Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 24.06.2019, Az.: 13 A 557/19

Adressat; Bekanntgabe; Eigentümer; Feuerstättenbescheid; Nießbrauchberechtigter

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
24.06.2019
Aktenzeichen
13 A 557/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69763
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Es ist nicht zu beanstanden, wenn nach dem Schornsteinfegerhandwerksgesetz der Grundeigentümer und nicht der Nießbrauchberechtigte in Anspruch genommen wird.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen den Feuerstättenbescheid vom 21.September 2016.

Er ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstückes in C.. Er hat nach eigenem Vortrag das Eigentum unter dem Vorbehalt eines lebenslangen unbeschränkten Nießbrauches des Grundstückes zugunsten seiner Mutter erworben.

Der Beklagte erließ unter dem 21. September 2016 einen Feuerstättenbescheid, wonach Schornsteinfegerarbeiten am Küchenschornstein und am Schornstein für einen Werkstattofen durchzuführen sind. Gestützt war dieser Bescheid auf § 14 der damaligen Fassung des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 drohte der Landkreis A-Stadt Pyrmont unter Übersendung einer Zweitschrift des Feuerstättenbescheides vom 21. September 2016 dem Kläger den Erlass eines Zweitbescheides an. Der Kläger erklärt vor, dass er diese Zweitschrift des Bescheides am 17. Dezember 2018 erhalten hat (Bl. 25 GA). Förmlich zugestellt wurde ihm der Bescheid dann noch einmal am 15. Januar 2019 mittels Einschreiben gegen Rückschein.

Der Kläger hat am 23. Januar 2019 Klage erhoben.

Er trägt vor, den Feuerstättenbescheid vom 21.September 2016 zunächst nicht erhalten zu haben. Von diesem Bescheid habe er erst Kenntnis erhalten, als der Landkreis A-Stadt Pyrmont ihm mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 den Erlass eines sogenannten Zweitbescheides androhte. Dieser Androhung sei eine Durchschrift des Feuerstättenbescheides vom 21. September 2016 beigefügt gewesen. Damit sei ihm der angefochtene Bescheid schon nicht wirksam bekanntgegeben worden. Dies sei erst am 15. Januar 2019 erfolgt.

Der Feuerstättenbescheid sei auf § 14a Schornsteinfeger-Handwerksgesetz gestützt. Diese Vorschrift habe jedoch am 21. September 2016 noch nicht existiert.

Auch sei die Feuerstättenschau nach § 3 KÜO nicht spätestens fünf Werktage vor der Durchführung angekündigt worden und damit rechtswidrig.

Er sei zudem nicht ordnungsgemäß angehört worden.

Das Nießbrauchrecht an dem Grundstück liege bei seiner Mutter. Er habe keine rechtlichen Möglichkeiten, auf die Nutzung des Grundstückes Einfluss zu nehmen. Der Beklagte müsse sich an die Nießbrauchinhaberin wenden. Ein Inhaber eines Nießbrauchrechtes sei mit dem eines Erbbauberechtigten gleichzustellen. Es handelte sich insoweit auch um ein beschränktes dingliches Recht. Wenn das Gesetz gleichwohl nur auf den Eigentümer abstelle, sei es verfassungswidrig.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 21.09.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er tritt der Klage entgegen.

Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 24. April 2019 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter.

Die Klage ist zulässig.

Der Kläger trägt zwar selbst vor, dass eine Durchschrift des Zweitbescheides dem Schreiben des Landkreises A-Stadt-Pyrmont am 14. Dezember 2018 beigefügt war. und er diese Schreiben am 17. Dezember 2018 erhalten hat. Auch wenn ein zeitnaher Zugang des Feuerstättenbescheides im Jahr 2016 nicht nachweisbar ist, so ist dieser Bescheid nach alledem dem Kläger jedenfalls durch die zuständige Aufsichtsbehörde bekanntgegeben und damit wirksam geworden.

Gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG wird ein Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt wirksam, indem er bekannt gegeben wird. Bekanntgabe ist dabei die Eröffnung des Inhaltes des Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen. Grundsätzlich ist es zwar dazu erforderlich, dass die Bekanntgabe mit Wissen und Willen der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, geschieht. Es ist jedoch nicht notwendigerweise eine Bekanntgabe durch die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, selbst vorzunehmen. Hier hat der Landkreis A-Stadt-Pyrmont als zuständige Aufsichtsbehörde den Bescheid des Beklagten durch Übersendung bekannt gegeben. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Übersendung durch den Landkreis wird nach Auffassung des Gerichts vom Bekanntgabewillen des Beklagten grundsätzlich mit umfasst. Denn der Beklagte wollte den Bescheid schließlich auch dem Kläger bekanntgeben, auch wenn ihm dies im Jahr 2016 offenbar noch nicht gelungen ist.

Die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO wäre nach alledem mit Ablauf des 17. Januar 2019 abgelaufen. Klage gegen den Bescheid wurde jedoch erst am 23. Januar 2019 erhoben. Zu diesem Zeitpunkt war zwar schon Bestandkraft eingetreten. Gleichwohl ist die Klage zulässig. Denn der Beklagte hat den angefochtenen Bescheid dem Kläger am 15. Januar 2019 noch einmal förmlich zugestellt und damit die Klagefrist neu eröffnet.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Ob der Kläger seinerzeit ordnungsgemäß angehört wurde, kann dahinstehen. Auch bei einer fehlerhaften Anhörung kann der Kläger allein deshalb keine Aufhebung des Bescheides verlangen, § 46 VwVfG. Denn die Aufhebung des Feuerstättenbescheides scheidet aus, wenn und soweit offensichtlich ist, dass eine Verletzung von Verfahrensrecht die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Diese Voraussetzung ist jedenfalls insoweit erfüllt, als der Bescheid die nach den gesetzlichen Vorschriften durchzuführenden Schornsteinfegerarbeiten bestimmt; denn zumindest in dieser Hinsicht handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, bei der der Bezirksschornsteinfeger kein Ermessen besitzt. Ein gewisser eigener Entscheidungsspielraum des Bezirksschornsteinfegers besteht allenfalls hinsichtlich der Festsetzung der konkreten Fristen, die sicherstellen sollen, dass die notwendigen Schornsteinfegerarbeiten jährlich bzw. zweimal jährlich durchgeführt werden. Es ist aber nichts dafür ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten über die festgesetzten Fristen hätte anders ausfallen können, zumal diese vom Kläger auch nicht beanstandet werden (vgl. schon VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. Mai 2010 – 9 K 2201/09 –, Rn. 18 - 20, juris).

Auf die Frage, ob der Beklagte Fristen nach § 3 Abs. 1 der Verordnung über die Kehrung und Überprüfung von Anlagen eingehalten hat, kommt es hier nicht an. Gegenstand des Verfahrens ist nicht eine durchgeführte Feuerstättenschau, sondern der Feuerstättenbescheid vom 21.September 2016.

Der Umstand, dass der Bescheid aus dem Jahr 2016 erst Ende 2018 bekanntgegeben wurde und damit nicht „unverzüglich“, wie es seit Juli 2017 die Vorschrift des § 14a SchfHwG verlangt, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Diese Vorschrift dient nicht dem Schutz von Rechten der Grundeigentümer. Zweck ist vielmehr, die Aktualität der im Feuerstättenbescheid festgelegten Regelungen zu gewährleisten (vgl. Opolony, in GewArch 2018, 129ff.).

Rechtsgrundlage des Feuerstättenbescheides vom 21. September 2016 war jedenfalls im Zeitpunkt der Bekanntgabe und damit des Wirksamwerdens des Bescheides § 14a SchfHwG. Danach hat der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger gegenüber dem Eigentümer einen Feuerstättenbescheid mit dem im Gesetz näher bezeichneten Inhalt zu erlassen. Zum Zeitpunkt des Datums dieses Bescheides war Rechtsgrundlage noch § 14 SchfHwG in der bis zum 21. Juli 2017 geltenden Fassung. Danach setzte der Bezirksschornsteinfeger gegenüber dem Eigentümer durch schriftlichen Bescheid fest, welche Schornsteinfegerarbeiten in welchem Zeitraum durchzuführen sind.

