Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 01.08.2008, Az.: L 1 R 648/07
Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem in der ehemaligen DDR als Pflichtbeitragszeiten i.S.d. Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 01.08.2008
- Aktenzeichen
- L 1 R 648/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 33562
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2008:0801.L1R648.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 31.10.2007 - AZ: S 9 RA 88/03
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG
- § 5 AAÜG
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Altersversorgungssystem der technischen Intelligenz der ehemaligen DDR sowie die Feststellung entsprechender Arbeitsentgelte nach dem Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (AAÜG).
Dem 1940 geborenen Kläger wurde am 14. Juli 1962 von der Ingenieurschule für Bauwesen, E., die Befugnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" verliehen. Anschließend arbeitete er als Bauingenieur/Bauleiter im Entwurfs- und Vermessungsbüro der F. (17. September bis 31. Dezember 1962), als Bauleiter im Büro für Architektur und Bauaufsicht G., H., (1. April 1963 bis 8. Januar 1966), als Bauleiter und Produktionsassistent bei der I. -, H., (10. Januar 1966 - 30. Juni 1968), als selbständiger Bauingenieur / Produktionsleiter (1. Juli 1968 - 31. Dezember 1971), als Bau- und Produktionsleiter im volkseigenen Betrieb J. Plast- und Elastverarbeitungsmaschinen (vgl. Angaben des Klägers im Fragebogen, Bl. 168R der Verwaltungsakte der Beklagten) bzw. im VEB Erste Maschinenfabrik, Karl-Marx-Stadt, (vgl. Eintragung im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung) (1. Januar 1972 bis 31. Dezember 1978), als Betriebsleiter/Bauingenieur/Bauleiter bei einem privaten Baubetrieb (1. Januar 1979 bis 31. März 1982) und zuletzt in dem Zimmereibetrieb K., L. (1. April 1982 bis 30. Dezember 1982). Zum 1. Januar 1983 ist der Kläger mit seiner Familie in das Gebiet der (damaligen) Bundesrepublik übergesiedelt.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2002 lehnte die Beklagte die Feststellung von Beschäftigungszeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem des Beitrittsgebiets mit der Begründung ab, dass mangels einer ausdrücklichen Versorgungszusage zu DDR-Zeiten eine Versorgungsanwartschaft nach § 1 Abs. 1 AAÜG nicht entstanden sei. Eine fiktive Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem der ehemaligen DRR auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme ebenfalls nicht in Betracht, da der Kläger am 30. Juni 1990 (Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme) im Beitrittsgebiet keine Beschäftigung mehr ausgeübt habe. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass bereits deshalb Zusatzversorgungszeiten zu berücksichtigen seien, weil seine Rentenanwartschaften nach dem Fremdrentengesetz (FRG) infolge der mit Wiedervereinigung eingetretenen Änderungen des Rentenrechts nachträglich niedriger bewertet worden seien. Der Widerspruch ist mit der ergänzenden Begründung zurückgewiesen worden, dass nach der Rechtsprechung des BSG eine fiktive Einbeziehung in ein DDR-Zusatzversorgungssystem nur für diejenigen Personen in Betracht komme, die am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990) sämtliche Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllten, d.h. am Stichtag auch noch eine entsprechende Beschäftigung im Beitrittsgebiet ausübten (Widerspruchsbescheid vom 9. April 2003 - abgesandt am 12. Mai 2003).
