewiesen habe, dass sie den Antrag rechtzeitig mit der richtigen Anschrift abgeschickt habe. Diese Darlegung machte nur unter der Annahme Sinn, dass die Klägerin bereits in diesem Telefongespräch ernsthaft die Möglichkeit in Betracht zog, dass der nach ihren Angaben am 3. April 2009 abgesandte Antrag der Elterngeldstelle nicht vorlag.
Soweit sie demgegenüber in dem Erörterungstermin des Weiteren ausgeführt hat, dass sie sich gar nicht habe vorstellen können, dass der Antrag irgendwie auf dem Postweg oder bei der Beklagten verlorengegangen sein könnte, ist ihr Vortrag weder mit der eigenen Schilderung zum Ablauf dieses Telefonats noch mit der Lebenserfahrung in Einklang zu bringen, zumal der Klägerin im Rahmen ihrer langjährigen steuerberatenden Tätigkeit nicht verborgen geblieben sein kann, dass es im Rahmen einer Massenverwaltung ebenso wie bei der Postbeförderung mitunter auch zu Fehlern kommen kann.
Sie hat ferner dargelegt, dass sie mit den rechtlichen Vorgaben vertraut gewesen sei. Überdies enthielt das ursprüngliche Antragsformular, welches sie Ende März 2009 ausgefüllt und danach kopiert haben will und dessen Kopie mit Schriftsatz vom 1. August 2011 vorgelegt worden ist, den ausdrücklichen Hinweis, dass Elterngeld rückwirkend höchstens für die letzten drei Lebensmonate vor dem Monat der Antragstellung gezahlt werde. Hiervon ausgehend, musste der Klägerin bei lebensnaher Betrachtung bereits im Dezember 2009 bewusst geworden sein, dass die Antragsfrist für einen Teil des in Betracht kommenden Bezugszeitraums bereits versäumt war und dass sie diesbezüglich nur im Falle eines erfolgreichen Wiedereinsetzungsantrages mit ihrem Begehren noch durchdringen konnte. Als Steuerberaterin mit langjähriger Berufserfahrung musste ihr auch geläufig sein, dass die Gründe für ein Wiedereinsetzungsgesuch glaubhaft zu machen sind, zumal dies auch in der Parallelreglung des § 110 Abs. 2 AO in diesem Sinne normiert ist.
Gleichwohl hat die Klägerin nach eigenen Angaben über Monate hinweg ohne nachvollziehbaren Grund von einem substantiierten Vortrag zu der Frage abgesehen, wann und auf welchem Wege der Antrag ursprünglich an die Elterngeldstelle weitergeleitet worden sein soll. Sie will den Ende Dezember 2009 eingereichten Unterlagen lediglich einen (sich nicht bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen) "gelben Klebezettel" beigelegt haben, auf dem vermerkt gewesen sei, dass "ein Antrag vom 30.03.2009 bereits vorliegen müsste" (vgl. den Vortrag der Klägerin bei ihrer erstinstanzlichen Anhörung, wobei auch bezüglich eines solchen "Klebezettels" auffällt, dass der entsprechende Vortrag nicht bereits in einem früheren Verfahrensstadium erfolgte).
Eine ernsthaft gewollte Begründung eines Wiedereinsetzungsgesuchs kann jedenfalls in einem solchen "Klebezettel" - noch dazu bei einer Akademikerin mit langjähriger Vertrautheit in Verwaltungsangelegenheiten - nicht gesehen werden.
Überdies vermochte auch die Klägerin nicht nachvollziehbar darzulegen, weshalb sie Ende Dezember 2009 nicht die nach eigenen Angaben bei ihr verbliebene Kopie des ursprünglichen Antrages vom 30. März 2009 der Elterngeldstelle zugeleitet, sondern statt dessen noch einmal ganz neu ein Antragsformular ausgefüllt hat. Auf entsprechende Nachfrage hat sie bei ihrer Anhörung im Berufungsverfahren lediglich mitzuteilen gewusst: "Keine Ahnung. Ich habe das einfach so gemacht." Diese Einlassung einer langjährig erfahrenen Steuerberaterin spricht letztlich für sich und gegen eine Glaubhaftmachung des zur Wiedereinsetzung geltend gemachten Sachverhalts.
Zutreffend hat auch bereits die Beklagte darauf abgehoben, dass es unter der Annahme eines bereits Anfang April 2009 abgesandten Antrages nicht nachvollziehbar sei, weshalb sich die Klägerin erst im Dezember 2009, und zwar nach eigenen Angaben erst kurz vor Weihnachten, nach der Bearbeitung erkundigt habe. Auch wenn die Klägerin und ihr Ehemann finanziell augenscheinlich deutlich überdurchschnittlich gut gestellt waren, so betraf doch die streitige Elterngeldforderung von insgesamt etwa 20.000 EUR keinen aus ihrer Sicht zu vernachlässigenden Betrag, wie im Übrigen auch der Nachdruck verdeutlicht, mit dem das vorliegenden Verfahren über mehrere Instanzen hinweg betrieben worden ist. Die eigenen Angaben der Klägerin bei ihrer Anhörung im Berufungsverfahren machen auch deutlich, dass weder in ihrer Person noch auf Seiten ihres Kindes seinerzeit länger währende gesundheitliche Probleme bestanden haben, die einer Verfolgung der Elterngeldangelegenheit namentlich im Sommer oder Herbst 2009 entgegengestanden haben könnten.