Der Kläger ist Eigentümer des im Tatbestand genannten Grundstückes, welches Kehr- und Prüfungspflichtanlagen im Sinne des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes aufweist. Entsprechend war der Bescheid an den Kläger zu richten.

Der Grundeigentümer war und ist sowohl nach der 2016 geltenden als auch nach der heutigen Fassung des § 1 SchfHwG für die ordnungsgemäße Reinigung und Überprüfung von kehr-und prüfungspflichtigen Anlagen auf seinem Grundstück verantwortlich. Adressaten der Handlungspflichten des Gesetzes sind grundsätzlich ausschließlich die Eigentümer, nicht jedoch die Besitzer des Grundstückes. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht das Gesetz lediglich dort, wo das Eigentum am Grundstück und das Eigentum am Gebäude auseinanderfallen. Nach § 6 SchfHwG sind Verpflichtete dann die Eigentümer der Gebäude.

Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Denn beim Kläger fallen Grund- und Gebäudeeigentum nicht auseinander, weder aufgrund eines Erbbaurechtes noch aufgrund der Regelungen des Art. 233 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch.

Hier hat der Kläger seiner Mutter lediglich einen Nießbrauch an dem Grundstück eingeräumt. Ein Nießbrauchberechtigter nach § 1030 BGB wird dadurch jedoch nicht zum Eigentümer, er ist lediglich berechtigt, den Nutzen aus der zum Nießbrauch überlassenen Sache zu ziehen.

Der Kläger kann nicht mit Erfolg einwenden, dass er keinen Zugang zu seinem eigenen Grundstück hat und deshalb dem Schornsteinfeger auch nicht den Zugang ermöglichen kann. Nach § 1 Abs. 4 SchfHwG hat auch der Besitzer eines Grundstückes oder eines Raumes (hier die Mutter des Antragstellers) den Zutritt zu dem Grundstück oder zu dem Gebäude zu ermöglichen, gegebenenfalls kann gegenüber dem Besitzer von der zuständigen Behörde eine Duldungsverfügung erlassen werden. Sofern der Antragsteller vor Ort selbst die Feuerstätten oder deren Reinigungsarbeiten prüfen oder überprüfen will oder Kostenersatz – etwa für die Verwaltungskosten einer Ersatzvornahme - begehrt, hat er sich ggf. zivilrechtlich mit dem Nießbrauchsberechtigten auseinanderzusetzen.

Anhaltspunkte dafür, weshalb diese Regelung verfassungswidrig sein sollte, sind nicht erkennbar. Es ist durchaus sinnvoll, die grundsätzliche Verantwortlichkeit nach dem Schornsteinfegerhandwerksgesetz dem Eigentümer aufzuerlegen und nicht etwaigen Besitzern, seien es nun Mieter oder Nießbrauchsberechtigte. Denn dem Eigentümer gehören die zu überprüfenden oder zu reinigenden Anlagen und es steht dem Eigentümer frei, vor Einräumung des Besitzes an einem Dritten entsprechende privatrechtliche Regelungen zu treffen, die es dem Eigentümer ermöglichen, seinen öffentlich-rechtlichen Pflichten nach dem Schornsteinfegerhandwerksgesetz nachzukommen.

Auch inhaltlich ist der Bescheid nicht zu beanstanden.

Der angegriffene Feuerstättenbescheid legt fest, dass am Küchenschornstein und am Schornstein des Werkstattofens auf dem Grundstück des Antragstellers in zwei dort genannten Zeiträumen Schornsteinfegerarbeiten durchzuführen sind. Es ist nicht erkennbar, weshalb diese Regelungen rechtsfehlerhaft sein sollen. Dazu hat auch der Kläger nichts vorgetragen.

Weshalb der Kläger meint, dass das Recht zur Festlegung, welche Anlagen in welchem Zeitraum zu reinigen sind, verwirkt sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Das Gesetz bietet dafür keine Anhaltspunkte. Es handelt sich bei einem Feuerstättenbescheid vielmehr um eine hoheitliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr. Solange Feuerstätten auf dem Grundstück des Antragstellers vorhanden sind, geht von diesem auch eine Gefahr aus, der durch Kehr- und Reinigungsarbeiten zu begegnen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.