Mir der am 2. Juni 2003 beim Sozialgericht (SG) Lüneburg erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend geltend gemacht, dass er bei der Berücksichtigung von FRG-Zeiten wie ein DDR-Bürger, bei der Berücksichtigung von Zusatzversorgungszeiten dagegen wie ein Bürger der alten Bundesländer behandelt werde. Dies stelle eine grobe Ungerechtigkeit dar. Unabhängig von der Ausreise aus der DDR habe er (der Kläger) Anspruch auf Berücksichtigung seiner Zusatzversorgungszeiten. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 31. Oktober 2007 abgewiesen. Es hat im Einzelnen dargelegt, dass mangels ausdrücklicher Versorgungszusage zu DDR-Zeiten, mangels Rehabilitierung i.S.d. Art. 19 des Einigungsvertrages und mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG (Verlust der Anwartschaft nach erfolgter Versorgungszusage) eine Überführung von Anwartschaften nach den Bestimmungen des AAÜG nicht in Betracht komme. Eine fiktive Einbeziehung in die Zusatzversorgung (gemäß der zu § 1 AAÜG ergangenen Rechtsprechung des BSG) komme nicht in Betracht, weil der Kläger am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990) nicht mehr in einem VEB beschäftigt gewesen sei. Die Gründe für das Nichtbestehen eines entsprechenden Beschäftigungsverhältnisses (hier: Ausreise aus der DDR zum Jahreswechsel 1982/1983) seien rechtlich unerheblich. Die Stichtagsregelung verstoße auch nicht gegen höherrangiges bzw. gegen Verfassungsrecht.
Gegen den dem Kläger am 7. November 2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich seine am 4. Dezember 2007 eingelegte Berufung. Der Kläger macht geltend, dass die Stichtagsregelung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz - GG -) verstoße, insbesondere im Hinblick auf die Änderung ursprünglich berücksichtigten FRG-Zeiten. Selbst bei Anwendung der Stichtagsregelung habe er Anspruch auf Berücksichtigung der streitbefangenen Zeiten, da ein Beendigungstatbestand hinsichtlich seines letzten Arbeitsverhältnisses nicht ersichtlich sei. Auch habe er Anspruch auf Gleichbehandlung mit den in der DDR verbliebenen Personen, zumal Mitglieder der staatlichen Organe der ehemaligen DDR (Volkspolizei, Ministerium für Staatssicherheit) die volle Zusatzversorgung erhielten. Letztlich werde er dafür bestraft, dass er bereits 1982/1983 sein Recht auf Freizügigkeit wahrgenommen habe. Die angefochtene Entscheidung verletzte zudem seine Eigentumsrechte nach Art. 14 GG.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
- 1.
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 31. Oktober 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2003 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten des Klägers i n der ehemaligen DDR vom 17. September 1962 bis zum 31. Dezember 1982 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem nach der Anlage zum AAÜG festzustellen.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie legt nochmals ihre Rechtsauffassung dar, wonach der Kläger nicht in den Anwendungsbereich des AAÜG falle und eine fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz an der - nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsgemäßen - Stichtagsregelung scheitere.
Mit Schriftsätzen vom 12. und 16. Juni 2008 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die erst- und zweitinstanzliche Gerichtsakte verwiesen. Sie haben der Entscheidung zugrund gelegen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Beklagte und das SG haben einen Anspruch des Klägers auf Feststellung der Zeit vom 17. September 1962 bis zum 31. Dezember 1982 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie auf Feststellung entsprechender Arbeitsentgelte zutreffend verneint.
I.
Eine Berücksichtigung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem in der ehemaligen DDR als Pflichtbeitragszeiten i.S.d. Sozialgesetzbuches 6. Buch (SGB VI) kommt nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Ansprüche oder Anwartschaften aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet (d.h. im Gebiet der ehemaligen DDR) erworben hat (§ 1 Abs. 1 S. 1 und § 5 AAÜG). Soweit nach den Regelungen des betreffenden Versorgungssystems beim Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor Eintritt des Leistungsfalls ein Verlust der Anwartschaft vorgesehen war, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG).
