Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 18.08.2017, Az.: 9 T 376/17

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
18.08.2017
Aktenzeichen
9 T 376/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 25163
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Osnabrück - 19.04.2017 - AZ: 11 II 234/16

Fundstellen

  • JurBüro 2018, 20-21
  • VIA 2018, 54-55

In der Sache
Kostensache
Beschwerdeführerin
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw.
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück am 18.08.2017 durch den Richter Ewald als Einzelrichter beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 19.04.2017, Az. 11 II 234/16 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer erbrachte Beratungshilfeleistungen für die Rechtssuchende. Mit beim Amtsgericht Bad Iburg am 08.06.2016 eingegangenem Antrag, beantragte die Rechtssuchende die Gewährung von Beratungshilfe für "Privatinsolvenz".

Hintergrund des Antrags war, dass die Rechtssuchende zuvor einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch durch den Katholischen Verein für soziale Dienste in Osnabrück e.V. (SMK) durchführen hat lassen, der jedoch scheiterte. Der SMK schickte der Rechtssuchenden daraufhin den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu, wobei die Rechtssuchende die Frist zur Insolvenzverfahrenseröffnung nach Planerstellung versäumte. Weil ein solcher Schuldenbereinigungsversuch durch die SMK jedoch nur einmal vorgenommen werden kann, begehrte die Rechtsuchende mit dem hiesigen Antrag Beratungshilfe durch die Beschwerdeführer. Durch Beschluss vom 08.06.2016 gewährte die zuständige Rechtspflegerin die Beratungshilfe antragsgemäß.

Mit am 07.12.2016 bei Gericht eingegangenem Antrag baten die Beschwerdeführer um Festsetzung der Gebühren und Auslagen. Dabei begehrten sie eine festzusetzende Gebühr nach Nr. 2505 VV-RVG in Höhe von 405,00 € zuzüglich der Ausgabenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG. Mit Bescheid vom 16.01.2017 setzte das Amtsgericht die Vergütung unter Zugrundelegung einer Gebühr nach Nr. 2503 VV-RVG auf 121,38 € fest. Hiergegen legten die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 31.01.2017 die Erinnerung ein. Mit Beschluss vom 19.04.2017 wies das Amtsgericht Bad Iburg die Erinnerung unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Bezirksrevisors zurück. Mit Schriftsatz vom 03.05.2017 legten die Beschwerdeführer gegen den amtsrichterlichen Beschluss die sofortige Beschwerde ein.

Die Beschwerdeführer meinen, das Mandat sei im Zusammenhang mit der Schilderung der Rechtssuchenden hinreichend bestimmt gewesen und umfasse eben auch die durchgeführte Leistung. Eine ungenaue Bezeichnung im Beratungshilfeschein könne nicht zu Lasten der Beschwerdeführer gehen. Zudem sei ein erneuter Schuldenbereinigungsplan notwendig gewesen, der erste läge bereits 6 Monate zurück.

Der Amtsrichter half der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 23.06.2017 nicht ab und legte die Sache dem Landgericht Osnabrück zur Entscheidung vor.

Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück ist der Auffassung, dass neben einer Gebühr nach Nr. 2503 VV-RV- eine weitere Gebühr nach Nr. 2505 VV-RVG nicht verdient sei, weil ein erneuter Schuldenbereinigungsplan im Hinblick auf den bereits fehlgeschlagenen Versuch nicht notwendig gewesen sei.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG zulässig, allerdings unbegründet. Die Beschwerdeführer haben keinen Anspruch auf Festsetzung einer Gebühr nach 2505 VV-RVG.

Es besteht kein Anspruch darauf, dass für den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO stets Beratungshilfe gewährt wird (AG Halle, Beschl. v. 20.08.2012, Az.: 103 II 3653/10; Lissner, Beratungshilfe im Insolvenzverfahren, ZInsO 2012, 104-109, 104). Dieser entsteht ausnahmsweise nur dann, wenn unter den Voraussetzungen des § 1 BerHG, der Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann, nicht andere Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen und die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint.

