Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 10.11.2017, Az.: 9 T 413/17
Erklärung der Aufrechnung gegen den auf die Staatskasse übergegangenen Erstattungsanspruch mit offenen Mietforderungen i.R.d. Kostenfestsetzung
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 10.11.2017
- Aktenzeichen
- 9 T 413/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 50254
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Bad Iburg - 31.05.2017 - AZ: 4 C 69/15 (1)
Rechtsgrundlage
- § 126 Abs. 2 S. 1, 2 ZPO
Fundstelle
- JurBüro 2018, 203-204
In der Beschwerdesache
Beklagte und Beschwerdeführerin
Prozessbevollmächtigte:
gegen
Klägerin und Beschwerdegegnerin
Prozessbevollmächtigte:
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück am 10.11.2017 durch den Richter E... als Einzelrichter beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Iburg vom 31.05.2017, Az. 4 C 69/15 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
Der Gegenstandswert wird auf 299,72 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den in einem Verfahren vor dem Amtsgericht Bad Iburg (Aktenzeichen 4 C 69/17) am 31.05.2017 erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss.
Hintergrund des zugrundeliegenden Beschlusses war eine von der Klägerin und jetzigen Antragsgegnerin unter anderem klageweise begehrte Mietminderung wegen Schimmelbefalls der von der Beschwerdeführerin an sie vermieten Wohnung in B. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 10.02.2015 bewilligte dieses der Beschwerdegegnerin für das Verfahren 1. Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M.
Nach teilweiser Erledigungserklärung der Klägerin hat das Amtsgericht Bad Iburg mit Urteil vom 29.09.2016 die Klage im Übrigen abgewiesen und hinsichtlich der Kosten eine Quote von 1/6 für die Klägerin und 5/6 für die Beklagte festgesetzt.
Aufgrund dieses Urteils hat das Amtsgericht zunächst mit Beschluss vom 20.12.2016 erstattungsfähige Kosten der Beschwerdegegnerin wegen ihres Prozessbevollmächtigten gegen die Beschwerdeführerin in Höhe von 381,59 € festgesetzt. Die Kosten seien hiernach in voller Höhe auf die Landeskasse übergegangen. Diesen Beschluss hat das Amtsgericht am 31.05.2017 aufgehoben und am gleichen Tag einen neuen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen. Hiernach sei der Anspruch nunmehr in der Höhe von 299,72 € auf die Staatskasse übergegangen.
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Kostenforderung sei vor dem Übergang auf die Staatskasse durch Aufrechnung erloschen. Dazu erklärt sie, die Aufrechnung mit offenen Mietforderungen mit anwaltlichem Schreiben vom 13.10.2016 gegenüber der Beschwerdegegnerin erklärt zu haben.
Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück ist der Auffassung, eine Aufrechnung sei gegen den auf die Staatskasse übergegangenen Betrag in Höhe von 299,72 €, der wie Gerichtskosten mit einer Kostenrechnung einzufordern sei, nicht möglich.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, allerdings unbegründet.
1.
Der Rechtsbehelf war als sofortige Beschwerde gemäß § 11 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO gegen den Kostenfestsetzungsbescheid auszulegen, weil sich die Beschwerdeführerin lediglich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss, nicht jedoch gegen eine Kostenrechnung der Staatskasse wendet, sodass ein erinnerungsfähiger Kostenansatz bisher nicht vorliegt.
Die für diesen Rechtsbehelf erforderliche Höhe der Beschwer ist zudem erreicht.
2.
Eine Aufrechnung gegen den auf die Staatskasse übergegangenen Erstattungsanspruch mit offenen Mietforderungen konnte nicht wirksam erklärt werden.
Der Rechtsanwalt der (teilweise) obsiegenden Partei hat gemäß § 126 Abs. 1 ZPO ein eigenes, neben dem der hilfebedürftigen Partei stehendes Beitreibungsrecht gegen die unterliegende Partei, sofern eine Kostengrundentscheidung zu Gunsten seiner Partei ergangen ist (Geimer, in Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 126, Rn. 1; OLG Braunschweig, Beschluss vom 28.04.2014, Az.: 2 W 37/14).
Gemäß § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO sind dem Kostenschuldner dabei sämtliche Einreden gegen den Anspruch des Rechtsanwalts aus in der Person der hilfsbedürftigen Partei liegenden Umständen verwehrt. Dies rechtfertigt sich daraus, dem beitreibenden Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch zu sichern, zumal er diesen wegen § 122 Abs.1 Nr. 3 ZPO nicht gegen die eigenen Partei geltend machen kann (BGH, Beschluss vom 14.02.2007, Az.: XII ZB 112/06). Zudem soll die Staatskasse entlastet werden, wenn der Rechtsanwalt seine Kosten direkt bei dem Gegner einfordern kann (Geimer, in Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 126, Rn. 1). Diese Reglung weicht von §§ 404 ff. BGB ab und nimmt dabei auch eine Schlechterstellung des Gegners einer unbemittelten Partei gegenüber einer begüterten Partei in Kauf (Geimer, in Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 126, Rn. 15). Eine Aufrechnung mit offenen Mietzinsen hätte daher schon gegen den beigeordneten Rechtsanwalt nicht wirksam erklärt werden können.
Ausgenommen hiervon sind nach § 126 Abs. 2 S. 2 ZPO lediglich diejenigen Kosten, welche dem Gegner aufgrund der in demselben Rechtsstreit ergangenen Kostengrundentscheidung zu erstatten wären. Diese aufgrund von wechselseitigem Obsiegen und Unterliegenden entstehenden Kostenansprüche können, wie auch hier geschehen, im Wege des Kostenausgleichs verrechnet werden (BGH, Beschluss vom 14.02.2007, Az.: XII ZB 112/06).
Das darüber hinaus gehende Einwendungsverbot des Gegners besteht dabei solange, wie dem beigeordneten Rechtsanwalt die Möglichkeit offen steht, seine Kosten beitreiben zu können. Sobald ihm diese Möglichkeit genommen wird, weil beispielsweise die Partei die Kosten gegen den Gegner hat festsetzen lassen, ist der Rechtsanwalt nicht mehr schutzwürdig und die "Verstrickung" entfällt (Geimer, in Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 126, Rn. 17). Vorliegend ergab sich zum Zeitpunkt des Erlasses des Kostenfestsetzungsbescheids zwar keine Schutzbedürftigkeit des Rechtsanwalts mehr. Das Einwendungsverbot wirkte aber durch den Übergang auf die Staatskasse fort.
Nach § 59 Abs. 1 S. 1 RVG geht nämlich im Fall einer bewilligter Prozesskostenhilfe, soweit dem bestellten Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, der Anspruch mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf diese über. Die Staatskasse tritt damit an die Stelle des Rechtsanwalts. Ihr gegenüber können ebenfalls nur die Einwendungen geltend gemacht werden, die auch gegenüber dem Rechtsanwalt wirksam erklärt werden hätten können entfällt (Geimer, in Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 126, Rn. 21). Eine Aufrechnung mit offenen Mietzinsen war jedoch in Anbetracht der obigen Ausführungen nicht möglich.
Es kommt daher auch nicht mehr darauf an, ob es ausreichend war, die Aufrechnung ausschließlich gegenüber der Beschwerdegegnerin zu erklären.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.