Der Kläger hatte zu keinem Zeitpunkt Ansprüche aus einem Zusatzversorgungssystem der ehemaligen DDR. Zwar gehörte er als Ingenieur (d.h. seit 1962) zu dem Personenkreis, für den (beim Vorliegen weiterer Voraussetzungen) eine Anwendung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVItech) vom 17. August 1950 (Gesetzblatt der DDR 1950, Seite 844) in Betracht kam (vgl. zum versorgungsberechtigten Personenkreis: § 1 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur AVItech vom 24. Mai 1951, Gesetzblatt der DDR 1951, Seite 487). Um Ansprüche i.S.d. AAÜG handelt es sich allerdings erst dann, wenn aufgrund eines bis zum 1. August 1991 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG) eingetretenen Leistungsfalls (Alter, Invalidität oder Tod) Leistungsansprüche tatsächlich bestehen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R, SozR 3-8750 § 1 Nr. 6). Ein solcher Leistungsfall ist beim Kläger bis zum Verlassen der DDR (Jahreswechsel 1982/1983) dagegen nicht eingetreten.
Auch hatte der Kläger bis zur Ausreise aus der DDR keine Anwartschaft auf Zusatzversorgung i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn nach DDR-Recht entstand eine Anwartschaft auf Leistungen aus der AVItech erst nach Erlass eines förmlichen Einbeziehungsaktes (Versorgungszusage, vgl. § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur AVItech). Eine solche Versorgungszusage ist gegenüber dem Kläger jedoch zu keinem Zeitpunkt ergangen.
Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG vor (Verlust der Anwartschaft bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor Eintritt des Leistungsfalls). Denn auch diese Vorschrift ist erst dann anwendbar, wenn bereits vor dem Ausscheiden aus der AVItech eine Versorgungszusage erteilt worden war (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R, Rn 27).
II.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine sog. fiktive Einbeziehung in die Zusatzversorgung der AVItech auf der Grundlage der zu § 1 AAÜG ergangenen Rechtsprechung des BSG.
Nach der Rechtsprechung des BSG fallen im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 AAÜG auch diejenigen Personen in den Anwendungsbereich dieser Norm, die zu keinem Zeitpunkt in ein Zusatzversorgungssystem förmlich einbezogen waren, jedoch nach der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG (d.h. am 31. Juli 1991) maßgeblichen Rechtslage aufgrund der am 30. Juni 1990 bestehenden Sachlage einen Anspruch auf eine solche Einbeziehung gehabt hätten. Diese Rechtsprechung stellt dem in § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG genannten Personenkreis diejenigen Personen gleich, die niemals - auch nicht nach der Rechtsordnung der ehemaligen DDR - eine gesicherte Rechtsposition in Form einer Anwartschaft inne hatten, aber am 30. Juni 1990 (Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssystem in der ehemaligen DDR, vgl. hierzu: § 22 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland und zu weiteren rentenrechtlichen Regelungen - Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) - vom 28. Juni 1990, Gesetzblatt der DDR I, S. 495) einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Das BSG bejaht eine solche fiktive Einbeziehung in die Zusatzversorgung nach der AVItech allerdings nur dann, wenn am 30. Juni 1990 (Stichtag) folgende Voraussetzungen erfüllt waren: 1. Berechtigung zur Führung einer Berufsbezeichnung gemäß § 1 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur AVItech (persönliche Voraussetzung), 2. tatsächliche Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit am 30. Juni 1990 (sachliche Voraussetzung) und zwar 3. in einem volkseigenen oder einem gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (betriebliche Voraussetzung), vgl. etwa: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 2.
Unabhängig vom Vorliegen der unter 1. und 3. genannten Voraussetzungen scheitert eine fiktive Einbeziehung des Klägers in die AVItech bereits am Fehlen der unter 2. genannten sachlichen Voraussetzung (Ausübung einer von der AVItech erfassten Tätigkeit am 30. Juni 1990 im Beitrittsgebiet). Denn der Kläger hatte die ehemalige DDR bereits zum Jahreswechsel 1982/1983 verlassen und stand seitdem dort nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis.