Die Beratung im Rahmen der Verbraucherinsolvenz ist daher grundsätzlich nur subsidiär geboten, wenn dem Schuldner andere Möglichkeiten nicht zuzumuten sind. Vorliegend stand der Schuldnerin jedoch die Möglichkeit offen, im Rahmen der von der Schuldnerberatungsstelle SMK geleisteten Beratung ein Insolvenzverfahren anzustrengen. Nachdem die SMK einen fehlgeschlagenen Versuch außergerichtlicher Einigung durchführte, übersandte sie einen fertigen Entwurf eines Insolvenzantrags an die Schuldnerin. Dieser Antrag hätte lediglich ergänzt und abgeschickt werden müssen. Die Schuldnerin versäumte jedoch die Frist gemäß § 305 Abs.1 Nr. 1 InsO, um sich sogleich nach Ablauf erneut um Rechtsberatung zu bemühen.

Wenngleich es wegen des Fristversäumnisses für das Stellen eines Insolvenzantrags nunmehr eines erneuten Schuldenbereinigungsplanes bedarf (6-Monats-Frist nach § 305 Abs.1 Nr. 1 InsO), lässt sich daraus nicht auch die Notwendigkeit einer erneuten Beratung ableiten. Denn nach dem Abschluss eines durchgeführten Verfahrens hat die Rechtsuchende die notwendigen Kenntnisse zum selbständigen Anstrengen eines Schuldenbereinigungsplans erlangt. Damit ist die Vertretung durch den Beschwerdeführer nicht mehr erforderlich gewesen. Denn eine Vertretung ist gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 BerHG nur dann erforderlich, wenn der Rechtsuchende nach der Beratung angesichts des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Rechtsangelegenheit für ihn seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann. Die Beratungshilfe ist nur dann zu gewähren, wenn der Antragsteller Beratung bei einer ersten orientierenden Rechtsberatung benötigt (Landmann, Beratungshilfe zur Vorbereitung und Durchführung des außergerichtlichen Einigungsversuchs nach der InsO, Rpfleger 2000, S. 196-200, 197). Es steht jedoch zu vermuten, dass die Rechtssuchende nunmehr in die Lage versetzt war, einen außergerichtlichen Einigungsversuch selbst zu unternehmen, gegenteiliger Vortrag ist nicht ersichtlich.

Dabei ist zudem unter dem Tatbestandsmerkmal der Mutwilligkeit zu berücksichtigten, dass die Beratungshilfe dem mittellosen Rechtsuchenden eine Gleichstellung mit dem bemittelten Rechtsuchenden ermöglichen soll, ohne jedoch darüber hinaus zu gehen (Lissner, Beratungshilfe im Insolvenzverfahren, ZInsO 2012, 104-109, 107). Der wirtschaftlich vernünftige Rechtsuchende würde nach einem einmal durchgeführten Schuldenbereinigungsversuch nicht in Erwägung ziehen, einen kostenpflichtigen Rechtsanwalt zu konsultieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie hier, der erste Versuch bereits gescheitert war. Ein erneuter Versuch der gütlichen Einigung genoss vorliegend keine bessere Prognose und stellte sich aus Sicht der Rechtssuchenden lediglich als formale Voraussetzungen zur Einleitung eines Verfahrens zur Restschuldbefreiung dar.

Aufgrund des Vertrauens, das der aufgesuchte Rechtsanwalt in den Bestand des Beratungshilfescheins genießt, war eine einfache Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV-RVG zu gewähren, wenngleich diese, wie der Bezirksrevisor zutreffend ausführt und letztlich auch die Beschwerdeführer beigeben, vor dem Hintergrund der Ausführungen dem Grunde nach auch zu versagen gewesen wäre. Die Beurteilung, wie und in welchem Umfang eine Rechtsberatung vergütet wird, bestimmt sich erst nach erfolgter Beratung. Der Rechtsanwalt trägt insoweit das Beratungsrisiko.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 56 Abs. 2 und 3 RVG.

Ewald