Im Übrigen trägt die Klägerin selbst vor, dass sie Ende 2009 die ihr seinerzeit vorliegenden Einkommensunterlagen ihres Ehemanns zusammengestellt habe, um der Frage nachzugehen, ob es eventuell angezeigt sein könnte, bei der Finanzverwaltung eine zusätzliche Steuervorauszahlung für das Jahr 2009 anzukündigen. Bezüglich einer solchen eventuellen zusätzlichen freiwilligen Steuervorauszahlung für das Jahr 2009 war im Dezember 2009 weder eine besondere Dringlichkeit noch eine größere finanzielle Relevanz erkennbar. Die im Ergebnis nach Maßgabe der Einkünfte im Jahr 2009 zu zahlende Einkommensteuer wäre ohnehin im Jahressteuerbescheid unabhängig von der Höhe der bis dahin erbrachten Vorauszahlungen (die nur einen Verrechnungsposten in der Jahressteuerfestsetzung darstellen) und damit auch unabhängig von dem Umstand festzusetzen, ob es nur - bezogen auf Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit - die üblichen vier (Quartals-)Vorauszahlungen oder darüber hinaus auch noch eine (von Amts wegen festzusetzende oder auch selbst beantragte) fünfte Vorauszahlung gegeben hatte. Wenn die Klägerin gleichwohl für die Bearbeitung dieser Frage seinerzeit Zeit und Muße gefunden hat, ist nichts dafür ersichtlich, weshalb sie nicht bereits im Sommer oder Herbst 2009 auf den nach ihrem Vortrag bereits Anfang April abgesandten Elterngeldantrag mit seiner erheblichen finanziellen Relevanz zurückgekommen ist. Dies ist umso weniger verständlich, als sie selbst geltend macht, dass ihr bei der geltend gemachten Antragsausfertigung im März 2009 bewusst geworden sei, dass maßgebliche Unterlagen von ihr noch nachzureichen waren.
Die Untätigkeit der Klägerin insbesondere in den Monaten Juli bis November 2009 ist umso weniger nachvollziehbar, als die Klägerin selbst ihren Charakter bei ihrer Anhörung im Berufungsverfahren dahingehend beschrieben hat: "Wenn ich etwas erledigen will, dann will ich es auch sobald wie möglich erledigen." Gerade vor einem solchen Hintergrund wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin unter der geltend gemachten Annahme einer Anfang April 2009 erfolgten Antragsabsendung sich in den folgenden Monaten unaufgefordert um eine Nachreichung der auch aus ihrer Sicht noch fehlenden Teile der Antragsunterlagen bemüht hätte.
Ungereimt erscheint auch das Verhalten der Klägerin gegenüber ihrem Ehemann nach dem Telefonat mit der Elterngeldstelle im Dezember 2009. Nachdem die Klägerin in diesem Telefonat erfahren hatte, dass nicht einmal ihr Name bei der Elterngeldstelle erfasst war, wäre es eigentlich zu erwarten gewesen, dass sie umgehend bei ihrem Mann nachgefragt hätte, ob dieser tatsächlich im Frühjahr 2009 den Brief mit dem Antrag zur Post gebracht habe oder ob er dies womöglich versehentlich versäumt haben könnte.
Der vom Senat als Zeuge gehörte Ehemann hat jedoch glaubhaft bekundet, dass ihn seine Ehefrau auf den fehlenden Elterngeldantrag auch nach ihrer telefonischen Nachfrage bei der Elterngeldstelle zunächst gar nicht angesprochen habe. Erst am 30. oder 31. Dezember 2009 haben sie ihm abends aus seiner Sicht unvermittelt erklärt, dass es ganz dringend sei, den Antrag noch an diesem Tag in den Postkasten der Elterngeldstelle einzuwerfen. Angesichts der Dringlichkeit, mit der seine Frau diesen Wunsch geäußert habe, sei er ihrer Bitte nachgekommen, obwohl es ihm eigentlich gar nicht angenehm gewesen sei, noch im Dunkeln die in einem aus seiner Sicht weniger vorteilhaften Stadtviertel gelegene Elterngeldstelle aufzusuchen.
Zu den Ungereimtheiten im vorliegenden Verfahren gehört dann wiederum, dass die Klägerin auf entsprechende Nachfrage nicht nachvollziehbar darzulegen vermochte, weshalb sie eine Überbringung des Antrages noch an jenem Abend gegenüber ihrem Ehemann für so dringlich erklärt habe.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.