Dass für die Prüfung der Voraussetzungen einer fiktiven Einbeziehung ausnahmslos auf den 30. Juni 1990 abzustellen ist, hat das BSG in einer Vielzahl von Entscheidungen klargestellt (etwa: Urteile vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R -, 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R - und vom 10. Februar 2005 - B 4 RA 48/04 R -). Auch der erkennende Senat wendet bei der vom BSG vorgegebenen Auslegung des AAÜG diese Stichtagsregelung strikt an (vgl. etwa: Urteil vom 28. Juni 2007 - L 1 R 372/05; Urteil vom 29. Mai 2008 - L 1 RA 294/04). Hierbei sind die Gründe, die zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung am maßgeblichen Stichtag führen, unerheblich (BSG, Urteil vom 10. Februar 2005, B 4 RA 48/04 R, Rn 29). Dementsprechend wurde von der Rechtsprechung eine fiktive Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem u.a. dann abgelehnt, wenn der Betroffene am Stichtag (30. Juni 1990) arbeitslos war (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R; vgl. auch: BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 u.a., SozR 4-8560 § 22 Nr. 1) oder vor dem 30. Juni 1990 infolge Invalidität aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war (BSG, Urteil vom 10. Februar 2005, B 4 RA 48/04 R), wenn der ehemalige VEB am 30. Juni 1990 bereits in eine GmbH umgewandelt war (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R; vgl. auch: BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, a.a.O.) oder wenn der Betroffene - wie hier - infolge vorangegangener Flucht am Stichtag nicht mehr in ehemaligen DDR lebte (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 28. Juni 2007 und 26. Juni 2008 - L 1 R 372/05 und L 1 R 370/05). Aus dieser Aufzählung wird auch deutlich, dass - entgegen dem Vortrag des Klägers - die Stichtagsregelung nicht ausschließlich bei Personen zur Anwendung kommt, die die DDR bereits vor dem 30. Juni 1990 verlassen haben. Das AAÜG privilegiert auch nicht von vornherein Personen, die bei den staatlichen Organen der ehemaligen DDR beschäftigt waren (vgl. hierzu den Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 3. Dezember 2006). Vielmehr ist ausschließlich bei den Angehörigen der Sonderversorgungssysteme (z.B. des Ministeriums für Staatssicherheit) - anders als z.B. bei dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz - eine Begrenzung des berücksichtigungsfähigen Entgelts vorgesehen (vgl. im Einzelnen: § 7 AAÜG).
Bei dem der Rechtsprechung des BSG zugrunde liegenden Stichtag handelt es sich auch nicht um einen willkürlich gegriffenen Stichtag, sondern - wie bereits ausgeführt - um den Tag, zu dem in der ehemaligen DDR die bis dahin bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen wurden. Deshalb bestehen gegen diese Stichtagsregelung auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, a.a.O.).
Der Kläger kann das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses in einem VEB am 30. Juni 1990 auch nicht damit begründen, dass für das letzte Arbeitsverhältnis ein "Beendigungstatbestand nicht ersichtlich" sei (vgl. Schriftsatz vom 1. Februar 2008). Unabhängig davon, dass nach Auffassung des Senats die Annahme eines trotz Ausreise aus der DDR über mehr als 15 Jahre fortbestehenden Arbeitsverhältnisses fernliegend sein dürfte, könnte mit dieser Argumentation allenfalls ein Fortbestehen des letzten Arbeitsverhältnisses bei dem Zimmereibetrieb K. begründet werden. Bei diesem Betrieb handelte es sich jedoch nicht um einen VEB, so dass für diese Beschäftigungszeiten weder eine Zusatzversorgung nach der AVItech noch eine fiktive Einbeziehung auf der Grundlage der zu § 1 AAÜG ergangenen Rechtsprechung des BSG in Betracht kommt. In diesem Zusammenhang weist der Senat zudem darauf hin, dass auch die übrigen vom Kläger in anderen als volkseigenen Betrieben ausgeübten Beschäftigungen von vornherein nicht in den Anwendungsbereich der AVItech fallen.
III.
Der Kläger kann einen Anspruch auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zur AVItech auch nicht aus anderen, insbesondere verfassungsrechtlichen Rechtsgrundsätzen herleiten.
Rechtlicher Ausgangspunkt für die Prüfung, ob verfassungsrechtliche Gesichtspunkte (insbesondere Art. 3 GG) eine Gleichstellung weiterer Personengruppen mit dem vom AAÜG erfassten Personenkreis gebieten, ist die gesetzliche Regelung, d.h. insbes. § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG. Insoweit hat das BVerfG bereits im Jahre 2005 entschieden, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten ist, die Sonderregelung des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG (die bereits normativer Ausgangspunkt für die unter II. dargestellte BSG-Rechtsprechung war) auf alle diejenigen zur Anwendung zu bringen, die - wie der Kläger - zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung im Sinne der unter II. dargestellten BSG-Rechtsprechung (möglicherweise) erfüllt haben. Denn § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG erfasst einen Personenkreis, der nach DDR-Recht über eine rechtlich gesicherte Anwartschaft verfügt hatte (nämlich nach bereits erfolgter Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem, z.B. mittels Versorgungszusage nach § 2 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur AVItech), diese jedoch nach Maßgabe des (damals geltenden) DDR-Rechts noch vor Eintritt eines Leistungsfalls wieder verloren hatten. Lediglich diese früher einmal erlangte, später jedoch verlorene Anwartschaft wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten bzw. wieder herstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 u.a., SozR 4-8560 § 22 Nr. 1). Dagegen hatte der Kläger eine solche gesicherte Rechtsposition (Anwartschaft infolge Versorgungszusage) nach damaligem DDR-Recht zu keinem Zeitpunkt inne.
Der erkennende Senat schließt sich dem BVerfG ausdrücklich an, dass für den gesamtdeutschen Gesetzgeber keine verfassungsrechtliche Verpflichtung bestand oder besteht, über die Rechtsprechung des BSG hinaus weitere Personenkreise dem durch § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG begünstigten Personenkreis gleichzustellen. Dies gilt unbeschadet dessen, dass - wie bei jeder Stichtagsregelung - das Abstellen auf einen bestimmten Stichtag für einzelne Betroffene mit erheblichen Härten verbunden sein kann (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, a.a.O.).
Lediglich zur Klarstellung weist der Senat nochmals ausdrücklich darauf hin, dass dem Kläger durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten keine bereits erlangten Anwartschaften "genommen" werden. Denn der Kläger hatte Anwartschaften nach der AVItech, die in das Rentenrecht nach dem SGB VI hätten überführt werden können, mangels Erhalts einer sog. Versorgungszusage zu keinem Zeitpunkt inne, auch nicht in der Zeit vor seiner Ausreise aus der DDR. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG (Eigentumsgarantie) kommt daher von vornherein nicht in Betracht. Hätte der Kläger eine solche Versorgungszusage zu irgendeinem Zeitpunkt erhalten und damit Anwartschaften i.S.d. AAÜG begründet, wären diese Anwartschaften in direkter Anwendung des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung nach dem SGB VI überführt worden. Dem hätte auch die Ausreise aus der DDR bereits 1982/1983 nicht entgegen gestanden (§ 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG). In diesem Fall würde es somit auf den nur für die unter II. dargestellte Rechtsprechung des BSG maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990) überhaupt nicht ankommen.
Soweit der Kläger Einwände gegen die Berücksichtigung seiner Beitrags- und Beschäftigungszeiten in der ehemaligen DDR geltend macht, kann hierüber im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden. Streitgegenstand des Verfahrens ist vielmehr ausschließlich die Entscheidung der Beklagten über den am 5. Juni 2000 bei der Beklagten eingegangenen Antrag des Klägers auf Berücksichtigung von Zusatzversorgungszeiten nach der AVItech.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.